Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Dr. Kirsten Tackmann (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 07.12.2014, 16:11 (vor 3579 Tagen)

F270 Dr. Kirsten Tackmann – geb. als Kirsten Kohl am 24.09.1960 in Schmalkalden (Thüringen) - Ausbildung zur Tierärztin an der Humbold-Universität zu Berlin - wissenschaftliche Mitarbeiterin am Staatlichen Institut für Epizootiologie und Tierseuchenforschung (Nachfolger: Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere) - seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages für DIE LINKE – verheiratet und hat zwei Kinder - www.kirsten-tackmann.de - http://www.youtube.com/watch?v=l9Rg19GP5Eg – kirsten.tackmann@bundestag.de - http://www.wahlgang.de/wahlgang13/wp-content/uploads/2013/04/KirstenTackmann_0801_sRGB_-©TRIALON-240x300.jpg

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung. Darin sind wir uns einig. Deswegen begrüßt meine Fraktion, Die Linke, ausdrücklich die zentralen Forderungen des vorliegenden Koalitionsantrages: häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent weiter bekämpfen und den nationalen Aktionsplan fortschreiben. Das ist ja unterdessen erfolgt. Wir können das nur unterstützen. In der heutigen Debatte möchte ich unseren Blick auf eines der schwerwiegendsten Probleme lenken, mit denen Frauen auf der Flucht vor Gewalt konfrontiert werden. Im Koalitionsantrag steht, dass Frauenhäuser als Zufluchtsstätten nach wie vor notwendig sind. Darin sind wir uns einig. Es wird begrüßt, dass die Kostenerstattung zwischen den kommunalen Trägern nach § 36 a SGB II erfolgt. Das klingt zwar harmlos, ist aber im Vergleich zur früheren Sozialhilfe eine deutliche Verschlechterung. In 12 von 16 Bundesländern werden Frauenhäuser heute nicht mehr pauschal, sondern nach sogenannten Tagessätzen finanziert. Das heißt, dass für Frauen ohne eigenes Einkommen die Kosten entsprechend SGB II übernommen werden. Das hat einige schwerwiegende Konsequenzen: Erstens. Wenn die Frauen nicht anspruchsberechtigt sind, müssen sie für ihren Aufenthalt im Frauenhaus selbst aufkommen. Das können aber viele oft nicht. Diese Regelung trifft insbesondere Studentinnen und Asylbewerberinnen. Zweitens. Die Frauen müssen sofort, also in der unmittelbaren Fluchtsituation, einen Hartz-IV-Antrag stellen. Im Klartext heißt das: Die Frauen befinden sich in einer extremen Notsituation. Statt die dringend benötigte sozialpsychologische Betreuung zu erhalten, gehen sie mit einer Mitarbeiterin des Frauenhauses erst einmal zur Arge und stellen einen Hartz-IV-Antrag. Was das konkret bedeuten kann, hat mir eine Mitarbeiterin eines Frauenhauses in Brandenburg berichtet: Die von Gewalt betroffene Frau kam als „normale“ Kundin in einen Raum, wo neben ihrer eigenen Fallmanagerin eine weitere Fallmanagerin saß, mit einem anderen Erwerbslosen im Gespräch. Der Versuch, die Fallmanagerin auf die besondere Situation der von Gewalt betroffenen Frau hinzuweisen, scheiterte an der Insensibilität bzw. Unwissenheit der Fallmanagerin. Der Termin musste abgesagt werden. Ein ALG-Anspruch besteht allerdings erst ab Antragstellung. Das ist nur ein Beispiel für die unwürdige Situation, in die von Gewalt betroffene Frauen durch die Regelung im SGB II gebracht werden, von der katastrophalen datenschutzrechtlichen Situation einmal ganz abgesehen. Hinzu kommt, dass von der Antragstellung bis zur ersten Auszahlung der Leistungen nach dem SGB II Wochen vergehen können. In dieser Zeit sind die Frauen oft mittellos. Eine Zwischenfinanzierung über das SGB XII ist gesetzlich leider ausgeschlossen. Einmalige Beihilfen wie in der früheren Sozialhilfe gibt es nicht mehr. Hinzu kommen Probleme bei der Bewilligung der Übernahme der Kosten für die Unterkunft bzw. für die Fortzahlung der Miete für die verlassene Wohnung usw. Im neuen Aktionsplan steht:
Bei der Evaluation der Umsetzung des SGB II wird auch die Gruppe der von Gewalt betroffenen Frauen Berücksichtigung finden.
Angesichts der Armutssituation, in die viele Frauen im Frauenhaus geraten, ist das in der Tat dringend erforderlich. Im Koalitionsantrag fehlt das „Fördern“ übrigens völlig, um von Gewalt betroffenen Frauen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu bieten. Ich finde, das ist ein großer Fehler.
(Beifall des Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE])
In der Bundesrepublik gibt es etwa 400 Frauenhäuser, in denen jährlich schätzungsweise 40 000 Frauen Zuflucht finden. Über die Tagessatzfinanzierung werden die Frauenhäuser SGB-II-abhängig. Sie müssen ihren Etat sogar bis zur Hälfte selbst einwerben. Dadurch werden die Frauenhausmitarbeiterinnen zu Geldbeschafferinnen. Ihnen fehlt dann die Zeit für die psychosoziale Arbeit und die Begleitung der betroffenen Frauen. Niemand bestreitet heute ernsthaft die gesellschaftliche Realität. 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen – das ist hier heute schon mehrfach gesagt worden – machen Erfahrungen mit körperlicher und sexueller Gewalt. Die psychische Gewalt ist ebenfalls schon angesprochen worden. Seit 30 Jahren fordern Frauenhäuser: Jede dieser Frauen soll unabhängig von ihrem sozialen Status oder ihrer Nationalität Zuflucht und Hilfe finden können. Mit Hartz IV haben wir uns von diesem Ziel wieder weiter entfernt. Von Gewalt betroffene Frauen brauchen dringend bundeseinheitlich finanziell abgesicherte Frauen- und Schutzhäuser. Das ist heute schon von anderen Rednern gefordert worden. Die Bundeskanzlerin hat das übrigens auch so gesehen; aber da war sie noch Frauenministerin. Liebe Kolleginnen und Kollegen vor allen Dingen von der Koalition, liebe Ministerin, die Ernsthaftigkeit unserer Bemühungen zum Thema Gewalt wird auch daran gemessen werden, ob wir die Probleme, die ich hier aufgeführt habe, lösen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das geschieht zu Recht. Ich denke, wir müssen hier endlich handeln. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)

http://bundestube.de/16/119/40/

Frauen- und Gleichstellungspolitik
"Frauen an den Herd" sagen heute längst nicht mehr alle Konservativen. Die Neoliberalen haben die Arbeitskraft Frau entdeckt! Frauen sind aufgrund der patriarchalen Strukturen dieser Gesellschaft immer noch deutlich billigere Arbeitskräfte. Aber Arbeit ist gleichzeitig eine Grundlage für die ökonomische Selbstständigkeit und für ein selbstbestimmtes Leben, für Selbstverwirklichung, soziale Einbindung, Bildung. Wir kämpfen für die wirkliche Gleichstellung von Frau und Mann, Mädchen und Jungen in allen gesellschaftlichen Bereichen .Hier finden Sie aktuelle Stellungnahmen und Beiträge zur Frauen und Geschlechtergerechten Politik der LINKEN.

http://www.kirsten-tackmann.de/themen/frauenundgleichstellungspolitik/index_2012.html

Gegen die Lohndiskriminierung von Frauen sind proaktive Gesetze notwendig
Plenarrede zum Antrag „Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern wirksam durchsetzen“, DS 16/11192; Die Rede wurde zu Protokoll gegeben.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrte Damen und Herren,
bereits 1957 hat sich die Bundesrepublik mit dem EG-Vertrag verpflichtet, die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. Diese rechtliche Garantie in Deutschland steht noch immer und sogar wieder zunehmend eine Realität gegenüber, die durch eine extreme Lohndiskriminierung von Frauen geprägt ist: Der Bruttostundenverdienst von Frauen lag nach den Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung 2006 um 24% unter dem der Männer. In ländlichen Räumen bekommen Frauen laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sogar bei gleicher Qualifikation 33 Prozent weniger Lohn als Männer.
Es ist aber nicht so, dass wir über dieses „Phänomen“ zu wenig wüssten. Analysen zur Situation und zu Ursachen der Entgeltdiskriminierung liegen vor. Auch neue diskriminierungsfreie Arbeitsbewertungssysteme wurden und werden entwickelt. Nur: Diese Erfahrungen finden in Deutschland kaum Anwendung. Es ist, wie leider so oft: in der grundsätzlichen Bewertung sind sich alle einig, wenn vielleicht auch nur scheinbar, doch es unterscheiden sich die politischen Antworten auf die eigentlich wichtige Frage, welche Wege sind wir bereit zu gehen, um die Entgeltgleichheit durchzusetzen?

Die Bundesregierung hat mit dem am 29. Oktober 2008 beschlossenen Fortschrittsbericht 2008 zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ihr Ziel bekräftigt, den Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern bis 2010 auf 15 Prozent und bis 2015 auf 10 Prozent zu reduzieren. Wer will dagegen auch was sagen?
Aber: Konkrete Maßnahmen zum Erreichen dieses Ziels werden im Bericht nicht genannt. Mit Absichtserklärungen allein kommen wir aber nachweislich nicht weiter!

In der Realität spitzt sich die Situation durch politische Entscheidungen der vergangenen Jahre nämlich noch zu. Nur ein Beispiel: Der von den Bundesregierungen im vergangenen Jahrzehnt massiv ausgebaute und geförderte Niedriglohnsektor ist überwiegend weiblich und hat dadurch die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern verstärkt. Korrigieren können wir als Gesetzgeber diesen Effekt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Zum Beispiel mit einem flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn von 8,71 pro Stunde, der zügig auf 10 Euro angehoben wird.
Doch das alleine wird nicht reichen. Besonders wichtig sind uns zwei weitere Punkte zur Verringerung mittelbarer Diskriminierungen.
1. Die individuellen und kollektiven Klagemöglichkeiten müssen verbessert werden.
2. Die Tarifpartnerinnen und -partner müssen gesetzlich zu diskriminierungsfreier Entgeltbewertung verpflichtet werden.
Denn Entgeltgleichheit kann selbst in Tarifverträgen in Deutschland zurzeit nur auf zwei Wegen durchgesetzt werden: durch Klagen der Betroffenen im Einzelfall und durch Tarifpolitik. Individualklagen einzelner diskriminierter Personen sind nicht imstande, den Grundsatz der Entgeltgleichheit flächendeckend durchzusetzen. Es bestehen hohe Zugangsbarrieren und Risiken bei der rechtzeitigen Inanspruchnahme von gesetzlich garantierten Rechten.

Zum Klagerecht: Aufgrund des ausschließlich individuell bestehenden Klagerechts gelingt es derzeit nur einzelnen Frauen und auch nur ausnahmsweise, diskriminierende Entgeltsysteme oder Bewertungsverfahren durch Klagen zu Fall zu bringen. Auf diesem Weg löst sich das grundsätzliche Problem nicht!
Das soll die kleinen Erfolge von mutigen Frauen, die das individuelle Klagerecht nutzen und diesen teils mit Mobbing begleiteten Prozess auch durchstehen, überhaupt nicht schmählern. Im Gegenteil. So gab es in dieser Woche ein sehr bemerkenswertes gerichtliches Urteil. Das Landesarbeitsgericht in Berlin hat zum Beweis der Diskriminierung einer Frau am Arbeitsplatz erstmalig in Deutschland einen statistischen Beweis zugelassen. Das heißt: die hohe Wahrscheinlichkeit einer Diskriminierung wurde als ausreichender Beweis zugelassen! Und zusätzlich wurde die Klägerin aufgrund von Mobbing entschädigt.
Dies ist ein ermutigendes und deutliches Zeichen an alle Frauen, sich gegen Diskriminierungen zur Wehr zu setzen. Derzeit wird der Rechtsweg viel zu selten beschritten. Weil es Frauen zum Beispiel unnötig schwer gemacht wird, die Einleitung eines Verfahrens wegen Diskriminierung zu begründen, da sie jegliche Fakten und Sachverhalte vollständig beibringen müssen, die ihre Klage unterstützen.

Zu den Tarifverträgen: Wir schlagen pro-aktive Verfahren vor, die in einem eigenen Gesetz zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit in Kollektivverträgen geregelt werden sollten. Dies gilt dann als Leitfaden für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst zur Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher und gleichwertiger Arbeit. Zweitens schlagen wir vor, den Tarifpartnern starke und unabhängige Institutionen mit eigenen Beratungs- und Untersuchungskompetenzen zur Seite zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist unserer aller Aufgabe, endlich den Weg zur Entgeltgleichheit konsequent zu gehen. Ohne diese notwendigen politischen Maßnahmen und proaktiver Gesetzesregelung werden wir den gesellschaftlichen Skandal der Lohndiskriminierung von Frauen nicht beenden.

Übrigens: Gleichstellungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Sie darf weder der Familienpolitik untergeordnet noch auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf reduziert werden.

Frauen wollen und haben das Recht auf fair bezahlte und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Sie brauchen sie zur Sicherung ihrer Existenz und zum Aufbau einer eigenständigen Altersversorgung. Darum hat die LINKE einen eigenen Antrag eingebracht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

http://www.linksfraktion.de/reden/gegen-lohndiskriminierung-frauen-sind-proaktive-gesetze-notwendig/

Berlin (ots) - "Gerade in Zeiten der Krise gehört die Bekämpfung
der Frauenarmut und der Lohndiskriminierung von Frauen auf die
Tagesordnung", erklärt die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion
DIE LINKE, Kirsten Tackmann, anlässlich des Internationalen
Frauentags. Tackmann weiter:

"Armut ist weiblich. Aber die Ursachen dafür sind nicht nur die
hohe Arbeitslosigkeit von Frauen und ein Frauen diskriminierendes
Rentensystem. 23 Prozent beträgt der Lohnunterschied zwischen Frauen
und Männern in Deutschland nach Angaben der EU-Kommission
mittlerweile und die Schere geht weiter auseinander. Diese Lohnlücke
ist nicht nur deswegen ein gesellschaftlicher Skandal, weil sie
ungerecht ist. Sie verschärft auch das Armutsrisiko im Alter und bei
Arbeitslosigkeit. Dazu kommt, dass viele Frauen in prekären
Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und keinen Anspruch auf
Arbeitslosengeld haben. Durch die Bedarfsgemeinschaftsregelung bei
Hartz IV verlieren sie das Recht auf eine eigenständige
Existenzsicherung. Für uns hingegen steht fest: Frauen wollen und
haben das Recht auf fair bezahlte und sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse.

EU-Kommissar Vladimir Spidla hat diese Woche in Brüssel eine
Kampagne gegen das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in der EU
gestartet. Dabei sagte er, dass "Frauen mittlerweile besser
qualifiziert sind als Männer und die Unternehmen daraus Konsequenzen
ziehen müssen - wenn sie keine Idioten sind". Dieser Optimismus ist
leider unbegründet, denn das Patriarchat ist dumm. Die
Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben hatte nie "vernünftige"
Gründe.

Es ist endlich Zeit für gesetzgeberisches Handeln. DIE LINKE
fordert nachdrücklich - und das nicht nur am Frauentag - einen
flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, Gesetze zur Erzielung der
Entgeltgleichheit, ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft
sowie die Einführung eines Verbandsklagerechts. Entsprechende Anträge
werden derzeit im Bundestag behandelt."

Originaltext: DIE LINKE
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/41150
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_41150.rss2

http://www.bankkaufmann.com/a-190408-Kirsten-Tackmann-Das-Patriarchat-ist-dumm.html

Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!
Junge Frauen sehen in Dörfern und kleinen Städten immer öfter keine Perspektive mehr für sich; das
wissen wir seit Jahren. Das hat auch politische Gründe: Es fehlt an existenzsichernder bezahlter
Arbeit. Der Lohnabstand zu Männern ist hier noch größer als in Großstädten. Familie und Beruf sind
noch schwieriger zu vereinbaren.
Familiäre Betreuungs- und Versorgungswege zur Schule, zum Einkauf und zu den Ärzten werden
immer länger, und sie müssen meistens von den Frauen übernommen werden. – Der Preis des Bleibens
ist unter diesen Bedingungen oft mit dem Verzicht auf eigene Lebensperspektiven verbunden.
Darum wandern junge Frauen in die Großstädte ab.
Der Politik fehlt der Blickwinkel der Frauen. Gerade in Deutschland ist die Agrarpolitik männerdominiert,
ebenso wie der Berufsstand und die Verbände. Das ist in der EU-27 nicht überall so. Zum Beispiel
im Baltikum wird fast die Hälfte der Landwirtschaftsbetriebe von Frauen geleitet. In Deutschland
sind das nicht einmal magere 10 Prozent, und wenn, dann sind das eher Betriebe in Ostdeutschland
oder kleinere Betriebe. Ein Bauernverbandsfunktionär hat neulich in einer Veranstaltung der Linken
gesagt: Für Gleichstellung sind bei uns die Landfrauen zuständig. – Nichts gegen Landfrauen – im
Gegenteil, sie arbeiten sehr engagiert vor Ort –; aber wenn die Gleichstellung gelingen soll, müssen
sich alle verantwortlich fühlen. (Beifall bei der Linken)
2
Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke)
Deshalb sagt die Linke: Agrarpolitik muss endlich Frauen in alle Entscheidungen einbeziehen, und
zwar nicht nur formal, sondern wirkungsvoll; denn Gleichstellung ist ein Grundrecht. Es geht nicht um
eine großzügige Gewährung, sondern um einen Anspruch. Das ist mehr als die alte Leier von gleichen
Bedingungen für alle.
Die Bundesregierung antwortete auf eine Kleine Anfrage der Linken zur Agrarförderung, sie sei
„geschlechts neutral“. Sie meint damit, sie sei nicht diskriminierend. Das zeigt aber nur eine gravierende
Gleichstellungsinkompetenz; denn so werden ungleiche Verhältnisse nicht gerechter, sondern so
werden sie zementiert. (Beifall bei der Linken)
Man darf deswegen nicht geschlechtsneutral fördern, sondern man muss geschlechtergerecht fördern.
(Beifall bei der Linken)
Die Linke fordert: Die 58 Milliarden Euro im EU-Agrarhaushalt für Agrarbetriebe und ländliche Räume
müssen geschlechtergerecht verteilt werden. Wie das geht, steht in den 19 Forderungen unseres
Antrags. Dabei geht es nicht einfach darum, jeden zweiten Euro an Frauen zu überweisen. Wir wollen
einen grundlegenden Wandel. Vor allen Dingen geht es uns um die Überwindung diskriminierend
wirkender Strukturen. Zwei Schwerpunkte unserer Vorschläge möchte ich nennen:
Erstens. Wir müssen mehr wissen über die Lebenssituation der Frauen auf dem Land. Die Gleichstellungspolitik
muss im Agrarbericht einen größeren Raum einnehmen. Bis Ende 2011 soll dem Bundestag
ein Bericht zum Stand der Gleichstellung in den ländlichen Räumen vorgelegt werden.
Zweitens. Frauen brauchen mehr wirksame Mitsprache bei den Entscheidungen. Zum Beispiel beim
ELERFonds zur Förderung der ländlichen Räume müssen Frauen aktiv in die Entwicklung und Umsetzung
der Programme eingebunden werden. Die Leader-Arbeitsgruppen, die diese Arbeit vor Ort
planen und koordinieren, brauchen Frauenbeiräte, die über ein Vorschlagsrecht verfügen. (Beifall bei der
Linken)
In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die die nationalen Förderprogramme plant, muss die Bundesfrauenministerin
mit Stimmrecht vertreten sein, damit sie schon in der Programmplanungsphase eingreifen
kann. Die Gleichstellungsdefizite auf dem Land benennen übrigens nicht nur wir Linken, sondern auch
der Bericht über die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum des Europäischen
Parlaments vom Januar.
Auch der Weltagrarbericht weist ausdrücklich auf die große Bedeutung von Frauen bei der Lösung der
Probleme auf dem Land hin. Die Diskriminierung von Frauen als Kleinbäuerinnen oder Händlerinnen
oder Hauptverantwortliche der Familien ist eine wesentliche Ursache der Armut. Die Agrarexportförderung
der EU ist an dieser Situation nicht unschuldig. Deshalb sagen wir Linken: Auch damit muss
Schluss sein. (Beifall bei der Linken)
Um zusammenzufassen: Nur eine geschlechtergerechte Agrarpolitik wird die Probleme auf dem Land
lösen. Das gilt für Deutschland, für Europa und für die ganze Welt. Vielen Dank. (Beifall bei der Linken)
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Das Wort hat nun Christoph Poland für die Fraktion der CDU/CSU.

http://femokratie.com/wp-content/uploads/2011/04/Geschlechtergerechte-Agrarfoerderpolitik-Plenarprotokoll-17106-vom-15.04.2011.pdf

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