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Wenn man die Toten nicht nennt gibt es keine Opfer, verstanden?! (Allgemein)

Ausschussquotenmann, Saturday, 07.03.2015, 13:09 (vor 3943 Tagen) @ Maurius

Tod hinter Gittern
Die Berliner Justizbehörde will Suizide in der Haft nicht mehr melden, wohl auch, weil die Selbstmorde in diesem Jahr einen neuen Rekordstand erreicht haben. Was ist los in Berlins Knästen?

Von Jörn Hasselmann

Die Berliner Justizverwaltung bleibt dabei, sie will die Öffentlichkeit künftig nicht mehr über Selbstmorde in Gefängnissen informieren. Diese Regelung, die die „Persönlichkeitsrechte“ des Gefangenen und seiner Angehörigen schützen solle, gelte im Übrigen auch für sonstige Todesfälle, teilte die Sprecherin der Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) mit.
Berlin schließe sich damit einer bundesweit einheitlichen Linie an, hieß es.

Doch ganz so einheitlich wie die Justizverwaltung es darstellt ist diese Linie nicht. „Wir melden jeden Suizid, und wir werden auch in Zukunft jeden Suizid melden“, sagte der Sprecher der Hamburger Justizverwaltung, Carsten Grote. In Thüringen wird die Öffentlichkeit ebenfalls über Selbstmorde in Gefängnissen informiert. Hessen teilte zuletzt am 12. Dezember dieses Jahres die Zahl der Suizide in seinen Haftanstalten mit: In diesem Jahr nahmen sich dort drei Menschen das Leben, im vergangenen Jahr waren es sieben. In Niedersachsen wird derzeit darüber diskutiert, wieso in der JVA Uelzen der Selbstmord eines als suizidgefährdet eingestuften Häftlings elf Stunden nicht bemerkt wurde.

Die Anweisung der Berliner Justizverwaltung nannten die Landes-Grünen „skandalös“, die CDU bezeichnete sie als „abenteuerlich“. „Suizide sind ein Indikator dafür, wo in Gefängnissen etwas falsch läuft“, sagte CDU-Rechtsexperte Sven Rissmann. In Berlins Haftanstalten brachten sich in diesem Jahr neun Männer und eine Frau um. So viele Suizide hat es seit der Wende nicht mehr gegeben – und dieser traurige Rekord ist aus Sicht vieler Experten ein Grund für die plötzlich verordnete Schweigsamkeit. Die ersten neun Selbstmorde hatte die Justizverwaltung jeweils in wenigen Zeilen gemeldet, den von Saim B., der sich am 15. Dezember mit seinem Bettzeug am Fenstergitter erhängte, jedoch nicht mehr.

Alle neun Männer nahmen sich in der U-Haft in Moabit das Leben. Experten nennen das den „Haftschock“. Hinzu kommt, dass die Zustände in Moabit miserabel seien, wie Häftlinge klagen. Nach offiziellen Angaben war die JVA Moabit in dieser Woche zu 110 Prozent belegt. Das bedeutet, dass 1200 Gefangene dort eingesperrt sind, wo rechnerisch nur Platz für 1089 ist. Im Frühjahr saßen in Moabit sogar 1250 Häftlinge. Wie die Justiz im November mitteilte, sind in Berlin derzeit 166 Häftlinge verfassungswidrig untergebracht – weil kein Platz ist.

Doch die Gefangenen klagen nicht nur über Schimmel in den Duschen, schlechtes Essen und Überfüllung. Der Tenor der vielen Briefe und Anrufe, die den Tagesspiegel erreichten, ist vor allem die fehlende Resozialisierungsvorbereitung und mangelnde Arbeitsgelegenheiten im Gefängnis. Zudem liegt Berlin bei der vorzeitigen Entlassung nach zwei Drittel der Haftdauer bundesweit auf dem letzten Platz, weil das Personal zur Betreuung fehlt. „Wir werden hier nur verwahrt“, sagt ein Mann, der in Tegel wegen Bankraubs einsitzt. „Hier sind viele so verzweifelt, dass der Freitod leichter ist, als die Haft zu ertragen.“ Die meisten müssten ihre Strafe zudem bis zum letzten Tag absitzen, kämen dann ohne jede Vorbereitung frei – und scheiterten schnell.

Ein Beispiel: Als Mike John Mc C. am 27. November nach sechs Jahren in Tegel wieder frei kam, prophezeiten Mitgefangene: „Den sehen wir bald wieder.“ In der Tat sitzt Mc C. seit einigen Tagen in Moabit – wieder wegen einer Gewalttat.

Genau vor einem Jahr hatten in Tegel 29 Gefangene gegen die Bedingungen im Knast protestiert. Sie weigerten sich nach dem Hofgang, in ihre Zellen zurückzukehren. Personalrat und Beamtenbund hatten damals Personalabbau und Überbelegung als Ursache für die versuchte Meuterei genannt. Auch der Anstaltsleiter hatte „erheblichen Personalabbau“ eingeräumt. Einer der damals Beteiligten sagte gestern, daran habe sich bis heute nichts geändert. „Die neue Justizsenatorin sollte sich das hier mal ansehen.“


http://www.tagesspiegel.de/fragen-des-tages/archiv/23.12.2006/2982533.asp

http://www.chefduzen.de/index.php?topic=8315.5;wap2


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