Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Karen Duve (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 21.02.2016, 12:48 (vor 2997 Tagen)

F450 Karen Duve – geboren am 16.11.1961 in Hamburg – lange Jahre Taxifahrerin in Hamburg - seit 1996 freie Schriftstellerin – gehört dem wissenschaftlichen Beirat der Bruno-Giordano-Stiftung an - http://www.literaturtelefon-online.de/beitrag-duve/karen_duve.jpg

Der Planet geht kaputt, und die Politik tut nichts dagegen: Karen Duve spricht im Tagesspiegel-Interview über ihr wütendes Buch „Warum die Sache schiefgeht“, den dramatischen Klimawandel, unfähige Manager und die Schwachstellen der Demokratie.
Vor zwei Jahren machte die Schrifstellerin Karen Duve mit dem Sachbuch „Anständig essen“ Furore. Ihr Selbstversuch, vegan zu leben, und ihre Kritik an der Lebensmittelindustrie löste eine breite Diskussion aus. Jetzt polemisiert sie in der Streitschrift Warum die Sache schiefgeht. Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen gegen die meist männlichen Entscheider in den Chefetagen, die zum Beispiel den dramatischen Klimawandel verdrängen. Die 1961 in Hamburg geborene Autorin hatte ihren literarischen Durchbruch 1999 mit „Regenroman“, zuvor arbeitete sie viele Jahre als Taxifahrerin. Ihre Romane („Dies ist kein Liebeslied“, „Die entführte Prinzessin“, „Taxi“) wurden in 14 Sprachen übersetzt;.die Verfilmung von „Taxi“ kommt nächstes Jahr ins Kino. Duve lebt auf einem Bauernhof in der Märkischen Schweiz.
Frau Duve, vor drei Jahren erschien Ihre Fleischkonsum-Anklage „Anständig essen“, jetzt folgt mit „Warum die Sache schief geht“ die Abrechnung mit den Entscheidern in Politik und Wirtschaft, die die drohende Klimakatastrophe ignorieren: Wollen Sie sich als zornige Moralistin der deutschen Publizistik etablieren?
Ach, ich komme mir schon selber vor wie jemand, der mit Weltuntergangs-Pamphleten am Hauptbahnhof steht. Dabei hätte ich viel lieber an meinen nächsten Roman weitergeschrieben. Eine Science- Fiction-Geschichte, die 2030 in Hamburg-Lemsahl spielt, wo ich aufgewachsen bin. Dafür habe ich recherchiert, wie es dort in der Zukunft aussehen wird. Aber wenn man sich mit einem Thema beschäftigt, radikalisiert einen das schnell. Die Fakten waren einfach dermaßen brisant, dass ich sie in ein Sachbuch auslagern musste. Der kurze Zeitraum, den die Wissenschaftler für das Ende unserer Zivilisation voraussagen, hat mich erschreckt.


Kommt es durch eine Naturkatastrophen oder den ökonomischen Zusammenbruch?
Durch den Klimawandel. Ein Finanzcrash bringt die Leute nicht in großem Stil um. Klar, müssen auch deswegen Menschen sterben, aber es ist nicht das Ende der Menschheit. Das wird eine Naturkatastrophe sein, die ein wirtschaftlicher Zusammenbruch eher noch etwas herauszögert.
"Unternehmen stellen keine Chefs ein, die Ideen haben, sondern die Gewinne bringen"
In Ihrer Polemik reden Sie davon, dass es unter Politikern und Konzernchefs überdurchschnittlich viele Psychopathen gibt: Wie definieren Sie das?
Ich meine die ganz konkrete neurobiologische Definition. Das, was man im Kernspintomografen feststellen kann. Dort ist zu sehen, dass bei Psychopathen die Gehirnareale, die für Empathie, Schuldgefühle, Reue und eigene Ängste – also das Gewissen – zuständig sind, deutlich weniger aktiv sind.
Welche bekannten Persönlichkeiten passen in dieses Entscheider-Raster?
Ich werde den Teufel tun und jetzt sagen, der und der Politiker oder Wirtschaftsboss ist ein Psychopath. Aber als Künstler fällt mir Klaus Kinski ein. Bei dem liegt der Verdacht schon sehr nahe. Menschen wie ihn zählt man gerne unter „verrücktes Genie“. Die Leute fanden ihn toll, weil sie glaubten, der traut sich was in den Talkshows, der ist mutig und unangepasst. Aber ein Psychopath braucht für ein solches Verhalten keinen Mut, weil er überhaupt kein Schamgefühl besitzt. Kinski musste sich aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht überwinden, der hat einfach anders funktioniert. Ein unangenehmer Typ, der mit seinen Pöbeleien durchkam und dafür auch noch bewundert wurde. Solche Leute, die sich unglaublich mies benehmen, gibt es auch in den Führungsetagen. Dort gelten sie als durchsetzungsfähig und kühn.
Trotzdem hat wohl kaum die Mehrheit der Chefs eine Hirndeformation.
Natürlich nicht. Aber die Eigenschaften von Psychopathen entsprechen fatal den klassischen Unternehmertugenden. Deswegen gibt es in den Führungsetagen und in der Politik so viele davon. Problematisch sind aber bereits die sogenannten Normalen, solange die Kriterien, nach denen Chefs ausgewählt werden, immer noch Selbstbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit und Risikobereitschaft sind.
Eigenschaften, die Sie im Buch „Voraussetzung für eine Verbrecherlaufbahn“ nennen: Wollen Sie die Welt lieber von entscheidungsunfähigen Konsensgläubigen regieren lassen?
Ja, das wäre mir lieber! (lacht) Natürlich ist Selbstbewusstsein eine gute Sache, auch Durchsetzungsfähigkeit, aber nur in Verbindung mit Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein.
Fallen Ihnen bei diesem Entscheider-Typus nur Männer oder auch Frauen ein?
Sicher. Ich kenne auch Frauen in Führungspositionen, die genauso ticken. Deswegen haben sie es ja bis dahin geschafft. Unternehmen stellen keine Menschen ein, die tolle Ideen haben, wie sich weniger Kohlendioxid verbrauchen lässt, sondern Leute, die dem Unternehmen kurzfristige Gewinne bringen, Gewinne, die auf der nächsten Aktionärsversammlung richtig Eindruck machen.
Aber prozentual gesehen ist der psychopathische Typus meist männlichen Geschlechts?
Das ist so. Und bei den normalen, bloß überdurchschnittlich risikobereiten, rücksichtslosen und selbstverliebten Chefs ist das ebenfalls so. Man wird einfach nicht so viele Frauen finden, die so funktionieren. Übrigens werden Chefpositionen nicht nur nach rationalen Kriterien besetzt. Das ist ja auch das Argument der Quotengegner, die genau das behaupten und dann befürchten, mit den Quoten- Frauen nicht mehr die angeblich rein rational ausgewählten besten Manager zu bekommen. Das ist Unfug. Männer besetzen Posten auch mit dem Kumpel vom Golfplatz. Und ich glaube tatsächlich, dass eine richtig große Frauenquote etwas in den Chefetagen verändern könnte.
"Männer sind signifikant gewalttätiger", sagt Karen Duve
Sie glauben wirklich, was Sie schreiben: „Frauen sind die besseren Menschen“?
Ja. Und in Wirklichkeit wissen das auch alle. Wenn irgendwo ein Bushäuschen zerstört ist, dann geht jeder davon aus, dass das ein junger Mann gewesen ist. Die Zahlen sind international gleich: Rund 95 Prozent der Gefängnisinsassen sind Männer. Männer sind signifikant gewalttätiger. Wenn man der üblichen Definition folgen will, dass gut sein bedeutet, gesellschaftlich erwünschte Eigenschaften an den Tag zu legen und nicht das zu tun, was andere Leute schädigt, dann ist die Sache doch eigentlich klar.

http://www.tagesspiegel.de/kultur/karen-duve-im-interview-chefs-sind-oft-psychopathen/10892360.html

Eigentlich wollte Karen Duve nach ihrem Bestseller „Anständig essen“ mal wieder einen Roman schreiben, eine Science-Fiction-Geschichte. Sie begann zu recherchieren, beschäftigte sich mit Studien zu Klimawandel, Finanzmärkten, multiresistenten Keimen – und zog den Schluss, dass der Zusammenbruch der Zivilisation eigentlich nicht mehr abzuwenden ist.
Schuldig am Untergang der Menschheit sei eine bestimmte Art von Männern: die „Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen“ in den Chefetagen. Statt der Science-Fiction-Geschichte schrieb Karen Duve ein wütendes Sachbuch: „Warum die Sache schiefgeht“. Die MOPO sprach mit der Autorin über schlechte Männer, gute Frauen und Energiesparbirnen.
MOPO: Werden die Geschicke der Welt wirklich von Psychopathen, Egoisten und Hohlköpfen bestimmt? Psychopathen sind ja psychisch ernsthaft gestörte Menschen.
Karen Duve: Ich benutze den Begriff durchaus im klinischen Sinne für Menschen, bei denen eine Hirnregion, nämlich die für Mitgefühl, Schuldgefühl, Reue und Scham, deutlich weniger aktiv ist als bei anderen Menschen. Psychopathen gibt es überall, aber in den Führungsetagen deutlich häufiger und sie richten viel Schaden an. Das sind die intelligenten Psychopathen. Die weniger intelligenten landen eher im kriminellen Milieu.
Und wer in den Chefetagen kein Psychopath ist, ist ein Egoist oder Hohlkopf?
Mit Hohlköpfen sind die Inkompetenten gemeint. Kompetenz gehört nicht unbedingt zu den Kriterien, die einen in Führungspositionen bringen. Führungskräfte brauchen Selbstvertrauen, Risikobereitschaft und Durchsetzungsvermögen, sprich Egoismus.
Was die Egoisten, Psychopathen und Hohlköpfe eint, ist ja – aus Ihrer Sicht – dass das alles Männer sind.
Ja, das sind fast alles Männer. Eine bestimmte Art von Männern, eine extreme Art.
Sie sagen: Frauen sind die besseren Menschen.
Ich weiß, das ist eine ganz unpopuläre These. Sobald eine Frau benennt, was in dieser Gesellschaft schlecht läuft und was davon von Männern verursacht ist, wird ihr ein Satz entgegengeblafft: „Wollen Sie etwa behaupten, dass Frauen die besseren Menschen sind?“ Aber ja, ich behaupte das.
Das würden ja sogar die meisten Frauen bestreiten.
Das hängt aber auch mit den Machtstrukturen zusammen. Es ist heikel, die schlechteren Menschen zu kritisieren, wenn die schlechteren Menschen an der Macht sind.
Was macht Frauen denn zu besseren Menschen?
Wenn man davon ausgeht, dass gesellschaftlich nützliches Verhalten als „gut“ definiert wird und gesellschaftlich schädliches Verhalten als „schlecht“, dann ist die Sache eindeutig. 93 bis 96 Prozent der Gefängnisinsassen sind Männer.
Sie würden sogar einen erhöhten Steuersatz und höhere Versicherungsbeiträge für Männer wünschen. Ist das Ihr Ernst?
Aufgrund der Schäden und Kosten, die Männer der Gesellschaft aufbürden, wäre so ein Gedanke zumindest nicht abwegig.
Wenn nur Frauen die Macht hätten, wäre die Welt ein besserer Ort?
Es geht nicht darum, dass Menschen mit einem Busen an der Macht sein sollten. Es sollen soziale, kompetente und verantwortungsvolle Menschen an die Macht kommen. Und die findet man nun mal häufiger unter Frauen. Aber auch unter den Durchschnittsmännern. Diese Menschen haben aber keine Chance, solange das System Extremformen von Männern an die Spitze bringt, die ihr ganzes Leben für Macht und Erfolg opfern.
Es gibt doch auch Frauen, die machthungrig und rücksichtslos sind.
Natürlich. Solange nach den üblichen Kriterien eingestellt wird, werden auch nur solche Frauen in Spitzenpositionen gelassen, die genauso wie die männlichen Chefs funktionieren. Von diesen Extremfrauen gibt es aber nicht besonders viele. Würden wir wirklich die Hälfte aller Führungspositionen mit Frauen besetzen, müssten wir überwiegend auf Frauen zurückgreifen, die eher empathisch und sozial verträglich handeln.
Viele Frauen wollen aber gar nicht in Führungspositionen.
Und genau die müssen aus dem Quark kommen! Es ist jetzt wichtiger, die Zukunft ihrer eigenen Kinder zu sichern, als sie zum Ballett zu fahren. Es geht darum, ihnen einen Lebensraum zu hinterlassen, der diesen Namen verdient.
Sie zeichnen in Ihrem Buch ein nahezu hoffnungsloses Bild von der Zukunft. Ist die Welt überhaupt noch zu retten?
Sozialforscher, Klimaforscher, der Club of Rome – eigentlich alle Kapazitäten der Wissenschaft, die nicht von Firmen bezahlt werden, sagen: „Wir haben einen globalen Notfall, es bleibt uns nur noch wenig Zeit, um ganz radikale Rettungsmaßnahmen einzuleiten.“ Es ist aber eine menschliche Eigenart, dass wir die Katastrophe erst wahrnehmen, wenn sie da ist. Selbst ich ertappe mich ja manchmal dabei, dass ich aus dem Fenster gucke und denke: Ist doch alles in Ordnung, alle anderen scheinen total ruhig – schreib’ ich hier vielleicht doch bloß Quatsch?
Das Buch ist in einem stinksauren Ton geschrieben. Richtig wütend. Warum regen Sie sich so auf?
Ich rege mich auf, und zwar ernsthaft. Warum starren wir wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf die Schlange, wo man doch jetzt noch etwas retten könnte? Das kann doch nicht wahr sein!
Wie könnte man noch was retten?
Ehrlich gesagt erwarte ich nicht, dass noch irgendwas gerettet wird. Die Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssten, würden radikale gesellschaftliche Veränderungen und Einschränkungen bedeuten. Vor allem Konsumverzicht. Wer möchte schon auf den Lebensstandard von 1950 oder 1960 zurück? Das ist nicht durchzusetzen.
Leben Sie auf dem Standard von 1950?
Ehrlich gesagt überhaupt nicht. Auch wenn ich einen spritfressenden Oldtimer in der Garage stehen habe. Es ist ja aber auch so, dass der Konsument sich so gut verhalten kann, wie er will, Energiesparbirnen eindrehen, Bio-Lebensmittel kaufen und so – das nützt alles nichts, solange unser Wirtschaftssystem auf Wachstum und Ausbeutung fossiler Ressourcen ausgerichtet ist. Ein radikaler Konsumverzicht greift nur, wenn alle mitmachen. Also wenn er von oben angeordnet wird.
Glauben Sie wirklich, das könnte man durchsetzen?
Die Rettung der Banken war auch eine unpopuläre Forderung. Da war der Stammtisch auch dagegen – möglicherweise zu Recht. Und das wurde trotzdem durchgesetzt. Es geht also.
Sie wollten ja eigentlich einen Roman schreiben, bevor Sie so in Rage gerieten.
Ja, einen Science-Fiction-Roman, der im Jahr 2030 in Lemsahl-Mellingstedt spielen sollte. Da bin ich aufgewachsen, da leben meine Eltern noch heute.
Wie sind die Reaktionen bei Lesungen? Hassen Männer das Buch?
Nein, erstaunlich viele Männer finden das Buch gut. Aber viele engagierte Menschen sind gekränkt, weil ihre Initiativen in dem Buch als hoffnungslos abgetan werden. Ich sage denen: „Ihr habt keine Chance, die globale Katastrophe aufzuhalten.“ Das wollen die natürlich nicht hören.
Es wäre nicht schade, wenn die Menschen aussterben, schreiben Sie zum Schluss. Sehr bitter.
Für die Artenvielfalt wäre eine Erde ohne Menschen sicher besser. Aber wenn ich die Kinder meiner Freunde sehe, dann denke ich, dass es mehr als ungerecht ist, dass diese kleinen Menschen dafür bezahlen müssen, nur damit wir weitermachen können wie bisher.
Haben Sie überhaupt noch Hoffnung?
Nee, eigentlich nicht. Der Zeitpunkt, an dem wir elegant und friedlich etwas hätten ändern können, ist lange verstrichen. Wir sind bereits dabei, die Zukunft der eigenen Kinder und Enkel zu verspielen. Nach uns die Sintflut.

http://www.mopo.de/hamburg/hamburger-bestseller-autorin-karen-duve---frauen-sind-die-besseren-menschen--398904

Karen Duve hat eine Vision fürs Jahr 2031: Es herrscht Staatsfeminismus. Im Gespräch erklärt sie, warum in ihrem Buch Frauen die "Macht" im Staat übernehmen. Und warum Männer von Pegida träumen.
Fassungslos, und "auch ein bisschen empört": Karen Duve, Jahrgang 1961 Foto: M. Lengemann
Sie trägt Jeans und Jeanshemd, die Ärmel aufgekrempelt. Karen Duve, die auf dem Land lebt, hat zum Interview in ihren Berliner Verlag geladen. "Der Fahrstuhl", sagt die 54-Jährige während wir im Fahrstuhl stehen, "geht eigentlich gar nicht." Weil er so viel Strom verbraucht. Aber gestern hat sie sich mit ihrem Pferd im Wald verlaufen, drei Stunden war sie unterwegs, jetzt schmerzen ihre Beine. Ein herzhaftes, selbstironisches Lachen. Nun haben wir uns wohl mit der klima-unfreundlichen Fahrstuhlfahrt der katastrophalen Endzeitvision ihres neuen Romans "Macht" wieder ein Stück angenähert.
Die Welt: Frau Duve, Ihr Roman "Macht" spielt im Jahr 2031. Manche Zukunftsvisionen scheinen beinahe heutig, etwa Nachrichten von "24 erschossenen Flüchtlingen an der ungarischen Mauer". Anderes wirkt noch sehr weit weg, wie die Verjüngungspille Ephebo. Woran haben Sie sich orientiert?
Karen Duve: Wenn man nur 15, 20 Jahre vorausschaut, ist das Risiko, dass einen die Gegenwart einholt, recht groß. Ich habe nicht erwartet, dass schon heute an Europas Grenzen so eine harte Gangart eingeschlagen wird. Es war gar nicht meine Absicht, einen Entwurf abzuliefern, der wahrscheinlich ist. Ich habe die Zukunft so gestaltet, wie sie mir in den Kram passte. Ich wüsste zum Beispiel gar nicht, wodurch in so kurzer Zeit so viele Frauen an die Macht kommen sollten in dem, was ich Staatsfeminismus nenne.
Die Welt: Während der Recherche zum Roman sind Sie so in Rage geraten, dass Sie ein Sachbuch zum Klimawandel geschrieben haben: "Warum die Sache schiefgeht". Auch, damit der Roman nicht zum Pamphlet gerät?
Duve: Ich habe gemerkt, das sind ein paar brisante Sachen, auf die ich aufmerksam machen möchte. Der Roman drohte mir aus allen Ecken und Enden zu platzen, weil ich das alles so wichtig fand. Das musste raus.
Die Welt: Sie machen die Entscheider in Politik und Wirtschaft, also die Männer, verantwortlich für die dräuende Klimakatastrophe und schreiben: "Frauen sind die besseren Menschen." Ich habe da Zweifel.
Duve: Ich leiste mir den Luxus, bei jeder Person individuell zu bestimmen, wie ich sie finde. Da hat niemand Bonuspunkte aufgrund seines Geschlechts. Aber von der Tendenz her läuft es darauf hinaus: Wenn ein Bushäuschen zusammengetreten wird, werden wir vor unserem inneren Auge keine Frau vor uns sehen, die das gemacht hat. Wenn Frauen an schweren Krankheiten wie Krebs erkranken, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie von ihren Ehepartnern verlassen werden. Wenn Männer erkranken, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit. In der Berufswelt ist es Männern tendenziell wichtiger als Frauen, dass sie Bedeutung haben. Frauen ist es wichtiger, dass sie etwas Sinnvolles tun. Während Männer denken: Na gut, dann mache ich eben diesen totalen Schwachsinnsjob in der Weltzerstörerfirma, Hauptsache, ich kriege dafür großes Ansehen.
Die Welt: Die Verführung, eine Machtposition auszunutzen – sind Frauen davor wirklich gefeit?
Duve: Nein. Es nützt auch nichts, wenn wir Frauen in Chefetagen haben, die in diesem System genauso funktionieren wie die Männer. Es geht nicht darum, dass da Leute sitzen, die einen Busen haben. Wir brauchen da Menschen, die verantwortungsbewusst sind, mitfühlend. Wir brauchen Menschen, die auch an die nachfolgende Generation denken, an die Kinder. In den Chefetagen finden sich bislang immer dieselben Typen. Die sind sehr egoistisch, sehr kurzfristig im Denken. Das klingt vielleicht naiv, aber ich versuche mal, es auf einen einfachen Nenner herunterzubrechen: Das kann man sehr gut vergleichen mit Menschen, die Kupferkabel klauen. Die kriegen für ihre Kupferkabel tausend Euro, weil der Metallpreis so hoch ist. Für ihre tausend Euro Gewinn richten sie 100.000 Euro Sachschaden an, legen den halben Bahnverkehr lahm, tausend Leute kommen zu spät zur Arbeit. Aber den Schaden tragen ja andere. Hauptsache, ich habe meinen Gewinn.
Die Welt: Ihr Protagonist Sebastian Bürger ist ein zynischer Frauenfeind. Fiel Ihnen diese Rollenprosa schwer?
Duve: Ich versuche immer, der Person gerecht zu werden und nicht denunziatorisch von ihr zu erzählen. Oder vielleicht – doch, ich war ein bisschen denunziatorisch. Also, ich mag ihn nicht so gerne. Aber ich habe ihn genauso liebevoll entworfen wie andere Figuren. Dass das ein übler Typ ist, wird ja schon durch das Setting klar: Er hat seine Ex-Frau im Keller eingesperrt. Und alles, was er selbst an Entschuldigungen anführt, ist nicht überzeugend. Aber es gibt Aspekte, die mir nicht so fremd sind. Wie die tiefe Enttäuschung darüber, dass das alles nicht so geworden ist im Leben. Ich hätte ja auch einen echten Psychopathen nehmen können. Das wollte ich aber nicht.
Die Welt: Ich finde, das ist ein echter Psychopath.
Duve: Dann hätte der aber überhaupt keine Empathie. Die hat Sebastian Bürger schon. Aber Mitgefühl zu haben und das alles trotzdem durchzuziehen, ist vielleicht sogar noch ekliger. Sebastian Bürger ist eben jemand, der sehr enttäuscht ist und eine große Wut in sich hat. Ihm ist völlig klar: Die Welt wird untergehen, aber es interessiert keinen. Er weiß auch: Alles, was ich tue, wird keine langfristigen Konsequenzen mehr haben. Das ist eine Ausnahmesituation: Die Welt geht unter.
Die Welt: Haben Sie Mitleid mit Sebastians Opfern? Auch in früheren Romanen zeichnen Sie sich durch einen sehr mitleidlosen Blick auf Ihre Figuren aus – wie ist das bei Ihnen mit der berühmten weiblichen Empathie?
Duve: Ich habe ehrlich gesagt nicht oft am Schreibtisch gesessen und gedacht: Wie wäre das denn, wenn man im Keller eingesperrt wäre? Das mag man sich gar nicht so vorstellen. Andererseits wäre es vielleicht leichter gewesen, als sich in den Täter hineinzuversetzen. Da habe ich anfangs Krücken benutzt und immer mitgeschrieben, wenn Männer ihrer Enttäuschung über den Feminismus Luft gemacht haben. Ich habe mir da einen Ton abgeschaut: dieses Wehleidige gepaart mit einer komischen Empörung, auf angestammte Rechte verzichten zu müssen.
Die Welt: Einer dieser Sätze lautet: "Es ist eine Laune unserer Zivilisation, dass wir Frauen in den letzten Jahrzehnten wie gleichwertige Menschen betrachtet haben."
Duve: Es ist doch erst seit wenigen Jahrzehnten so, dass Frauen einen gleichberechtigten Platz in der Welt haben. Fast gleichberechtigt. In einigen wenigen Staaten. Das ist keine Selbstverständlichkeit, auf der man sich ausruhen kann. Sondern etwas, das man immer neu verteidigen muss.
Die Welt: Darin besteht der Generationenkonflikt unter den Feministinnen: dass die älteren den jüngeren vorwerfen, nicht kämpferisch genug zu sein.
Duve: Das ist das gleiche Problem wie bei der Klimaerwärmung. Die Jüngeren denken: Gut, ein Drittel des Great Barrier Reef ist kaputt – war schon immer so. Oder in der Ostsee, da gab es doch noch nie Kabeljau. Die wissen einfach nicht mehr, dass es mal anders war. Und die Frauen machen sich eben keine Gedanken darüber, was vorher gewesen ist. Die merken nicht, dass Frauen erst seit wirklich kurzer Zeit ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen dürfen und nicht mehr die Erlaubnis des Ehemanns brauchen, einer Arbeit nachgehen zu dürfen. Dass man unheimlich auf der Hut sein muss. Alle diese in letzter Zeit erstarkenden Gruppen, von den religiösen Gruppierungen bis zu Pegida, haben auf der Agenda, dass Frauen wieder ins Haus gehören.
Die Welt: Sie machen eine Zeitreise nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit. Sie sind in dem Hamburger Stadtteil aufgewachsen, in dem jetzt der Roman spielt.
Duve: Ja, in den Walddörfern. Früher lebten dort kleine Handwerker. Jetzt wird es dort teurer und es gibt Fachhandlungen für Koi-Fische. Wenn die alten Häuser verkauft werden, werden sie abgerissen und durch Toskana-Villen mit beheizbaren Garagenzufahrten ersetzt …
Die Welt: Im Roman fällt der Satz: "Falls es überhaupt eine Möglichkeit gibt, glücklich zu werden, dann die, dass man sich die Träume und Sehnsüchte seiner Jugend erfüllt." Wissen Sie noch, wovon Sie als Jugendliche geträumt haben?
Duve: Ich wollte immer einen Hund haben – und ich habe jetzt einen Hund. Ich wollte immer ein Pferd haben – und ich habe jetzt ein Pferd.
Die Welt: Und Sie wollten immer auf einem Bauernhof leben – und leben jetzt auf einem?
Duve: Ja, genau. Viele Sachen sind natürlich nicht so toll, wie ich mir das gedacht hatte. Aber das mit dem Hund schon. Es geht in dem Satz auch darum, dass in den kindlichen Wünschen oft eine große Leidenschaft steckt. Wenn Erwachsene sich eine Märklin-Eisenbahn kaufen, finde ich das völlig in Ordnung, wenn sie das doch glücklich macht. Ich verstehe diese Rückwärtsgewandtheit.
Die Welt: Haben Sie ein Handy?
Duve: Ja, aber ich kann keine SMS schreiben. Zum Ärger vieler Bekannter, die deswegen auf mich einteufeln. Ich habe so ein altes Modell, dass wie ein Zigarettenetui aussieht. In diesem Punkt bin ich Sebastian Bürger ähnlich. Und ich verstehe auch seine Wut.
Die Welt: Weil Sie selbst wütend sind?
Duve: Fassungslos eher. Auch ein bisschen empört. Es kann doch nicht sein, dass sämtliche Klimawissenschaftler bis in die Jahrtausendwende hinein gesagt haben: Nein, es gibt keine Klimaerwärmung, wir können das nicht beweisen. Und dann plötzlich hieß es: Oh, es gibt jetzt doch eine, und wir stecken bereits ziemlich tief drin. Ich bin auch dafür, dass man gründlich recherchiert. Aber wenn es brennt, ist es möglicherweise angesagt, "Feuer!" zu schreien.

http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article152204801/Geht-nicht-darum-dass-da-Leute-mit-Busen-sitzen.html#disqus_thread

Halloween ist ein christlicher Brauch, und wie alle christlichen Bräuche spielt auch Halloween mit den Ängsten und Hoffnungen der Menschen. Womit wir bei Karen Duve wären.
Es ist ja ein in Deutschland besonders beliebter Irrtum, dass man Schriftsteller für intelligenter, wichtiger oder moralisch höher stehend hält: Die Literatur als eine Art Cargo-Kult für die gebildeten Stände, die sich mit verzücktem Staunen vor dem Fetisch Buch verneigen.
Dabei wissen sie ja genauso wenig wie alle anderen, und wenn sie gute Schriftsteller sind, dann machen sie aus diesem Nichtwissen große Kunst; wenn sie Karen Duve sind, dann machen sie aus Angst, Ressentiment und Vorurteilen ein Geschäft.
"Warum die Sache schiefgeht: Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen", so heißt ihr Buch: Die Sorte von One-Liner-Buch eben, die sich besonders gut verkauft und die auch jemand wie Akif Pirincci schreibt. Bei ihm sind es "Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer", die an allem schuld sind - was aus Karen Duve eine Art feministisch-vegetarische Pirincci macht.
Ihr einfaches Weltbild hat den Vorteil, dass es sich auf ein paar Begriffe reduzieren lässt: Einsatzbereitschaft, Risikobereitschaft, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen - das ist die Teufelsmischung der Welt von heute, die zweifellos in die Apokalypse steuert, wenn es keine "Frauenquote" (Duve) gibt.
Aus dem Milieu der Angsthasen und Rechthaber
Unternehmer sind für Duve Verbrecher, Börsenmakler haben die Disposition von Serienmördern, statt auch mal "ein gutes Buch" (Duve) zu lesen, arbeiten sie "16-Stunden-Tage" (Duve) und verbergen ihr "schwarzes Herz" hinter "großem Charme": "Manche von ihnen kommen auch bloß deswegen nicht mit dem Gesetz in Konflikt, weil sie sich nicht erwischen lassen."
Aha. Das Ganze hat den Erkenntnisgewinn einer Anleitung für Mundspülung, nur dass das, was Duve schreibt, mit deutlich mehr Bedeutung aufgewogen und natürlich in der 3sat-"Kulturzeit" von Ernst Grandits besorgt verhandelt wird.
Einerseits, weil Duve ja aus dem Milieu der Angsthasen und Rechthaber stammt, die den Kulturbetrieb bevölkern und sich in ihr erkennen mit ihren eigenen Vorurteilen gegenüber der modernen Welt. Und andererseits, weil es ja tatsächlich Probleme gibt, mit dem Klimawandel, dem Kapitalismus, der Zukunft.
Und das macht aus dem wirr zusammengehauenen Zombie-Text von Duve ein echtes Problem: Es ist ein Beispiel für den antiaufklärerischen Untergangsschauer eines Juste Milieus, das sich in der eigenen Aufwallung gefällt.
Was soll man schließlich, ernsthaft, mit solchen Sätzen anfangen: "Mit dem Weg von den sammelnden und jagenden Horden in die Agrargesellschaft", so Duve, "wurde der Weg der Gier und Entfremdung eingeschlagen."
Die Aporie ist der Wärmeofen für Besserwisser und Moralisten: Wenn die Zivilisation selbst das Problem ist, ja dann ist eh schon alles etwa 12.000 Jahre zu spät.
Zerrbild einer psychopathologisch fixierten Gesellschaft
Ist Ebola, fragte neulich CNN, der ISIS der Krankheiten? "Ist Ebola", fragte daraufhin der Schriftsteller Teju Cole, "das Boko Haram von AIDS?" Und außerdem: "Einige sagen, dass Ebola der Milosevic des West-Nil-Virus ist."
In der gleichen Logik beschäftigt sich Karen Duve mit dem Kapitalismus und mit dem Klimawandel: Alles hängt mit allem zusammen, die "Chefetagen" und die Bakterien und der Superochsenteller beim Griechen um die Ecke, den sicher ein Mann bestellt hat - denn am Ende sind es immer die Männer, die das Problem sind.
Was Duve damit liefert, ist das traurige Zerrbild einer psychopathologisch fixierten Gesellschaft, die zwar möglicherweise auf echte Probleme zusteuert, sich aber in ihren eigenen Ressentiments so sehr gefällt, dass sie nicht mal im Ansatz nach echten Lösungen sucht.
Stellt Duve etwa die Systemfrage? Formuliert sie eine Alternative zum Kapitalismus? Hat sie auch nur einen analytischen Gedanken, hat sie auch nur eine gute Antwort? Ist das, was sie schreibt, nur ansatzweise so interessant wie das, was Thomas Piketty in seinem Buch über das "Kapital im 21. Jahrhundert" zu sagen weiß?
In ruhigeren Zeiten wäre das, was sie tut, ein mehr oder weniger lustiger Halloween-Scherz: Jemand verkleidet sich gruselig und will doch nur Süßigkeiten.
In diesen unruhigen Zeiten allerdings fügt sich das Wirre zum Dumpfen. Und der unanalytische Antikapitalismus des Bio-Bürgertums unterscheidet sich in seiner Wirkung, das zeigt Duves Buch, nicht mehr allzu viel vom Globalhass der gekränkten weißen Männer.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/karen-duves-buch-warum-die-sache-schiefgeht-kritik-a-1000340.html

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

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