Liste Femanzen Prof. Dr. Nina Degele (Liste Femanzen)
F464 Prof. Dr. Nina Degele – geboren am 29.07.1963 in Ulm (Baden-Württemberg) – Studium der Sinologie, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Psychologie an der Universität München und der Universität Frankfurt am Main – von 1992 bis 1998 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Universität Frankfurt am Main – seit 2002 geschäftsführende Diektorin des Instituts für Soziologie der Universität Freiburg - Mitautorin des feministischen Institutes Hamburg - nina.degele@soziologie.uni-freiburg.de - http://ais.badische-zeitung.de/piece/02/c5/c0/c9/46514377-p-590_450.jpg
Zwei Forscherinnen zeigen, wie es um die Homophobie im Fußball bestellt ist. Sie schlagen vor, Blutgrätschen bei den Frauen zu erlauben.
Diese Rolle wird ihm Ruhm einbringen, weit über alles Sportliche hinaus - und wer sie will, muss ausgesprochen selbstverliebter, gleichwohl robuster Natur sein: die des ersten offen schwulen Berufsfußballers in Deutschland. Denn keine Figur wird im Fußball selbst wie auch im begleitenden Mediendiskurs so sehr ersehnt: dass da endlich mal einer bekennt, sich offenbart, sich irgendwie entblößt: Ja, ich bin schwul - und habe keine Angst vor dem Schmäh, der über mich ausgeschüttet wird.
Aber diese Figur ist am fußballerischen Horizont nicht einmal zu ahnen. Warum das so ist, entblößen auf wissenschaftliche Art die Soziologinnen Nina Degele und Caroline Janz in der am Donnerstag öffentlich vorgestellten Studie zu Homophobie, Rassismus und Sexismus im Fußball. Titel: "Hetero, weiß und männlich? Fußball ist viel mehr!"
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Die Autorinnen haben zunächst einen sehr fundierten Überblick zum Thema verfasst, sie haben das zu Wissende knapp und gut erläutert zusammengefasst: Weil Fußball ein männlicher Mannschaftssport war und ist und weil in ihm emotionale Enthemmungen zum Ausdruck kommen, muss er, allen nahkörperlichen Kontakten zum Trotz, als strikt antihomosexuell, ja asexuell überhaupt codiert werden. Würde der Fußball nicht so krass heterosexuell fantasiert werden müssen, könnte er nicht so populär sein. Schwulsein zerstört die Aura des Männlichen, wie sie in unseren Breiten ein stummer Zwang ist - "schwul" gilt entsprechend als gröbste Beleidigung von gegnerischen Spielern oder Schiedsrichtern. "Schwul" bedeutet weich und weibisch, also nichtmännlich.
Beim Frauenfußball, das dem Publikum vom 26. Juni an hierzulande in Form der Weltmeisterschaft nahegebracht wird, verhält es sich anders: Lesbische Frauen sind nicht so schlimm. Es ist vielmehr schlimm genug, überhaupt als biologisch weibliche Person Fußball zu spielen. Frauen sollen nicht kämpfen, nicht ins körperlich Aggressive sich verlegen - denn das widerspreche ihrer Natur. Das Lesbische ist in diesem Kontext nur der Faktor, dass das ohnehin Missliche noch krönt.
Knapp zwei Dutzend Gruppendiskussionen
Woher das Degele und Janz wissen? Haben sie nur klischeebehaftete Theorien gestrickt, die nur plausibel klingen müssen? Nein, im Gegenteil. Jenseits der problembewussten Aufklärungsabteilung des Deutschen Fußball-Bundes, die, vor allem in Person seines Präsidenten Theo Zwanziger, heftig um ein Coming-out buhlt und antihomosexuelle Tiraden in den Stadien verstummt sehen will, haben die Forscherinnen Menschen interviewt. Knapp zwei Dutzend Gruppendiskussionen haben sie geführt - dem Volk quasi auf die Mäuler geschaut.
Und da wird anders geredet, als der DFB es gern hat: ängstlich, klamm, abweisend, das Homosexuelle, auch das Weibliche abweisend. Aber es scheint - für schwule Männer wie für Frauen - nicht mehr so horribel wie einst. Einige Anekdoten deuten, bei aller Nervosität der Sprechenden, eine gewisse Änderung an. Hübscheste Bemerkung: Vielleicht könne man ja doch unter der Dusche mit Schwulen sein, denn die Seife von früher, die auf den Boden kullern könnte, woraufhin man sich nicht bücken möchte, wenn ein Homo auch unter den dampfenden Wässern steht, gebe es ja nicht mehr. Nun habe man Duschgels, und die fallen offenbar, so die Fantasie, nicht mehr so glitschend aus den Händen.
Am Ende machen Degele und Janz Vorschläge zur Entspannung: Schiedsrichter sollen Frauenspiele nicht mehr so empfindlich pfeifen - also Blutgrätschen in Maßen tolerieren. Und bei Schwulen empfehlen beide eine feine Geste: Wenn schon niemand sich outen wolle, könnten doch elf Spieler am Ende einer Saison sich als schwul bekennen, ob sie es nun sind oder nicht. Klingt das pädagogisch allzu anspruchsvoll? Wenn kein Kicker mehr Probleme hätte, für schwul gehalten zu werden, existiert die Matrix des Heterosexuellen längst nicht mehr.
Wie schwer haben es Frauen und Schwule im Fußball? Die Freiburger Wissenschaftlerinnen Nina Degele und Caroline Janz haben dies in einer Studie untersucht. Mit Claudia Füßler sprachen die Soziologinnen über ihre Erkenntnisse.
Fußball ist der letzte Hort der Männer. Der richtigen Männer. Frauen und Schwule haben im Lieblingssport der Deutschen deshalb einen schweren Stand. Wie schwer der tatsächlich ist, das zeigen jetzt eindrucksvoll die Soziologinnen Nina Degele und Caroline Janz von der Universität Freiburg. In einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung beauftragten Studie bringen sie die mit Teamgeist, Toleranz und Gleichberechtigung geschmückte Fassade des Rasensports zum Bröckeln und entblößen die Vorurteile gegenüber Fußball spielenden Schwulen und Frauen. Claudia Füßler hat mit den beiden gesprochen.
BZ: Frau Degele, Frau Janz, die Quintessenz Ihrer Studie lautet: Schwule und Frauen werden im Fußball ausgegrenzt. Finden Sie das überraschend?
Nina Degele: Grundsätzlich finden wir es nicht erstaunlich, dass es – nach wie vor – Homophobie im Fußball gibt. Überrascht hat uns allerdings, mit wie vielen Strategien versucht wird, dieses Thema zu umschiffen oder umzudeuten.
BZ: Zum Beispiel?
Caroline Janz: Neben der klassischen Tabuisierung – es wird eben nicht drüber gesprochen – sind uns einige sehr schöne Umbenennungen begegnet, wie sichtbare Zuneigung und Körperkontakt bei zwei Spielern in einen scheinbar belangloseren Zusammenhang geschoben werden: "Die haben Spaß im Gras", "die mögen sich halt" oder "die lassen eben ihre Emotionen raus". Eine dritte Strategie ist das Benennen von völlig anderen Aspekten. Ich berufe mich dann zum Beispiel auf die Hautfarbe eines Spielers als Alibimerkmal für seine Andersartigkeit, nicht auf seine Sexualität.
Degele: Interessant fand ich auch: "Das mit den schwulen Fußballern ist eher in Südeuropa ein Problem – bei uns nicht."
BZ: Da wird offensichtlich viel verdrängt.
Degele: Ja, und diese Angst vor Schwulen im Fußball kristallisiert sich an einem Ort besonders heraus, der klischeehafter nicht sein könnte: die Dusche. Das haben wir oft gehört: "Ich habe nichts gegen Schwule, aber mit einem duschen möchte ich nicht." Oder auch deutlicher: "Ich dusche nicht mit einem Analritter." Interessanterweise steht das alles in Diskrepanz zur Medienberichterstattung – da gibt’s schwule Fußballer im "Tatort" und es findet keinerlei mediale Hetzjagd auf Politiker statt, die sich geoutet haben. Und ich glaube auch nicht, dass so etwas geschehen würde, wenn sich mehrere Fußballer öffentlich als schwul bekennen – bei einem einzelnen mag das schwieriger sein. Da wird ein unglaublicher Popanz konstruiert, eine Angst aufgebaut, die zu einem Klima führt, in dem sich dann natürlich keiner mehr outen will.
BZ: Warum manifestiert sich diese Homophobie ausgerechnet im Fußball, während schwule Politiker oder Schauspieler längst gesellschaftlich akzeptiert sind?
Degele: Fußball ist ein Reservat, in dem – das hat sich historisch herausgebildet – "Männer noch Männer sind" und all die mit Männlichkeit assoziierten Eigenschaften zeigen: Härte, Körpereinsatz, Durchsetzungsvermögen. Dass da etwas Sexualisiertes reinkommt, das darf auf keinen Fall passieren, das muss ausgegrenzt werden. Quasi um das Reservat zu schützen. So ein Denken lässt viel Raum für Homophobie.
BZ: Wie haben Sie das denn bei den den Teilnehmern Ihrer Studie herausgekitzelt? Es stellt sich ja keiner hin und sagt "Ich bin gegen schwule Fußballer".
Degele: Eben, die Fassade ist politisch korrekt. Aber wenn Leute, die sich gut kennen, miteinander in der Gruppe diskutieren, scheren sie sich über kurz oder lang nicht mehr darum. Dann kommen solche Sprüche.
BZ: Schwule müssen sich seit jeher gegen Anfeindungen wehren und outen sich meist dennoch. Warum bleiben ausgerechnet die schwulen Fußballer stumm?
Degele: Das tun sie ja nicht alle. Auf Amateur- und Freizeitebene gibt es viele schwule Spieler, die auch dazu stehen. Das Problem ist die Profi-Ebene, in der Bundesliga hat sich bisher kein einziger Spieler geoutet. Dort macht diese militärische, national orientierte Tradition einfach zu viel Angst.
"Frauen im Fußball sind nicht weich und kuschelig."
Nina Degele, Soziologin
BZ: Glauben Sie, dass die Angst vor schwulen Fußballern in absehbarer Zukunft schwinden wird?
Janz: Das hoffen wir sehr. Der Umgang der Medien mit dem Thema Homosexualität hat sich ja schon geändert. Und im Fußball ist auch ein Wandel möglich.
BZ: Einer, der viel Zeit braucht.
Degele: Nein, das täuscht. Es gibt zum Beispiel erst seit 2001 schwul-lesbische Fußballfanclubs und -vereine. Inzwischen sind es 19 im deutschsprachigen Raum. Da tut sich was. Nehmen Sie den Frauenfußball – den hat der DFB zwischen 1955 und 1970 sogar verboten. Und noch heute sind Frauen im Fußball alles andere als wirklich akzeptiert.
BZ: Aber anders als bei Männern, wo Homosexualität wie ein Stigma wirkt, unterstellt man Fußballerinnen häufig, dass sie lesbisch sind. Da ist gleichgeschlechtliche Liebe im Fußball plötzlich okay. Warum?
Degele: Daran sehen Sie, wie eng Sexualität und Geschlechtlichkeit zusammenhängen. Die Ausgrenzung im Fußball erfolgt bei Frauen bereits über das Geschlecht. Dass sie lesbisch sind, schluckt man dann: Das Kind ist eh schon in den Brunnen gefallen. Männer sind mit dem Fußball durch ihr Geschlecht kompatibel, eine "falsche" Sexualität passt da nicht rein.
BZ: Warum werden Frauen im Fußball noch ausgegrenzt?
Degele: Das hat was mit dem männlichen Reservat zu tun, in das Frauen eindringen. Fußballerinnen verhalten sich nicht, wie es das übliche Frauenbild vorgibt: Sie sind nicht weich und kuschlig, sondern zeigen starke Zweikampfszenen.
BZ: Und wie kriegen wir eine höhere Akzeptanz des Frauenfußballs hin?
Janz: Zunächst könnten die Medien die sportlichen Leistungen der Kickerinnen in den Vordergrund stellen und nicht ihr Aussehen. Sonst wird Frauenfußball vielleicht populärer, aber nicht anerkannter. Und der DFB könnte die Bundesligaspielerinnen im klassenübergreifenden DFB-Pokal zulassen. Oder nicht mehr durch Siegprämien diskriminieren: Die Männer haben bei der WM 2010 eine Prämie von 250 000 Euro bekommen. Die Frauen erhalten in diesem Jahr 60 000. Auch mit der Pfeifpraxis wird Fußball und Frauenfußball unterschieden: Aggressives Spiel und Zweikämpfe werden bei Frauen viel früher abgepfiffen, als bei den Männern. Hier ist beim DFB interne Aufklärungsarbeit nötig. Und dann sollten sich die, die behaupten, Frauenfußball sei langweilig, ohne je ein Spiel gesehen zu haben, endlich mal eins angucken.
Wie wär´s mit einem Nasenring?
Radikale Toleranz Ein Beitrag zur Kopftuchdebatte aus der Perspektive der queer politics
Queer bedeutet eigentlich "seltsam", "komisch" oder auch "fragwürdig". In den letzten Jahren haben sich Schwule, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuelle sowie geschlechtsmigrierende Transgenders diesen negativ behafteten Begriff als politische Bewegung neu angeeignet und ziehen zur alljährlichen Christopher-Street-Day-Parade (CSD) regenbogenfahnenschwingend durch die Innenstädte von Großstädten. Queer Studies als wissenschaftliche Disziplin dagegen haben den Ruf, theoretisch abgehoben und weltfremd an den Problemen der großen Mehrheit der Bevölkerung vorbeizugehen und längst geschlagene Schlachten zur Diskriminierung von Lesben und Schwulen zu schlagen. So schlimm? Zum Glück nicht. Queer hat nicht nur den Anspruch, sich nicht auf Minderheitenthemen reduzieren zu lassen. Vielmehr gibt queer die Normalität von Mehrheiten zur Kritik frei: Heterosexualität hinterfragen, Zweigeschlechtlichkeit entselbstverständlichen und gesellschaftlich verfestigte Geschlechtsmuster "queeren", lautet die selbstbewusste Losung. Wie alltags- und politiktauglich aber ist der dabei mobilisierte theoretische Hintergrund, wenn es um den Streitfall Kopftuch geht? Konkret: Dürfen die aus Afghanistan stammende Lehrerin in spe Fereshta Ludin und andere Anwärterinnen auf den Staatsdienst im Unterricht ein Kopftuch tragen? Deutschland ist gespalten: Meinungsumfragen stellen je nach beauftragtem Forschungsinstitut mal eine Mehrheit für das Kopftuchtragen fest (Zeit, 25. 9. 03), mal eine dagegen (Spiegel, 29. 9. 03), das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung darüber an die Politik zurück verwiesen. Es gibt aber auch klare Positionen: Alice Schwarzer wettert gegen eine "gönnerhafte Pseudotoleranz", die sich zum Handlanger eines reaktionären Sexismus macht, und dem Spiegel (29. 9. 03) geht es beim "Prinzip Kopftuch" um die Frage, "wie religiös der weltliche Staat westeuropäischer Prägung werden darf, ohne seine Identität zu verlieren". Auf der anderen Seite feiern Linksliberale und Grüne das friedliche Nebeneinander von Religionen und Lebensstilen als multikulturalistischen Meilenstein und halten die rechtsstaatliche Errungenschaft der Religionsfreiheit tapfer gegen politische Bevormundung und deutsche Leitkulturalisierung. Bei diesem Streit will ich im Folgenden zwei Argumente aus einer queeren Perspektive diskutieren, das der Integration und des Laizismus.
Dem Integrationsargument zufolge, zu dessen Meinungsführer sich der Spiegel aufgeschwungen hat, findet mit dem Kopftuch in Schulen eine schleichende Islamisierung statt, die die ohnehin strapazierte Integrationsfähigkeit der Bundesrepublik überlastet und die demokratischen Grundpfeiler unserer Gesellschaft aushöhlt. In dieser Logik stellen die rund drei Millionen MuslimInnen in der Bundesrepublik eine kulturelle Gefahr dar. Nicht, weil sie nur "anders" sind, sondern weil sie den Humus für islamistische ExtremistInnen bilden, die unsere demokratisches System abschaffen wollen und durch die islamische Scharia ersetzt wissen möchten. "Das volle Boot" und die Warnung vor der islamistischen Terrorgefahr bilden hier eine gefällige Union von Argumenten. Ergänzend dazu bemühen einige Bundesländer wie etwa Baden-Württemberg mit Kultusministerin Annette Schavan an der Spitze das im Grundgesetz verankerte laizistische Argument der Trennung von Staat und Kirche. Diese Trennung verbietet etwa die Instrumentalisierung von Ämtern und öffentlichen Funktionen für politische Zwecke. Eine gewisse Ironie ist dabei nicht zu übersehen. Denn bei einer konsequenten Umsetzung dieses Gesetzes dürfte keine Nonne mehr im Habit unterrichten - Tragik und Preis kultureller Säuberung?
Was nun hat queer zu dieser Debatte beizutragen? Queer will entselbstverständlichen, und das vor allem in Hinblick auf die Normalität und Normierungsgewalt von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit. Damit steht queer in einem doppelt schwierigen Feld, nämlich erstens der Symbolik des Kopftuchs und zweitens von Identitätsfragen.
Auf der einen Seite konstatiert queer eine zutiefst naturalistische und sexistische Symbolik des Kopftuchs. Sie hat mit der patriarchalen Struktur der muslimischen Familie zu tun, die eine Miniaturausgabe der islamischen Gesellschaft darstellt: Die Ehre des Mannes hängt von der Kontrolle der Sexualität der Frau ab, der weibliche Körper ist mit einer satanischen Verführungs- und Zerstörungsmacht ausgestattet, deshalb muss die sexuelle Macht der Frau im Zaum gehalten werden, zu ihrem Schutz und der des Triebwesens Mann. Verführungsgewaltig sind vor allem die weiblichen Haare, und der Schutz vor dem Anblick dieses Symbols für Sexualität ist im Vers 59 der 33. Sure des Koran kodifiziert: "Oh Prophet, sag deinen Frauen, deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihren Überwürfen (Dschilbab) auf sich herabziehen. So werden sie eher (als Muslime) erkannt und nicht belästigt." Lösung also: Die Frau präsentiert sie sich entsexualisiert, erhält damit ihre "Reinheit" und ist vor männlichen Übergriffen weitgehend geschützt. Diese Symbolik basiert auf Naturalisierung: Frauen sind Verführungen für Männer, Männer müssen vor ihrer eigenen Triebhaftigkeit geschützt werden.
Aus der Perspektive einer Kritik an Heteronormativität liegt dieser Fall klar: Das Kopftuch steht für die Unterdrückung von Frauen, die Naturalisierung von Geschlecht und Sexualität und darüber fixierte Machtverhältnisse. Dass vergewaltigte Frauen, Schwule und Lesben, Frauen mit unehelichen Kindern und Transidente in Staaten mit islamischer Scharia gesteinigt und ermordet werden (können), ist ein Skandal ersten Ranges, den ich hier feststelle, aber nicht weiter verfolge. Denn konsequenterweise darf sich eine queere Kritik nicht nur gegen die perversen Ausgeburten religiöser Fundamentalismen richten. Nimmt man die von demonstrierenden KopftuchgegnerInnen so gern bemühte Forderung "wehret den Anfängen" ernst, steht nämlich nicht nur der Islam am Pranger. Alle monotheistischen Weltreligionen weisen vor allem hinsichtlich der Kleidervorschriften und Nichtbenutzung von Kosmetik und Schmuck kulturübergreifende Gemeinsamkeiten auf. Religion ist in dieser Perspektive ein Medium der Artikulation, Inszenierung und Institutionalisierung von Geschlechterdifferenzen, bei der Frauen und nicht-heterosexuelle Lebensformen das Nachsehen haben - dort wie hier.
Musliminnen tragen Symbole der Differenz und Ungleichheit sichtbar auf dem Kopf. Darin steckt in unseren Augen ein Paradox: Kopftuchtragende Frauen engagieren sich für etwas, das gemäß westlichen Emanzipationsvorstellungen ihre eigene Unterdrückung beinhaltet. Vielleicht. Das heißt aber keineswegs, dass im aufgeklärten westlichen Rechtsstaat solche Symbole nicht existieren oder überflüssig wären. Wir haben unsere "funktionalen Äquivalente": orthopädisch fragwürdige, hochhackige Schuhe, die Schrittgröße verringernde Röcke und wenig funktionale Handtaschen, die - "objektiv" betrachtet - Frauen um mehr Bewegungsfreiheit bringen, als es Kopftücher tun. Rechnet man den Aufwand für das Herrichten der Haare hinzu, spart das Kopftuch sogar viel Zeit und Aufwand für die öffentliche Präsentation und Inszenierung des weiblichen Körpers. Der Unterschied liegt freilich darin, dass die Mehrheit der Frauen solche verinnerlichten Zwänge nicht als Einschränkungen und schon gleich gar nicht als Unterdrückung durch Männer wahrnimmt, das Tragen eines Kopftuchs aber schon. Naturalisierungen queeren heißt hier also, nicht beim Kopftuch stehen zu bleiben, sondern für die dahinter stehende gleiche heteronormative und sexistische Struktur funktionale Äquivalente zu identifizieren und zu benennen. Was etwa die vermeintlich stärkere Triebhaftigkeit von Männern angeht, vor der Frauen (und Männer) zu bewahren sind, unterscheiden sich die kulturellen Formen der Triebabfuhr, nicht aber der zugrundeliegende Mechanismus: Pornos und Prostituierte bieten Männern im christianisierten Westen Männern ein Ventil, ihren Testosteronhaushalt im Gleichgewicht zu halten. In islamischen Gesellschaften ist das streng verboten. Dafür stehen Männern dort bis zu vier Ehefrauen zur Verfügung oder das Schlupfloch der rechtlich institutionalisierten Ehe auf Zeit (mit einer Dauer von einer Stunde bis 99 Jahren).
Doch zurück zum Kopftuch und seiner keineswegs ausschließlich naturalisierenden Bedeutung. Was etwa hat die kopftuchtragende anatolische Bäuerin mit der Istanbuler Studentin gemeinsam, die für das Recht des Kopftuchtragens als Ausdruck ihrer muslimischen Identität in den Sitzstreik tritt? Wie die türkische Soziologin Nilüfer Göle zeigt, markiert der aus einem langen, um den Kopf gewickelten Schal aus Leinen, Baumwolle oder Seide bestehende türban eine Distanzierung zur traditionellen Kopfbedeckung der Müttergeneration, demonstriert Modebewusstsein und verweist auf eine neue Form selbstbewusster Inbesitznahme. Auch wo das Kopftuch nicht Vorschrift ist, greifen vor allem junge Studentinnen massenhaft danach. So gilt der Islam in Ägypten als jung, chic und cool, die Religion ist dort zur Modebewegung geworden. Und die in Deutschland lebende Sozialwissenschaftlerin Yasemin Karakasoglu-Aydin wertet in einer Untersuchung zu kopftuchtragenden türkischen Studentinnen in der Bundesrepublik den türban auch als Reaktion auf die rechtliche, politische und soziale Ungleichbehandlung in der deutschen Gesellschaft und als Absage an das Konzept der Integration durch Assimilation.
Wenn muslimische Frauen ein Kopftuch tragen wollen, weil sie sich mit unbedeckten Haaren "sehr, sehr schämen" und entblößt fühlen (Ludin), verweist das auf den identitätsstiftenden Gehalt von Religion. Diese Dimension ist rechtlich schwer zu regulieren: Wo beginnt die religiöse Symbolik, die sich in das staatliche Neutralitätsgebot mischt? Beim Kruzifix an der Wand bayerischer Schulen? Beim Kreuz an der Halskette eines Lehrers? Wie stromlinienförmig sollen staatliche ProtagonistInnen agieren und gemacht werden? Umgekehrt gefragt: Wie viel Vielfalt kann die Gesellschaft vertragen? Müssen sich Ministerium, Schule und Eltern herausgefordert fühlen, wenn LehrerInnen mit einem Regenbogenbutton oder einem Irokesenschnitt zum Unterricht erscheinen? Und wie sähe es mit einem Ring in der Nase oder einem Hundehalsband statt Kette aus? Oder mit Springerstiefeln und Bomberjacke?
Auch dazu ist eine queere Position klar: Gegenstand der Kritik sind gesellschaftliche Normierungs- und Normalisierungspraxen, die auf Vereinheitlichung zielen. Queer nimmt in ethischer Hinsicht also eine große "Toleranzbürde" auf sich. Denn queer plädiert für Toleranz und Vielfalt und muss dabei in Kauf nehmen, dass sich eine solche Vielfalt auch auf Praktiken bezieht, die mit den Zielen der Entnaturalisierung von Geschlecht und Sexualität wenig am Hut haben oder auch dagegen gerichtet sind. Dieser "Zwang" zur Toleranz ist der Skepsis gegen staatliche Normierungseingriffe geschuldet, mit denen queere Bündnisse schlechte Erfahrungen gemacht haben. Ein Beispiel dafür ist etwa das Pornografieverbot in Minnesota/ USA, dem zuerst lesbische und schwule Erotika zum Opfer gefallen sind. Ebenfalls ein "Schuss in den Ofen" ist das Gesetz zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, weil es zur Stabilisierung und auch Subventionierung monogamer Paarmuster beiträgt. Solche Erfahrungen tragen zu einem tiefen Misstrauen gegenüber staatlicher Regelungswut bei, weshalb queer staatlich verordneten Verboten der Lebensgestaltung skeptisch gegenüber steht und diese Skepsis auch pflegen sollte. Für eine queere Kritik ist das Kopftuch also ein Aufhänger, nicht mehr. Sie muss auch das Eigene, Etablierte und "Normale" einer Heteronormativitätskritik unterziehen. Daran wagt sich der Gesetzgeber freilich nicht. Queere Kritik will entselbstverständlichen und damit muss sie radikal sein. Bevor nicht die funktionalen Äquivalente zum Kopftuch ebenfalls ins Fadenkreuz der Kritik geraten, spricht nichts dafür, sich vor den Karren staatlicher Normierungsversuche spannen zu lassen. Zu unterstützen ist vielmehr eine Politik der Toleranz und Vielfalt, die sich der heterosexistischen Grundlagen der von ihr verteidigten Praxen bewusst ist und diese kritisiert. Deshalb lautet die Forderung: Lasst Musliminnen ihre Kopftücher tragen und alle anderen, die Lust dazu haben, auch!
Nina Degele ist Professorin am Soziologischen Institut an der Universität Freiburg
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wie-wars-mit-einem-nasenring
Schönheit, das müssen an diesem schwülen Tag in Leipzig, einige Mädchen erfahren - Schönheit steht und fällt manchmal mit wenigen Zentimetern. Schuhe mit Absätzen so hoch wie ein Kugelschreiber können nur kurz darüber hinwegtäuschen, dass zu der magischen und unerklärbaren Grenze 1,72 Meter eben doch noch einiges fehlt.
Es ist das Casting von Germany's Next Topmodel. «Wir propagieren kein Schönheitsideal. Jeder Mensch ist schön auf seine Art», hat Heidi Klum gesagt. Und trotzdem macht ein handgeschriebener Zettel am Eingang zum Casting klar: Topmodel, also offiziell schön, wird nur, wer groß genug ist. Und ein Blick über die ausgeschiedenen Mädchen und diejenigen, die weiterkommen, zeigt: schön ist auch immer sehr schlank.
Selbe Stadt, anderer Ort, andere Zeit: Auf der Neuen Messe treffen sich Nageldesignerinnen, Fußpflegerinnen und Anbieter von Dingen, die «wirklich schön machen». Es riecht nach Acryllack, ein Hauch von Nivea liegt in der Luft, Schweiß. Eng ist es, an den Ständen liegen Farbpaletten mit orangenem Lack. Pink. Grün. Immer wieder greifen Frauen mit langen Fingernägeln danach, betrachten das Arrangement, von ihren Nägeln hängen Glitzerkettchen.
Schönheit - auch immer eine Frage von moralischen Werten
Schönheit hat Hochkonjunktur - immer. Doch was schön ist, das weiß so genau eigentlich keiner. Der Seifenhersteller Dove wirbt mit «wahrer Schönheit» und präsentiert Frauen ohne Modelmaße, L'Oreal wischt die Falten von Julia Roberts aus, weil Krähenfüße einfach nicht in das Konzept passen und die Brigitte verzichtet auf professionelle Models, um ihre Mode erlebbarer zu machen. Die Maßstäbe scheinen unterschiedlich, sind es bei genauerer Betrachtung aber eigentlich gar nicht.
Die Wahrnehmung von dem, was wir schön finden und was wir nicht schön finden, ist eben kulturell bestimmt, schreibt Els van der Plas, eine Kunsthistorikerin in ihrem Aufsatz Schönheit ist ein Grundbedürfnis. Sie ist mit moralischen Werten verbunden und durchzieht alle Teile der Gesellschaft. Verbinden wir dicke Menschen also mit Faulheit, finden wir Übergewichtige nicht schön. Verbinden wir es aber - wie in vielen afrikanischen Kulturen - mit Reichtum, bekommt Übergewicht eine ganz andere Form der Schönheit. Ähnliches gilt für alle Bereiche des Körpers: Brüste, Nase, Kinn, Haarlänge. Nicht zu vergessen: Die Symmetrie der Gesichtszüge. Die verbinden wir mit Ausgeglichenheit - und finden sie deshalb beruhigend und schön.
Dabei ist bemerkenswert, dass Schönheit beinahe immer mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wird. Heidi Klum sucht kein männliches Model, sondern ein weibliches und auf der Schönheitsmesse gibt es keinen Bereich für männliche Nägel, männliche Faltenbekämpfung - wer als Mann auf der Messe ist, der trägt die Taschen seiner Frau.
Männer vergleichen sich nicht, Frauen suchen die Schönheit
Einen Grund dafür nennt die amerikanische Psychologin Rita Freedman. Frauen würden in weiten Teilen der Gesellschaft nicht über ihr Handeln beurteilt, sondern über ihr Aussehen, sagt sie. Auch haben Frauen Vorbilder, was und wen sie schön finden: Schauspielerinnen, Models, Sängerinnen. Männer können zwar sehr wohl bewerten, welche Frau sie attraktiv finden - sie vergleichen sich aber gar nicht bis nur ungern mit ihren Geschlechtsgenossen. Nur ab und zu - hat die Soziologin Barbara Rothmüller herausgefunden - geben Männer einen Musiker als Schönheitsideal an. Von dem übernahmen sie dann allerdings nur die Frisur. Mehr nicht.
Im Gegensatz zu den Männern haben die Teilnehmerinnen beim Casting zu Germany's Next Topmodel eine ganze Menge mehr von verehrten Sängerinnen und Schauspielerinnen angenommen als nur die Frisur. Die einen versuchen es mit dem verruchten Stil von Taylor Momsen, andere sehen aus wie einem H&M-Katalog entsprungen - und immer wie eine Anfangsversion von Heidi Klum.
Frauen, die lebenden Puppen
Doch warum all das? Warum ziehen wir Schuhe an, die uns bei Castings über die erforderlichen 1,72 Meter hieven, aber Blasen an den Zehen verursachen? Warum unterziehen wir uns schmerzhaften Operationen, um danach nicht mehr wie wir selbst, sondern wie etwas auszusehen, dass sich andere Menschen für uns überlegt haben? Eigentlich hätten uns die Vertreterinnen der Emanzipation zeigen sollen, dass es auf uns als Menschen ankommt, stattdessen gibt es das Gleichnispaar «schön = anerkannt».
Die Feministinnen, ist die britische Publizistin Natasha Walter sicher, haben verschlafen, nachfolgende - weiblichen - Generationen gegen den immer noch grassierenden Sexismus zu wappnen, gegen Schönheitsideale, die Frauen immer noch in eine Rolle drängen: das schöne Accessoire an der Seite des Mannes. Diese Frauen nennt Natasha Walter in ihrem Buch «lebende Puppen» - und einer Umfrage der Britin zurfolge wollen immerhin 60 Prozent Model werden. Eine ganze Menge Puppen, hat sie festgestellt - und will die Einstellung dazu nun ändern. Ein langwieriger Prozess.
Deswegen eben, weil schön auch immer erfolgreich ist und für Aufmerksamkeit beim anderen Geschlecht sorgt. Schönheit ist auf den ersten Blick zu sehen, Klugheit erst nach einem langen Gespräch. Das wissen Frauen - und ziehen sich die Highheels an.
Männer hingegen haben eine weitaus pragmatischere Sicht auf ihren eigenen Körper, schreibt Barbara Rothmüller. Sie wollen nicht negativ auffallen, aber ein kleiner Bierbauch ist für sie kein Widerspruch dazu. Sie achten darauf, nicht unangenehm zu riechen - Frauen wollen dazu auch noch gut riechen und benutzen Parfüms, deodorierte Slipeinlagen und Fußdeo. Alles nur, damit das Gesamtpaket stimmt.
Schön ist, was die Gesellschaft schön findet
Dieses Aufhübschen hat die Soziologin Nina Degele in ihrem Buch Sich schön machen - Zur Soziologie von Geschlecht und Schönheitshandeln erklärt. Auch wenn die meisten Frauen behaupten, sie täten all das - langwieriges Frisieren, Schminken, Einkleiden - vor allem für sich selbst, sei das Zur-Schönheit-Werden dennoch eine Art, die eigene Position in der Gesellschaft zu besetzen. Wir wollen als «die Schöne» wahrgenommen werden, denn nur so fallen wir auf. Wer gewöhnlich ist, fällt durchs Raster. Das ist nicht nur bei Germany's Next Topmodel so - auch in der Berufswelt oder bei der Suche nach einem Partner.
Dabei kommt es sehr wohl darauf an, in welchen Kreisen, also wortwörtlich in welcher Gesellschaft wir uns bewegen. Unter Punks sind wir mit Piercing und Lederjacke schön. Doch diese Kreise sind klein, meist bewegen wir uns im großen Tiegel derer, die Germany's Next Topmodel sehen, bunte Fingernägel haben und amerikanische Serien mit immer perfekt gestylten Hausfrauen sehen.
Was wir schön finden, kann in anderen Ländern als hässlich empfunden werden: Sehen Sie Beispiele in unserer Textstrecke.
boi/cvd/news.de
http://www.news.de/panorama/855215008/warum-wir-schoen-sein-wollen/1/
Andreas Kemper hat mit Gabriele Winker und Nina Degele, den beiden Autorinnen des Buches „Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten“ im April 2010 per E-Mail folgendes Interview geführt
Zunächst: Ich habe mich sehr über Ihr Buch gefreut. Der Aufbau schafft es, sowohl die Ebenen als auch die verschiedenen Formen von Unterdrückung und Diskriminierung in eine Matrix logisch zusammen zu bringen. Wie entstand die Idee zu diesem Buch?
Zunächst freuen wir uns natürlich über Ihre Einschätzung, dass es uns mit dem Buch gelungen ist, die Verwobenheit unterschiedlicher Diskriminierungen auf drei Ebenen aufzuzeigen. Dies war exakt auch der Ausgangspunkt unserer bereits über drei Jahre andauernden Kooperation. Als feministische Soziologinnen sehen wir uns von zunehmenden sozialen Ungleichheiten, damit einhergehenden Diskriminierungen, Abwertungen entlang vielfältigster Differenzierungskategorien herausgefordert. Wir wollen dabei allerdings nicht nur die Paradoxien des sozialen Wandels feststellen, sondern mit unseren Perspektiven auf Identitätskonstruktionen, symbolische Repräsentationen und soziale Strukturen die Analyse von Ausgrenzung und Unterdrückung schärfen und voranbringen. Diese Problematiken wollen wir empirisch analysieren, nicht zuletzt, um auch Handlungsansätze für mögliche Veränderungen zu erkennen. Es geht uns mit anderen Worten darum, auf Grundlage theoretisch gesättigter Gesellschaftsanalysen empirische Prozesse zu analysieren. Das heißt für uns, soziale Praxen von AkteurInnen zu untersuchen – um nämlich zu erfahren, wie sich die AkteurInnen selbst begreifen, wo sie Hindernisse für die Realisierung ihrer Lebensinteressen sehen, wo sie Unterdrückung und Diskriminierungen erfahren und wo sie auch Widerstandspotenziale erkennen.
Wir haben unseren intersektionalen Mehrebenenansatz zunächst empirisch mit Studierenden in unseren Intersektionalitätsseminaren an der Universität Freiburg und an der TU Hamburg-Harburg überprüft. Als wir unsere theoretischen und methodologischen Überlegungen, bereits mit ersten empirischen Ergebnissen unterfüttert, als Aufsatz veröffentlichen wollten, wurde allerdings schnell klar, dass der Zuschnitt unserer Fragestellung kaum in ein Aufsatzformat passte. Darüber hinaus ist unser Anspruch, nicht nur die Wechselwirkung von Kategorien zu untersuchen, sondern auch die Verwobenheit der drei Ebenen in die Analyse einzubeziehen, nicht mehr eindeutig disziplinär zuzuordnen – was die Publikation in einer soziologischen Fachzeitschrift erschwerte. So haben wir beschlossen, den Aufsatz zu einem Buch auszubauen, was auch den Vorteil hat, theoretische und methodologische Überlegungen an konkreten empirischen Beispielen erläutern zu können.
Obwohl Sie Kapitalismus und Patriarchat als Herrschaftsstrukturen bezeichnen, nehmen Sie die Akkumulationslogik des Kapitalismus als Ausgangspunkt. Worin bestehen die Vorzüge dieses Ansatzes? Wäre es richtig zu sagen, dass Sie mit einer „feministischen Logik“ den Kapitalismus zum Ausgangspunkt der intersektionellen Forschung machen?
Danke zunächst für Ihre interessante und treffende Beschreibung unseres Ansatzes – den Kapitalismus mit einer feministischen Logik zum Ausgangspunkt intersektionaler Forschung machen zu wollen. Diese Formulierung übernehmen wir gerne. Allerdings haben wir uns vom Patriarchat als neben dem Kapitalismus stehendem Großsystem verabschiedet – und auch von einem Verständnis des Kapitalismus, der auf Ökonomie reduzierbar wäre. Uns war es wichtig, deutlich zu machen, dass es theoretisch keinen Sinn macht, zunächst zwei Großsysteme, nämlich den Kapitalismus einerseits mit der Strukturkategorie Klasse und das Patriarchat andererseits mit der Strukturkategorie Geschlecht, analytisch zu trennen. Mit einer solchen Vorgehensweise, die einzelnen Strukturkategorien einem separaten System zuzuordnen, wird genau das Ziel intersektionalen Arbeitens, nämlich die Herausarbeitung der Wechselwirkungen und Verwobenheiten erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Eine ähnliche Kritik gilt auch, wenn die Strukturkategorie Rasse dem Neoimperalismus oder Kolonialismus als System zugeordnet wird. Wir wollen dagegen zeigen, dass die vier wichtigen Herrschaftsverhältnisse, nämlich Klassismen, Heteronormativismen, Rassismen und Bodyismen, über das grundlegende Prinzip der Kapitalakkumulation mit dem Ziel der Profitmaximierung miteinander verwoben sind und es in unterschiedlicher Art und Weise stützen. Wenn man sich dieser Setzung anschließt, lassen sich mit unserem Ansatz die Überschneidungen dieser vier Herrschaftsverhältnisse in konkreten Praxisfeldern deutlich herausarbeiten und auch zeigen, wie ein einzelnes Herrschaftsverhältnis zugunsten eines anderen an Bedeutung gewinnen bzw. verlieren kann.
Die Bundesregierung hat mit einiger Verspätung das Allgemeine Gleichbehandelungsgesetz und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingerichtet, welches einen „horizontalen Ansatz“ verfolgt. Wie schätzen Sie den „horizontalen Ansatz“ die Praxis der staatlichen Antidiskriminierungsgesetze ein?
Der Begriff horizontaler Ansatz bezieht sich auf die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Diskriminierungsmerkmale und bedeutet, dass Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen sind (AGG § 1). Dagegen ist nichts einzuwenden, dies ist vielmehr aus intersektionaler Perspektive zunächst grundsätzlich positiv zu betrachten. Unsere Einwände beziehen sich erstens darauf, dass strukturelle Gründe, die zu den angesprochenen unterschiedlichen Diskriminierungen führen, ausgeblendet werden. Zweitens können wir beobachten, wie mit der Begründung des Vorrangs des AGG die Frauenbeauftragten oder Gender Mainstreaming ExpertInnen politisch als historisch überholt angegriffen und damit diejenigen Personen abgewickelt werden, die zumindest immer wieder versucht haben, die strukturellen Ursachen der Geschlechterdiskriminierung aufzudecken. Drittens, und das ist uns besonders wichtig, müssten bei einem horizontalen Ansatz der Antidiskriminierung die Kategorien, die eng mit Klassismen verwoben sind, nämlich Diskriminierungen entlang sozialer Herkunft, Bildung und Beruf einbezogen werden. Dass dies nicht geschieht, hängt damit zusammen, dass Diskriminierungen entlang dieser Kategorien schon nicht einmal mehr auf einer normativen Ebene hinterfragt werden, so fest ist das Leistungsprinzip mit der gesellschaftlichen Struktur verzahnt. Dies ist einer der Gründe, warum wir Ihr zusammen mit Heike Weinbach verfasstes Buch zum Klassismus für so wichtig halten.
Wie schätzen Sie die Wirkungsrichtung von Diskriminierungen zwischen den Gruppen ein? Gibt es beispielsweise einen Sexismus gegen Männer oder ist Sexismus immer gegen Frauen und Menschen, die nicht den Geschlechternormen entsprechen, gerichtet? Gibt es hier auf den verschiedenen Ebenen Unterschiede, d.h. geht die Diskriminierung auf der Strukturebene immer nur gegen eine Gruppe während sich auf den Ebenen von Repräsentation und Identität gegenseitige Diskriminierungen zu finden sind? Inwiefern sollte man solche Fragen intersektionell betrachten?
Zunächst einmal zeigt diese Frage in der Tat, warum intersektionale Analysen wichtig sind. Denn konkrete Formen von Sexismen stellen sich recht unterschiedlich je nach beruflichen, familiären, politischen, ökonomischen und anderen Kontexten dar. Wir sprechen im übrigen von Heteronormativismen statt von Sexismen, da wir neben der binären Frau-Mann-Unterscheidung und Zweigeschlechtlichkeit auch die damit eng verbundene heterosexuelle Zuordnung und Hierarchisierung einbeziehen; auf letzteres hat insbesondere die Queer Theory immer wieder mit Nachdruck hingewiesen. So integrieren wir in die Strukturkategorie Geschlecht die in intersektionalen Zusammenhängen oft vorgeschlagene Kategorie Sexualität und trennen nicht künstlich Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung.
Dabei gehen wir davon aus, und hier kommen wir zu Ihrer Frage zurück, dass Heteronormativismen sich gegen die große Mehrheit der Bevölkerung richten – und zwar auf allen drei Ebenen, auch wenn darunter mehr Frauen zu leiden haben als Männer, da letztere sich oft in privilegierten Positionen befinden. Auf der Identitätsebene grenzen sich Menschen entlang unterschiedlichster Konstruktionen – wie beispielsweise verständnisvolle Frau oder sozial inkompetenter Mann – voneinander ab und damit verbauen sich beide Gruppen die Chance, gemeinsam gegen alltägliche Einschränkungen, die mit der Geschlechterzuordnung einhergehen, zur Wehr zu setzen. Auf der Repräsentationsebene wird die Einschränkung durch Geschlechterstereotype für alle Personen offensichtlich, da sie sich alltäglich mit hegemonialen Auffassungen von beispielsweise Männlichkeit und Weiblichkeit auseinandersetzen und Gegenpositionen erkämpfen müssen. Aber auch auf der Strukturebene sind die zunächst privilegiert erscheinenden Männer insofern betroffen, dass sie sich beispielsweise, sofern sie in personennahen Dienstleistungen berufstätig sind, unter ähnlich schlechten Arbeitsbedingungen zurecht finden müssen, wie die Mehrzahl der dort tätigen Sozialarbeiterinnen, Erzieherinnen und Altenpflegerinnen. Und auch die Erosion der männlichen Normalarbeit ist eng verknüpft mit strukturell hartnäckig wirkenden Geschlechterverhältnissen, wobei prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Frauenarbeit nur das Einfallstor für weiteren Abbau von sozialen Sicherheiten und Lohndumping auch im so genannten Normalarbeitsverhältnis darstellen. Unsere Hoffnung besteht darin, dass intersektionale Analysen dazu beitragen können, dass durch die Offenlegung der Wechselwirkung der drei Ebenen auch privilegierten Gruppen deutlich wird, dass die direkte oder indirekte Unterstützung von Herrschaftsverhältnissen mittelfristig ihre eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen verschlechtern.
Sehr spannend ist auch Ihre These, dass in Interviews oftmals von Diskriminierung Betroffene ihre Strukturkategorie, bspw. „Frau“, nicht benennen, sondern erst in Wechselwirkung mit anderen Ebenen als spezifischere Diskriminierung, bspw. als „Migrantin“. Dies war ein Ergebnis Ihrer Untersuchung. Sehen Sie darin auch eine Stärke ihrer Forschungsmethode?
Das sehen wir in der Tat als eine Stärke unseres Ansatzes. An dem von Ihnen genannten Beispiel lohnt es sich, auf die Verwobenheit von Diskriminierungserfahrungen zu schauen. Wenn es stimmt, was ja nicht nur wir behaupten, dass es sich beispielsweise bei Migrantinnen aus finanziell und sozial schwachen Familien nicht einfach um eine Addition von einzelnen Diskriminierungskategorien handelt, sondern dass diese neuartige Abwertungen, Problematiken und Diskriminierungen erfahren, gilt es, diese intersektional herausarbeiten. Mit unserem Ansatz kann es gelingen, individuelle Zumutungen und Diskriminierungen aufzudecken, die wiederum auf das Zusammenspiel verschiedener hegemonialer Normen und Herrschaftsverhältnisse verweisen. Es gibt in diesem Zusammenhang aber noch eine weitere, ebenfalls sehr wichtige Stärke unseres intersektionalen Herangehens. Wir können damit auch die privilegierten Positionen, die meistens nicht genannt werden, herauszuarbeiten. Denn ein Manager in einem Unternehmen beispielsweise spricht nicht von seinem Mann-sein, seinem Deutsch-sein, seiner Zugehörigkeit zur gehobenen Mittelschicht etc. Diese Leerstellen können wir über den Vergleich von Interviews identifizieren, über Normen und Werte erkennen, schließlich auch über den Bezug zu den von uns deduktiv gesetzten vier Herrschaftsverhältnissen.
Sie benutzen den Begriff „Rasse“ ohne Anführungsstriche. Dies begründen Sie auch in Ihrem Buch, setzen sich damit aber gegen die hiesige Sprachregelung – wenn man von Rassist_innen absieht, für die Rassen essentielle Gegebenheiten sind. Möchten Sie an dieser Stelle noch einmal begründen, weshalb sie den Begriff „Rasse“ benutzen?
Zunächst wollen wir einschränkend sagen, dass wir den Begriff Rasse nur als Strukturkategorie benutzen. Auf der Identitäts- und Repräsentationsebene analysieren wir Abgrenzungen beispielsweise entlang ethnischer, nationalstaatlicher oder religiöser Grenzziehungen und verdeutlichen, wie z.B. die normative Konstruktion der „Sozialschmarotzer“ sich ganz direkt gegen MigrantInnen richtet. Auf der Strukturebene allerdings ist ein Begriff erforderlich, mit dem wir materialisierte Strukturen in den Blick bekommen, mit denen nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehörende Gruppen über Hautfarbe, Ethnie, aber auch Religion oder Weltanschauung zu Anderen erklärt und marginalisiert werden. Die Strukturkategorie Rasse ist enorm wirksam, sie ist Tag für Tag verantwortlich für großes Leid, wieso sollten wir diesen brutalen Begriff mit Anführungszeichen relativieren und damit banalisieren? Zumal wir ja in unseren Positionierungen immer darauf verweisen, dass Rasse ähnlich wie Geschlecht durch spezifische, äußerlich wahrnehmbare oder behauptete physiologische Unterschiede sozial konstruiert wird. Rassen entstehen also ausschließlich durch rassistische Praxen, dies hat nicht zuletzt der deutsche Faschismus in aller Schärfe und Menschenverachtung gezeigt.
Ihr Hamburger Kollege Wulf D. Hund verwendet den Begriff „Rassismus“ ähnlich wie Bourdieu für Unterdrückungen aufgrund von Geschlecht und Klasse, er spricht von „Geschlechterrassismus“, „Klassenrassismus“, „Rassenrassismus“. Mir erscheint dies insofern sinnvoll, als Sexismus und Klassismus vom Ausdruck her schwächer sind als Geschlechterrassismus oder Klassenrassismus. Böte es sich auf der Identitäts- und Repräsentationsebene an, „Bindestrichrassismen“ für eliminatorisch-naturalisierende Unterdrückungsverhältnisse zu benutzen?
Uns geht es nicht darum, einen möglichst starken Ausdruck für Herrschaftsverhältnisse zu finden, unserer Meinung ist eine möglichst klare und von vielen Menschen geteilte Analyse von Unterdrückungsverhältnissen die stärkste Waffe der Wissenschaft gegenüber den herrschenden gesellschaftlichen Zuständen, die Lebensbedürfnisse und -interessen vieler Menschen einschränken. Damit ist Wissenschaft aus unserer Sicht immer noch nicht direkt politisch, aber sie kann Beiträge liefern, die für politisch Handelnde hilfreich sein können. Vor diesem Hintergrund sehen wir keinen Grund, die eingeführten Begriffe wie Rassismen, Heteronormativismen oder Klassismen zu toppen.
Sie schreiben, dass eine Differenz zwischen den Strukturkategorien Klasse einerseits und Rasse und Geschlecht andererseits in der Legitimationsgrundlage besteht: während eine klassenbezogene Benachteiligung mit dem Begriff der „Leistungsfähigkeit“ begründet wird, werden Rasse und Geschlecht eher naturalisiert. Zeitgleich mit dem Erscheinen Ihres Buches „Intersektionalität“ ist jedoch eine neue Sozialeugenikdebatte vom Zaun gebrochen worden. Thilo Sarrazin und Gunnar Heinsohn argumentieren, dass weniger „Unterschichtenkinder“ geboren werden sollten, weil diese von Natur aus oder zumindest kulturell unüberbrückbar dumm und kriminell seien. Sie erhielten für diese These sehr viel Zuspruch. Ähnliche Kommentare finden sich im jüngsten „Hamburger Schulkampf“. Ist dieser „Rassismus der Intelligenz“ (Bourdieu) nicht ebenfalls naturalisierend, obwohl er sich auf die Strukturkategorie Klasse bezieht?
Danke für diesen interessanten Hinweis. Dass es Naturalisierungen in allen von uns genannten Herrschaftsverhältnissen gibt, ist grundsätzlich richtig. Ja, wir haben im Buch zugespitzt formuliert, um die unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien von Herrschaftsverhältnissen deutlich zu machen. Aber Ihr Hinweis, dass sich bezüglich der Klassenverhältnisse derzeit die ideologische Argumentation ändert, halten wir für höchst bedenkenswert. Dies zeigt gleichzeitig sehr schön auf, wie wichtig es ist, Gesetze, Institutionen auf der Strukturebene ebenso wie die Veränderungen von naturalisierenden und hierarchisierenden Werten und Ideologien in ihrem jeweiligen historischen Kontext zu verfolgen.
In den Vereinigten Staaten gibt es Zeitschriften, die die Überschneidungen von Rasse, Klasse und Geschlecht zum Thema haben, bspw. „Race, Class & Gender“ aus New Orleans. Halten Sie es für denkbar, dass auch im deutschsprachigen Raum eine entsprechende Zeitschrift entstehen könnte? Oder zumindest als Blog? Gibt es hierzulande bereits Forschungsnetzwerke zum Thema Intersektionalität?
In der Tat gibt es auch bereits in Deutschland Forschungsnetzwerke zum Thema Intersektionalität. So haben wir in Hamburg im Rahmen der Gender und Queer Studies bereits zweimal bundesweit ausgeschriebene Workshops durchgeführt, in denen vor allem NachwuchswissenschaftlerInnen ihre intersektionalen Arbeiten zur Diskussion stellten. Ende Februar 2010 haben wir dieses Konzept ausgedehnt und eine viertägige Winter School durchgeführt, so dass sich auch Studierende ohne Vorkenntnisse in unterschiedlichen Seminaren Kenntnisse rund um das Thema Intersektionalität aneignen konnten. Diese Winter School wurde in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Zentrum für Disability Studies durchgeführt. Unser Seminar innerhalb dieser Winter School war empirisch ausgerichtet und wir konnten dort anhand konkreten Interviewmaterials auf hohem Niveau mit anderen intersektional arbeitenden WissenschaftlerInnen die Stärken, aber auch die Schwierigkeiten im Umgang mit unserem Ansatz diskutieren. Es gibt ein breites Bedürfnis, diese Form des Austausches fortzusetzen. Eine Zeitschrift analog zu der in den USA halten wir derzeit für eher unwahrscheinlich, weil dafür noch keine kritische, d.h. disziplinübergreifende, Masse in Sicht ist. Allerdings ist uns aufgefallen, wie schnell sich der von uns 2007 ins Netz gestellte Aufsatz, sozusagen die Vorfassung des Buches, verbreitet hat und wie viele unterschiedliche und konkrete Anfragen wir bisher zu unserem Ansatz erhalten haben. Daraus schließen wir, dass auch in Deutschland zumindest große Teile der Geschlechterforschung bereit sind, sich mit der Verwobenheit von Unterdrückungsverhältnisse intensiv zu beschäftigen.
Ich würde mir wünschen, dass mit Ihrer Methode aussagekräftige Forschungen stattfinden. Das ist ja auch eine Intention Ihres Buches. Hat darüber hinaus Ihr Ansatz auch unmittelbare Relevanz für die politische Praxis? Oder anders gefragt, was empfehlen Sie auf der Grundlage Ihrer Analyse den in der Antidiskriminierungspolitik tätigen Aktivist_innen?
Die Gleichstellungsbeauftragte einer Hochschule sagte nach einem Vortrag von uns, dass unser Ansatz doch genau die Methode sei, die sie direkt für ihre Gleichstellungsarbeit anwenden könnte. Damit könne sie doch sehen, wo und entlang welcher Kategorien sich Studierendengruppen diskriminiert oder ausgegrenzt fühlen. Daran könne sie dann ihr politisches Handeln ausrichten. Dies sehen wir ähnlich, hätten es aber nie so direkt formulieren können, da wir nicht als Gleichstellungsbeauftragte tätig sind. Weiter gibt es die Anfrage einer regionalen Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser, der aus ähnlichen Gründen wie die genannte Gleichstellungsbeauftragte eine Weiterbildung zur intersektionalen Mehrebenenanalyse wünscht. Kathrin Schrader, eine ebenfalls intersektional arbeitende Kollegin an der TU Hamburg-Harburg, ist gerade dabei, ein solches Konzept für die politische Praxis zu erstellen. Damit verfolgt sie das Ziel, das methodologische Konzept der praxeologisch ausgerichteten intersektionalen Mehrebenenanalyse zu verdeutlichen und es gleichzeitig als Analyseinstrument für politische Praxis weiterzuentwickeln. Ähnliche Rückmeldungen haben wir auch bereits von Wissenschaftlerinnen, die mit diesem Ansatz anti-rassistische Handlungsmöglichkeiten ableiten möchten. Inwieweit dies gelingt, können wir derzeit noch nicht beurteilen, wünschen uns jedoch genau diese Verbindung mit politischen Praxen. Schließlich verbinden wir unsere intersektionalen Ergebnisse mit dem queer-feministischer Anspruch, Handlungsansätze herauszuarbeiten, mit denen sich diejenigen Verhältnisse angreifen und verändern lassen, die Menschen unterdrücken und sie an der Entfaltung ihrer Bedürfnisse und Realisierung ihrer Lebensziele hindern.
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