Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Dr. Ulrike Baureithel (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Friday, 20.02.2015, 18:32 (vor 3570 Tagen)

F366 Dr. Ulrike Baureithel – geboren 1957 in Freiburg im Breisgau (Baden-Württembgerg) – Studium der Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie in Freiburg - Lehrbeauftragte am Institut für Deutsche Literatur an der Berliner Humbold-Universität – Arbeitsschwerpunkte: feministische Theorie und Praxis – engagierte sich in den 70er Jahren in der AKW-Bewegung, später in der Frauenbewegung – Mitglied des Stiftungsrates „Bewegungsstiftung“, Artilleriestraße 6, 27283 Verden - Mitbegründerin der Wochenzeitung „Freitag“ – ulrike.baureithel@nexgo.de - http://www.bewegungsstiftung.de/typo3temp/pics/b4ec78bd59.jpg - http://www.tlaxcala-int.org/upload/aut_2288.jpg

Das Wissenschaftszentrum Berlin lässt Männerrechtler bei einer Podiumsdiskussion über die gefühlte Diskriminierung der Männer sinnieren

Männer, lasst euch nicht eure Männlichkeit nehmen! Männer lasst euch nicht auffressen! Was hat die internationale feministische Verschwörung, juristisch abgesichert und medial aufgerüstet, nur aus dem Mann gemacht! Glaubt man Agens e. V., dem Verein zur Wiederherstellung der Männerwürde, dann ist das einst virile Geschlecht in so eine Art vierte Welt innerhalb der ersten verbannt worden. In eine Welt, in der Altfeministinnen, F-Damen und Alphamädchen das Zepter übernommen haben.

Warum der Maskulismus nicht emanzipatorisch ist. Blog von Andreas Kemper
Wir haben uns ja schon daran gewöhnt, dass der ernsthafte Gender Trouble vom seichten Geschlechtergeschwätz abgelöst worden ist, und leider sind die Frauen nicht ganz unbeteiligt daran. Wenn aber eine so unbestritten seriöse Institution wie das Wissenschaftszentrum Berlin, eigentlich zuständig für die Erforschung sozialer Verhältnisse und mit einer frauenpolitischen Frontfrau wie der Soziologin Jutta Allmendinger ausgestattet, mit einer Sekte wie Agens kooperiert, sorgt das schon im Vorfeld für Irritationen. Allein der Titel „Mann und Frau. Wie soll’s weitergehen?“ erinnert mehr an den Rempelboulevard als an die gepflegte Wissenschafts-Chaussee.
Von Schuldgefühlen geplagt
Aber, nein, ganz falsch. Eckhard Kuhla, einer der drei Agens-Vertreter auf dem Podium, stellt an diesem Montagmittag von Anfang an klar: Ihm ginge es um die „Suche nach Wahrheit“. Und die – das muss man trotz aller „gendermedialen Bevormundung“ doch aussprechen dürfen – besteht darin, dass der Mann, „von Schuldgefühlen geplagt“, einfach nicht mehr fähig und willens ist, seine Interessen zu vertreten. Es braucht eine „eigenständige Männerpolitik“, die männliche Lebensziele neu definiert und statt Frauenbevorzugung und Gender Studies die „Inklusion“ von Männern verfolgt, also statt feministischer „top down“ eine „bottom up“-Strategie betreibt. Da hat Kuhla ja dann doch etwas von den Gender Studies gelernt. Inklusion bedeutet hier nämlich, dass die ausgeschlossenen Männer in die Gesellschaft zurückgeholt werden sollen.
Kuhla weiß sich dabei nicht nur von männlichen Mitstreitern wie Agens-Mitbegründer Professor Gerhard Amendt, der dem Verein den seriösen Anstrich verleiht, unterstützt. Es gibt auch Frauen, die erkannt haben, „dass es so nicht weitergeht“, wie Amendt bekräftigt. Monika Ebeling, die „von einer feministischen Männermehrheit im Goslaer Stadtrat“ ( so bemerkt Kuhla ironisch) als untragbar entlassene Frauenbeauftragte, sitzt auch auf dem Podium. Ebeling hat erkannt, dass „zu viele Männer an Frauenseilschaften scheitern“ und die „Dauerprotektion alleinerziehender Mütter“ ein Ende haben muss.

Genauso wie Mitdiskutantin Birgit Kelle vom Verein „Frauen 2000plus“, ist Ebeling der Auffassung, dass die Lebensverhältnisse von Männern und Frauen deren Privatangelegenheit seien, in die sich kein Staat und keine Feministin einzumischen habe. Gewisse Umgereimtheiten gibt es bei aller Übereinstimmung dann aber doch, denn während Kelle die Kinder zur Angelegenheit der Mütter erklärt, bringen sich gleichzeitig die ewig diskriminierten Väter ins Spiel. Die beklagen sich, aus dem Publikum beklatscht, über böswillige Mütter, die ihnen ihre Kinder vorenthielten.
Bei viel Trouble könne es dann schon einmal zu Gewalttätigkeiten in der Familie kommen, zur sozusagen anderen Seite der Liebe, wie Amendt behauptet und dafür reichlich überholte Studien aus den siebziger Jahren hervorkramt. Wenn der Mann zuschlägt, ist auch das privat auszufechten. Täter, Opfer, alles spitzfindige Unterscheidungen. Zumal Frauen ohnehin nicht so friedlich sind, wie es scheint.
WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger begegnet der gefühlten Männerdiskriminierung mit Fakten: Frauen in Teilzeitarbeit, Frauen am Ende der Lohnskala, Frauen in minderen Berufspositionen, Frauen als Alleinerziehende und Frauen, die auch bei lebenslanger Erwerbsarbeit so wenig Rente bekommen, dass „der Heiratsmarkt offenbar doch viel versprechender“ sei. Dabei wollen doch Frauen und Männer das Gleiche: Beruf, gutes Einkommen, Kinder, sogar „dünn sein“ wollen junge Frauen und Männer in gleichem Maße. Nur, dass Männer denken, Frauen wollten etwas ganz anderes und vice versa. Man rede halt zu wenig miteinander, generell aber, schließt Allmendinger ihren Parcours durch die Expertisen, „stimmen Männer mit den Füßen ab und hören nicht zu“.
Ganz zufällig?
Warum sich Allmendinger überhaupt auf dieses Podium setzt, wo sie sich windet und sichtlich die Tuchfühlung zu Sitznachbar Kuhla meidet? Dieses Rätsel löst sich für das Publikum erst zum Schluss: Ganz zufällig, sagt WZB-Kollege und Ungleichheitsforscher Jens Alber, sei er auf die Agens-Leute gestoßen und habe die Gelegenheit ergriffen, endlich einmal darüber zu sprechen, was ihm auf den Nägeln brennt: Dass nämlich Geschlecht nicht mehr als zentrale Ungleichheitskategorie tauge, weil die Gleichheit längst erreicht sei und die Quotierung ein „obrigkeitliches Mittel“ zugunsten der Frauen.
Nein, Wissenschaft ist nicht wertfrei, da hat Allmendinger schon Recht. Wie viele Minderwertigkeitskomplexe, wie viel Angst und Aggression sich doch mit „sachlichen Argumenten“ tarnen können. Väter, die sich von ihren Partnerinnen; Jungs, die sich von ihren Lehrerinnen zurückgesetzt fühlen; Männer, die plötzlich nicht mehr automatisch den Chef stellen – und auch hin und wieder Frauen, die sich mit vermeintlichen Opfern identifizieren. Das ist ein weites Feld, das sozialpsychologisch noch gar nicht erforscht und beim WZB ganz gut aufgehoben ist.
Zu anderen Zeiten wäre eine solche Veranstaltung von Feministinnen gestürmt worden. Dass sich die WZB-Chefin überhaupt genötigt sieht, Agens-Leuten ein Podium zu geben und sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen, zeigt, wie sehr sich das gesellschaftliche Klima verändert hat. Auch dieses Phänomen harrt noch der Untersuchung.

http://www.freitag.de/alltag/1125-ausweitung-der-debattierzone


„Leadership“ und „Frauenbewegung“ - trifft sich das nicht eher im Unendlichen? Ein globales Netzwerk erfolgreicher Frauen kämpft für die Beschleunigung des Prozesses
Wow! Patriarchale Kultur, wann habe ich das zum letzten Mal gehört? In den Achtzigern vielleicht.
Alpha-Frauen vereint: Sie alle haben in ihren Ländern führende Positionen inne

Erhalt des kleinen Glücks
Es ging mal um mehr als Einzelschicksale. Heute dümpelt die Debatte um Frauenrechte in der Banalität. Feminismus soll nicht mehr selbstbewusst, sondern glücklich machen
Die Mika-Macchiato-Debatte
Alle reden über Feminismus. Manche schreiben auch noch drüber. Porträt eines unendlichen Diskurses von Simone de Beauvoir bis Bascha Mika
„Ich wünsche mir, dass die Frauen mehr Selbstvertrauen entwickeln und an sich selbst glauben“, sagt Shirin Ebadi, erste iranische Richterin, ruhig. Dann blitzt sie mich an: „In meinem Land sind 65 Prozent aller Akademiker Frauen. Sie glauben an sich! Aber es ist die patriarchale Kultur, die sie hindert, ihr Ziel zu erreichen.“
Patriarchal. Dass dieser Begriff an diesem Vormittag wiederholt fällt, nicht nur aus dem Mund einer Friedensnobelpreisträgerin, sondern seitens einer Frauenaktivistin aus Afghanistan oder der pakistanischen „Philanthropin“ Nadira Panjwani, die dafür sorgt, dass in ihrem Land Krankenhäuser und Schulen gebaut werden, katapultiert mich zurück in eine Zeit, in der sich Frauen alle noch gleich und einig fühlten. Nun trifft man sich im 7. Stock im Kulturkaufhaus Dussmann anlässlich einer Buchvorstellung, dessen Titel Heiterkeit erregen könnte: Die Macht der Frauen
Darin werden Female Leader porträtiert, die sich für mehr Bildung von Mädchen und Frauen einsetzen und an diesem Vormittag in Berlin den 22. September zum offiziellen "Weltmädchentag" ernennen. Zudem unterzeichnen sie am Abend einen Aufruf an die UN.


Kleine und große Frauen
„Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“, hatte es früher einmal geheißen. Aber die superschicken Damen, teilweise mit locker übergeworfenem Kopftuch, das die schönen Haare freigibt, haben überhaupt keine Geduld mehr. Sie wollen, dass die Mädchen und Frauen der Welt mehr Bildung erhalten, denn das ist ihr Ausgang aus der nicht selbst verschuldeten Abhängigkeit. Kerstin Plehwe hat deshalb 60 erfolgreiche Frauen in aller Welt interviewt und sie danach gefragt, was für sie „Leadership, Erfolg und Glück“ bedeutet. Es soll eine „Bibel der Frauenbewegung“ werden, wünscht sich die charmante Catherine von Fürstenberg-Dussmann, die das Event gesponsert hat. So wie drei große „frauenfreundliche“ Firmen das ganze Projekt, dessen Erlös Mädchen- und Frauenförderprojekten in Asien, Südamerika und Afrika zugute kommen soll. Aber „Leadership“ und „Frauenbewegung“? Das trifft sich ja eher im Unendlichen.

„Die ‚großen’ Frauen sollen etwas für die ‚kleinen’ Frauen tun“, sagt die Autorin Kerstin Plehwe, und, na ja, die Anführungszeichen kann man sich dazu denken. Die „kleinen“ Frauen sind die zwei Drittel aller Analphabeten weltweit, sie stellen drei Viertel der Arme und verfügen über nur zehn Prozent des globalen Einkommens und gar nur ein Prozent des Besitzes. Die Zahlen sind irgendwie bekannt, aber sie bleiben, räumt Plehwe ein, auch für sie abstrakt. Wenn man sich Deutschland im Jahre 2011 anschaut, weiß man auch nicht, ob man bedauern soll, dass es nur 20 weibliche Staatschefinnen gibt.
„Chance“ und „Erfolg“ waren vielfach bemühte Vokabeln an diesem Vormittag. Bei Dussmann versammelte sich der liberale Flügel einer Frauenbewegung, der von jeher daran geglaubt hat, dass die Frauen – mit Unterstützung der „großen“ natürlich oder vielleicht auch eines wohl gesonnenen Vaters – ihres Glückes Schmied sind. Jedenfalls diejenigen, die aus den gemäßigten Zonen Europas oder den USA stammen. Was das „Spezifische“ erfolgreicher Frauen sein könnte, ob es nur darum gehen kann, in eine Führungsposition zu gelangen oder zig Sportmedaillen zu erringen, wurde jedoch kaum erörtert. Und auch erstaunlich: Fast alle im Buch porträtierten Frauen hatten keine Vorbilder.

Unglück bedeutet es allemal, dass 78 Prozent aller Mädchen in Afghanistan keine Schule besuchen dürfen. Denn das verfügbare Geld, konstatiert Suraya Pakzad, Trägerin des „Women of Courage“ des amerikanischen Außenministeriums, kommt den Söhnen der Familien zugute, weil die Auffassung herrscht, sie könnten eher eine Familie ernähren. Stimmt aber gar nicht: Würde ein Prozent der Mädchen eines Landes eine vernünftige Ausbildung genießen, stiege das Pro-Kopf-Einkommen um 0,3 Prozent; das wären bei zehn Prozent der Mädchen schon drei Prozent mehr Wohlstand – davon träumen europäische Staaten.
Keine Vorbilder
Interessanterweise wandten sich die Repräsentantinnen aus den so genannten muslimischen Ländern vehement gegen die Unterstellung europäischer Journalistinnen, der Islam sei an allem Schuld. „Die patriarchale Kultur ist es!“, fährt die würdige Ebadi, unterstützt von den Kombattantinnen, dazwischen. Sie war es auch, die daran erinnerte, dass Frauen eben nicht nur Opfer, sondern auch Mitträgerinnen dieser Kultur sind, qua Erzieherinnen ihrer Söhne. Feministinnen hierzulande haben das früher „Mittäterschaft“ genannt. Die „Frieden stiftenden“ Frauen, die die österreichische Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst in Anschlag brachte, kamen da nicht so gut an; aber sie erntete heftigen Beifall, als sie sich als konsequente Verfechterin der Quote outete: „Ich will nicht warten, bis die Männer endlich tot sind oder freiwillig ihren Platz räumen.“

„Sind denn die Frauen wirklich stärker als die Männer?“, fragte ein Berliner Kabarettist, der sich in die journalistische Runde verirrt hatte. „Ich frage manchmal meinen Mann, ob er unsere sechs Kinder, den Haushalt, meinen Job usw. alleine bewältigen könne. Dann sagt er ganz ehrlich: ‚Nein’“, entgegnete die afghanische NGO-Kombattantin Pakzard souverän. Multitasking heißt heute, was man früher „weibliches Arbeitsvermögen“ nannte. Aber gerade in Afghanistan müssen die Frauen das beherrschen: „Wenn nämlich in der Familie was schief läuft, verbietet der Mann, der Vater oder der Bruder, dass die Frau arbeiten geht“, sagt Pakzard. „Wir müssen eben überall perfekt sein.“ Irgendwie kennt frau das doch.


http://www.freitag.de/alltag/1138-weil-ich-ein-maedchen-bin

Das lohnende Kind
Kommentar von ULRIKE BAUREITHEL
Er sehe "die Gefahr eines Dammbruchs", warnte in seiner Weihnachtsbotschaft der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, "wenn sich der Mensch zum Herrn über andere Menschen macht und bestimmt, welches Leben sich entwickeln darf und welches nicht." Doch nicht nur der Vorsitzende der Deutschen Katholiken, auch Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe bot das Fest den willkommenen Anlass, um zur umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) Stellung zu nehmen. In der Ärzteschaft, glaubt er, habe sich die Stimmung verändert. Er rechnet damit, dass sich der nächste Ärztetag "für die Zulassung der PID in engen Grenzen" aussprechen wird.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das im Sommer die gezielte Auswahl von Embryonen im Reagenzglas grundsätzlich für rechtens erklärt hatte. Es spülte der Pressure-Group, die sich schon immer für die Freigabe der PID starkmachte und - ausgerechnet - in dem Christdemokraten Peter Hintze ihren Frontmann gefunden hat, reichlich Wasser auf die Mühlen.
Die eher Vorsichtigen, die es am liebsten beim bisherigen Status quo belassen hätten, müssen sich nun entscheiden, ob sie die PID generell verbieten oder das umstrittene Verfahren in streng umrissenen Fällen - "bei Todgeburten oder wenn zu erwarten ist, dass das Kind früh stirbt", wie es der ehemalige Enquete-Vorsitzende René Röspel (SPD) formuliert - zulassen wollen.
So brüten derzeit gleich drei interfraktionelle Abgeordnetengruppen über Gesetzentwürfen, wobei sich die Waagschale im Unterschied zum April 2002, als das Parlament seine berühmte "Sternstunde" schrieb, inzwischen eher in Richtung der Befürworter neigt.
Warum aber provoziert eine medizinische Prozedur, von der, je nach Indikation, höchstens 100 bis 200 Paare pro Jahr betroffen sein werden, eine derart hektische parlamentarische Aktivität, von der sich sogar der behäbige Ethikrat unter Zugzwang gesetzt sieht? Als über den § 218 gestritten wurde, über Organspende oder Sterbehilfe, bezogen sich die Gesetze auf relevant große gesellschaftliche Gruppen. Aber die PID?

Ulrike Baureithel, ist freie Journalistin in Berlin. Als Redakteurin und Autorin für die Wochenzeitung Der Freitag befasst sie sich seit zwanzig Jahren mit Reproduktionsmedizin und bioethischen Themen. Foto: privat
Zunächst einmal handelt es sich bei der PID um eine Schlüsseldiagnostik. Sie steht an der Nahtstelle zwischen Fortpflanzungsmedizin und genetischer Begutachtung und allen damit verbundenen Problemen. Deutlich wird das schon an der öffentlichen Diskussion: Während auf der einen Seite "nur" von seltenen Erbkrankheiten die Rede ist und von vermeidbarem Leid, ist mit der PID andererseits auch eine bevölkerungspolitische Dimension verbunden.
Wird sie nämlich wie in Skandinavien bei der künstlichen Befruchtung eingesetzt, wo nur ein einziger, möglichst "erfolgreicher" Embryo ausgewählt wird, um den Frauen Mehrlingsschwangerschaften zu ersparen, bewegt man sich plötzlich nicht mehr auf dem Feld der Medizin, sondern auf dem der Demografie.
Die "Baby take home"-Rate ist bei der PID noch geringer als bei der herkömmlichen In-vitro-Fertilisation (IVF). Und entgegen den Beteuerungen von Fortpflanzungsmedizinern, die sich plötzlich als Anwalt der Frauen aufwerfen, ist das Prozedere auch ziemlich belastend. Trotzdem hält sich die Vorstellung, auf diese Weise demografisch "aufrüsten" zu können.
Die Kosten-Nutzen-Rechnung
Es werden aber nicht nur mehr Kinder herbeigeredet. Der ohnehin rare Nachwuchs soll auch gesund sein, perspektivisch produktiv und möglichst keine Gesundheitskosten verursachen. Demografische Mobilisierung und gesellschaftliche (Gesundheits-)Kostenrechnung sind nur die beiden Seiten derselben Medaille.
Zwar würde sich heute, zumindest in Deutschland, kaum jemand trauen, öffentlich die Ausgaben für Krankheit und Behinderung im Zusammenhang mit der PID aufzurechnen. Doch in der Zeit, als sich die Pränataldiagnostik (PND), also der heute standardisierte vorgeburtliche Check-up, etablierte, war in EU-Forschungsprogrammen noch zu lesen, dass genetisch bedingte Erkrankungen für Familien nicht nur sehr belastend, sondern auch "für die Gemeinschaft sehr kostspielig" seien.
Verteidigte Deutungshoheit
In der utilitaristischeren Schweiz ist man mit derlei Bilanzierung weniger zurückhaltend. Der Ökonom Reiner Eichenberger zum Beispiel, übrigens eng verbunden mit Bernd Raffelhüschen, der Gesundheitsminister Philipp Rösler in Sachen Pflegereform berät, hat die lebenslangen Leistungsbilanzen von Schweizer Kindern hochgerechnet und ist zum Ergebnis gekommen, dass, wer Familienpolitik betreiben will, auch gezielt "selektionieren" muss.
Kinder, die "Sonderbetreuung" benötigen, seien teuer, am teuersten diejenigen, die später eine "kriminelle Karriere" einschlügen. Deshalb, lässt sich folgern, kommen Hartz-IV-Eltern in Deutschland auch nicht mehr in den Genuss des Elterngeldes. Man müsse vermeiden, so Eichenberger in einem Interview, "mit Maßnahmen primär die unproduktiven Kinder zu subventionieren." Die Grenznutzenrechnung für medizinische Versorgung hat das Schweizer Bundesgericht dieser Tage bekräftigt.
Von diesen demografischen und volkswirtschaftlichen Aspekten einmal abgesehen, gibt es noch einen weiteren Umstand, weshalb die PID forciert wird. Man wolle, heißt es, den Frauen die "Schwangerschaft auf Probe" und die Entscheidung einer Spätabtreibung ersparen.
Der "Entscheidungsfalle" allerdings, in die Frauen, wie die Soziologin Silja Samerski in ihrem kürzlich erschienenen gleichnamigen Buch zeigt, bei der Pränataldiagnostik geraten, entgehen sie auch durch die PID nicht. Sie müssen sich aktiv zu einem "Risiko"-Embryo im Reagenzglas verhalten, ihn gegebenenfalls "verwerfen" und damit zum Ausdruck bringen, dass "solche" Menschen unerwünscht sind.

Vielleicht erklärt diese Überforderung in Sachen Selbstbestimmung, weshalb auch der Vizepräsident der Bundesärztekammer und PID-Skeptiker, Ulrich Montgomery, die Indikationen für eine PID von einer Ärztekommission überwacht sehen will. Wenn die Ärzte schon, wie sein Kollege Hoppe formuliert, eher Ratgeber als Führer der Patienten sind, dann beanspruchen sie doch zumindest die Deutungshoheit darüber, was "krank" und "gesund" ist.

http://www.taz.de/!63415/

Alle Jahre wieder weihnachtet es sehr, und in Spielzeugkatalogen herrscht Prinzessin Lillifee in einer rosaroten Glitzerwelt, Mädchen wiegen Puppen und die Jungs bereiten sich währenddessen auf ihre heroische Männerzukunft vor. Auch dieses Jahr alles wie gehabt?
In Schweden geht die größte Spielzeug-Kette Top Toy nun in die Offensive: Der gerade erschienene Weihnachtskatalog präsentiert kleine Jungen, die liebevoll eine Babypuppe im Arm halten und ein Mädchen, das gefährlich mit einer Maschinenpistole hantiert. Ihr rosa T-Shirt wurde ausgetauscht gegen ein hellblaues. Weil die Lillifee-Puppenstube im Sortiment aber nicht fehlen darf, sitzt nun ein – übrigens nur mäßig glücklich dreinblickender – kleiner Junge vor ihr.
Ein gegenderter Spielzeugkatalog
Mit dem Change reagiert das Spielzeug-Unternehmen auf die in Schweden angestoßene Diskussion über geschlechtsspezifische Rollenbilder. Schon 2008 war Top Toy von der schwedischen Werbeaufsicht für seine gender-stereotype Reklame kritisiert worden. Zur gleichen Zeit hatte die Regierung 110 Millionen Kronen (rund 13 Mio. Euro) bereitgestellt, um vor allem in Schulen für dieses Thema zu sensibilisieren.
Der gegenderte Top Toy-Katalog wird allerdings nur in Schweden vertrieben; das ansonsten druckgleiche Pendant erscheint in Dänemark mit den üblichen stereotypen Fotos.
Platter Rollentausch
Was aber wäre gewonnen, wenn Jungen nun mit spindeldürren Prinzessinnen spielen und Mädchen in der Gegend herumballern? Ganz abgesehen davon, dass das Angebot zumindest im ersten Fall nicht sonderlich gut ankommen dürfte, handelt es sich um nichts weiter als einen platten Rollentausch.
Sexismus schlägt sich aber nicht nur in den Rollenklischees der Kataloge nieder, sondern im Spielzeug selbst: Während die sanften dünnen Lillifees und Barbies der juvenilen Essstörung den Weg bereiten und den Jungen vorführen, welche Maße ihr „Girlie“ einmal haben soll, bahnt das martialische Jungenspielzeug den Weg in den Krieg. Stimmt schon, den gehen nun ja auch die Frauen. Herrje, wir waren wirklich schon einmal weiter!
In Großbritannien hat die Pinkstinks-Kampagne, die den rosa Glitter aus den Kinderzimmern vertreiben will, immerhin dafür gesorgt, das etwa Marks & Spencer einige Spielzeugprodukte aus dem Sortiment nehmen musste. Bei uns zieht Pinkstinks Germany mit entsprechenden Forderungen an den Werberat nach.
In Schweden allerdings rollt die Diskussion schon wieder zurück. Anlässlich des 2012 erschienen Kinderbuches Kivi und der Monsterhund, in dem statt „han“ und „hon“ das geschlechtsneutrale „hen“ eingeführt wird, warnen Kritiker nun, dass es auch wichtig sei, eine stabile Geschlechtsidentität auszubilden. Tatsächlich?

http://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/stereotypen-stinken

„Es ist viel getan worden“
Generationengespräch Junge und ältere Feministinnen stehen sich oft misstrauisch gegenüber. Bei einer Tagung in Berlin ließ sich beobachten, wie der Erfahrungsaustausch gelingen kann
„Das hatten wir doch schon alles einmal!“ Der Stoßseufzer der Altfeministin, wenn eine jüngere Frau wieder einmal glaubt, ein Thema neu entdeckt, eine Haltung selbst erfunden zu haben. Die Augen verdreht, die Miene leicht blasiert, gibt die Ältere zu verstehen, dass dieser Acker längst bestellt sei und die eingebrachten Früchte von den Jüngeren wenig geschätzt, weil selbstverständlich konsumiert würden. Bei aller Herablassung schwingt da immer auch der Neid älterer Geschwister mit, die den Nachkömmlingen in der Familie den Weg geebnet haben. Nein, sagt Anna Berg, ehemals beim feministischen Blog Mädchenmannschaft beteiligt, diesen Satz wolle sie wirklich nicht mehr hören.
Es ist wahrlich nicht leicht, Feministinnen über die Generationen hinweg ins Gespräch zu bringen. Einen solchen Austausch gar über zwei Tage zu organisieren, wie es der „Arbeitskreis Frauengesundheit“ kürzlich auf seiner Jahrestagung in Berlin unternahm, ist schon fast ein bisschen vermessen. Doch, oh Wunder, es hat funktioniert. Selten sah man sie so einträchtig sitzen, die Älteren und die Jungen, nicht immer einig, aber durchaus gewillt, zu hören, was die Andere zu sagen hatte. Über ihre Erfahrung mit dem Körper und mit weiblicher Lebensrealität vor dreißig, vierzig Jahren und heute.
Gemeinsame Grundlage
Vielleicht ist Körper und Gesundheit auch einfach ein guter Ausgangspunkt für den Dialog. Denn mit dem Wunsch nach Autonomie über den eigenen Körper hat die neue Frauenbewegung – egal, ob sie sich mit Kinderkriegen, Gewalterfahrung oder Sexismus befasste – ja einmal angefangen. „Damals“, erinnerte sich die Filmemacherin Helke Sander, „haben wir die Pille auf Krankenschein gefordert, weil wir dachten, sie gewährleiste Autonomie“. Ein Irrtum, wie die Wissenschaftsautorin Eva Schindele rückblickend feststellte: „Die Pille hat uns Selbstbestimmung versprochen und die medizinische Kontrolle über die Frauen hoffähig gemacht.“
Ihre Erfahrungen mit der Pille – angstfreie Sexualität, aber auch sexuelle Verfügbarkeit, Selbstentfremdung und zahlreiche Nebenwirkungen – teilen viele der Älteren. Und lauschten ungläubig dem Dialog zwischen Mutter und Tochter. Denn Isolde Schindele erzählte eine neue Geschichte, die davon handelt, dass die Pille für die Jüngeren nicht in erster Linie als Verhütungsmittel wahrgenommen wird, sondern als Lifestyle-Medikament, das Aufhübschung garantiert und von der als „eklig“ empfundenen Menstruation entlastet.
„Mein Kopfweh gehört mir“
Und noch fassungsloser hörten die Älteren, dass damit heute ein Initiationsritual verbunden ist: Nicht die einsetzende Menstruation oder Sex, sondern die Verschreibung der Pille gilt unter Jüngeren als der entscheidende Schritt zur Frau. Aber wie schon ihre Mütter machen auch die jungen Frauen, von denen drei Viertel die Pille nehmen, die Erfahrung, dass damit eine Entfremdung vom eigenen Körpererleben verbunden ist. Oft dauert es zehn bis 15 Jahre, bis sie das Verhütungsmittel absetzen und ihre Menstruation erstmals authentisch erleben, mit allen Begleiterscheinungen: „Mein Kopfweh gehört mir.“
Die Gynäkologin Barbara Ehret berichtete, dass auch die Entfernung der Gebärmutter während der Wechseljahre wieder zunimmt. Ehret war eine Pionierin im Kampf gegen diese früher routinemäßig durchgeführte, aber meist unnötige Operation. Sie galt unter ihren Medizinkollegen lange Zeit als Nestbeschmutzerin. Tatsächlich war die Hysterektomie in den achtziger Jahren stark rückläufig, seit zwei, drei Jahrzehnten steigt die Zahl rapide: Die Frauen, erklärte Ehret dieses Phänomen, lebten heute vereinzelter und seien geneigt, ihren Körper in dem Maße kontrollieren zu lassen, wie sie sich selbst daran gewöhnt hätten, ihn zu manipulieren.
Dieser Hang und Zwang zur Selbstoptimierung ist offenbar die entscheidende Differenz-Erfahrung zwischen den älteren und jüngeren Feministinnen. Ständig genötigt, zwischen vielen Möglichkeiten die optimale Wahl zu treffen, geraten junge Frauen oft an ihre Grenzen. Das anything goes ist eine ständige Überforderung: „Es gibt keinen Raum“, beklagte Isolde Aigner, „in den wir hineinsprechen könnten“. Alles sei zugestellt mit der Anforderung, möglichst alles und optimal unter einen Hut zu bekommen. Und weil sich mit den jüngeren Männern heute offenbar besser auskommen lässt, „fehlt die Wut, sich gegen die Strukturen zu wehren“, ergänzte ihre Altersgenossin Katharina Helming.
Diese Wut war es ja, die die neue Frauenbewegung Anfang der siebziger Jahre dazu getrieben hatte, sich kollektiv zur Wehr zu setzen. Den Sinn für gemeinschaftliches Handeln vermissen die Altfeministinnen an der neuen Selbstbestimmungsideologie, die nicht mehr „Mein Bauch gehört mir“, sondern nur noch den „Bauchladen“ meint, das überbordende Angebot von Lebensmöglichkeiten. Während die Aktivistinnen von früher sich den Raum für neue Lebensentwürfe erst einmal erobern mussten, erleben die heutigen Einzelkämpferinnen, dass nicht alle Lebensentwürfe von einer Frau auch gelebt werden können.
Unwilliger Unterton
Sie empfinde es heute als Privileg, dass sie keine Einzelkämpferin habe sein müssen, bekräftigte Cornelia Helfferich das Lebensgefühl der älteren Feministinnnen. Diese fungierten auffälligerweise auf dem Abschlusspodium als Expertinnen, während die Jüngeren Teilsegemente weiblicher Lebenswirklichkeit repräsentierten: die rappende Aussteigerin, die behinderte Doktorandin, die bloggende Migrantin. So redeten die Älteren meist über die Frauen, während die Jungen von sich sprachen – und manchmal schlich sich da auf beiden Seiten doch ein unwilliger Unterton ein. Sie habe keine Lust, als nachgefragtes „Humankapital“ betrachtet zu werden, verwahrte sich Rapperin Sookee etwa gegen die Feststellung einer Älteren, dass künftig „alle gebraucht“ würden. Ulrike Hauffe polemisierte indes gegen die Vorstellung der Jüngeren, ihr Leben als „Projekt“ zu betreiben und letztlich doch in der alten Frauenrolle zu landen.
„Die alte Frauenfrage ist tot. Gleichberechtigung mit den Männern ist zugestanden. Frauen leben, lieben, schaffen, schuften, kämpfen, sterben wie die Männer. Die Frauen sind entweiblicht, die Institutionen versachlicht. Aber die geschlechtliche Polarität ist dadurch nicht gemildert, sondern verschärft worden“, schrieb die sozialistische Frauenrechtlerin Alice Rühle-Gerstel 1929. Das liest sich irgendwie sehr aktuell. Schon damals gab es einen heftigen Generationenkonflikt zwischen älteren Frauenrechtlerinnen und „neuen Frauen“.
„Es ist viel getan worden“, erkannte dann auch Jungfeministin Katharina Helming die Leistung der einstigen Akteurinnen der neuen Frauenbewegung an. „Ihr habt viel getan!“, wurde sie vielstimmig aus dem Publikum korrigiert. Aber das kriegte die Junge nicht über die Lippen: „Es ist viel getan worden“, wiederholte sie, nur etwas lauter.

http://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/es-ist-viel-getan-worden

Zum Jahresausklang feierte die Zeit 2012 gerade noch mal als ein Jahr der Frauen und bemühte dafür sogar die Dialektik. Auf der Ebene der Politik sei Quantität umgeschlagen in Qualität, weil Frauen nicht nur auf allen Machtebenen angekommen seien, sondern – aufgemerkt – inzwischen auch "Diskurs und Stil des Landes" prägten.
Beweiskräftig aufgerufen werden hierfür die weibliche Führungsriege und die "mächtige Quotendiskussion", wobei die selbstbezügliche Kampagne im eigenen journalistischen Stall als besonders hervorhebenswert erscheint. "Tuschelecken", "verschwörerische Blicke und SMS über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg" sollen die "unsichtbare weibliche Vernetzung" bestätigen. Haben wir es nun bald mit einer weiblichen Hegemonie in Berlin zu tun? Schafft Frauenmehrheit Frauenmacht? Und dies alles, ohne dass schlecht gelaunte feministische "Heulsusen" mit ihren – igitt! – "behaarten Beinen", die Männer zum Stolpern brächten? Das ist doch wirklich ein Grund zum Feiern.
Zunehmend schlechter gelaunt
Ich bekenne: Ich gehöre zu diesen zunehmend schlechter gelaunten Feministinnen, die es gar nicht komisch finden, dass sich im Jahr 2012 großmäulige Unionspolitikerinnen hinter dem Rücken ihrer Fraktionskollegen versteckten und so gar nichts mehr von einer "starren Quote" wissen wollten. Die es fertig brachten, einen in Europa wohl einmaligen frauenpolitischen Fauxpas namens Betreuungsgeld durchzusetzen. Und die sich, wenn sie einmal etwas Vernünftiges am Wickel haben wie die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei der Rente, von ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble sofort wieder in die Haushaltsdisziplin zurückpfeifen lassen.
Etwa zur gleichen Zeit, zu der die Zeit die "Feminisierung der Republik" proklamierte, veröffentlichte die OECD neue Daten über die geschlechtsspezifische Einkommensverteilung in ihren Mitgliedsländern. Und siehe da: In den 34 Staaten rangieren die deutschen Frauen – nach Südkorea und Japan – ganz hinten: Sie verdienen immer noch 21,6 Prozent weniger als Männer in vergleichbaren Jobs, im gebeutelten Griechenland beträgt der Unterschied dagegen nur 9,6 Prozent.
Und je älter die Frauen werden, desto bedrängter wird ihre Situation: Sie beziehen nur halb so viel Rente wie Männer und sind überproportional von Altersarmut bedroht. Ein Grund dafür ist, dass 38 Prozent aller Frauen in Deutschland Teilzeit arbeiten, verbunden mit geringen Aufstiegschancen und ungenügender Altersabsicherung. Das Betreuungsgeld wird daran ganz sicher nichts ändern.
Was gehen Aufsteigerinnen Kassiererinnen an?
Was aber gehen die weiblichen Aufsteigerinnen auch die Frauen an, die an Discounterkassen dafür sorgen, dass die Erfolgreichen rund um die Uhr einkaufen können? Die sich als Kindermädchen um den Nachwuchs oder als Putzfrauen um das gepflegte Wohnumfeld der Vorstandsfrau, der Politikerin oder der Chefredakteurin kümmern? Oder die sich, in den sozialen Unterbau abgedrängt, von Edelmuttis Erziehungsratschläge anhören müssen? Die Gruppe der Frauen, lese ich, sei nämlich "viel zu groß und viel zu heterogen, um gemeinsame Interessen vertreten zu können".
In Indien, dem Land des Femizids und der Grapscher, wehren sich die Frauen gerade gemeinsam gegen die tagtägliche Gewalt. In Ägypten, wo insbesondere die Frauen von der Etablierung eines Gottesstaates bedroht sind, verweigern sie den Urnengang und gehen auf die Straße. In Deutschland dagegen feiern sich die Nachkömmlinge der "Generation Merkel", die nun wieder "ganz verschieden" sein dürfen. Diversity is beautiful. Aber eben nur in den höheren Lagen.

http://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/ist-emanzipation-ein-projekt-fuer-eliten

In ihrem Sinne? Die Öffentlichkeit diskutiert ein vermeintliches Kavaliersdelikt. Was passiert im Windschatten der Sexismusdebatte?
Wer hätte sich einmal vorstellen können, dass ein vergleichsweise harmloser Fall von sexueller Belästigung derartige Aufregung auslösen würde? Dass ein sogenanntes Kavaliersdelikt, einmal in die Medienmaschinerie eingespeist, gar über Wahlchancen und Politikerkarrieren entscheidet? Das politisch Korrekte ist zum modernen Verhaltensbrevier avanciert: Es leitet die öffentliche (männliche) Persona durch das Geschlechterwatt mit seinen gefährlichen Prielen und kultiviert Distanzzonen, die, wie wir wissen, Teil der zivilisatorischen Befriedung sind.
Doch während die Öffentlichkeit über einen eher durchschnittlichen Abstandsverletzer diskutiert, sich der weibliche „Aufschrei“ in die Talkrunden fortpflanzt und dem genderpolitischen Fortschrittskanon eine weitere Strophe hinzufügt, verlieren wir aus dem Blick, was sich im Windschatten solcher Debatten tut. Spätestens seit dem Quotenstreit der achtziger und neunziger Jahre entwickelt sich eine männerrechtlerische Sturmabteilung wider den feministischen Durchmarsch der Frauen. Sie agiert auf seriös-juristischer Ebene, indem sie vor Gerichten die angebliche Diskriminierung von Männern skandalisiert; und sie fightet insbesondere in maskulistischen Onlineforen, wo der Verhaltenskodex ganz bewusst missachtet wird.
Besonders erfolgreich sind die Männerrechtler im Bündnis mit der vielgestaltigen Väterrechtsbewegung, die sich unter anderem für die Rechte lediger Väter stark macht. Sie erstritten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erste Erfolge, das Bundesverfassungsgericht urteilte in ihrem Sinne. Vergangene Woche hat endlich auch der Bundestag über das Gesetz der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern entschieden.
Es steht, und das ist begrüßenswert, in einer längeren Reihe von Rechtsreformen, die ledige Kinder den in einer Ehe Geborenen nach und nach gleichstellen. Bislang ging das Sorgerecht nicht-ehelicher Kinder automatisch an die Mutter. Der Gesetzgeber stand nun vor der Entscheidung, dem Vater ein gleichberechtigtes Sorgerecht einzuräumen oder dies erst auf Antrag des Mannes und nach gerichtlicher Prüfung des Kindeswohls zu tun.
Doch der Bundestag entschied sich für eine dritte, wenig konsistente Variante: Das Sorgerecht soll zunächst an die Mutter gehen, aber der Vater kann verfahrenstechnisch sein Recht reklamieren. Widerspricht die Frau nicht binnen einer kurzen Frist, ist das gemeinsame Sorgerecht, ohne gerichtliche Überprüfung der Umstände, rechtskräftig. Die Entscheidung über das Sorgerecht wird für eine Frau künftig also zum Wettlauf mit der Zeit.
Wirklich zufrieden ist nun niemand. Der Interessensverband Väteraufbruch fühlt sich noch immer diskriminiert und kündigt einen weiteren Gang nach Karlsruhe an. Der Verband Alleinerziehender moniert, dass schon die Vermutung, das gemeinsame Sorgerecht entspräche in jedem Fall dem Kindeswohl, zutiefst ideologischer Natur sei. Das ist nicht ganz weltfern angesichts der vielen Unterhaltsflüchtlinge und, im schlimmsten Falle, der Väter, die ihren Kindern Gewalt antun oder sie missbrauchen.
Die genderpolitischen Dreitageaufreger legen sich über Entwicklungen, die das Rechtsverhältnis der Geschlechter neu justieren. Und die Zeiten sind vorbei, da das Recht sich durchweg zugunsten der Frauen neigte.

http://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/das-recht-staerkt-nun-auch-die-maenner

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

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