Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Marie Joseé Kuhn (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Tuesday, 30.12.2014, 12:22 (vor 3556 Tagen)

F331 Marie Joseé Kuhn CH – geboren 1959 – Studium der Geschichte, Ethnologie sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Bern – von 1986 bis 1995 Inlandredakatorin der WOZ – von 1995 bis 2002 Bundeshausredaktorin der Wochenzeitung WOZ- seit 2002 stellvertretende Chefredakteurin der Gewerkschaftszeitung Work – Anschrift: Marie-Josée Kuhn, Chefredaktorin Postfach 2471 8026 Zürich - redaktion@workzeitung.ch - mariejoseekuhn@workzeitung.ch - http://www.workzeitung.ch/styles/work2009/josee_105x158.jpg

Böse Mädchen kommen überall hin
Brief von Marie-Josée Kuhn (Chefredaktorin work) an Jungfeministin und Unia-Gewerkschafterin Tanja Walliser und ihre Mitstreiterinnen für einen «modernen Feminismus» - 23.06.2011
Liebe Tanja, Muttermord ist eine gute Sache. Auch der politische. Ich meine jenen Befreiungsschritt, mit dem wir uns von unseren Vorkämpferinnen absetzen. Du und Deine Mitstreiterinnen haben ihn soeben begangen. Ihr stellt euch gegen die «Altfeministinnen» der SP. Wollt den «bisherigen Gleichstellungsdiskurs » und die SP-Frauenstrukturen über Bord werfen. Gut, dass sich endlich ein paar junge Frauen trauen, die nicht zurück zur alten Männerordnung wollen. Wie all die Hutters & Ricklis dieser SVP-Welt.
Denn wir Mittel- bis Älterfeministinnen könnten einen kleinen Adrenalinschub gut gebrauchen. Das hat der Aktionstag am 14. Juni gezeigt. Aktivdiensttreffen sind zwar schön, aber auch ein wenig erschreckend: Immer noch dieselben violetten Ballone und Pijama-T-Shirts. «Bella Ciao» zum Tausendsten und Vera Kaa again. Ästhetik des Widerstandes: Ist denn in den letzten zwanzig Jahren rein gar nichts passiert?

EINE MÄNNERWELT Frischer Wind tut gut. Doch, liebe Tanja, woher soll er blasen? Ihr fordert: Gleichstellungspolitik dürfe nicht mehr aus der Perspektive der «unterdrückten Frau» betrieben werden, «die gegen den patriarchalen Mann kämpfen muss». Der Geschlechterkampf sei out. Es gelte jetzt, «gemeinsam mit den Männern» zu kämpfen. Zäme läbe, zäme kämpfe: «gemeinsam für eine radikale Gleichstellung ». Denn schliesslich lebten wir «längst in einem neuen Zeitalter».
Tun wir das wirklich? Ich hoffe, dass zumindest ihr jungen Frauen das tun könnt. Die Frauenbewegung hat einiges erreicht. Niemand bringt die Frauen heute zurück an den Herd. Auch die SVP nicht. Ihr jungen Frauen seid mit dieser Blühgarantie aufgewachsen. Das gibt Selbstsicherheit. Doch Ironie des Schicksals: Eure Selbstsicherheit konnte nur deshalb entstehen, weil die Vorkämpferinnen den Bruch mit den Männern gewagt hatten. Um endlich für die eigenen Interessen einstehen zu können. Ging es hart auf hart, so standen ihnen die Patriarchen stets vor der Sonne. Auch die roten.
It’s a men’s world, eine Männerwelt. Das ist die Analyse und Erfahrung von uns «Alten». Selbst der «kleinste» Mann kann von ihr profitieren. Frauen leisten den Hauptteil der Haus- und Kinderund Pflegearbeit. Ohne unbezahlte Frauenarbeit ginge in der Schweiz gar nichts. Ihren Wert schätzen Ökonominnen auf 227 Milliarden Franken. Das entspricht fast der Hälfte des Bruttoinlandprodukts (BIP). Zum Vergleich: Der gesamte Banken- und Versicherungssektor erwirtschaftet rund 9 BIP-Prozente. Und gleichzeitig nimmt auch die Erwerbsquote der Frauen stetig zu.
Ist das das «neue Zeitalter», das Du meinst, Tanja? Mir scheint, die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau wird derzeit eher wieder zementiert. Wo der Sozialstaat abgebaut wird und der radikale Markt übernehmen soll, da kann die Mehrheit von uns Frauen nur verlieren. Wo neoliberal bis neokonservativ regiert wird, da grassieren Altherrenwitze, Macho-Übergriffe und Arbeit auf Abruf.

HAUPT- UND NEBENWIDERSPRUCH Willkommen im Zeitalter von Bunga- Bunga! Zwar gehören in der radikalen Marktwirtschaft auch viele Männer zu den Verlierern. Die roten Patriarchen von einst nannten diesen Vorgang Hauptwiderspruch im Kapitalismus: die Ungleichheit zwischen Arm und Reich. Die Diskriminierung der Frau hingegen nannten sie Nebenwiderspruch. Will heissen, Nebensache. Auch sie plädierten stets für Frau und Mann, Hand in Hand, gegen den Kapitalismus. Und just dorthin willst Du, Tanja, nun zurück? In Deinem Papier «Radikale Gleichstellung als Kapitalismuskritik» jedenfalls argumentierst Du so. Mit der Diskriminierung der Frau wolle der Kapitalismus «vom wahren Gegensatz» ablenken. Jenem zwischen «der Klasse der Lohnabhängigen und jener der Besitzenden». Nur: Wer ist denn der Kapitalismus? Und wer sind die Besitzenden? Der weltweiten Verteilung von Einkommen und Vermögen nach ist klar: Der Kapitalismus ist eher ein Er als eine Sie. Auch deshalb wollen wir weg von ihm. Da sind wir uns einig. Aber wissen wir, dass mit dem Kapitalismus auch die Männerwelt fallen wird?

ALTE WEIBER-WEISHEIT Du sagst «Gleichstellung ist weder Frauennoch Männersache». Theoretisch ist das so. Es gibt deshalb auch weder Frauennoch Männerthemen. Sondern nur Geschlechterthemen. Die Sache der Männer waren diese noch nie. Klar gab und gibt es erfreulicherweise immer Ausnahmen. Männer, die Manns genug sind, um starke Frauen zu schätzen. Doch die Mehrheit der Männer will sich offenbar gar nicht emanzipieren.
Die Frauen haben in den letzten Jahrzehnten gewaltig vorwärtsgemacht. Die Mehrheit der Männer aber blieb stehen. Sie wehrt sich auch nicht gegen die Zwänge der traditionellen Männerrolle. Stark sein und scharf sein. Wochenendvater sein, Aufreisser sein, Haus bauen, Kind machen, Baum pflanzen, Autonarr sein, mindestens Chef sein, Vollzeit chrampfen – und am Fürabe es Bierli! Das dominierende Macho-Männerbild scheint sie nicht zu stören. Eigentlich unverständlich.
Ich fürchte deshalb, wir Frauen müssen auch weiterhin mit und ohne Männer kämpfen. Das wird euch jungen Frauen ebenso wenig gefallen wie den Männern. Sie haben’s auch lieber harmonisch, werden ungern in Frage gestellt. Deshalb pushen sie Dich, Tanja, und Deine männerfreundlichen Worte auch in den Medien. Am 14. Juni konnte der «Tages-Anzeiger» mit euch «aufmachen». Zwecks teile und herrsche. Hier die guten, jungen Frauen, dort die bösen, alten Emanzen. Ich hoffe einfach, liebe Tanja, Du und Deine Mitstreiterinnen durchschauen dieses Macho- Spielchen. Denn, wie sagt doch die alte Weiber-Weisheit: Brave Mädchen kommen in den Himmel. Böse überall hin.

Ich wünsche euch Mut und Glut. Herzlich Marie-Josée Kuhn

http://www.workzeitung.ch/tiki-read_article.php?articleId=1472&topic=1

Wie ein Tsunami schlug sie ein. Rasend schnell und heftig. Seit Jahrzehnten
hatte keine Krise des kapitalistischen Systems derart gewütet.
Sie ist keine Naturkatastrophe, doch wird sie seit dem Anfang unterschätzt.
Das, obwohl namhafte Ökonomen längst vor dem Platzen der
Spekulationsblase gewarnt hatten. Doch die Warnungen verpufften irgendwo
im All. Erst redete man die Krise als Immobilienkrise klein.
Dann unterschätzte man sie als Bankenkrise und schliesslich als Finanzkrise.
Und schon riss der Kreditsturm die Realwirtschaft in die Tiefe.
Welche Krise? In den ersten Monaten war das die meist gestellte Frage.
Sie meinen die Immobilienkrise in den USA? Was hat die denn mit
uns zu tun? Welche Krise? Sie meinen den Crash der us-amerikanischen
Investmentbank Lehmann Brothers Inc.? Keine Panik, unsere Grossbanken
sind seriös und stark! Quasi Trutzburgen in der Brandung. Präzision,
Made in Switzerland, Sie verstehen? Krise? Welche Krise denn?
Es darf nicht sein
›La crise n’existe pas‹. So titelte die Weltwoche am 16. Oktober 2008 auf
ihrer Frontseite. Und gab Entwarnung: Der Finanzmarkt habe sich entkrampft.
UBS und CS seien wieder auf dem Vormarsch. Man wolle nicht
in Übermut verfallen, beruhigte Chefredaktor Roger Köppel auch in seinem
Editorial, »aber mit Blick auf die Schweiz bleibt Zuversicht erlaubt.
Die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse, zum Beispiel, könnten
als grosse Gewinner aus dem Schlamassel hervorgehen«. In dieselbe
Kerbe schlug in der gleichen Weltwoche Gerold Bührer, freisinniger
Chef der Economiesuisse. »Das schweizerische Bankensystem und auch
der Werk- und Dienstleistungsplatz widerstehen dem Sturm einmal
mehr«, bluffte er.
Pech nur, dass just am selben 16. Oktober die Nationalbank eine Mitteilung
zu machen hatte, welche die Schweiz verändern sollte. 68-MILLIARDEN-
RETTUNGSPAKET FÜR DIE
UBS! In einer Nacht-und-Nebel-
Aktion hatten die Banker der UBS
und ihre Freunde in der Bankenkommission
und im Finanzdepartement
die grösste Finanzspritze
Essay
5 Denknetz • Jahrbuch 2009
Marie-Josée Kuhn
Marie-Josée Kuhn ist seit 2002 Chefredaktorin
der Gewerkschaftszeitung work und
war zuvor Bundeshausredaktorin der Wochenzeitung
WOZ.
aller Zeiten beschlossen. Hinter dem Rücken von Volk und Parlament
und mit Hilfe von Notrecht. 68 Milliarden Franken, das sind 11 Milliarden
mehr als der gesamte Bundeshaushalt – und nicht einmal der Chef
der Banken-Kuschlerin Economiesuisse hatte davon gewusst. 68 Milliarden
Franken, damit könnte sich die ganze Schweiz bis 2078 frühpensionieren
lassen – aber kein Bundesrat, keine Bundesrätin, zog lautstark die
Notbremse. Auch nicht die beiden Sozis.
Es gibt keine Krise: Dass sich die Weltwoche diese publizistische Pleite
geleistet hat, mögen wir dem rechten Pennäler-Kampfblatt gönnen.
Doch das ist (psycho-)analytisch nicht der Punkt. Was nicht sein darf, ist
nicht. Das ist der Punkt. Man nennt es auch Verdrängung. Oder Verleugnung.
An bedenklichem Realitätsverlust litt und leidet in dieser Krise
nicht nur die Weltwoche. Auch Wirtschaftsministerin Doris Leuthard
wollte es lange nicht wahrhaben. Im August 2008 versprach sie uns: Es
gibt keine Rezession. Dann, als die ersten Zeichen nicht mehr wegzureden
waren, verfiel die Christdemokratin in tiefes Schweigen. Deshalb
gab die SP im Oktober, als die Exporte schon seit zwei Monaten wegbrachen,
eine Suchanzeige auf: »Vermisst wird Doris Leuthard. Sie ist
inmitten der tobenden Finanzkrise seit Tagen unauffindbar.« Ende November
dann fand Leuthard ihre Sprache endlich wieder: »Die Schweiz
ist noch nicht in der Krise«, sagte sie. Die Krise war damals schon in der
Realwirtschaft angekommen.
Was nicht sein darf, ist nicht. Es darf nicht sein, dass der Markt sich
nicht selber reguliert. Denn das erste Gebot des Neoliberalismus’ lautet:
Der Markt reguliert sich selber. Und seit die marktliberale Gegenreform
zu Beginn der 1970er-Jahre rollt, bevölkert sie mit ihren Glaubenssätzen
immer mehr Köpfe. WENIGER STAAT – MEHR FREIHEIT. WAS FÜR DEN
FINANZPLATZ GUT IST, IST GUT FÜR UNS ALLE. THERE IS NO ALTERNATIVE
– ES GIBT KEINEN ANDEREN WEG (Margaret Thatcher). Und da
kommt so eine Krise daher und zerfetzt all diese marktgläubigen
Sprüche in der Luft. Plötzlich brauchen die Finanzmärkte Billionen aus
Steuergeldern, um nicht zusammenzubrechen. Plötzlich rufen jene, die
sie verhunzten und aushungern wollten, flehend nach dem rettenden
Staat. »Das wars, Neoliberalismus«, ruft der US-Ökonom und Nobelpreisträger
Joseph Stieglitz. Und plötzlich sind Alternativen zum Kapitalismus
wieder denkbar.
Solidarität statt Kapitalismus
Schlag auf Schlag reisst die Krise Löcher in die alte Ordnung. Das (neoliberale)
Brett vor dem Grind erhält Risse und gibt die Sicht frei. Wir lernen:
Totgesagte leben länger. Zum Beispiel John Meynard Keynes: Auf
Essay
6 Denknetz • Jahrbuch 2009
einmal ist jeder wieder ein Keynesianer und trauert dem Rheinischen
Kapitalismus nach. Und plötzlich ist Ökonomie wieder Volkswirtschaft
und nicht nur Betriebswirtschaft. Wer zwischen Kapital und Arbeit unterscheidet
und diese auch noch als Gegensatzpaar versteht, muss neuerdings
nicht gleich zum Psychiater. Er darf darüber (und über andere
systemkritische Fragen) sogar im Magazin eine fünfteilige Serie schreiben.
So wie der Publizist Roger de Weck. Als Chefredaktor des Tages-
Anzeigers war er nicht eben als Progressiver bekannt. Heute jedoch sagt
er: »Fährt der Kapitalismus fort, das Kapital zu bevorzugen und die Arbeit
zu benachteiligen, wird er wirtschaftlich und politisch krisenanfälliger.
« So dürfe es nicht weitergehen.
Aus Saulusen macht die Krise Pauluse. Zum Beispiel aus Heiner Geissler,
dem ehemaligen Generalsekretär der CDU. »Freiheit statt Sozialismus
« forderte der rabiat-konservative Antikommunist einst. »Solidarität
statt Kapitalismus« verlangt er heute. Und lockt in Deutschland Massen
zu seinen Vorträgen. Was den Linken während Jahrzehnten nicht gelang,
erledigt die Krise offenbar im Nu. Peng: Ospel & Co. stürzen als Versager
und Abzocker-Könige vom Thron. Peng: Das Schweizer Bankgeheimnis
wird als Steuerhinterziehungs-Geheimnis gelüftet. Peng: Die
Schweiz entpuppt sich als Schweiz AG. Die bürgerlichen Parteien sind
von den Banken und der Pharma gekauft. Und im Bundesrat regiert die
UBS-Connection.
Die Gretchenfrage
Was hätte die heuchlerische Schweizer Krämerseele besser entlarven
können als der Steuerstreit mit Deutschland? Steuerbetrug oder Steuerhinterziehung:
Bschiss ist Bschiss, sagen die Deutschen. Wo der Kavallerist
Recht hat, hat er Recht. Doch der Bundesrat (inklusive die Freundin
der Genfer Privatbankiers, Aussenministerin Micheline Calmy-Rey) reagiert
nach altem Schweizer Rezept: Aufplustern, Kopf in den Sand
stecken und abwarten. Und die SVP klatscht Beifall und beschimpft den
deutschen Finanzminister Peer Steinbrück als Nazi. Das Steuerhinterziehungs-
Geheimns darf nicht fallen. Denn es war und ist ein Jahrhundertgeschäft.
So wie das Söldnertum zuvor.
»Point d’argent, pas de Suisse«, hiess es in Europa schon im 17. Jahrhundert.
Ohne Geld keine Schweizer. Oder: Wo kein Geld ist, sind auch
keine Schweizer. Das Bankgeheimnis als Fortsetzung der Söldnerei: Seit
Mitte des 19. Jahrhunderts schickt die Schweiz nicht mehr Söldner ins
Ausland, sondern Banker, Geld und Kriegsmaterial. Im Ausland hat
man deshalb den Eindruck, die Schweizer Neutralität und das Bankgeheimnis
dienten vor allem dazu, rücksichtslos und aus reiner Gewinn-
Essay
7 Denknetz • Jahrbuch 2009
sucht möglichst gute Geschäfte zu machen. Krise sei Dank, haben denselben
Eindruck jetzt auch immer mehr Leute im Inland.
Und nicht nur den. Die bürgerlichen Parteien sind käuflich. Auch das
hat uns die Krise ins Bewusstsein zurückkatapultiert. FDP-Finanzminister
Hans-Rudolf Merz spielt den Hanswurst für die UBS im Bundesrat.
Von 1974 bis 1977 stand er im Sold der Grossbank und lernte dort auch
Oberst i. Gst. Eugen Haltiner kennen und schätzen. Bundesrat Merz
hievte Haltiner später an die Spitze der Bankenkommission. Heute ist
Haltiner der oberste Bankenkontrolleur der Schweiz. Zusammen mit
Kumpel Merz erteilt er der UBS gerne Freibriefe. Darum dachten die
beiden (im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen) nicht einmal im
Traum daran, die 68-Milliarden-Finanzspritze an harte Bedingungen zu
knüpfen.
Die Bürgerlichen und ihre Welt werden zünftig entmystifiziert. Die
Krise leistet da ganze Arbeit. Entlarvungsarbeit zu Gunsten der Linken,
könnte man hoffen. Das realisieren auch die Vertreter der alten Ordnung.
Sie wehren sich mit Händen und Füssen. Zum Beispiel der ehemalige
freisinnige Finanzminister und heutige UBS-Verwaltungsratspräsident
Kaspar Villiger. Im Interesse der Grossbank kämpft er wie ein
alter Löwe gegen eine Deckelung der UBS-Löhne. Obwohl klar sichtbar
ist, welchen Schlamassel die Abzocker-Ospels angerichtet haben,
sagt er, ohne rot zu werden: »Wir müssen aufpassen, dass nicht im politischen
Raum von den Laien etwas falsch gemacht wird. Die Profis wissen
schon, was zu tun ist.« S ALTE MUES ME BHALTE!
Das Ancien Régime denkt nicht daran, abzudanken. Es lässt sich nicht
in seinen Kapitalismus spucken. Umso weniger, als die Krise bisher faktisch
in seinem Interesse gewirkt hat. Als grosse Umverteilungsmaschine
von unten nach oben. Stichwort UBS-Finanzspritze: Während die Steuerzahlenden
beim 68-Milliarden-Deal unfreiwillig ein maximales Risiko
eingegangen sind, riskieren die Verursacher des UBS-Absturzes gar
nichts. Stichwort Unterdeckung bei den Pensionskassen: Für die Sanierung
bezahlen sollen allein die Arbeitnehmenden. Stichwort Arbeitsmarkt:
Die Aussichten sind zappenduster, es droht eine Arbeitslosigkeit,
wie sie die Schweiz noch nie gesehen hat. Stichwort Bundeshaushalt:
Wegen Mindereinnahmen bei den Steuern und weiteren Steuergeschenken
für die Reichen und Superreichen haben UBS-Minister Merz und
die Kantone schon massive Sparprogramme angekündigt. Stichwort
Lohnpolitik: Für den Lohnherbst 2009 propagieren einige Arbeitgeber
schon Lohnsenkungen.
Unmittelbar nach dem Finanzcrash gingen die Marktfetischisten zwar
erstmal in Deckung. Die Zeiten waren denkbar schlecht für ihr »Macht
Essay
8 Denknetz • Jahrbuch 2009
aus dem Staat Gurkensalat!«. Doch schon kriechen sie wieder aus ihren
Löchern und warnen vor einer »Neo-Planwirtschaft«. So wie Andreas
Durisch, Chefredaktor der Sonntagszeitung. La crise n’existe pas: ES
GIBT KEINE KREDITKLEMME. INVESTITIONSPROGRAMME BRINGEN DER
EXPORTINDUSTRIE NICHTS. DER STAATHAT INDERPRIVATWIRTSCHAFT
NICHTS ZU SUCHEN. Die alte Schweizer Krämerseele fährt wieder einmal
Trittbrett: Lasst die anderen die Konjunktur stützen und sich verschulden!
Wenn der Aufschwung kommt, werden wir beim Profitieren
die Ersten und Besten sein. Abwarten und Tee trinken. Und dann weiter
im Text, wie gehabt. Das wollen Merz, Leuthard, Villiger, Bührer,
Köppel & Co. Die Gretchenfrage lautet deshalb: Wer reitet die Krise?
Einer wird gewinnen. Die Rechten und Neoliberalen hoffen, dass es
nicht die Linke sein wird. Bis jetzt haben sie leider erfolgreich gehofft.
Zwar denken Linke und Gewerkschaften über den (ökosozialen) Umbau
des Kapitalismus nach. Zwar präsentieren sie gute Ideen über einen radikalen
Umbau des Finanzplatzes oder der Sozialversicherungen. Zwar
hat sich das Fenster zu einer sozialeren Schweiz weit geöffnet. Aber: Wie
lange wird es noch offen sein?
Bern, im Juli 2009
Essay
9 Denknetz

http://www.denknetz-online.ch/IMG/pdf/Inhalt-JahrbuchDenknneu09-1.pdf

Die Frauen, die Männer und die Arbeit
Die aktuellen Gleichstellungszahlen in den Bereichen Lohn, Erwerbs- und Hausarbeit. Von Marie-Josée Kuhn - 4.03.2010
Immer noch beträgt die Lohndifferenz zwischen Frau und Mann im Schnitt rund 20 Prozent. Sie schwankt je nach Ausbildung und Zivilstand. Verheiratete Frauen etwa verdienen durchschnittlich 31 Prozent weniger als ihre ebenfalls verheirateten Kollegen. Etwas besser haben es die ledigen Frauen: Sie verdienen im Schnitt «nur» 10 Prozent weniger. Mit 18 Prozent Lohndifferenz geht es auch den Frauen beim Bund etwas besser als jenen in der Privatwirtschaft. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ist wesentlich auch von der Branche abhängig: Am grössten ist er in Grossfirmen und im Banken-, im Versicherungsund im Informatikbereich (minus 31 bis 37 Prozent). Am geringsten ist er im Bauund im Gastgewerbe sowie im Verkehrs- und Transportwesen (minus 9 bis 10 Prozent).

NOCH 70 JAHRE BIS ZUR LOHNGLEICHHEIT. Von der durchschnittlichen Lohndifferenz von 20 Prozent lassen sich übrigens nur gerade 60 Prozent erklären. Zum Beispiel dadurch, dass Frauen viel häufiger als Männer in Niedriglohnbranchen tätig sind. 40 Prozent dieser Lohndifferenz sind hingegen nicht erklärbar: Sie sind reine Diskriminierung und entstehen, weil Frauen Frauen sind und nicht Männer. Diese 40 Prozent Lohndifferenz sind also Lohnklau an jeder einzelnen erwerbstätigen Frau.
Happiger Lohnklau, wie die Berechnungen des Berner Büros Bass zeigen, die work 2006 in Auftrag gab. Jeder erwerbstätigen Frau werden pro Arbeitsstunde durchschnittlich 4 Franken 20 vorenthalten. Pro Monat macht der Lohnklau 720 Franken aus, 6400 Franken im Jahr. In einem ganzen Erwerbsleben sind das 290 000 Franken. Die Zahlen dürften heute etwas kleiner sein, aber nur ein bisschen. Denn die Gleichstellung beim Lohn kommt nur langsam voran: Geht es im selben Schneckentempo weiter wie bisher, müssen Frauen noch 70 Jahre drauf warten.

FRAUENARBEIT IST TEILZEITARBEIT. Frauen in der Schweiz sind immer häufiger erwerbstätig. 2009 waren 62 Prozent der erwerbsfähigen Frauen und gegen 75 Prozent der Männer erwerbstätig. Während die Männer aber nach wie vor fast ausnahmslos Vollzeit arbeiten, nämlich zu fast 90 Prozent, arbeitet mehr als jede zweite Frau nur Teilzeit. Fast ein Drittel davon in Pensen unter 50 Prozent. Das bedeutet häufig ungesicherte Arbeitsverhältnisse, schlechtere soziale Absicherungen (Pensionskassen) sowie geringe Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen. Viele Frauen haben keine Wahl: in Umfragen sagen sie häufig, sie würden lieber mehr ausser Haus arbeiten.

HAUSARBEIT IST FRAUENARBEIT Nur wer alleine lebt oder in einem Paarhaushalt ohne Kinder, leistet etwa gleich viel Hausarbeit wie Erwerbsarbeit. Kommen Kinder dazu, stellen die Frauen die Erwerbsarbeit zugunsten der Hausarbeit zurück. Besonders bis das jüngste Kind 6 Jahre alt ist: Frauen leisten dann im Schnitt 59 Stunden Hausarbeit pro Woche. Ihre Männer begnügen sich mit nur 32 Stunden. Dafür geben die Männer Gas im Job: Dort investieren sie 41 Wochenstunden. Ihre Frauen dagegen bloss deren 12.
Die Verantwortung für Haushalt und Familie liegt also immer noch einseitig bei den Frauen: Acht von zehn Frauen schmeissen den Haushalt. Gemeinsam Verantwortung übernehmen am ehesten junge Paare bis 25 und Pensionierte. Immerhin ein Viertel aller Rentner helfen beim Kochen, Putzen und Einkaufen mit.


Alle Zahlen: Bundesamt für Statistik BFS und Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG)

work, 4.03.2010

http://www.workzeitung.ch/tiki-read_article.php?articleId=1138

«Ich bin einer der letzten Feministen»
8. März: Frauentag im Bundeshaus. Der Nationalrat wird dann einen Strauss von Vorstössen zur Gleichstellung beraten. work fühlte CVP-Chef Darbellay schon jetzt auf den Gleichstellungszahn. Interview: Marie-Josée Kuhn (Foto: RDB/BLICK/Ueli Hiltbold) - 22.02.2007
work: Wie war die Rollenverteilung in der Familie, in der Sie aufgewachsen sind?
Christophe Darbellay: Es war eine sehr klassische Rollenverteilung. Mein Vater hat gearbeitet, und meine Mutter war vor allem zu Hause beschäftigt mit mir und meinen vier jüngeren Brüdern. Meine Mutter ist Hebamme von Beruf. Zuerst war sie lange Zeit in Teilzeit erwerbstätig, doch beim vierten Kind gab sie ihre Berufstätigkeit auf. Erst als wir Kinder gross waren, stieg sie wieder ins Erwerbsleben ein.

Wenn Sie die Generation Ihrer Eltern mit Ihrer eigenen Generation vergleichen, was hat sich punkto Gleichstellung getan?
Die Zeiten sind total anders geworden. Meine Brüder und ich zum Beispiel machen heute all die Arbeiten selber, die einst unsere Mutter für uns gemacht hat. Ich bügle sogar selbst! Gut, im Moment habe ich eine Haushalthilfe, denn ich bin vom Job her sehr ausgelastet. Doch bis vor kurzem habe ich die ganzen Hausarbeiten selber gemacht.

Dann ist die Gleichstellung heute voll verwirklicht?
Beim Lohn sicher noch nicht. Und auch bei den Karrierechancen nicht. Ich habe sehr viele Kolleginnen, die um die dreissig sind, noch kinderlos, und die einfach keine Arbeit finden, die ihrem Ausbildungsniveau entspricht. Einzig darum, weil sie Frauen sind. Das kann ich nicht akzeptieren.

Wenn die Gleichstellung also noch nicht erreicht ist, warum haben Sie dann eine CVP-Motion mitunterzeichnet, die die Umwandlung des eidgenössischen Gleichstellungsbüros in ein Integrationsbüro für ausländische Frauen fordert?
Weil es höchste Zeit ist, dass man das Thema «Gleichstellung ausländischer Frauen» ernst nimmt. Wir wissen, dass es muslimische Frauen gibt in der Schweiz, die von ihren Männern zu Hause eingesperrt werden. Ich übertreibe nicht, sie haben absolut keine Chance, sich unsere Sprache und Kultur anzueignen. Da muss man dringend etwas tun, eine typische Gleichstellungsfrage.

Sogar der Bundesrat lehnt die Motion ab: Um die Integration ausländischer Frauen kümmerten sich genügend andere Institutionen. Und: Noch hätte das Gleichstellungsbüro genügend Arbeit, vor allem in Sachen Gleichstellung im Erwerbsleben.
Ich will das Gleichstellungsbüro ja nicht streichen. Mit der Motion soll nur erreicht werden, dass Prioritäten gesetzt werden: Die Integration von Frauen, die aus einem anderen Kulturkreis kommen, ist sehr wichtig.

Geht die Gleichstellung beim Lohn im gleichen Schneckentempo weiter wie bisher, wird sie erst 2076 erreicht sein. Sie werden dann 105 Jahre alt sein. Wollen Sie so lange warten?
Nein! Ich arbeite als Geschäftsführer für eine Gesellschaft, wo die weiblichen Angestellten neunzig Prozent aller Angestellten ausmachen. Und ich arbeite, wenn ich ehrlich bin, viel lieber mit Frauen als mit Männern. Denn Frauen sind sehr engagiert, sehr loyal, nicht aggressiv, und sie arbeiten sehr gewissenhaft. Auch deshalb will ich nicht, dass es noch so lange geht bis zur Lohngleichheit. Andererseits: Mit Vergleichen und Statistiken muss man bekanntlich aufpassen. Ein berühmter Politiker hat mal gesagt: Er glaube nur an jene Statistiken, die er selber gefälscht habe... (lacht)

Laut Bundesamt für Statistik verdienen die Frauen in der Schweiz für gleiche oder gleichwertige Arbeit im Schnitt immer noch 20 Prozent weniger als die Männer.
Wenn sich diese 20 Prozent Lohndifferenz wirklich nur auf gleiche oder gleichwertige Arbeit beziehen, ist das nicht akzeptabel.

Was tun?
Wir haben das Gleichstellungsgesetz, und wir haben in allen Kantonen eine Stelle, an die man sich wenden kann, wenn man Lohndiskriminierung feststellt. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Lohnklage einzureichen. Das Problem ist, dass sehr wenige Fälle von Lohndiskriminierung gemeldet werden. Das ist verständlich, man hat Angst um den Arbeitsplatz. Das ist sicher ein Problem. Man müsste da vielleicht schauen, dass Lohndiskriminierungen anonym gemeldet werden könnten.

Das Gleichstellungsgesetz ist ein spezielles Gesetz, man kann es ungestraft übertreten. Raser werden gebüsst, Arbeitgeber, die ihre Angestellten beim Lohn diskriminieren, nicht.
Das ist richtig. Das Gesetz basiert auf Freiwilligkeit und ist deshalb nicht sehr griffig. Sollten wir dereinst feststellen, dass es mit der Gleichstellung zu langsam vorangeht, müssten wir dieses Gesetz griffiger machen. Mit der Einführung von Sanktionsmöglichkeiten für wirkliche Lohndiskriminierung bei gleichen Jobs und gleichen Qualifikationen hätte ich persönlich keine Mühe.

Dann könnten Sie der Schaffung von Lohngleichheitsinspektoren, die den Arbeitsämtern angeschlossen wären, wie sie die SPNationalrätin Leutenegger Oberholzer fordert, also zustimmen?
Nein, denn zuerst müssen wir sicher wissen, ob und wo es überhaupt Lohnungleichheit gibt. Es braucht zuerst eine seriöse Evaluation, zum Beispiel mit diesem Lohnüberprüfungssystem Logib. Auf Lohninspektoren zu setzen, hiesse, einen bürokratischen Monsterapparat aufzubauen. Nein, diese Forderung zum jetzigen Zeitpunkt, das ist reine Stimmungsmacherei!

Stimmungsmacherei?
Der 8. März steht vor der Tür, da versuchen gewisse Kreise mit gezielten politischen Interventionen auf sich aufmerksam zu machen.

Sie haben das Lohnüberprüfungssystem Logib erwähnt. Am 8. März können Sie für eine flächendeckende Einführung solcher Lohngleichheitstests in der Privatwirtschaft stimmen.
Zuerst müsste man evaluieren, wie Logib angewendet wird.

Was halten Sie von einer eidgenössischen Lohngleichheitskonferenz analog zur Lehrstellenkonferenz?
Eine solche Konferenz wird nicht zum Ziel führen. Wir haben bereits genügend Instrumente zur Verfügung, um die Gleichstellung voranzubringen.

Wie lange wollen Sie in Sachen Lohngleichheit eigentlich noch evaluieren? Zehn Jahre oder zwanzig Jahre?
Das Gesetz ist klar. Wer dagegen verstösst, missachtet seine unternehmerische Verantwortung.

Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Familie: 2005 arbeitete laut Bundesamt für Statistik nur einer von hundert Männern Teilzeit, um sich neben seinem Beruf auch noch der Familienarbeit widmen zu können.
Junge Väter haben heute verschiedene Bedürfnisse. Wenn sie eine Reduktion des Arbeitspensums wünschen, sollte der Arbeitgeber zugunsten der Familie und der Gesellschaft darauf eingehen. Auch die Männer müssen halt die Möglichkeit haben, Teilzeit zu arbeiten. Und das ist gar nicht so einfach.

Eben, auch bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familienarbeit geht es nur schleppend voran.
Wir brauchen dringend mehr Kinderkrippen. Es geht nicht, dass man den Krippenplatz schon reservieren muss, bevor man die Ehepartnerin überhaupt kennengelernt hat. Es geht aber auch nicht, dass die Krippengebühren einkommensabhängig ausgestaltet sind. Wenn ich schaue, wie viel mittlere bis höhere Einkommen für einen Krippenplatz bezahlen müssen, so finde ich das absolut unverhältnismässig. Von diesem einkommensabhängigen System müssen wir wegkommen, wenn wir noch Kinder wollen in diesem Land! Für den Mittelstand ist es eine Katastrophe.

Das ist aber nicht gerade christlich, wenn der kleine Mann, die kleine Frau gleich viel bezahlen soll wie der Krösus.
Dass die unteren Schichten bei den Krippenplätzen subventioniert werden, ist völlig in Ordnung. Aber dass die Menschen, die etwas leisten und daher auch mehr verdienen, dafür bestraft werden, ist nicht richtig. Schliesslich zahlen sie auch viele Steuern, mit denen auch die öffentlichen Krippen finanziert werden.

Das hat doch mit Bestrafung nichts zu tun, sondern mit ausgleichender Gerechtigkeit.
Immer wenn einer ein bisschen besser verdient als der Durchschnitt, soll er dafür bestraft werden. Das geht nicht, niemand soll bestraft werden, wenn er ein Kind auf die Welt stellt.

Wären Sie denn zu haben für staatliche Gratiskinderkrippen, finanziert durch Steuern?
Nein, denn das wäre jenen Frauen gegenüber unkorrekt, die ihre Kinder nicht in die Krippe schicken möchten. Auch sie sollen nicht bestraft werden. Es braucht Subventionen für die kleinen Einkommen. Alle anderen sollen gleich hohe Gebühren zahlen müssen. So sollten die Krippen zahlbar sein, ohne dass der Staat alles steuert und subventioniert.

Im Parteiprogramm der CVP ist der Staat nicht eben hoch im Kurs: Man ist zwar für die Gleichstellung, aber nur auf freiwilliger Basis. Der Staat soll ja nichts vorschreiben. Wieso ist Ihre Partei so staatsfeindlich?
Wir sind nicht staatsfeindlich, wir sind liberal und sozial. Einkommen entstehen nicht durch staatliche Entscheide, Einkommen werden durch Arbeitnehmende und Arbeitgeber sozialpartnerschaftlich generiert. Durch Investitionen und Mehrwert. Deshalb setzt die CVP auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit. Gesellschaftliche Veränderungen muss man nicht mit Druck erzwingen. Da braucht es nicht immer den Staat. Sie sind hoffentlich auch nicht der Meinung, dass man in der Schweiz alles verstaatlichen sollte, oder?

Absolut keinen Druck machen will Ihre Partei vor allem bei der Wirtschaft. Das Prinzip «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» etwa will die CVP laut Parteiprogramm zwar umsetzen, doch die Verantwortung dafür schiebt sie auf die Sozialpartner ab.
Wir schieben überhaupt nichts ab. Doch was haben wir davon, wenn wir den Unternehmen derart viele Auflagen machen, dass sie in der Schweiz nicht mehr rentabel produzieren können und deshalb ihren Standort nach Asien verlegen? Rein gar nichts! Wir können doch nicht einfach zu den Unternehmen gehen und sagen, so und so müsst ihr das machen. Ich setze auf Verantwortung der Schweizer Unternehmen! Sie schaffen Arbeitsplätze und sind sich ihrer Rolle bewusst. Wir setzen auf Sozialpartnerschaft. Das macht auch CVP-Bundesrätin Leuthard. Das von ihr kürzlich lancierte Paket zur Personalpolitik in ihrem Departement, das auch einen Vaterschaftsurlaub vorsieht, basiert nur auf Freiwilligkeit. Und es wird von allen Seiten als modern und musterhaft gelobt.

Gerade den Vaterschaftsurlaub kann Frau Leuthard jetzt ja nicht umsetzen...
…wegen ein paar Bremsklötzen im Bundesrat. Aber keine Angst, der Vaterschaftsurlaub kommt. Viele grosse Schweizer Unternehmen haben ihn eingeführt… Der kommt, da brauchen wir kein neues Gesetz.

Die Mehrheit der CVP hat kürzlich einen Vorstoss der grünen Nationalrätin Teuscher bachab geschickt, der die Einführung einer Frauenquote an der Spitze börsenkotierter Firmen fordert. Braucht es auch da kein neues Gesetz?
Ich war da, wenn ich mich richtig entsinne, bei der Minderheit in meiner Partei, die Ja gestimmt hat. Wissen Sie, parteiintern sage ich immer: «Ich bin einer der letzten Feministen »... (lacht)

http://www.workzeitung.ch/tiki-read_article.php?articleId=462
Jede Berufsfrau wird um 290 000 Fr. geprellt

13.06.2006
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Immer noch verdienen Frauen für gleiche Arbeit viel weniger als Männer. Wie viel genau, zeigen die Berechnungen des Büros für arbeitsund sozialpolitische Studien (BASS), die work in Auftrag gegeben hat.

Jede erwerbstätige Frau wird pro Arbeitsstunde durchschnittlich um 4 Franken 20 Rappen geprellt. Im Monat macht dieser Lohnklau im Schnitt 720 Franken aus, im Jahr 6400 Franken und im ganzen Arbeitsleben 290000 Franken. Das hat das Berner Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS exklusiv für work berechnet*. Diese Beträge gehen ins Portemonnaie. Gäbe es diese Diskriminierung nämlich nicht, könnte sich jede Arbeitnehmerin einiges mehr leisten. Für 720 Franken monatlich mehr: eine anständig bezahlte und auch bei den Sozialversicherungen gemeldete Putzfrau für vier Stunden die Woche. Für 6400 Franken jährlich mehr: während eines Jahres jede Woche mit dem Taxi zum Coiffeur. Oder für angesparte 290000 Franken im ganzen Arbeitsleben mehr: zwei eigene, komfortabel ausgebaute Ferien-Rustici im Tessin. Das zeigt eindrücklich, wie weit der Weg bis zur Lohngleichheit noch ist. Entwickelt sich die Lohnangleichung im bisherigen Schnecken- Tempo, müssen die Frauen noch 70 Jahre darauf warten. Dabei steht in der Bundesverfassung seit 1981 geschrieben: «Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.»

RIESIGER LOHNKLAU Ein Vierteljahrhundert ist seit der Verankerung dieses Gleichstellungsartikels in der Verfassung vergangen. Zwar hat die Lohndiskriminierung der Frauen in der Schweiz in dieser Zeit leicht abgenommen. Umgerechnet in Franken und Rappen ist der verbleibende Lohnklau an den erwerbstätigen Frauen trotzdem riesig: Von 1981 bis 2004 zusammengerechnet, beträgt er 350 Milliarden Franken. Das ist fast sieben Mal das Jahresbudget der ganzen Eidgenossenschaft. Eine gigantische Summe. Dabei handelt es sich nur um die direkte Lohndiskriminierung. Um die rein ökonomische Diskriminierung, die durch ungleiche Bezahlung gleicher oder gleichwertiger Arbeit «auf dem Markt» entsteht. Dadurch, dass Frauen Frauen sind und nicht Männer. Das ist schreiend ungerecht und zudem ungesetzlich, wäre aber sofort korrigierbar. Wenn die Arbeitgeber es wollten, könnten sie mit diesem Lohnklau von heute auf morgen einfach aufhören. Etwas mehr Zeit braucht die Abschaffung der indirekten Lohndiskriminierung der Frauen. Sie beträgt etwa vierzig Prozent des gesamten Lohnunterschieds und findet «vor dem Markt» statt. Dadurch, dass Frauen nicht den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt haben wie Männer. Frauen arbeiten vermehrt in Niedriglohnbranchen. Frauen haben weniger Aufstiegschancen und sind viel seltener als Männer in Kaderfunktionen anzutreffen. Satte 580 Milliarden Franken beträgt die Frauenlohnlücke von 1981 bis 2004, wenn man die direkte und die indirekte Lohndiskriminierung zusammenrechnet. Imposant die Umrechnung dieser gesamten Frauenlohnlücke pro Berufsfrau in Franken und Rappen: Pro Jahr beträgt der Lohnklau bei dieser Berechnungsart 10600 Franken und pro Arbeitsleben 480000 Franken. Dafür liessen sich bereits vier komfortable Ferien- Rustici im Tessin kaufen.

DIE GANZE SONNENSTUBE Das wäre was, aber es könnte noch besser kommen: wenn man den Frauen für ihre bisher gratis geleistete Arbeit daheim einen bescheidenen Lohn zahlen würde. Denn nach wie vor leisten die Frauen zwei Drittel der Haus- und Betreuungsarbeit. Gemäss Berechnungen des Bundesamtes für Statistik entspricht dieser von Frauen geleistete Liebesdienst 146 Milliarden Franken jährlich. Von 1981 bis 2004 hochgerechnet, wären dies wahnwitzige 3504 Milliarden. Für dieses Geld zusätzlich liessen sich nicht nur Rustici im Tessin kaufen, sondern mindestens die ganze Sonnenstube.


*Die Berechnungen des Büro Bass basieren auf Grundlagenberechnungen des SGB anhand der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik.

Von: Marie-Josée Kuhn

http://www.unia.ch/Single-News-Frauen.2341.98.html?&tx_ttnews%5Bpointer%5D=13&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1738&tx_ttnews%5BbackPid%5D=2269&cHash=228f4e50b7741e9a6369ed8e82f53aa7

SOMMARUGA. «Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Frau Nationalratspräsidentin, Frau Ständeratspräsidentin, Frau Bundeskanzlerin, Frau Bundesrätin …»: Tönt doch gut, die offiziellen Grussformeln aus dem Bundeshaus. Noch nie war die Eidgenossenschaft so fest in Frauenhand. 4 :3 für das starke Geschlecht. Als 7. Frau im Bundesrat und 113. Regierungsmitglied gratulieren wir Simonetta Sommaruga zu ihrer Wahl. Ein schönes Geschenk zum bald 40. Jubiläum des Frauenstimmrechts. Wird nun alles besser?

CALMY-REY. Frauen sind zu allem fähig. Das sagt die deutsche Linguistin Luise Pusch. Sie hat recht. Aussenministerin Micheline Calmy-Rey etwa hat nicht nur ein Herz für die Hungernden und die Millenniumsziele. Sie spielt auch gerne Sheriff: Soldaten gegen Piraten in den Golf von Aden. Militärische Geheimkommandos zur Geiselbefreiung nach Libyen. Dieses Flair fürs Gewehr teilt die Genferin mit andern linken Politikerinnen im In- und Ausland. Das befremdet. Doch weshalb sollten Frauen die besseren Menschen sein?

VASELLA. Dass die Frauen nach der Macht greifen, ist nur gerecht. Ungerecht dagegen ist, dass Frauenlöhne im Schnitt immer noch 20 Prozent tiefer liegen als Männerlöhne. Und dass die Frauen dort fast vollständig fehlen, wo die Schweiz wirklich regiert wird. An der Spitze der Wirtschaft. Oder kennen Sie etwa eine Frau Vasella? Besonders krass frauenfreie Zonen sind die Teppichetagen der zwei Grossbanken UBS und CS. Faustregel: je höher oben, desto mehr Boni, desto weniger Frauen. Nein, die Finanzkrise haben uns definitiv nicht die Frauen eingebrockt. Nicht, weil sie das nicht könnten. Sondern, weil sie die Zeit nicht haben: Nach wie vor schmeissen acht von zehn Frauen in der Schweiz den Haushalt. Weil die Männer nicht zu allem fähig sind? Nein, weil sie nicht zu allem fähig sein wollen. Schon gar nicht zur unbezahlten Arbeit. Deshalb verhandeln sie jetzt wieder überall die «Frauenfrage». Das lenkt von der Männerfrage ab.

work, 23.09.2010

http://www.workzeitung.ch/tiki-read_article.php?articleId=1270

BILLIONEN. «Die ganze Welt trägt Gänsehaut. Man zögert und wartet ab.» So diagnostiziert das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Wo die Krise herkomme, sei klar. Wo sie hinwolle, dagegen ein Rätsel. Fest steht nur: Seit Beginn der Krise wurde die Krise unterschätzt. Zuerst als Immobilienkrise, dann als Bankenkrise, schliesslich als Finanzkrise. Doch dann sprang sie auf die Realwirtschaft über. Weltweit versuchen Regierungen, der Rezession mit Konjunkturprogrammen und Bankenrettungsplänen in Billionenhöhe beizukommen. Doch was, wenn es nicht gelingt?

ERKLÄRUNGSNOT. «Die globale Rezession wird bis zu 90 Millionen Menschen in schwere Armut stürzen, und die Zahl der Hungernden über die Schwelle von einer Milliarde treiben.» Das prognostizieren IWF und Weltbank. Gar keine Prognosen mehr macht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und verkündet: Die Makroökonomie befinde sich in einem «Erklärungsnotstand». Fast ebenso hilflos zeigt sich der US-amerikanische Nobelpreisträger Paul Krugman. Ob sich nun die grosse Depression von 1929 wiederhole? fragte ihn ein Journalist. «Es ist unmöglich, derzeit irgendetwas auszuschliessen»,sagte der Ökonom.

CHANCE. Alles ist möglich. Barack Obama und Johanna Sigurdardóttir: er soll die krisengeschüttelte USA retten und sie das völlig bankrotte Island. Wer hätte das vor einem Jahr gedacht? Der erste schwarze US-Präsident und eine isländische Ministerpräsidentin, die lesbisch ist und rot. Die Krise des Kapitalismus macht manches möglich: «Sie gibt uns die Chance, die Dinge besser zu ordnen», sagt work-Kolumnist und Sänger Endo Anaconda. Gut gebrüllt, Stiller Has: Hühnerhaut ist definitiv out!

work, 30.04.2009
http://www.workzeitung.ch/tiki-view_articles.php?offset=512&topic=1

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

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