Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Christa Müller (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Tuesday, 09.12.2014, 13:02 (vor 3577 Tagen)

F275 Christa Müller – geboren am 09.05.1956 in Frankfurt am Main – Studium der Betriebs- und Volkswirtschaftlehre – 1993 Heirat mit Oskar Lafontaine (SPD), Scheidung 2013 – Mitglied der SPD seit 1979 – im Hessischen Landtag ab 1985 – 2005 trat Christa Müller gemeinsam mit ihrem Ehemann von der SPD zur WASG über – nachdem diese Partei in „die LINKE“ aufgegangen war, wurde sie deren familienpolitische Sprecherin im Saarland – Rückzug aus der parteipolitischen Arbeit 2011 - http://media1.faz.net/ppmedia/aktuell/politik/2579496901/1.446703/default/christa-mueller-viele-hausfrauen-leiden-unter-dem-mangel-an-wertschaetzung.jpg

"Wozu braucht man eigentlich noch Männer?"
02.08.2013 15:07 Uhr von Barbara Nolte

Sie gab ihre Karriere auf, bekam ein Kind, pflegte Mutter und Schwiegermutter – dann ging ihr Mann Oskar Lafontaine. Christa Müller über wehrhafte Hausfrauen, das Betreuungsgeld und ihren Ärger über Feministinnen.

Frau Müller, zuletzt traten Sie als heftige Gegnerin der Krippenbetreuung von Kleinkindern in Erscheinung. Seit dieser Woche gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz.
Wer sein Kind in eine Krippe geben will, soll das tun. Da will ich niemandem reinreden. Ich finde nur, dass alle Eltern die 1000 Euro im Monat bekommen müssten, mit denen der Staat jeden Krippenplatz subventioniert. Dann könnten sie frei entscheiden, ob sie mit dem Geld einen Krippenplatz bezahlen wollen oder sich selbst.
Dafür gibt es doch neuerdings das Betreuungsgeld, auch Herdprämie genannt, weil es einen finanziellen Anreiz schafft, dass Mütter Hausfrauen werden.

Wegen 100 Euro? Das ist doch lächerlich. Die Wirtschaft will, dass die Frauen schnell wieder arbeiten gehen. Die meisten Frauen wollen das nicht. Sie müssen es mitunter tun, weil das Gehalt ihrer Männer nicht reicht. Unsere Gesellschaft braucht Kinder. Kindererziehung ist gesellschaftlich wichtige Arbeit, die angemessen bezahlt werden muss. Ich halte ein echtes Erziehungsgehalt für sinnvoll, bis ein Kind erwachsen ist. Erst monatlich 1600 Euro pro Kind, später weniger.

Auf einem Parteitag der Linkspartei, der Sie angehören, wurde Ihr Vorschlag heftig kritisiert.

Das war brutal.
Wie erklären Sie sich den Gegenwind auch außerhalb Ihrer Partei?

Bei dem Thema haben Politikerinnen und Journalistinnen das Sagen, die wenige, manchmal keine Kinder haben. Ihre Jobs sind außerdem attraktiv. Sie wollen sie auch mit Kindern weiter ausüben. Die Frauen, die familienorientierter sind, mehrere Kinder haben, engagieren sich nicht politisch, weil sie keine Zeit dazu haben. Die Interessen dieser Frauen fallen hinten runter. Ich zähle mich jetzt mal dazu. Für mich hatte in den letzten 14 Jahren die Familie Priorität. Mein Sohn, der Stiefsohn, die Omas, die bei uns wohnten, und…
… der Ehemann.


Der weniger. Mit so zwei alten Omas kommt der Mann ein bisschen zu kurz.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass Frauen mit dem Betreuungsgeld oder einem Erziehungsgehalt, wie Sie es nennen, in eine Falle gelockt werden? Fast jede zweite Ehe wird geschieden…

… aber das wissen wir doch alle.
Frauen sollten Ihrer Meinung nach einkalkulieren, dass ihre Beziehung früher oder später endet?

Klar. Mich ärgert an diesen Alice Schwarzers, dass sie vorgeben zu wissen, was für andere Frauen das Beste ist: voll erwerbstätig zu sein. Früher haben die Männer den Frauen gesagt, was sie zu tun haben. Heute sind es die Feministinnen. Die Mehrheit der Frauen will ja in ihren Beruf zurückkehren, wenn ihr Kind drei Jahre alt ist, allerdings Teilzeit. Ein ergänzendes Erziehungsgehalt würde sie mit den Männern gleichstellen. Die Mehrheit der Frauen wird auch in Erwägung ziehen, dass ihre Ehe vielleicht mal kaputtgeht.
Seit Februar sind Sie von Oskar Lafontaine geschieden. Haben Sie das Scheitern Ihrer Ehe einkalkuliert?

Nein. Aber ich bin jemand, der vorausdenkt. Ich hatte immer mein eigenes Geld und bekomme auch jetzt keinen Unterhalt.
Sie arbeiten?

Als Hausfrau habe ich von morgens um halb sieben bis abends nach acht gearbeitet. Sie meinen, ob ich erwerbstätig bin? Ich verwalte Immobilien. Ich mag irgendwie Häuser. Gerade renoviere ich ein Mietshaus in Saarbrücken. Der Job lässt mir genug Zeit, meinen Sohn herumzufahren. Er ist 16, und bei uns auf dem Land gibt es keinen Bus.
Sie galten als Karrierefrau, waren Ökonomin beim SPD-Parteivorstand, als Sie in den 90ern als neue Frau von Oskar Lafontaine in die Öffentlichkeit traten. Deshalb verwundern Ihre Positionen so.

Ich wünschte mir damals schon Kinder. Und was meine Karriere betrifft: Die war in dem Moment vorbei, als die Beziehung zu meinem Mann bekannt wurde. Von meinen Fähigkeiten her wäre es naheliegend gewesen, dass ich einen guten Job in einem Ministerium bekomme. Mein Mann und ich hatten aber Bedenken, dass es heißt, die kriegt den Job nur, weil sie die Frau vom Oskar ist. Ich habe mir gesagt, ich verstehe mich gut mit diesem Mann. Ich treffe vielleicht nie mehr einen besseren. Ich verzichte auf die Karriere. Ein reifer Mensch zeichnet sich meiner Ansicht nach dadurch aus, dass er weiß, dass man im Leben nicht alles haben kann.
Sie haben einmal Frauen empfohlen, sich einen Partner danach auszusuchen, ob er einen guten Familienvater abgeben würde.

Wenn man Familie will, und das wollen viele Frauen, ist das sicher sinnvoll.
Sie haben auch nach einem Familienvater gesucht?

Eigentlich schon. Das Leben ist halt manchmal anders, als man denkt.
Im Rückblick ärgern Sie sich sicher darüber, auf Ihren attraktiven Job verzichtet zu haben.

Nein. Ich habe mal überlegt, wo ich im Beruf Spuren hinterlassen habe, und bin zum Schluss gekommen, dass das, was ich tat, so bedeutend nicht war. Wenn ich mir dagegen überlege, was ich mit dem Großziehen meines Kindes und mit der Betreuung meiner Schwiegermutter und meiner Mutter geleistet habe – für diese Menschen habe ich Lebensqualität geschaffen. Meine Schwiegermutter wurde über 90, meine Mutter wird jetzt 96. Ich habe viel mit Journalistinnen zu tun. Die halten sich für ungeheuer wichtig. Da liegt es mir auf der Zunge, zu sagen: „Was ist, wenn Sie jetzt sterben? In der Minute, in der Ihr Tod bekannt wird, geht das Gerangel um ihre Stelle los.“ Jeder ist so schnell ersetzt im Beruf. Aber bei seinem Kind fehlt man. Das sind die wahren Werte. Wir Frauen sind da anders gestrickt als Männer.
]Die Erwerbsarbeit nicht zu hoch zu hängen, ist nicht typisch weiblich, sondern vernünftig. Das muss auch den Männern zu vermitteln sein. Am besten wäre es, wenn Frauen und Männer weniger arbeiten und sich die Kindererziehung teilen.

Das wird aber nie der Fall sein. Eine Soziologin hat mal Paare befragt. Die Männer sagten, dass sie, wenn sie die Hälfte der Erziehungsarbeit machen müssten, auf Kinder verzichten würden. So ist das.
Wollen wir doch mal sehen, ob das wirklich so ist…

… die Geburtenraten sind, wie sie sind: nicht sehr hoch. Ich kenne einige Frauen um die 30, die würden gern eine Familie gründen und finden keinen Partner. Wir Frauen aus meiner Generation sagen: Kriegt eure Kinder ohne Mann. Wir helfen euch. Nach dem neuen Scheidungsrecht bekommen Frauen ohnehin keinen Unterhalt. Wenn die Männer keine Verantwortung mehr für die Kinder übernehmen, und das ist zunehmend der Fall, muss man sich fragen, wozu man sie eigentlich noch braucht.
Jetzt klingen Sie wie eine Feministin.

Bin ich ja auch. Es gibt vom Familienministerium Studien zur Arbeitszeit. Frauen, die sich um die Kinder kümmern und zugleich erwerbstätig sind, wenn auch nur Teilzeit, haben höhere Arbeitszeiten als Männer. Wenn Emanzipation bedeutet, dass wir Frauen jetzt mehr arbeiten als die Männer, dann ist etwas schiefgelaufen.
Sie gab ihre Karriere auf, bekam ein Kind, pflegte Mutter und Schwiegermutter – dann ging ihr Mann Oskar Lafontaine. Christa Müller über wehrhafte Hausfrauen, das Betreuungsgeld und ihren Ärger über Feministinnen.

Männer, Frauen und Instinkte
Die Facebook-Managerin Sheryl Sandberg, die sich für Gleichberechtigung einsetzt, sagt, dass Frauen dafür kämpfen sollen, Unterstützung zu bekommen, um es im Beruf mit den Männern aufzunehmen.

Ich sage, wir Frauen sollen dafür kämpfen, in unserer Rolle als Frau anerkannt zu werden. Frauen und Männer müssen gleichwertig sein, aber doch nicht gleich. Ich finde, eine Erzieherin muss genauso gut bezahlt werden wie ein Facharbeiter. Deshalb bin ich aus der Gewerkschaft ausgetreten. Das sind reine Männervereine. Nie hat sich die Gewerkschaft dafür eingesetzt, dass Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden,bezahlt werden wie Männerberufe. Wir werden es nie schaffen, dass 50 Prozent der Männer Erzieher werden. Die Frage ist, ob das überhaupt gut wäre. Um kleine Kinder können sich Frauen besser kümmern. Männern fehlt da irgendeine Ader. Sie sind oft zu hart.
Es ist doch nicht genetisch festgelegt, dass Männer strenger sind.

Ich spreche von der Mehrheit der Männer, und die hat andere Instinkte als Frauen. In Amerika hat man mal Männern und Frauen Brillen aufgesetzt, mit denen man anhand der Augenbewegungen Interesse messen kann. Erst wurden ihnen Babys gezeigt – keine Reaktion. Es folgten leicht bekleidete Frauen. Alle Männer: Glupsch, glupsch, glupsch. Die Frauen reagierten begeistert auf die Babys, während leicht bekleidete Männer sie kaltließen.
Und was folgt daraus?

Es ist eine Illusion, dass sich die Mehrheit der Männer unter den jetzigen Bedingungen in der Kindererziehung so engagiert wie die Frauen. Man kann die Männer nicht dazu zwingen. Dann sagen sie Tschüss und gehen.
Männer gehen doch auch aus anderen Gründen. Das ist bei den bürgerlichen Großstadtmüttern nicht anders als bei Ihnen. Die Familie ist dann nur noch ein Rumpf. Dass sich die Frauen lange Jahre aufgeopfert haben, wird mit einem Mal sinnlos.

Wenn der Mann geht, bleibt die Familie bestehen. Sie ist nur um ein Mitglied kleiner geworden.
Sie sind mit Ihrem Sohn im Haus bei Saarlouis wohnen geblieben, was man von Fotos kennt. Früher lebten dort Ihre Mutter und Lafontaines Mutter. Sie haben sie gepflegt.
Ja, wir fragten jeden Morgen meine Schwiegermutter: „Oma, wie geht’s?“ Ihre Standardantwort war: „Ich wollt’, es wäre vorbei.“ Wenn wir Einladungen hatten, saßen die Omas immer mit dabei. Meine Mutter kannte Gregor Gysi. Bei uns gab es Enkel, Tiere, Gäste. Dennoch war auch meine Mutter nie richtig glücklich. Man muss das Thema mal enttabuisieren: Es ist gar nicht toll, so lange zu leben.
Was soll man tun?
Für mich persönlich könnte ich mir vorstellen, mit 80 mit einer Flasche Cognac in die Badewanne zu gehen. Ich will auf keinen Fall richtig alt werden.
Man trinkt die Flasche Cognac und dann?
Schläft man ein. Das Wasser verliert an Temperatur. Man kühlt aus und stirbt. Der humanste Tod: einschlafen, nicht aufwachen. Gott hat uns die Fähigkeit gegeben, unser Leben durch die Medizin zu verlängern. Und er hat uns die Fähigkeit gegeben, es zu verkürzen. Ich denke, er ist mit beidem einverstanden.
Mit 80 haben viele noch ein gutes Leben.

Schon. Aber wenn man es mit 80 nicht tut, macht man es nicht mehr. Später verliert man an Willenskraft. Man schafft es nicht mehr, die Entscheidung zu fällen, sich zu trennen. Das ist wie auf einer Party. Da ist es ja auch schwierig, im schönsten Moment zu gehen. Später aber denkt man, du hättest auch eine Stunde eher gehen können.

Sie haben kürzlich gesagt, dass Sie keinen neuen Partner mehr haben wollen.
Ich bin nicht unbedingt ein Manhopper. Ich bin im Normalfall auch kein Parteienhopper. Ich war gezwungen, die Partei zu wechseln, nachdem die SPD Kriegseinsätzen zugestimmt hat.
Verfolgen Sie den Wahlkampf?
Es passiert ja nichts. Jetzt wird diese NSA-Geschichte hochgeschrieben. Nur bleibt die Bevölkerung leidenschaftslos. Die meisten scheint es gar nicht so zu stören, abgehört zu werden. Mich auch nicht. Ich habe noch nie etwas Wichtiges am Telefon gesagt, weil mir immer bewusst war, dass ich abgehört werden könnte. Ich denke, die Leute, die etwas geheim halten wollen, halten es genauso.
Von Ihrer Partei, der Linken, hört man nichts.
Das scheint ihr aber nicht zu schaden. Sie hat in Umfragen ein Prozent zugelegt. Wahrscheinlich, weil man keinen Streit von ihr hört. Und ihre Hauptforderungen, Mindestlohn und mehr Steuergerechtigkeit, kommen ja bei vielen Wählern an.
Sie engagieren sich nicht im Wahlkampf.
Nein, in der Familienpolitik kann ich in meiner Partei keine Fortschritte erzielen. Aber ich habe vergangene Woche einen Verein mitgegründet. Er heißt: „Eltern entscheiden selbst. Echte Wahlfreiheit durch ein Erziehungsgehalt.“ Nach 1600 Euro soll es vom 3. bis zum 6. Lebensjahr eines Kindes 1000 Euro, danach 500 Euro geben. Steuern und Sozialabgaben gehen davon ab. Außerdem sollen Kinderärzte oder Kinderpsychologen die Familien, die das Geld beziehen, regelmäßig besuchen. Mit dem System kann außerdem Vernachlässigung oder Missbrauch von Kleinkindern verhindert werden. Zur Finanzierung schlage ich eine Kinderversicherung vor, ähnlich der Pflegeversicherung. Alle Arbeitnehmer zahlen ein. Wer Kinder hat, bekommt etwas zurück. Kindererziehung und Pflegearbeit zu bezahlen, ist übrigens eine Forderung der Frauenbewegung der 70er.
Sympathisieren Sie mit aktuellen feministischen Aktionen wie der Aufschrei-Kampagne, bei der Frauen über Twitter ihre Solidarität mit einer Journalistin bekunden? Der FDP-Politiker Brüderle machte eine Bemerkung, die auf ihr Dekolleté bezogen war.
Schon, auch wenn ich glaube, dass Anzüglichkeiten nicht das Thema sind, sondern das Gewaltverhalten von Männern vor allem im Bereich Sexualität. Ich stehe auch einem Verein gegen Genitalbeschneidung vor. Überall auf der Welt üben Männer Gewalt aus – auch durch Fremdgehen. Angeblich gibt es auch Frauen, die fremdgehen. Ich lerne die komischerweise nicht kennen. Ich lerne nur Frauen kennen, die von ihren Männern unglaublich fies behandelt wurden. Es gibt auch nette Männer, doch die decken die anderen. Darüber brauchen wir eine Debatte: Was sagen Männer dazu, dass andere Männer sich so gemein verhalten?
Die Gewalttätigkeit von Männern glauben Sie mit Diskussionen angehen zu können. Die Zurückhaltung der Männer bei der Kindererziehung sehen Sie als unveränderlich an. Das verstehe ich nicht.
Ich bin doch der Meinung, dass das Erziehungsgehalt die Männer ändert. Wird eine Arbeit bezahlt, gewinnt sie an Wert, und Männer werden eher bereit sein, sie zu tun. Ich habe nichts gegen Hausmänner und nichts gegen Karrierefrauen. Da werde ich oft falsch verstanden. Ich war mal Beamtin in Hessen und mein damaliger Freund freiberuflicher Übersetzer. Wir überlegten, eine Familie zu gründen. Dann wäre ich arbeiten gegangen, und mein Freund hätte sich um die Kinder gekümmert. Ich hätte mir gut vorstellen können, die Rolle des Ernährers zu übernehmen.
Schließlich steckten Sie zurück. Sie galten aber als Einflüsterin von Oskar Lafontaine. Haben Sie manchmal Sehnsucht danach, wieder mit am großen Rad der Weltpolitik zu drehen?

Nein. Ich denke, wir sind alle aus einer gewissen Distanz heraus betrachtet nur ganz kleine Lichter.
Christa Müller, 57, ist Volkswirtin und war familienpolitische Sprecherin der Linkspartei im Saarland. 2005 ist sie mit ihrem heutigen Exmann Oskar Lafontaine aus der SPD ausgetreten. Als Vorsitzende des Vereins „Intact“ engagiert sie sich gegen die Beschneidung von Mädchen. Sie lebt bei Saarlouis.

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/lafontaines-ex-frau-christa-mueller-maenner-frauen-und-instinkte/8588150-2.html

Es gab eine Zeit, da hat sie an die Familie geglaubt. An eine Gemeinschaft, "in der jeder arbeitet, was er kann, und jeder nimmt, was er braucht". Die einzig funktionierende kommunistische Einheit sei das, hat sie damals zu ihrem Mann gesagt. Der hat ihr zugestimmt. Mit Kommunismus, ja da kennt sich ein Sozialdemokrat, der zum Sozialisten wurde, aus. Mit Familie, nun ja, da hat er es zumindest immer wieder versucht. Nur geklappt hat es nicht. Auch beim dritten Versuch nicht.
Christa Müller ist jetzt 56 und glaubt immer noch an die Familie. Nur nicht mehr an eine mit Oskar Lafontaine. Am 4. Februar 2013 wurden die beiden offiziell geschieden nach 20 Jahren Ehe, nach 25 Jahren Beziehung. Jahre, in denen sie lange für die gleichen politischen Ziele stritten, in denen sie ein Kind bekamen, für das Christa Müller ihren Beruf als Ökonomin aufgab, in denen sie ihre beiden Mütter zu sich nahmen, die sie pflegte.
Oskar Lafontaine hat sich vor eineinhalb Jahren zu seiner Beziehung mit seiner 26 Jahre jüngeren Parteifreundin Sahra Wagenknecht bekannt. In einem Interview bezeichnete Wagenknecht den 69-Jährigen vor Kurzem als "die große Liebe meines Lebens".
"Es ist kein schlechtes Leben jetzt"
Christa Müller kommt zu spät. Schnell steigt sie die Stufen zum hinteren Teil des "Café Lolo" in Alt-Saarbrücken hoch, dort, wo Rentner und Mütter mit Kleinkindern auf gepolsterten Stühlen sitzen. Der Verkehr habe sie aufgehalten, sagt sie entschuldigend und setzt sich. Sie ist noch immer sehr zierlich, ihre Haare sind noch immer sehr blond, ihre Augen sehr blau. Ihre Worte wählt sie mit Bedacht.

Sie hat lange überlegt, ob sie über ihr neues Leben ohne die Familie, wie sie mal war, reden will. Es ist kein schlechtes Leben jetzt, sagt sie. Sie wohnt noch in der gelben Villa im saarländischen Örtchen Wallerfangen, 30 Kilometer von Saarbrücken entfernt.
Als Luxus-Sozialist wurde Oskar Lafontaine für das Anwesen verspottet. Sie will dort bleiben.
Er zog mit Sahra Wagenknecht keine 15 Kilometer weiter in den kleinen Ort Merzig-Silwingen. Gewiss keine angenehme Nähe. Sie sagt dazu nur, "da oben im Saargau verliert man sich, man läuft sich nicht immer über den Weg".
Auch wegen Carl Maurice, ihres gemeinsamen Sohns, bleibt sie dort wohnen, er soll nicht auch noch sein Zuhause verlieren. Er ist jetzt 16, ein Teenager. Die Schwiegermutter, Lafontaines Mutter, die sie pflegte, starb 2006, ihre eigene ist vor Kurzem in ein Seniorenheim gezogen. So gesehen ist ihr Leben heute freier, selbstbestimmter.

Ein bisschen traurig, ein bisschen erstaunt
Und doch fühle es sich falsch an, sagt sie. Trennungen seien nicht der richtige Weg, nicht für sie, nicht für das Kind. Sie sagt nicht, er war die "große Liebe meines Lebens". Sie sagt, sie wollte schon immer nur einmal im Leben heiraten, das sei ihr Lebensziel gewesen. Sie sagt, "was nach 20, 25 Jahren gewachsen ist an Nähe, an Vertrauen, das ist nicht zu ersetzen".
Wechselnde Partnerschaften sind für sie eine Fehlentwicklung. Die meisten verbesserten sich dadurch auch nicht, sagt sie. Sie lacht und erzählt dann von einem ihrer Handwerker, dessen Teenager-Sohn zum Grundschulklassentreffen ging. "Raten Sie mal, wie viele Eltern von damals 28 Kindern heute noch zusammen sind?" Natürlich ist die geratene Zahl zu hoch. "Zwei", sagt sie. Das alles klingt weniger bitter als trotzig, ein bisschen traurig auch, ein bisschen erstaunt.
Vor fünf Jahren hat Christa Müller ein Buch geschrieben. "Dein Kind braucht dich" heißt es. Ein noch in Folie verschweißtes Exemplar liegt vor ihr auf dem Tisch. Sie hat es mitgebracht, denn sie will ja auch über ihr neues Leben reden. Das Buch ist eigentlich ihr altes Leben, aber sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es irgendwann wieder eine Rolle in ihrem neuen spielen wird.

Die Gefahr der Fremdbetreuung
Als sie es schrieb, war sie noch familienpolitische Sprecherin der Linkspartei im Saarland und sehr umstritten. Nicht nur in ihrer eigenen Partei. Sie kämpfte für ein Erziehungsgehalt für alle bis zum 18. Lebensjahr des Kindes und gegen den Krippenausbau. Den verglich sie einmal sogar mit der Genitalverstümmelung, gegen die sie mit ihrem Verein "Intact" in Afrika kämpft ("bei Genitalverstümmelung handelt es sich um Körperverletzung, bei der Krippenbetreuung in einigen Fällen um seelische Verletzung – und die ist manchmal schlimmer als Körperverletzung").
Kübelweise und parteiübergreifend ergoss sich danach Kritik über sie. "Skandalös", "mittelalterliche Denkweise" waren noch die netteren Varianten.
Unverstanden fühlt sich Christa Müller seitdem. Nicht nur von ihrer Partei, der Linkspartei, die sich gegen ihr Erziehungsgeldmodell stellte und die kostenlose Betreuung ab dem ersten Lebensjahr in ihr Programm schrieb. Sie glaubt noch immer, dass Fremdbetreuung für unter Dreijährige einem Teil der Kinder schadet, wissenschaftlich erwiesen sei das, sagt sie, und dass die Mehrheit der Bevölkerung sie gar nicht wolle. Doch die Parteien, getrieben von Wirtschaft und Feministinnen, scherten sich nicht darum.
"Ich bin ein optimistischer Mensch", sagt sie und dass sie warten könne. Darauf, dass die Geburtenrate weiter sinkt trotz Elterngeld und Ausbau der Kitas, dass die Stimmung im Land sich ändert.

Mit 40 den Sohn bekommen
Sie rückt ein wenig näher. Den Kaffee und das Nugatcroissant vor ihr rührt sie nicht mehr an. Sie ist jetzt bei ihrem wichtigsten Thema. Vielleicht kann man die Vehemenz, mit der sie dafür kämpft, nur verstehen, wenn man weiß, wie Christa Müller dazu kam. Es ist das Thema ihres Lebens.
Sie galt als politisches Talent und vielversprechende Ökonomin, als sie 1988 in der Bonner SPD-Zentrale als Wirtschaftsfachfrau anfing. Zuvor hatte sie für den Sozialausschuss der EU und die Hessische Staatskanzlei gearbeitet. Sie war 32 und auf dem Weg nach oben. Der stoppte, als sie 1993 Oskar Lafontaine heiratete. Sie war nun die Frau an der Seite des saarländischen Ministerpräsidenten, später des SPD-Vorsitzenden und merkte bald, dass das der eigenen Karriere nicht gerade förderlich war. Mitunter beklagte sie das auch öffentlich.
1997 bekam sie 40-jährig ihren Sohn, arbeitete halbtags für die Friedrich-Ebert-Stiftung und schrieb nebenbei mit ihrem Mann ein Globalisierungsbuch. Als der 1998 Finanzminister wurde, fragte man bald, wie groß ihr Einfluss auf sein Finanzkonzept sei – und sein dürfe. Von der "Schattenfrau" war die Rede. Auch Lafontaine und Sahra Wagenknecht sind ein politisches Paar, er hat ihren Aufstieg in der Linken maßgeblich gefördert, nur im Schatten des anderen steht keiner von beiden

"Doch da war es schon zu spät"
1999 trat Lafontaine dann überraschend zurück, und auch sie konzentrierte sich bald nur noch auf die Familie. Ein Wandel von der Karrierefrau, die Sätze sagte wie "Meine Emanzipation basiert auf meinem Beruf und meiner finanziellen Unabhängigkeit", über die Mutter, die Beruf und Familie zu vereinbaren versuchte, bis hin zur Hausfrau. Sie habe eben gemerkt, wie wichtig ihr das Kind, wie wichtig sie für das Kind war. Das habe dann alles geändert, sagt sie.
Eine Zeit lang schien es, als könnte auch ihr Mann mehr in und für die Familie leben. Doch dann trat er 2005 aus der SPD aus - und in das linke Wahlbündnis WASG ein, sie folgte ihm wenige Wochen später. Plötzlich war Lafontaine wieder mitten im politischen Leben, Spitzenkandidat, Fraktions- dann Parteivorsitzender der Linken, zuletzt Fraktionsvorsitzender im Saarland. Sie hoffte wohl, dass er trotzdem auch weiterhin mehr Zeit zu Hause verbringen würde. Es sollte anders kommen.
Es waren keine leichten Jahre. Der Sohn noch klein, die Schwiegermutter wohnte schon bei ihnen, als sie auch noch ihre eigene Mutter aufnahm, beide waren fast 90, die eine aggressiv, die andere depressiv. Kaum einkaufen fahren konnte sie damals, so sehr seien die beiden auf sie fixiert gewesen.
Verreisen, ausgehen, all das war kaum mehr möglich. Lange Zeit habe sie nicht einmal gemerkt, wie überfordert sie war. Erst kurz vor dem Tod der Schwiegermutter sei ihr klar geworden, da läuft etwas schief. "Doch da war es schon zu spät."
Es scheint, als sei nicht nur sie, sondern auch ihre Ehe überfordert gewesen. Sie sagt, sie bereue es nicht, sich voll für die Familie entschieden zu haben. Nur hätte sie früher die Notbremse ziehen müssen, aufmerksamer sich selbst und dem anderen gegenüber sein müssen.

Männer, sagt sie, ändert man nicht
Im Grunde steht sie heute da, wovor Feministinnen ihre Töchter warnen: zu lange raus aus dem Beruf, das Kind groß, der Mann weg mit einer Jüngeren. Nur zieht sie noch immer einen anderen Schluss daraus. Sie fordert nicht, Mütter sollten rasch in den Job zurückkehren, sondern ein Erziehungsgehalt bekommen, um unabhängig von ihren Männern zu werden, nicht die beschlossenen 150 Euro im Monat, sondern gestaffelt bis zum 18. Lebensjahr des Kindes 1600 bis 500 Euro monatlich – und dafür keine Subventionierung von Krippen und Kindergärten mehr, kein Ehegattensplitting und höhere Abgaben von Kinderlosen.
Dass das Rollenbilder mehr zementiert als aufweicht, sieht sie nicht. Denn, auch das entspricht ihrer Erfahrung, "Männer werden – von Ausnahmen abgesehen – nie die Hälfte der Familien- und Hausarbeit übernehmen". Männer, sagt sie, ändert man nicht.
Sie wird jetzt laut, vielleicht auch, weil es im Café voll geworden ist und sie gegen das Stimmengewirr anredet. Dass ausgerechnet sie als unemanzipiert und konservativ abgestempelt wird, obwohl sie doch für die Rechte der Frauen kämpft, das will ihr nicht in den Kopf. Natürlich sei sie für die Gleichstellung in der Erwerbsarbeit, für die Quote, aber das sei nur das eine Standbein, das andere sei die Bezahlung der Leistungen von Müttern.
Anfang der Woche hat sie in Erfurt ein Familienforum der CDU-Fraktion in Thüringen moderiert, in dem Bundesland, das bereits seit 2010 ein Erziehungsgeld von 150 Euro hat. Auch Familienministerin Kristina Schröder war da und hat eine Rede gehalten. Den familienpolitischen Vorstellungen einiger weniger Unionspolitiker steht Christa Müller deutlich näher als denen ihrer eigenen Partei, aber eben auch dort gehören die Krippengegner zur Minderheit. Denn auch das ist ihr in Erfurt wieder klar geworden: "Frauen in die Erwerbsarbeit, Kinder in die Krippe - das hat sich überall inzwischen durchgesetzt."

Sie hofft also weiter darauf, dass das Land und seine Politiker irgendwann zur Besinnung kommen und merken, "wie schädlich die frühe Trennung von Mutter und Kind tatsächlich ist". Dann, so hoffte sie, kommt auch ihr familienpolitisches Comeback.
Der Glaube an die Familie
Anders als viele Frauen in ihrer Situation steht Christa Müller heute nicht auch noch vor einem finanziellen Fiasko. Ihr Mann war immer großzügig, er ist es wohl noch heute. Sie sagt, sie sei in all den Jahren zwar keinem Beruf nachgegangen, doch sie hat schon früh angefangen, in Immobilien zu investieren. Erst mit ihrer Schwester, damals, als sie noch berufstätig war. In den letzten Jahren dann zusammen mit Lafontaines Sohn aus zweiter Ehe, Frederic.
Er ist für sie eine Art Sohn, das zweite Kind, das sie gern gehabt hätte. Gerade lassen sie gemeinsam ein Gebäude renovieren. Sie verwaltet die Häuser, hat es all die Jahre auch nebenbei gemacht und kann davon leben. Insofern verdiente sie immer auch eigenes Geld.
Im Grunde, sagt sie, habe sich für sie gar nicht so viel verändert. Sie hat noch immer ihren Sohn, sie hat Frederic und seine Lebensgefährtin, sie hat ihre Schwester, die Mutter und seit der Trennung auch wieder viel Kontakt zu den Cousins und Cousinen. Christa Müller glaubt weiter an die Familie, sie ist für sie immer noch die einzige funktionierende kommunistische Einheit. Nur funktioniert sie jetzt ohne den Mann.

http://www.welt.de/vermischtes/article115666733/Das-neue-Leben-der-Christa-Mueller.html

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