Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Prof. Dr. Heidemarie Pfarr (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Wednesday, 30.09.2015, 15:01 (vor 3348 Tagen)

F425 Prof. Dr. Heidemarie Pfarr geboren am 12.10.1944 in Godendorf (Mecklenburg-Vorpommern) – Studium der Rechtswissenschaften an der FU Berlin – lehrte Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Hamburg ab 1977 - Der Schwerpunkt ihrer Forschungen und vielfältigen Veröffentlichungen ist die Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben – von 1995 bis 2011 Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in Hamburg – Mitglied der SPD seit 1972 Senatorin für Bundesangelegenheiten in Berlin von 1989 bis 1990 – von 1991 bis 1993 hessische Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung unter Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) – Direktorin der Hans-Boeckler-Stiftung – verheiratet mit dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter und Präsident des Bundesarbeitsgerichts Thomas Dieterich - heide-pfarr@boeckler.de - http://www.ev-akademie-baden.de/dynamic/aktuell/thumbnails/pfarr.jpg

Tatort Ehebett
Gleiches Recht gibt es nur auf dem Papier
Saarbrücken
Frauen in Spitzenpositionen sind nach wie vor Solitäre in der Kette der Männer“, sagt Renate Damm auf der Arbeitstagung des Deutschen Juristinnenbundes in Saarbrücken und blickt ins Auditorium auf die Ehrenplätze der ersten Reihe: eine Frau und nur Männer – Präsidenten, Staatssekretäre, Vorsitzende, Honoratioren, Funktionsträger allesamt. Doch wie schwer fällt es ihnen, vorm weiblichen Fachverband das rechte Wort zu finden! Der Oberbürgermeister appelliert an die Juristinnen, bei ihrer Arbeit nur ja auch Gefühl walten zu lassen (wußten wir es nicht? Frauen sind emotional; wenn sie das vergessen, wird, oh Schreck, ihr Blick hart, das Kinn kantig, die Ellenbogen spitz). Der Justizminister redet Wolkiges aus dem Umfeld von Gleichberechtigung, Emanzipation und Geschlechterdiskriminierung. Über 200 juristische Fachfrauen quittieren es mit freundlicher Gelassenheit, amüsierter Ungeduld, um dann zur Tagesordnung überzugehen.
Seit jeher ist der Juristinnenbund weder biederer Frauenverein noch feministischer Kampfverband. Seit jeher begleitet er die Bonner Rechtspolitik teils mit kritischen Stellungnahmen, teils mit eigenen Gesetzentwürfen. Seine Arbeitsgruppen beschäftigten sich schon früh mit der Frage, ob neue Technologien im Bereich der Gentechnik, bei der Mikroelektronik mit Blick auf ihre Auswirkungen auf die Arbeitsplätze gesetzgeberische Konsequenzen erfordern. Er kritisiert heftig den Kompromiß bei der Rentenreform, der Anfang nächsten Jahres in Kraft treten wird, und die ungerechte Besteuerung alleinerziehender Eltern. Er warnt – zusammen mit anderen juristischen Fachverbänden – vor dem geplanten neuen Scheidungsfolgenrecht.
Neu in der Palette der Themen des Juristinnenbundes ist die Frage der Gleichstellung von Frauen in der Europäischen Gemeinschaft. Die Hamburger Juraprofessorin Heide Pfarr – allemal gut für eine Analyse mit glitzernder Rhetorik – nimmt das Thema zum Anlaß, die aktuelle Lage ohne jede Larmoyanz darzustellen. Im Grunde geht es heute nicht mehr um Gesetzesänderungen. Die Gleichstellung von Frauen im Gesetz ist so gut wie lückenlos verwirklicht. Doch das Gesetz bleibt Papier. Die reale Situation von Frauen ist nicht besser, sondern eher schlechter als vor 30 Jahren. Das gilt für ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt genauso, wie für ihre Beteiligung in Partei und Parlament. Dieser mittelbaren und verschleierten Diskriminierung will Heide Pfarr „bedingt und befristet“ mit einer gezielten Frauenförderung abhelfen. Gleichberechtigt, so meint sie mit Recht, sind nur Frauen mit „männlich geprägtem Lebensmuster“. Sie fordert gleiche Chancen für Frauen „als Frauen“, also nicht nur dann, wenn sie Männern zum Verwechseln ähnlich sind. Das kann, so Heide Pfarr, nur gelingen, wenn Frauen eine Zeitlang deutlich bevorzugt werden. Die Benachteiligung der Männer sei in Kauf zu nehmen. Wer dies mit dem Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes verhindern wolle, interpretiere Artikel 3 in ein Männerschutzrecht um.
Wie die gezielte Frauenförderung aussehen soll, bleibt offen. Ist die Quotierung, wie sie jetzt wieder in der SPD eifrig diskutiert wird, ein legitimer, ein wünschenswerter Weg? Führen Gleichstellungsstellen, wie es sie inzwischen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene gibt, wirklich weiter? Mangelt es ihnen an Kompetenz oder sitzen nur die falschen Frauen am richtigen Platz? Warum haben diese Stellen bisher so wenig bewirkt? Brauchen wir eine Wahlrechtsänderung nach süddeutschem Muster, um eine bessere Repräsentanz von Frauen auf den Listen der Parteien zu erreichen? Fragen über Fragen. Der Juristinnenbund wird sich ihnen in den nächsten Jahren stellen müssen.
„Tatort Ehebett“ könnte das zweite Thema – die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe – griffig lauten. Unser Gesetz bestraft nur die „außereheliche“ Vergewaltigung mit mindestens zwei Jahren Freiheitsentzug. Zwischen Verheirateten ist Vergewaltigung allenfalls eine Nötigung, und der Täter kann mit einer Geldstrafe davonkommen. Schon lange wird darüber gestritten, ob nicht die sexuelle Selbstbestimmung in der Ehe ebenso geschützt werden müsse wie die unverheirateter Partner oder von Personen, die sich völlig fremd sind. Hamburgs Gesetzesinitiative, die für eine Gleichbehandlung plädiert, blieb schon im Bundesrat auf der Strecke.
Juristinnentag: Tatort EhebettSeite 2/2
Sicherlich: Allen Beteiligten ist klar, daß diese Gesetzesänderung keine große praktische Bedeutung haben würde. Es geht aber um die Klarstellung, daß eine Frau sich mit der Unterschrift auf dem Standesamt ihrem Mann nicht schutzlos ausgeliefert hat; daß die Heirat kein „besonderes Gewaltverhältnis“ schafft, in dem eine Ehefrau verpflichtet ist, ihrem Mann sexuell jederzeit zur Verfügung zu stehen. Man mag zweifeln, ob der Strafrechtsschutz wirksam Gewalttätigkeiten in der Ehe begegnen kann. Und ein Mann im Gefängnis kann seine Familie nicht mehr ernähren. Fast die Hälfte der vor der Gewalttätigkeit ihrer Männer ins Frauenhaus geflüchteten Frauen geht nach einiger Zeit in die Familie zurück, meist mangels anderer Möglichkeiten.
Jutta Limbach, Rechtsprofessorin in Berlin, schlägt deshalb vor, die Ahndung von Vergewaltigungen in der Ehe dem Familiengericht zu übertragen. Der Richter hätte Gelegenheit, mehr beratend als strafend tätig zu werden, den Staatsanwalt aus dem Verfahren herauszuhalten und dem Strafrecht fremde Regelungen, wie die Zuweisung der Ehewohnung oder des Sorgerechts für gemeinsame Kinder, mit einzubeziehen – bis hin zur Einleitung des Scheidungsverfahrens. Ein Vorschlag, der nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt, aber vielleicht geeignet ist, die steckengebliebene Diskussion wieder flottzumachen.
Auffallend, wie sehr sich die Mitgliederstruktur des Juristinnenbundes geändert hat. Neben den altgedienten Kämpinnen der traditionellen Frauenbewegung haben auch dort die Yuppies Einzug gehalten, erkennbar am erstklassig geschnittenen Blazer oder Hosenanzug; neben ihnen die Referendarinnen und Studentinnen in Jeans und selbstgestricktem Pullover und Frauen aus der grünen Szene im Indienrock mit Holzpantinen. Wenn es gelänge, all diese Frauen unterschiedlichen Lebenszuschnitts und unterschiedlicher politischer Couleur unter einen Hut zu bringen – und nicht nur im Juristinnenbund – dann könnten sie vielleicht werden, was für ihre eigene Gleichstellung so notwendig ist: eine spürbare politische Kraft.
Eva Marie von Münch

http://www.zeit.de/1985/40/tatort-ehebett

Ich muß die Männer kneten
Die hessische Frauenministerin Heide Pfarr (SPD) über die Erfolge und Mißerfolge von Quotenregelungen
Von Darnstädt, Th. und Loff, B.
SPIEGEL: Frau Pfarr, fast nirgendwo haben sich bislang Frauenpolitikerinnen mit der Forderung nach Gleichstellung durchsetzen können. Sind die Frauen so schwach oder die Männer so stark?
PFARR: Beides, fürchte ich. Manche Frauenpolitikerinnen behaupten sogar, daß wir zur Zeit ein Rollback haben. Die Männer schlagen zurück - das konnte man ja ausführlich in einer Titelgeschichte im SPIEGEL lesen.
SPIEGEL: Und woran liegt es?
PFARR: Die Männer zeigen verstärkt Widerstand, weil die Verteilungsspielräume enger geworden sind. Wir können nicht mehr einfach eine Quotenregelung für Frauen erfüllen, indem wir den Männern dieselben Stellen und Mittel geben und diejenigen für die Frauen obendrauf legen.
SPIEGEL: Als Rechtsprofessorin und als Politikerin haben Sie über ein Jahrzehnt vehement für Quotenregelungen gestritten. Oberverwaltungsrichter haben mittlerweile in mehreren Fällen beschlossen, _(Das Gespräch führten die ) _(SPIEGEL-Redakteure Thomas Darnstädt und ) _(Birgit Loff. ) daß der bevorzugte Zugang für Frauen im Öffentlichen Dienst verfassungswidrig sei. Offenbar stimmt doch die ganze Richtung nicht.
PFARR: Ich weiß ja, wie die Gerichte besetzt sind. Verwaltungsrichter können schließlich selbst betroffen sein, wenn Frauen verstärkt gefördert werden.
SPIEGEL: Also alles Unrechtsurteile?
PFARR: Rechtsbeugung will ich gar nicht unterstellen, aber ich finde die Art, wie die Gerichte mit dem Problem umgehen, verblüffend. Selbst das Bundesverfassungsgericht bestätigt, daß sie nicht auf dem laufenden sind.
SPIEGEL: Die haben wohl nicht die Aufsätze der Rechtsprofessorin Pfarr gelesen?
PFARR: Gelesen wohl schon. Aber sie zitieren noch nicht mal meinen Namen richtig. In einem der Quotenurteile heiße ich Pharr. Das muß man sich mal vorstellen.
SPIEGEL: Jedenfalls hat sich die Frauenpolitikerin Pfarr - in welcher Schreibweise auch immer - bisher nicht durchsetzen können. Ihre Forderung, Frauenförderung im Grundgesetz festzuschreiben, ist in der gemeinsamen Verfassungskommission von Bundesrat und Bundestag auf den ulkigen Vorschlag verkürzt worden, den bisherigen Artikel 3 Absatz 2, "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", umzuformulieren in "Frauen und Männer sind gleichberechtigt".
PFARR: Das halte ich für einen Witz, diesem Vorschlag sollte man so gar nicht zustimmen.
SPIEGEL: Die Länder haben doch bei der Frage, was künftig in der Verfassung stehen soll, viel mitzureden. Warum kann sich das rot-grün regierte Hessen mit so starker Frauenpower nicht besser durchsetzen?
PFARR: Entschuldigung, das haben wir doch. Wir haben die Mehrheit der Verfassungskommission des Bundesrates gewonnen für die Forderung, die faktische Gleichstellung der Frau im Grundgesetz festzuschreiben. Vorgesehen ist in unserem Entwurf eine Klarstellung, daß die Frauenförderung nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht. Jetzt besteht ja nur die Gefahr, an der gemeinsamen Verfassungskommission zu scheitern.
SPIEGEL: Nur - das ist gut. Wie geht es denn mit der Gleichberechtigung weiter, wenn Sie sich, wie zu erwarten, nicht durchsetzen?
PFARR: Es gibt ja auch noch das Bundesverfassungsgericht. Auf das setze ich meine Hoffnung. Wir haben in mehreren Urteilen der letzten Zeit bedeutsame Aussagen, die uns ermutigen. Der Erste Senat interpretiert das Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes dahin, daß die faktische Gleichstellung der Frauen erreicht werden muß - die Gleichheit auf dem Papier also nicht reicht.
SPIEGEL: Wenn das so klar ist, braucht es ja keine Änderung des Grundgesetzes.
PFARR: Die Verfassungsänderung soll vor allen Dingen eine Reihe von juristischen Unsicherheiten beseitigen. Wir könnten eine Menge Papier und Auseinandersetzungen sparen, wenn diese Frage endlich mal geklärt ist. Das Interesse von Männern, solche Klärung zu verhindern, ist klar: Die Umverteilung der Chancen kann so um 10 bis 15 Jahre verzögert werden.
SPIEGEL: Gemessen an der Massenarbeitslosigkeit und dem sozialen Abstieg, von dem gerade Frauen in den neuen Ländern betroffen sind, scheinen die westdeutschen Quengeleien um bessere Aufstiegschancen etwa für den höheren Schuldienst allerdings anachronistisch.
PFARR: Gerade für Frauen in Ostdeutschland ist die Klarstellung in der Verfassung besonders wichtig. Zur Zeit gibt es doch gar kein ernstliches Bemühen, für sie etwas zu retten. Ich habe den Eindruck, die Frauen sollen dort auf ein Erwerbstätigkeitsniveau herabgedrückt werden, das dem in der alten Bundesrepublik entspricht - also von etwa 80 Prozent auf etwa 40 Prozent. Dahinter steckt eine Politik, die Frauen zur Reservearmee des Arbeitsmarktes herabzuwürdigen.
SPIEGEL: Was rät die Frauenrechtlerin?
PFARR: Sich wehren. Helfen. Inzwischen hätte ich mal ganz gerne, daß eine klagt. Neulich war zu lesen, daß in den neuen Ländern zwei Drittel der Ausbildungsplätze nur für Jungen angeboten werden. Das ist eine unzulässige Diskriminierung.
SPIEGEL: Natürlich wird niemand den Mut haben, zu klagen.
PFARR: Es gibt auch andere Möglichkeiten. Ich frage mich zum Beispiel, warum greifen die Arbeitsämter nicht ein. Ich könnte mir auch eine Formulierung in den Treuhand-Verträgen mit privaten Investoren vorstellen, daß etwa beim Abbau von Arbeitsplätzen das Verhältnis der Geschlechter, das davor bestand, nicht verändert werden darf. Das müßte für alle Hierarchiestufen gelten. Wir machen dadurch nicht einen Männerbetrieb zum Frauenbetrieb, sondern wir sagen, was davor ging, muß auch zukünftig gehen. Man könnte nicht einmal behaupten, es sei ein unzulässiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit.
SPIEGEL: Möglicherweise kämpfen ja die Frauen mit ungeeigneten Waffen: Die Quotenregelung, die es in Hessen schon in den letzten Jahren gab, hat beispielsweise binnen zwei Jahren eine Erhöhung des Frauenanteils im höheren Dienst des Landes um gerade mal 0,2 Prozent gebracht.
PFARR: Die üblichen Quotenregelungen für die bevorzugte Einstellung von Frauen bei gleichen Qualifikationen greifen spürbar nur beim Massengeschäft - zum Beispiel bei der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern. Da haben Sie eine beachtliche Zahl von Fällen, in denen bei gleicher Qualifikation von Bewerberinnen und Bewerbern jeweils die Wahl auf die Frau fallen muß.
SPIEGEL: Aber gerade an den Schulen gibt es ja mehr als genug Frauen.
PFARR: Ja, unten.
SPIEGEL: In dem Frauenförderungsgesetz, das Sie jetzt als Entwurf vorgelegt haben, versuchen Sie es mit einer Hauruck-Lösung. Danach müssen nahezu überall im hessischen Öffentlichen Dienst mehr als die Hälfte aller neu zu vergebenden Stellen mit Frauen besetzt werden. Wie kommen Sie eigentlich auf die Idee, daß es mehr gute Frauen als gute Männer gibt?
PFARR: Das ist eine Mißinterpretation. Es gibt ja Ausnahmeregelungen für Bereiche, in denen sich nicht genügend qualifizierte Frauen finden.
SPIEGEL: Was passiert denn, wenn sich die Quote einfach nicht erfüllen läßt?
PFARR: Wir setzen auf Zielvorgaben. Es werden Frauenförderpläne aufgestellt, in denen die Fluktuation, die Alterspyramide sowie die bereits vorhandenen und die noch erreichbaren Qualifikationen von Frauen berücksichtigt werden. Im Bereich von Schulleiterinnen kann es dann angesichts der Fülle der qualifizierten Frauen so sein, daß von zehn Stellen acht mit Frauen zu besetzen sind. Es kann in einem naturwissenschaftlich-technischen Bereich sein, daß ich von vier Stellen nur eine mit einer Frau besetzen kann. Die Größe der Zielvorgabe kann also jeweils ganz unterschiedlich sein.
SPIEGEL: Die Zielvorgabe im Gesetzentwurf ist klar: Mehr als die Hälfte aller Stellen sind für Frauen zu reservieren - alles andere sind besonders begründungsbedürftige Ausnahmen. Eine sehr rigide Regelung.
PFARR: Das ist notwendig, um das Ziel notfalls im Wege der Rechtsaufsicht durchsetzen zu können. Wenn etwa eine kommunale Dienststelle weniger als die Hälfte Frauen einstellt, muß sie nachweisen, daß sie damit nicht gegen das Recht verstößt, weil es nicht mehr qualifizierte Frauen gab.
SPIEGEL: Wollen Sie wirklich mit rechtlichen Mitteln unwilligen Dienststellen Ihre Frauen aufzwingen?
PFARR: Nach meinem Plan wird die Norm möglichst nie angewandt, weil es wichtig ist, daß alle, die Personalentscheidungen zu treffen haben, ihre Zielvorgaben erfüllen wollen. Das ist das Entscheidende. Und damit sie wollen, muß ich die Männer kneten.
SPIEGEL: Ein Männerüberlistungsgesetz.
PFARR: Wir müssen es versuchen.
SPIEGEL: Auch bei der Verteilung der Ausbildungsplätze im Öffentlichen Dienst geht Ihr Gesetzentwurf weiter als alle bisherigen Gleichstellungsgesetze. In den meisten Berufen müssen zur Hälfte Frauen angelernt werden. Was machen Sie, wenn es einen höheren Anteil männlicher Schulabgänger gibt?
PFARR: Wo ist er denn größer? In der Hauptschule, und sonst nirgends. Da halten wir es dann echt aus. Erstens bewerben sich Frauen aus der Hauptschule nicht massenhaft, zweitens sind sie überrepräsentiert in der Realschule und haben bis auf zwei Prozent nachgezogen im Abitur. Wir wissen, daß bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen meist nach Schulzeugnissen entschieden wird - da müßte sogar mehr als die Hälfte mit Mädchen besetzt werden. Denn die Mädchen haben die besseren Schulzeugnisse.
SPIEGEL: Noch bedrohlicher muß jungen Männern Ihr Plan erscheinen, in extremen Männerdomänen wie etwa im Polizeidienst, in dem der Frauenanteil unter 20 Prozent liegt, weibliche Kräfte generell zu bevorzugen.
PFARR: Diese Formulierung ist in Berlin bereits geltendes Recht und hat bisher keinerlei Probleme gemacht.
SPIEGEL: Auch bei der Beförderung im Öffentlichen Dienst sollen Frauen künftig einmalige Vorteile haben. Das Dienstalter, bei den Männern meist höher, soll nach Ihren Plänen keine Rolle mehr spielen . . .
PFARR: . . . mein Lieblingsthema.
SPIEGEL: Sie werden mit Ihrem Lieblingsthema eine Prozeßlawine von Klagen benachteiligter Männer auslösen. Die werden argumentieren, daß ihre überlegene Berufserfahrung geringgeachtet wird.
PFARR: Ach, das ist doch meist gar kein Problem der Berufserfahrung. Typischerweise bestehen die Unterschiede nicht zwischen 7 Jahre er, 0 Jahre sie, sondern zwischen 13 Jahre er, 12 Jahre sie. Der Faktor Zeit darf nicht höher bewertet werden als die Frage nach der Qualifikation. Worum es in Wahrheit geht, zeigt ein Rechtsstreit, der vor dem Oberverwaltungsgericht Münster entschieden wurde. Der Mann war um zwei Monate dienstälter als die Frau. Woher hatte er das Dienstalter? Durch Anrechnung der Bundeswehrzeit. Das heißt, es wurde nicht gefragt, hat er mehr Ahnung von dem, was er treibt.
SPIEGEL: Gleichwohl ist es beamtenrechtliche Praxis, das Dienstalter als Qualitätsmerkmal zu berücksichtigen. Was sagen denn die Beamtenrechtler?
PFARR: Selbstverständlich haben die Herren versucht, alle Bücher beizuschleppen, um nachzuweisen, daß wir das nicht machen dürfen. Es ist ihnen nicht gelungen. Dienstalter ist Praxis, nicht Gesetz.
SPIEGEL: Was meint denn der Innenminister dazu?
PFARR: Der Gesetzentwurf ist mit dem Innenminister abgestimmt.
SPIEGEL: Warum hat dann Ihre Regierung nicht gleich das männerfreundliche Beamtengesetz reformiert? Offenbar laufen Ihre Reformvorstellungen im Kabinett doch unter der Rubrik "Exotisches".
PFARR: Werden wir sehen. Daß Frauenfördergesetze nirgends im Innenministerium entwickelt worden sind, wundert mich allerdings nicht.
SPIEGEL: Falls Ihr Gesetz wirklich Erfolg hat, droht Unfrieden. Manche Politiker fürchten schon Apartheid zu Lasten der Männer.
PFARR: Das ist süß. Bei der Apartheid unterdrückt eine Minderheit eine Mehrheit des Volkes. Hier aber verlangt eine Mehrheit lediglich eine angemessene Berücksichtigung. Das kann man wohl nicht vergleichen.
SPIEGEL: Fragt sich, was angemessen ist. Ist tatsächlich davon auszugehen, daß alle Frauen, also 52 Prozent der Bevölkerung, für Berufstätigkeit zur Verfügung stehen würden, wenn man sie nur ließe?
PFARR: Wir wissen es nicht.
SPIEGEL: Wie können Sie dann einschätzen, was eine angemessene Repräsentation der Frauen im Berufsleben ist?
PFARR: Bisher haben noch nie Bedingungen für Frauen geherrscht, die ihnen die Chance zu einer freien Entscheidung ermöglichten. Solange Frauen nicht die gleichen Chancen haben, kann auch niemand herausfinden, wie viele wirklich in den Beruf wollen. Deswegen setze ich jetzt mal auf die Hälfte. Wenn sich andere Erfahrungen ergeben, dann müssen wir das Gesetz ändern.
SPIEGEL: Wie lange geben Sie den Frauen denn Zeit für solch einen Test?
PFARR: Das Gesetz kann befristet werden - aber nicht zu kurz. Die Frist müßte, allein schon wegen der Schwerfälligkeit im Öffentlichen Dienst, mindestens 20 Jahre sein.
SPIEGEL: Eine lange Zeit für einen Versuch, der vielen Männern ja erhebliche Berufschancen verbauen kann - und der sich dann vielleicht als großer Irrtum herausstellt.
PFARR: Ich bin gerne bereit, einzelne Männer zu bemitleiden. Dabei könnte es doch noch viel härter kommen - wenn zum Beispiel nur Frauen eingestellt werden dürften, bis sie 50 Prozent der Plätze besetzen. Für die Universität Hamburg würde das beispielsweise bedeuten, daß 27 Jahre lang kein einziger Mann mehr eine Chance auf eine Professur hätte. Das halte ich prinzipiell für verfehlt . . .
SPIEGEL: . . . obwohl es im Ergebnis Ihren Zielen entspricht. Möglicherweise läßt sich das Männer-Frauen-Verhältnis am Arbeitsplatz ja auch ohne Zwang verändern, wenn Sie zum Beispiel Studium und Ausbildung für Frauen attraktiver machen. So stieg, nachdem seit Jahren immer mehr Frauen Jura studieren, die Einstellungsquote bei Richtern ganz von selbst auf 50 Prozent Frauen.
PFARR: Wie erklären Sie dann, daß in der Privatwirtschaft der Anteil der Juristinnen bei den entsprechenden Berufen immer noch bei vier Prozent liegt?
SPIEGEL: Weil sie alle Richterinnen geworden sind.
PFARR: Da haben Sie recht. Bei den Männern ist die Nachfrage hier rapide zurückgegangen, weil es woanders mehr Geld zu verdienen gibt. Daher kommt also die Zunahme des Frauenanteils. Es ist nicht etwa so, daß sich die Frauen gegen Männerkonkurrenz durchgesetzt hätten. Von allein, ohne Frauenförderung, geht es nur bei Positionen, die Männer freiwillig räumen. Und das sind in der Regel wenig angesehene und schlecht bezahlte.
SPIEGEL: Sie wollen in allen größeren Dienststellen Frauenbeauftragte installieren. Der Haken: Die Auswahl liegt beim Dienststellenleiter - und der wird sicherlich keine Feministinnen aussuchen.
PFARR: Unsere Erfahrung zeigt, daß intensive oder gar ausschließliche Befassung mit solchen Fragen zu wachsendem Engagement, sogar zur Radikalisierung führt. Man kann selbst eine konservative Frau an eine solche Stelle setzen, und wenig später werden die konservativen Männer fragen: Was ist denn mit der los?
SPIEGEL: Ein Erfolg der hessischen Frauenpolitik?
PFARR: Nein. Dafür sorgen die Männer.
SPIEGEL: Gerade Sie müssen das sagen. Sie verdanken schon zum zweiten Mal ein Ministeramt der Tatsache, daß Männer es für wählerwirksam hielten, mit Frauenförder-Kabinetten Wahlkampf zu machen. Erst Walter Momper in Berlin, dann Hans Eichel in Hessen. Wie fühlen Sie sich denn als Quotenfrau?
PFARR: Phantastisch. Ich bin richtig gerne Quotenfrau.
SPIEGEL: Frau Pfarr, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Das Gespräch führten die SPIEGEL-Redakteure Thomas Darnstädt und Birgit Loff.
DER SPIEGEL 39/1992

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682185.html

"Frauen sind nicht solidarisch"
MODERATION: HEIDE OESTREICH
taz: Sie haben beide beachtliche Karrieren gemacht. Haben Sie dabei Frauenförderung genossen?
Sabine Asgodom: Immer - allerdings ohne Förderprogramme. Ich habe Chefredakteurinnen kennen gelernt, die haben mich gefragt, ob ich bei ihnen arbeiten möchte. Das waren inoffizielle Netzwerke, die sind eh besser.
Heide Pfarr: Jutta Limbach, die heutige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, hat mich quasi genötigt, in die Wissenschaft zu gehen, was ich damals für eine perverse Idee hielt. Eigentlich wollte ich gerade einen biologisch-dynamischen Bauernhof im Wendtland aufmachen. So musste ich Professorin werden.
Da gibt es sicher Schlimmeres, Frauenministerin zum Beispiel. Christine Bergmann möchte nun ein Gesetz, um Frauen in der Wirtschaft zu fördern. Die Unternehmer sagen: Schafft lieber Kinderbetreuung und Ganztagsschulen.
Pfarr: Das ist zu einfach. Zwar wird jede Frau wie eine zukünftige Mutter behandelt, obwohl ein Drittel der Frauen überhaupt keine Kinder kriegen wird. Aber es ist nicht nur die Kinderfrage. Darüber hinaus werden sie noch immer anders wahrgenommen als Männer. Ihnen wird weniger zugetraut, sie werden nicht entsprechend ihrer Qualifikation beurteilt, während Männer regelmäßig überschätzt werden. Das ist alles in Studien nachgewiesen, wird aber nicht umgesetzt.
Asgodom: Das liegt aber auch an den Frauen selbst: Sie wenden keine Strategien an, beachten die Spielregeln nicht. Sie sind einfach oft sehr unbeholfen.
Pfarr: Aber das hat doch mit ihrer Rolle zu tun.
Nach Bergmanns Vorschlägen sollen Betriebe sich Zielgrößen setzen: Wie viel Frauen in Führungspositionen sein sollen, wie sie weiterqualifiziert, wie Arbeitszeiten flexibler werden können. Was ist daran falsch?
Asgodom: Ich kenne diese großen Unternehmen mit ihren tollen Gleichstellungsprogrammen, die gehen auf jedes Podium damit: "Wir haben ein Mentoringprogramm!" Und wenn man da mal hinguckt: Das sind 19 Frauen unter 100.000 Mitarbeitern. Das halte ich für - entschuldigen Sie - Verarschung. Mit dem Gesetz werden Frauen veralbert. Wer soll denn diese Maßnahmen durchsetzen?
Der Betriebsrat, laut Bergmann.
Asgodom: Die Betriebsräte? Ich war selbst Betriebsrätin. Die frauenfeindlichsten Äußerungen habe ich immer von Gewerkschaftern gehört.
Pfarr: Aber die Betriebsräte werden quotiert, nach dem neuen Betriebsverfassungsgesetz.
Asgodom: Das nützt doch nichts. Wie hat man denn das Betriebsverfassungsgesetz durchgesetzt? Das waren die Gewerkschaften, eine Masse. Frauen allein sind nicht solidarisch untereinander. Bei einer Zeitschrift, bei der ich arbeitete, wollte eine Frau eine Stunde früher anfangen zu arbeiten und eine Stunde früher gehen wegen ihrer Kinder. Sie hätte die Solidarität ihrer Kolleginnen gebraucht. Sie hat sie nicht bekommen. Es gibt so viele Lebensmodelle von Frauen: Und die einen können nicht ertragen, etwas für andere durchzusetzen.
Pfarr: Deshalb brauchen wir Druckmittel. Das Gesetz sieht zum Beispiel vor, dass auch Frauenverbände gegen Diskriminierung klagen können. Und dass es keine staatlichen Aufträge mehr gibt, wenn in den Betrieben nichts passiert. Dann muss diskutiert werden. Da werden auch schreckliche Antworten kommen, aber zur Zeit diskutiert in den drei Millionen Unternehmen niemand.
Asgodom: Mit wem soll das denn diskutiert werden?
Pfarr: Mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Asgodom: Die Frauen werden den Teufel tun und den Mund aufmachen! Sie haben doch mit Studentinnen zu tun, sie wissen wie 25-jährige junge Frauen sind. Die haben mit weiblicher Solidarität nicht viel am Hut.
Pfarr: Ja, furchtbar.
Asgodom: Die möchte ich sehen, die aufstehen und sagen: Recht haben Sie! Frauen voran! Haha.
Pfarr: Aber wenn sie mit dreißig mit der Nase an der Wand sitzen, kommen die zurück und sagen, jetzt wissen wir, worüber die Feministinnen gesprochen haben.
Asgodom: Und dann hören sie auf zu arbeiten, weil sie Kinder kriegen, und sind auch nicht auf der Betriebsversammlung.
Pfarr: Aber die scheiden ja doch nicht alle aus. Vielleicht sitzen dann doch welche auf der Betriebsversammlung und sagen: Mädels, das ist Mist. Wir lassen uns das nicht mehr gefallen.
Asgodom: Ich stelle mir den Besitzer einer New-Economy-Klitsche vor, die keinen Betriebsrat hat, und wo jede Frau, die ein Kind kriegt, rausfliegt, weg, basta. Der redet jetzt mit seinen MitarbeiterInnen über Gleichstellung, das ist ein Witz.
Pfarr: Deshalb braucht man die Sanktionen eines Gesetzes.
Asgodom: Die arme, arme Frau, die versucht, das einzuklagen.
Pfarr: Aber warum sollen wir den wenigen, die es machen wollen, keine Rechte geben?
Asgodom: Natürlich können wir Frauen stärken, aber eher mit Strategie-Workshops. Ich wünsche mir mehr Forschung und mehr Rollenvorbilder, die nach außen gehen: Eine Frau Künast tut tausend Mal mehr für Frauen als ein Gesetz.
Pfarr: Ohne die Quote bei den Grünen wäre das aber keine Frau Künast geworden. Außerdem geht es nicht nur um Spitzenpositionen. In den Jobs, in denen es nicht um die große Karriere geht, da würde gesetzliche Frauenförderung sehr viel nützen.
Asgodom: Jetzt kommt mein Gegenvorschlag: Warum nicht lieber die Unternehmen belohnen, die neue Arbeitszeitmodelle einführen und die Frauen tatsächlich fördern? Mit Steuererleichterungen etwa.
Pfarr: Die paar Unternehmen, die überhaupt Steuern zahlen, müssen Sie erst mal finden. Siemens bräuchte dann nie Frauen zu fördern ... Ich hätte einen besseren Anreiz: Wir entlasten endlich die einzelnen Betriebe von den Kosten, die ihnen durch Mutterschaften entstehen. Schweden hat da ein Versicherungsmodell entwickelt, das gut klappt.
Asgodom: Sehen Sie, wunderbare Vorschläge. Aber dieses Gesetz hat nur Mittel der Siebzigerjahre parat: Betriebsräte setzen durch, wenn nicht, gibt's Sanktionen.
Pfarr: Alle Frauenrechte in der Wirtschaft sind gegen die Marktlogik durchgesetzt worden! Erst langfristig sehen die Unternehmen, dass qualifizierte Frauen ihnen etwas bringen. Da muss man nur mal auf den Fachkräftemangel verweisen.
Also geht es doch um Marktlogik. Die Unternehmen allerdings sagen: Wir wollen Frauen einstellen, aber sie sind nicht da. Es gibt nur 20 Prozent Frauen in den Studiengängen, die fürs Management relevant sind.
Pfarr: Dann frage ich mich aber, warum sie die wenigen, die es gibt, nicht einstellen. Ingenieurinnen sind häufiger arbeitslos als Absolventinnen der typischen Frauenstudiengänge in Geistes- und Gesellschaftswissenschaften.
Warum stellen die Unternehmen die Frauen denn nicht ein?
Asgodom: Zu 99 Prozent ist es die Kinderfrage. Da gibt es eine selektive Wahrnehmung: Die Unternehmen sagen, Frauen verlieren wir, weil sie Kinder kriegen. Sie nehmen nicht wahr, dass Männer auch oft verschwinden. Die wechseln sogar eher als Frauen in andere Jobs.
Pfarr: In Hamburg wurden Personalleiter befragt, wie hoch die Ausfallzeiten durch Schwangerschaften sind. Es wurde geschätzt, dass es zehn Prozent sind, es waren aber zwei. Das Problem, das mit Frauen verbunden wird, wurde um das Fünffache aufgebauscht. Wie viele Ausfälle haben Sie durch Kuren, wurde dann gefragt, die nehmen Männer nämlich oft in Anspruch. Das wussten alle ganz genau, da hat sich niemand verschätzt.
Asgodom: Da kenne ich einen wirklich intelligenten Mann mit einem guten Job im öffentlichen Dienst. Der sagt, du mit deinem Frauenkäse, Frauen werden doch sowieso überall befördert. Im öffentlichen Dienst werden ja gar keine Männer mehr eingestellt. Da frage ich dann immer, ja, wo sind denn deine ganzen frisch beförderten Kolleginnen? Solche Reaktionen verstärken Sie aber mit so einem Gesetz.
Pfarr: Da kommen wir an die Wurzel von Frauendiskriminierung. Wenn sie Frauen nicht mehr benachteiligen können, dann bekommen Männer Angst vor der Konkurrenz. Dann müssen sie sehen, dass Frauen nicht schlechter sind. Dann klappt die Abgrenzung nicht mehr. Das wird sehr aggressiv und sehr interessant.
Asgodom: Manchmal denke ich, große Unternehmen und Frauen sind nicht kompatibel. Ich würde Frauen raten: Macht euch selbstständig, dann habt ihr diesen ganzen Kram nicht am Hals.

http://www.taz.de/1/archiv/archiv-start/?ressort=sw&dig=2001%2F03%2F08%2Fa0078&cHash=5d181334666f623078e270ea3c76f98a/

Koffein Frauen sind Spitze!
08.03.2001 • Es begann mit der Frau von Caspar David Friedrich und endet bei der Nichte von George Bush. Die Queen, Christina Rau und die Frauen der Taliban sind Spitze!
Es begann mit einer Frau. Sie steht aufrecht und stolz an einem Fenster und schaut über eine weite Flusslandschaft bei heller Dämmerung. Wir blicken ihr über die Schulter. Werden zum Betrachter des Betrachteten und fragen: Auf was warten wir noch?
Einer der größten Maler des 19. Jahrhunderts, Caspar David Friedrich, hat vor etwa 180 Jahren dieses Bild gemalt. Er konnte Frauen malen, die so selbstbewusst sind, dass keine Kraft der Welt sie aus dem Zentrum rückt. Nun hängt das berühmte Gemälde als Leihgabe aus Berlin in London. Gestern abend wurde „The Spirit of an Age“ in der National Gallery mit Pomp eröffnet. Da stand Queen Elizabeth II. als Gastgeberin. Neben ihr Christina Rau, die starke Frau an der Seite des deutschen Bundespräsidenten. Sie ist in England aufgewachsen und fremdsprachgewandter als ihr Mann. Er hat der preußischen Bilderschau von deutscher Seite seinen Segen gegeben.
Seit der Romantik wissen Frauen, was sie tun
Die britischen Zeitungen beurteilen die Schau wohlwollend. Kritiker vermissen ein stringentes Konzept, weisen aber auf einzelne Bilder hin: Adolf Menzel gilt als Entdeckung. Caspar David Friedrich als der absolute Hero, der mit modernem Blick Klarheit schaffte. Die starke Frau hat den Engländern gefallen. Der „Guardian“ erinnert an Friedrichs Beziehung zu Frauen: 1781 hatte der Maler mit sieben Jahren seine Mutter und ein Jahr später seine Schwester verloren. Vielleicht achtete er die Frau an seiner Seite deshalb so sehr. Voller Respekt malte er sie immer wieder, als zukunftsgewandte Rückenfigur, hinreißend und stark.
Vom Laufstall zum Laufsteg: Fräulein Bush wird Model
Im Scheinwerferlicht sonnt sich die hübsche Nichte von George W. Bush: Lauren Bush. Die „Welt“ widmet ihr zum Frauentag eine ganze Seite. Dabei ist sie doch eigentlich noch ein Mädchen. Mit 16 Lenzen, 174 cm Länge und Kleidergröße 36 darf sie aber schon wie eine Dame auftreten. Zunächst geht sie noch in Houston auf eine Elite-Schule. Sie ließt ein Buch von Arthur Goldens: „Geisha“. Japanische Gesellschafterinnen sind gebildet, gewandt und niemals auf den Mund gefallen. Sie liegen den Männern nicht zu Füssen, sondern ziehen sie aus, wenn sie betrunken sind. Fräulein Lauren mag sich daran orientieren. Ihre Karriere als Sportdress-Model ist dafür ein erster, eigentlich vollkommen unbedeutender Schritt.
Sind Frauen solidarisch?
Die „Tageszeitung“ behauptet: „Frauen sind nicht solidarisch“. Die Zeitung widmet dem weiblichen Geschlecht heute die halbe Print-Ausgabe. Dabei helfen sich Frauen doch offenbar kräftig gegenseitig: Heide Pfarr (SPD) wollte eigentlich einen biologisch-dynamischen Bauernhof aufmachen. Da hat die jetzige Verfassungsrichterin Jutta Limbach sie geradezu genötigt, in die Wissenschaft zu gehen. Nun ist Pfarr Professorin! So geht das. Frauen brauchen starke Frauen und keine Förderprogramme.
Im Kasten, Frauen in Afghanistan
Dann kommen sie aus ihrem Haus raus und können was lernen. Bei den Taliban ist das leider immer noch ganz anders. Der „Tagesspiegel“ hat hingeschaut: Mädchen und Frauen gehen in Kabul nur in Begleitung männlicher Verwandter aus dem Haus - und nur, um sich um den Haushalt zu kümmern oder Verwandte zu besuchen. Übertretungen werden mit Folter geahndet. Tanzen, Bummeln, Studieren sind ausgeschlossen. Hier werden Finger abgehackt, weil sie lackiert sind, und Frauen gehängt, weil sie sich der Prostitution hingeben. Seit 1996 die Taliban die Macht in Afghanistan übernommen haben, leben 9 Millionen Frauen hinter ihren schweren Burkhas, den gegitterten Baumwollschleiern, wie im Gefängnis. Seit 1998 sollen nicht einmal mehr Fernseher in den Haushalten erlaubt sein.
Afghanische Frauen und Mädchen leben im Haus. Vielleicht dürfen sie wenigstens aus dem Fenster schauen, wie die Frau von Caspar David Friedrich. Aber sie sehen nicht voll Hoffnung in die Zukunft. Sie sehen in den Abgrund einer längst überwunden geglaubten Vergangenheit.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/koffein-frauen-sind-spitze-11265724.html

Das Schweigen der Männer
Sexuelle Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz ist für die Unternehmen noch ein Tabu
Von Judith Reicherzer
Anita Hill hat gewonnen. Der amerikanische Senat bestätigte zwar Clarence Thomas in der vergangenen Woche als Richter am Obersten Gerichtshof, obwohl ihn die Juristin der sexuellen Belästigung bezichtigt hatte. Die Aussagen der Anita Hill galten den Senatoren als nicht glaubwürdig genug. Doch die Frau hat mit den Vorwürfen gegen ihren ehemaligen Vorgesetzten eine weltweite Diskussion entfacht. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist vom Tabu zum aktuellen politischen Thema avanciert.
Auch die Deutschen reden in diesen Tagen über miese Anmacher im Büro, über Pin-up-Photos in der Schreibstube und Pokneifer am Fließband. Zwar ist sexuelle Belästigung für viele Bundesbürger noch immer eine Lappalie, mit der Frauen im Berufsalltag eben fertig werden müssen. Doch die Nation hat schon einiges dazugelernt, seit vor acht Jahren der Fall eines Busengrapschers im Bundestag publik wurde.
Damals kam das Thema erstmals in die Öffentlichkeit. Die Grünen im Bundestag gaben daraufhin eine Studie in Auftrag: Rund ein Drittel der befragten Frauen gab an, am Arbeitsplatz schon einmal sexuell belästigt worden zu sein. Heute sind es im Schnitt siebzig Prozent Frauen, die bei Befragungen von sexuellen Belästigungen berichten. „Ich glaube nicht, daß die Zahl der Belästigungen gestiegen ist. Aber die Frauen sind sensibler geworden“, sagt Heide Pfarr, Frauenministerin in Hessen. Und Expertinnen im Bundesministerium für Frauen und Jugend bestätigen: Die Einsicht sei gewachsen, „daß die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eine massive Einschränkung des persönlichen Wohlbefindens und der beruflichen Entwicklung von Frauen darstellt“.
Über zwei Drittel der berufstätigen Frauen in der Bundesrepublik – und immerhin auch einige der befragten Männer – haben die Anmache im Büro schon einmal selbst erlebt. Viele berichten von Nachwirkungen wie Ängste, Mißtrauen oder weniger Spaß am Beruf. Bei einigen führt sexuelle Belästigung gar zu Depressionen, Allergien oder Kopfschmerzen.
In deutschen Unternehmen aber wird das Thema nach wie vor heruntergespielt, und es ist selbst in den Personalabteilungen tabu. „Belästigung wird von Vorgesetzten meist erst dann als Problem anerkannt, wenn sie die Form sexueller Gewalt gegen Frauen erreicht hat“, sagt die Soziologin Sibylle Plogstedt. Sie hat 1990 zusammen mit drei Kolleginnen im Auftrag des Bonner Frauenministeriums eine Studie zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz verfaßt. Nur mit Mühe konnten die Wissenschaftlerinnen Betriebe finden, die zu einer Untersuchung bereit waren. Die Manager hatten Angst, daß das Ansehen der Firma leiden könnte, sie argumentierten, daß sexuelle Belästigung kein Problem darstelle, oder fürchteten, daß sich männliche Beschäftigte durch die vermeintliche Einseitigkeit des Themas angegriffen fühlen könnten.
Selbst Unternehmen, die seit Jahren Frauenförderung oder Chancengleichheit imagewirksam propagieren, weichen hier aus: „Wir wollen damit nicht an die Öffentlichkeit gehen“, heißt es etwa in der Pressestelle von IBM Deutschland, „was hat das Thema mit Chancengleichheit zu tun?“ Die Bayer AG, ebenfalls berühmt für ihre Frauenförderung, hält sich genauso zurück: „Über die Häufigkeit sexueller Belästigungen innerhalb der Bayer AG können wir keine Angaben machen.“ Doch generell würden diese Fälle „wie andere Störungen des Arbeitsfriedens behandelt“. Auch bei Audi, so eine Pressesprecherin, gebe es bisher keine Fallzahlen. Noch sei das Problem nicht so brennend, daß man – wie etwa beim Thema Alkohol am Arbeitsplatz – eine Kampagne starten würde. „Nicht einmal am regelmäßigen Frauenstammtisch ist sexuelle Belästigung ein Thema.“
Die Frauen leiden leise. „Die Dunkelziffer ist groß“, sagt Christa Lippmann, im Gesamtbetriebsrat von MBB Expertin für Frauenfragen. „Wo soll die Frau mit ihrem Problem hingehen? Es gibt in einem Unternehmen keine Instanz, die für Recht sorgt, ohne daß die Frau sich lächerlich macht.“ Vor allem wenn der Beschuldigte höher in der Hierarchieebene stehe – nach den aktuellen Studien sind rund zwanzig Prozent der Belästiger Vorgesetzte – passiere nichts.
Die Gewerkschaften halten sich, wie die Unternehmen, auffallend zurück. Wirtschaftliche Probleme gelten bei den Arbeitnehmervertretern in den Unternehmen stets als dringlicher. „Im Betriebsrat sitzen in den leitenden Positionen eben auch Männer“, sagt Christa Lippmann. Und Uta Janßen von der IG-Metall-Verwaltungsstelle Köln erzählt, daß es auch innerhalb der Gewerkschaften bislang keine Regelungen gebe: „Man geht wohl davon aus, daß ein Kollege einer Kollegin nicht an den Busen grapscht.“
Zum Mangel an Unrechtsbewußtsein, der sich durch die gesamte bundesdeutsche Männergesellschaft zieht, kommt bei den Gewerkschaften eine weitere Schwierigkeit hinzu. „Die Fronten laufen völlig verquer“, sagt Frauenministerin Heide Pfarr. Das Problem lasse sich nicht nach dem üblichen Schema „Konflikt zwischen Kapital und Arbeit“ lösen; es könne schließlich auch vorkommen, daß der Täter Gewerkschaftsmitglied sei, die Frau aber nicht. Das verursache „unbehagliche Gefühle“. Die Arbeitnehmervertreter sind im Dilemma. Maria Kathmann, Referatsleiterin in der Abteilung Frauen beim DGB, meint, das Bewußtsein der Betriebsräte müsse sich erst einmal ändern. Die hätten eine Menge rechtlicher Möglichkeiten, nähmen diese aber nicht wahr.
Tatsächlich haben inzwischen mehrere Gerichte rechtskräftig gegen Belästiger in Betrieben geurteilt. Am wichtigsten ist wohl eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Januar 1986 gegen einen Ausbilder und Betriebsratsvorsitzenden, der einem ihm unterstellten Lehrmädchen Pornohefte gezeigt hatte (Aktenzeichen 2 ABR 24/85). Das höchste Arbeitsgericht wertete die dadurch hervorgerufene „Störung des Betriebsfriedens“ als so gravierend, daß es die fristlose Kündigung des Belästigers ohne Abmahnung für Rechtens erklärte.
Die schlimmsten Formen sexueller Belästigung fallen ohnehin unter das Strafgesetzbuch (StGB) und können danach geahndet werden: Beleidigung (Paragraph 185), Körperverletzung (223), vor allem aber Verstöße gegen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, wie sexueller Mißbrauch Schutzbefohlener (174), sexuelle Nötigung (178), Verführung Minderjähriger (182), Exhibitionismus (183) und Verbreitung pornographischer Schriften (184).
Bundesdeutsche Juristen tun sich jedoch schwer mit einfacheren und selten nachweisbaren Formen der Belästigung: Tatschen, Busengrapschen, Zotenerzählen, unerwünschte Anmache. In Berlin gibt es immerhin ein Antidiskriminierungsgesetz, nach dem sexuelle Beeinträchtigung von Frauen in Behörden als Disziplinarvergehen geahndet wird. Sonst jedoch muß dies nach den Normen des Arbeitsrechts geregelt werden. Bisher gibt es nur wenige Urteile von Arbeitsgerichten zu dem Problem, die Rechtsprechung ist uneinheitlich, und in der jüngsten Ausgabe des Arbeitsrechtshandbuchs von Günter Schaub taucht das Stichwort „Sexuelle Belästigung“ gar nicht auf.
„Der Schutz von Frauen vor sexuellen Belästigungen fällt unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“, sagt Barbara Degen, eine Bonner Rechtsanwältin, die sich auf dieses Problem spezialisiert hat. Sexuelle Belästigung sei immer eine Störung des Betriebsfriedens; der Arbeitgeber müsse solche Störungen verhindern und für ein „friedliches Zusammenarbeiten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen“ sorgen. „Es ist gar nicht einzusehen, warum der Schutz von Frauen am Arbeitsplatz einen geringeren Stellenwert haben soll als etwa der von Nichtrauchern.“
Wirksam und auf Dauer könne man dem Problem jedoch nur durch ein neues Gesetz begegnen. Dieses Gesetz müsse definieren, was sexuelle Belästigung überhaupt ist, nämlich „jedes sexuell gefärbte Verhalten, das Frauen als unerwünscht empfinden oder das ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Frauen als unerwünscht einstuft“. Rechtsanwältin Degen will – wenn genügend Indizien vorliegen – die Beweislast zugunsten der Frau umkehren. Bisher nämlich verhinderten die Machtstrukturen in den Betrieben, daß sich überhaupt Frauen wehren. Die Belästiger seien meist Männer in Karrierepositionen, die Belästigten Lehrmädchen, Berufsanfängerinnen und Frauen in untergeordneten Positionen. Das Gesetz müsse sowohl Sanktionen gegen Belästiger vorsehen als auch präventive Maßnahmen durch den Arbeitgeber – „zum Beispiel Abhängen von Pornoplakaten im Pausenraum“. Schließlich müsse es betriebliche und überbetriebliche Beschwerdestellen geben, an die Frauen sich wenden können.
Auch die Arbeitgeber sehen sexuelle Belästigungen als Problem, wenden sich allerdings gegen eine gesetzliche Regelung. Dagmar Diergarten, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Betriebliche Personalpolitik bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände in Köln, glaubt: „Es geht bei diesem Tabuthema um eine Bewußtseinsänderung, mit Sanktionen erreichen wir gar nichts.“ Die Verhinderung sexueller Belästigung sei Teil eines allgemeinen Problems – „Wie wahre ich die Würde von Männern und Frauen im Betrieb?“ – und könne daher auch nicht isoliert behandelt werden.
Die Bundesvereinigung versuche, Führungskräfte – „bis hin zu Meistern und Vorarbeitern“ – für das Problem zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen, wie man damit umgehen könnte: Belästiger und Belästigte getrennt anhören, anschließend gemeinsam darüber reden und versuchen, die Sache zu klären. „Dies sind alles sehr individuelle Situationen, mit einem Gesetz kann man da nichts ausrichten“, findet Frau Diergarten.
Ein Lösungsvorschlag, den die Bonner Frauenministerin Angela Merkel in der vergangenen Woche publik gemacht hat, ist eine Betriebsvereinbarung zum Thema sexuelle Belästigung. Ihr Ministerium hat dazu schon einen Entwurf ausgearbeitet und wagt sich dabei sogar an eine Definition des schwer einzugrenzenden Begriffs heran.
Danach gilt „jedes sexuell gefärbte verbale und nicht-verbale Verhalten, das Frauen als unerwünscht empfinden oder das ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Frauen als unerwünscht einstuft...“, als Belästigung. Unerwünschte körperliche Übergriffe zählen ebenso dazu wie das Zeigen und Anbringen frauenfeindlicher Aufkleber und Bilder oder entwürdigende und beleidigende Witze und Bemerkungen über Frauen. Das Frauenministerium liegt mit dieser Definition auf einer Linie mit der EG-Kommission. Die hat im Juli einen Verhaltenskodex vorgeschlagen, nach dem ebenfalls das subjektive Empfinden der Frau Maßstab ist für das, was als sexuelle Belästigung gilt.
Nach Ministerin Merkel soll eine Betriebsvereinbarung Sanktionen für den Täter beinhalten, vom persönlichen Gespräch mit dem Chef bis zur Strafanzeige. Frauenbeauftragte oder Beschwerdekommissionen sollen den Frauen helfen, ihre Nöte zu artikulieren und den Belästiger abzuwehren.
So einfach scheint die Idee mit der Betriebsvereinbarung aber nicht zu realisieren zu sein. Das Frauenministerium arbeitet seit Monaten an einer solchen Vereinbarung für das eigene Haus. „Doch die rechtlichen Probleme sind noch nicht gelöst“, heißt es in Bonn, vor allem das abgestufte Sanktionssystem müsse noch überprüft werden. Angela Merkel stößt offenbar auf den Widerstand der Personalvertretung. Auch in der Kölner Stadtverwaltung wird zur Zeit an einer Betriebsvereinbarung gearbeitet. Und der Frauenarbeitskreis der Thyssen Stahl AG kämpft ebenfalls um eine Betriebsvereinbarung zum Thema. „Bis jetzt hat sich die Personalabteilung bereit erklärt, eine weibliche Ansprechpartnerin für sexuell belästigte Arbeitnehmer zu ernennen“, sagt die Arbeitskreis Vorsitzende Annette Haneid. Auch das Verbot der sexuellen Belästigung soll ausdrücklich in die Arbeitsordnung geschrieben werden. Doch bis zu einer offiziellen Betriebsvereinbarung ist noch ein weiter Weg.
Der öffentliche Dienst ist, wie bei vielen Frauenthemen, den privaten Unternehmen ein gutes Stück voraus, wenn es um die Problematisierung sexueller Belästigung geht. Städte wie Köln, Mainz oder Solingen bieten betroffenen Frauen konkrete Informationen und Hilfen an. Die Leitstelle Gleichstellung der Frau in Hamburg hat eine umfassende Studie zur sexuellen Belästigung von Frauen in den Hamburger Behörden erstellt. Auch in Pforzheim, Frankfurt oder Köln wurden die Angestellten der Stadtverwaltung nach sexuellen Belästigungen befragt.
Die Ergebnisse, die im Kern die Bonner Studie bestätigen, trieben die Behörden zum Handeln. Seminare zum Thema sind inzwischen in vielen Behörden auf dem Programm. Renate Sadrozinski hat für die Hamburger Verwaltung solche Seminare geleitet und kommt zu dem Schluß: „Sexuelle Belästigungen können nicht allein durch Dienstanweisung, formale Regelungen oder sachliche Belehrungen bekämpft werden, da sie früh gelernten und häufig bestätigten Konzepten von Frau- und Mannsein entsprechen.“ Auch in Köln sind die Amtsleiter bei Fortbildungen für das Thema sensibilisiert worden. „Die laden inzwischen ihre weiblichen Beschäftigten zu Versammlungen ein und geben ihnen da Unterstützung“, sagt Lie Seher, Leiterin des Kölner Frauenamts.
„Das Thema ‚sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz‘ wird, wie vielfältige Initiativen zeigen, ein wichtiges Thema der kommenden Jahre sein“, prognostiziert das Bonner Frauenministerium. Der Fall Anita Hill war Katalysator. Hanne Pollmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrates, hofft sogar, daß nun nach der Debatte um die Quotenregelung eine „zweite große, aggressive Diskussion“ über das bislang totgeschwiegene Problem entstehen wird.
Mit Beiträgen von Marie-Luise Hauch-Fleck und Nikolaus Piper
http://www.zeit.de/1991/44/das-schweigen-der-maenner
Prof. Dr. Heide Pfarr, Wissenschaftliche Direktorin der Hans-Böckler-Stiftung lenkte zum Schluss der Tagung noch einmal den Blick auf den Bereich der Fürsorge, für den sich die Kirchen in besonderer Weise zuständig fühlen. Es sei in Frage zu stellen, ob dort, wo Menschen gepflegt und Sterbende begleitet werden, ein Begriff wie Wertschöpfung angemessen sei. Der Ökonomisierung müsse gerade in diesen Bereichen aus Gründen der Menschenwürde, aber auch einer gerechten Geschlechterpolitik entgegengewirkt werden. Es sei kein Zufall, dass Branchen, in den Frauen dominierten, schlecht bezahlt würden. Pfarr bedauerte, dass kirchliche Einrichtungen an dieser Ökonomisierung mitwirkten und schloss sich der Forderung für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in diesen Bereichen an.

http://www.ev-akademie-baden.de/html/aktuell/aktuell_u.html?t=&&artikel=396&m=2342&stichwort_aktuell=

Heide Pfarr ist eine streitbare Frau - und Leiterin der Hans-Böckler-Stiftung sowie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts. Derzeit beschäftigt sie sich mit der Zersiedelung der Gewerkschaftslandschaft
VON INKEN PETERSEN

"Ich musste mich nie bewerben,
ich wurde immer gefragt"
Foto: HANS-BÖCKLER-STIFTUNG
"Diese Kriecher!" Heide Pfarr gibt sich keine Mühe, ihre Empörung zu verbergen. "Ich bin furchtbar sauer!" Die Juristin sitzt im obersten Stockwerk der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf. Sie ist die Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hier und zugleich Geschäftsführerin der gewerkschaftsnahen Stiftung. Über ihr ist nur noch der Himmel.
Gerade aber geht es um die Hölle, genauer gesagt um ihren nächsten Forschungsschwerpunkt am WSI, er heißt "Das Arbeitsrecht vor dem Hintergrund einer sich verändernden Gewerkschaftslandschaft". Gemeint sei die wachsende Zahl kleiner, eher unbekannter Gewerkschaften in Deutschland, schimpft sie. Die holten entweder für eine durchsetzungsstarke Berufsgruppe - Beispiel Ärzte, Beispiel Piloten -innerhalb einer Branche maximale Tarifabschlüsse heraus und kümmerten sich wenig darum, wie es dem Rest der - häufig weniger eloquenten und schlechter bezahlten - Kollegen gehe. Oder, schlimmer noch: Sie ließen zu, dass Arbeitnehmerrechte aufgeweicht würden - in dem Irrglauben, mit ihrem Unterbietungswettbewerb Arbeitsplätze zu sichern. "Natürlich hat das Auswirkungen auf das Arbeitsrecht insgesamt."
Heide Pfarr beobachtet diese Entwicklung wissenschaftlich, empirisch- und voller Wut. Dies widerspricht ihrer Überzeugung, wegen der sie bereits vor knapp vier Jahrzehnten als junge Rechtsreferendarin der damaligen ÖTV beitrat: "Ich wollte ganz bewusst zusammen mit den Müllwerkern und dem Krankenhauspersonal organisiert sein. Ich wusste, dass eine Gewerkschaft nur dann stark ist, wenn die Solidarität auch von Mitgliedern kommt, die eine gewisse Position der Stärke vertreten." Und damit man sie nicht missversteht: "Es geht ja nicht darum, dass ich persönlich eine starke Gewerkschaft brauchen würde."
Heide Pfarr hat früh für ihre berufliche Unabhängigkeit gesorgt: 1977, mit 33 Jahren, folgt sie einem Ruf als Professorin für Arbeitsrecht an die Universität Hamburg, sieben Jahre später, mit knapp 40, wird sie dort Vizepräsidentin, als erste Frau in der Geschichte der Universität. Ihre Professur kann sie in den folgenden Jahrzehnten immer wieder vorübergehend ruhen lassen, wenn andere berufliche Abenteuer sie locken, um sodann, nach vollendeter Mission, ihr Rückkehrrecht in Anspruch zu nehmen.
Sie weiß um ihr Privileg. "Ich bin nicht erpressbar", sagt sie. "Das ist ein gutes Gefühl, gerade, wenn man ein wissenschaftliches, aber gewerkschaftsnahes Institut leitet." Sie erwähnt ihre besondere Stellung gern, wenn etwa jemand versucht, die Forschungsergebnisse des WSI abzuqualifizieren. Oder wenn umgekehrt von Gewerkschaftsseite Wünsche an sie herangetragen werden: "Wissenschaftlich gestützte Politikberatung ja, Propaganda nein", kann sie dann erwidern, und ansonsten tschüs. So einfach ist das.
Hierher, nach Düsseldorf holte sie 1995 der damalige DGB-Chef Dieter Schulte. Pfarr sollte das verschnarchte Image der Stiftung und ihres wissenschaftlichen Instituts aufpolieren, den Laden ein bisschen aufmischen und ihm ein neues Profil verschaffen.
Gespräche wie Blitzschach
Heide Pfarr gehört nicht zu den Frauen, die Beschützerinstinkte hervorrufen. Sie ist klein, sie ist zierlich, aber die Stimme verrät, wie energisch sie sein kann. Ein Gespräch mit ihr ist zuweilen wie Blitzschach. Frage, Antwort, Frage, zackzackzack. Und wehe, man leistet sich einen Moment der Unkonzentriertheit. Mittelmaß erträgt sie nicht. Wer intellektuell mit ihr mithalten könne, das berichten ehemalige Studenten und Mitarbeiter, der dürfe sich ihrer geradezu militanten Förderung erfreuen. Die anderen grenze sie gnadenlos aus. Heide Pfarr wird entweder vergöttert oder verabscheut, so war das ihr Leben lang. Im Oktober wird sie 64 Jahre alt.
Wie viele politisch Aktive ihrer Generation, der 68er, ist Heide Pfarr ein Bürgerkind. Ihr Vater ist Zahnarzt. "Er war nicht an der Front, er war Sanitäter." Pause. "Er war nicht mal Antisemit." Sie klingt beinahe vorwurfsvoll, dann lacht sie über sich selbst: "Er war nicht gut zum Abarbeiten." Dafür finden sich andere: ehemalige Nazis, die weiterhin an Universitäten lehren oder an Gerichten Recht sprechen. Der Vietnamkrieg. Berufsverbote. "Diese ganze repressive Gesellschaft damals, Mann, was waren wir moralisch, die ganze Welt war böse, aber wir waren die Guten!"
Ihr Lebensthema, die Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben, findet auf ähnliche Weise zu ihr: weniger über ein Schlüsselerlebnis oder persönliche Betroffenheit, denn über die gesellschaftliche Analyse und ihre Erfahrungen als Arbeitsrechtlerin.
Sie erscheint unaufhaltsam
1971, in Bonn regiert Willy Brandt, tritt sie in die SPD ein. "Das war meine Antwort darauf, mich einer Verantwortung zu stellen, selbst Position zu beziehen und nicht immer nur alles besser zu wissen." Für die Bundesregierung erarbeitet sie eine Studie zu geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung, 1972 verfasst sie für die Materialien zum Bericht der Lage der Nation das Kapitel "Arbeitsrecht".
Sie ist nicht nur Expertin in ihrem Fachbereich, sie ist in den siebziger Jahren auch eine Ausnahmeerscheinung: "Ich musste mich nie bewerben, ich wurde immer gefragt." Sie legt Wert auf diese Feststellung. 1983 potenzielle Justizministerin im Schattenkabinett des schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten Björn Engholm, 1989 Senatorin für Bundesangelegenheiten der rot-grünen Regierung in Berlin.
Ihre Karriere scheint bruchlos und unaufhaltsam. Zur Krise kommt es 1993, da ist sie gerade zwei Jahre Frauen-, Arbeits- und Sozialministerin in Hessen. Ein Job, der ihr wie auf den Leib zugeschnitten zu sein scheint: Heide Pfarr setzt für sich - einmalig in Deutschland - in allen Frauenfragen ein ressortübergreifendes Mitzeichnungsrecht durch. Sie sorgt dafür, dass ihrem Ministerium die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit zugeschlagen wird. Versucht das Kabinett, sie auszubremsen, führt sie anderslautende Parteitagsbeschlüsse herbei - und gewinnt. Weibliche Lebensentwürfe, die nicht ausschließlich karriereorientiert sind, finden ihr harsches Urteil. Es knirscht - in der SPD wie in der Öffentlichkeit.
"Das Furchtbarste war, zuzusehen, wie man demontiert wird", sagt sie rückblickend. Es ging um 50000 Mark Renovierungskosten aus Landesmitteln für ihre Privatwohnung am Dienstort Wiesbaden. Ausgerechnet ein Vertrauter aus der SPD, das weiß sie inzwischen, steckte das der Boulevardpresse. Die Untreue sei nie vorsätzlich gewesen, stellte später die Staatsanwaltschaft fest; Heide Pfarr treffe keine Schuld. Da war sie längst gegangen.
Heute weiß sie: Sie hatte es versäumt, rechtzeitig nach Verbündeten zu suchen, Netzwerke zu schaffen, Kompromisse zu schließen, auch mal faule. Aber wenn das Politik ausmacht - dann eben ohne sie. Sagt sie in ihrem Düsseldorfer Büro. Sie muss sich jetzt um die kleinen Gewerkschaften kümmern. Für Heide Pfarr gibt es immer nur Alles oder Nichts.
http://publik.verdi.de/2008/ausgabe_05/leben/menschen/seite_24/A1

Der deutsche Juristinnenbund, Landesverband Saarland, der Frauenrat Saarland und das Frauenbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken laden am Montag, 1. Oktober, 18 Uhr zum Vortrag „Demokratie und Gleichberechtigung – Warum mehr Frauen in die Parlamente gehören!“ in den saarländischen Landtag ein.
Die ausgewiesene Expertin in Sachen Antidiskriminierungs- und Grundrechte, Prof. Dr. Silke Ruth Laskowski von der Universität Kassel erläutert anhand des französischen Beispiels, dem sogenannten Paritégesetz, warum nur eine gesetzliche Regelung auch in Deutschland, einen spürbaren Fortschritt für den Frauenanteil in den Parlamenten bringen wird.
Im Anschluss diskutieren die frauenpolitischen Sprecherinnen aller im saarländischen Landtag vertretenen Parteien.
Dr. Pfarr
Moderiert wird die Veranstaltung von Prof. Dr. Heide Pfarr, eine seit vielen Jahren mit der Quoten-Diskussion bestens vertraute Expertin und ehemalige Frauen-, Arbeits- und Sozialministerin in Hessen.

In Deutschland leben ca. 42 Millionen Frauen und 40 Millionen Männer. Im Bundestag bestimmen aktuell 204 Frauen, aber 418 Männer die Politik. Dies entspricht einem Frauenanteil von knapp 33 Prozent. Im saarländischen Landtag und im Stadtrat der Landeshauptstadt Saarbrücken liegt der Frauenanteil mit rund 35 Prozent nur knapp darüber.
Wenn Frauen in Fragen von Gesellschaft und Politik ernsthaft mitbestimmen wollen, müssen sie in den Parlamenten gleichberechtigt vertreten sein, es müssen mehr Frauen in die Parlamente und Räte gewählt werden. In den letzten 40 Jahren wurde in Deutschland viel diskutiert und gefordert: Erzielt wurden aber nur halbherzige Zusagen und kleine Fortschritte. In Frankreich hat es dagegen nur 2 Jahre gebraucht, um beispielsweise in den Kommunalparlamenten den Frauenanteil auf fast 50 Prozent zu erhöhen. Dort gilt seit 2000 das sogenannte Paritégesetz, das Frauen und Männern nach dem Reißverschlussprinzip die gleiche Anzahl von Listenplätzen garantiert. Bei Verstößen erfolgen empfindliche Sanktionen.
Ein solches Gleichheitsgesetz (loi sur la parité) fordern die Veranstalterinnen auch für Deutschland.

http://www.saarbruecken.de/de/event/134698

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

wikimannia statt femipedia


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