Mamas Psycho-Waffen (Familie)
Befragte man Mütter über ihre Erziehungsmethoden, erhielte man meistens die Antwort, daß alles nur zum »Besten des Kindes« geschehe. Was das »Beste« ist, kann kaum eine Mutter genau definieren, aber »sie meint es immer gut«. Um diese »Mutterliebe« wirksam werden lassen zu können, verfügt Mama mehr oder weniger über ein recht ansehnliches Arsenal an effektiven Psycho-Waffen, was ihr meistens gar nicht bewußt ist, weil sie es so macht, wie es ihre Mutter und deren Mutter schon für richtig hielten. Ob sie nun als »ewige Beschützerin«, »mächtige Herrscherin«, »Supermutter«, »Besserwisserin«, »Ehrgeizige«, »Märtyrerin«, »fürsorgliche Verrücktmacherin« oder »Liebesengel« auftritt - stets versteht sie es, mit ihren Schwertern der Liebe für Anstand und Ordnung im Kinderzimmer zu sorgen, eine Ordnung, die lebenslänglich männliches Wahrnehmen, Fühlen, Denken, Verhalten und Handeln bestimmen wird.
Ewige Beschützerin
Vier Hauptzüge kennzeichnen das mütterliche Beschützer-Syndrom: a) Übertriebener Körperkontakt, spätes Abstillen, entmündigende Hilfe beim Waschen, Baden, Ankleiden und Essen sowie in vielen Fällen Schlafgemeinschaft, zum Teil über die späte Kindheit hinaus bis ins Erwachsenenalter hinein, b) Verkindlichung des Nachwuchses aus dem unbewußten Wunsch heraus, das Kind für immer behalten zu können. Von Erwachsenen hört man dann später Aussagen wie »wir durften mit 12 Jahren nicht ins Kino zum Karl-May-Film. Auch Schwimmengehen alleine war nicht drin«, oder »meine Mutter legte mir noch, als ich 13 war, jeden Morgen die Anziehsachen raus«, »Mutter suchte die Schuhe aus«, »ich durfte mir in Schulpausen nichts kaufen, sondern mußte Mutters >viel gesünderes< Ökomüsli futtern«, »dauernd lief sie zu den Lehrern und erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden, weil ich doch alles sei, was sie habe«, »sie traute mir nichts zu, weil ich immer >noch zu klein< oder >zu jung< war«, c) ÜberÄngstlichkeit der Mutter erlaubt dem Kind kaum Selbständigkeit, da Mutter stets und überall große Risiken wittert, die ihren Drang zur vorschnellen Hilfeleistung rechtfertigen. Sie räumt nicht nur ihrem Sprößling alle Hindernisse aus dem Weg, sondern wacht auch angestrengt über alle verborgenen Krankheiten und Unpäßlichkeiten des Kindes. Den Arzt macht sie zum Verbündeten, den häuslichen Medizinschrank zur Lebenskrücke. Ihre Produkte bangen als perfekte Hypochonder später selbst ständig um die eigene Gesundheit und werden ihren zwanghaft krankgeschriebenen Körper kaum als wirkliche Kraftquelle empfinden können. Das Resultat solcher Einflüsse: Verkümmerung der Sozialreife des Sohnes, da Mutter ihm alle Schwierigkeiten abgenommen hat. Ohne Chance, je selbst aktiv eingreifen zu können, steht er ohnmächtig im Handlungsabseits mütterlicher Aktivität. Alles bleibt ihm erspart, Kämpfe, Enttäuschungen, Auseinandersetzungen - aber auch, aktiv werden zu müssen. Mutter läßt ihm aber auch gar nichts, wogegen er ankämpfen oder anrennen könnte, »so gut meint sie es mit ihm«. Seine natürliche Aggressivität, Neugierde, die Fähigkeit wirklichkeitsnah zu denken und an Konflikten zu wachsen, verkümmern jämmerlich und fehlen als wesentliche Triebfedern späterer Lebensbewältigung und Glückserfahrung. Dagegen wachsen narzißtische Ichbezogenheit und Abhängigkeit von der Mutter. Sämtliche überlebensnotwendigen Aggressions-Energien haben kaum Chancen, sich produktiv entfalten zu können, allenfalls treten sie als destruktive Negativenergien in Form von Gewalttätigkeit oder Selbstzerstörung auf.
Mächtige Herrscherin
»Zum Bund hätte ich nicht gemußt, das hat schon meine Mutter besorgt, aber gründlicher!« (Rolf, 28, Lagerverwalter, wuchs ohne Vater auf.) »Meine Mutter hat immer Kleiderbügel auf meinem Hintern kaputtgeschlagen« (Kurt, 27, Computertrainer einer Versicherungsgesellschaft, mit 18 Jahren Mitglied einer Schlägerbande). Herrschsüchtige Mütter haben mit dem Typus der »ewigen Beschützerin« gemeinsam, daß sie erheblich die Ich-Entwicklung ihrer Kinder blockieren. Im Wirkzentrum dieser »Schrei-, Prugel- und Aggressions-Mutter« stehen Feindseligkeiten, Herrschsucht und Machtbeweise gegenüber ihren Geschöpfen. Oft aus der unbewußten Wunde des eigenen Ungeliebtseins heraus reagieren diese Mutter egozentrisch und unwirsch.
- Ohrfeigen und Prügel ersetzen das konstruktive Gespräch nach dem Motto "Wer nicht hören will, muß fühlen." Oft wird der (meist schwache) Vater vorgeschoben und als mütterliche Strafinstanz mißbraucht: »Warte, bis Vater nach Hause kommt«
- Schwarz-Weiß-Malerei treibt Kinder in Entscheidungskonflikte »Entweder du machst Hausaufgaben, oder du landest in der Gosse.« / »Wenn du nicht lieb bist, kommt der schwarze Mann und holt dich.«
- Terrormütter strafen blitzschnell und zeigen wenig Verständnis für Entschuldigungen. Ungehorsam empfinden sie als bewußte Provokation und Attacke des Kindes gegenüber sich selbst. Kindliches Unvermögen oder Vergeßlichkeit, Erschöpfungszustände nach der Schule oder kindliche Sorgen werden nicht akzeptiert »Das hast du absichtlich gemacht, um mich zu ärgern, du bist böse, das werd ich dir schon austreiben!«, »Ich denke gar nicht dran, Stephan aus der Wiege zu holen, der schreit nur, damit wir uns um ihn kümmern sollen. Der muß lernen, daß er nicht alles mit uns machen kann.« / »Du hast ja den Mülleimer immer noch nicht ausgeleert, und wie dein Zimmer wieder aussieht, du boykottierst mich, fällst mir in den Rucken, weil du auch gar nichts für die Familie tust. Na warte «
- Besonders vergiftend für die Kinderseele ist, wenn Terrormütter die Ohnmacht ihrer Kinder ausnutzen und eisige Gefühlskalte verbreiten »Du brauchst gar nicht angeheult zu kommen. Ich will nichts mehr von dir wissen. Bist ja selbst dran schuld.«, »Jetzt haste gesehen, wohin das fuhrt. Ohne mich warst du nämlich gar nichts.«
- Machthungrige Mütter neigen dazu, Aggressionen und offene Äußerungen ihrer Kinder zu unterdrücken, wenn diese nicht in ihr Konzept passen. Das verursacht neurotische Verhaltensweisen bei den Kindern, die beispielsweise, um seelisch zu überleben, lieber sich selbst die Schuld für Mutters Gefühlskälte geben, statt sich zur Wehr zu setzen und als »böse« abqualifiziert zu werden. Da sie angewiesen sind auf die Mutter, werden sie alles versuchen, um fügsam zu erscheinen. Die verdrängte Wut kann dazu fuhren, daß der spätere Erwachsene dann seiner Umwelt mißtrauisch bis gewalttätig gegenüber steht. Nicht selten wachsen im Schatten von Terrormuttern Pessimisten heran, die stets das Gefühl haben, in einer feindseligen schlechten Welt zu leben, in der sie unerwünscht sind. Machtbesessene Mütter wählen, obwohl sie Schwäche ablehnen, meistens einen Schwächling zum Partner, der ihrer Macht nichts anhaben kann, sondern als gefälliger »Kopfnicker« (Jawohl, Liebling. Ganz wie du meinst, mein Schatz... ) mißbraucht wird. Die Ehe ist infolgedessen natürlich eine einzige Enttäuschung. Die Verachtung für den Gatten überträgt sich auf den eigenen Sohn, der dann ebenfalls als Weichling abqualifiziert wird. Für den Sohn, der vielleicht alles versucht, um sein Männerimage aufzubessern, entfällt der Vater als Identifikationsmöglichkeit. Was bleibt, ist die starke Mutter, die vermeintlich Orientierung und Halt gibt.
Supermutter
Sie ist Schauspiel-Star, Politikerin, hohe Funktionärin, Managerin oder erfolgreiche Superfrau, eine Überfrau, die es verstanden hat, Haken wegzustecken, ohne mit ihren langen Wimpern zu zucken, die mit gesellschaftlicher Anerkennung überschüttet wird. Sie tritt auf als mächtiger Star, in dessen Erfolgsschatten der Ehegatte steht, für den dann und wann mal ein Strahl ihrer »Erfolgssonne« abfällt. Im Kampf um Seele und Geist ihres Sohnes setzt sie ihren Status ein, um ihn im Bann widerspruchsloser Bewunderung zu halten. Er ist derart vom Erfolg der Mutter beeindruckt, daß er sich Mutters Liebe, um die alle Fremden zu buhlen scheinen, unbedingt erhalten mochte. Da sie häufig abwesend oder mit anderweitigen Verpflichtungen beschäftigt ist, kann der Sohn ihrer Liebe nie sicher sein. Die ewige Angst um seine Rolle bei der Mutter bindet ihn um so mehr an sie. Sie weiß dabei seine Gemütslage auch durch bedingte Liebesbezeugungen (vgl. »Liebesengel«) auszunutzen. Sie spielt dann mit dem Sohn (oftmals unbewußt) ähnlich wie mit ihren zahlreichen Bewunderern. Einer Liebenswürdigkeit, die das Feuer der Beziehung aufrechterhalten soll, folgt eine Abfuhr, ganz nach Laune. Diese Launen sind letztlich wenig anderes als immer wieder neue Anstöße, um sie zu werben. Der Sohn tut dies dann auch, in ständiger Angst, ihre Zuwendung zu verlieren. Sein ständiges Bemühen um die Liebe seiner Mutter raubt dem Knaben wichtige Kräfte, die er dringend zum Aufbau seiner eigenen Persönlichkeit bräuchte. Immer gilt es, neue Hindernisse (Abwesenheit der Mutter, Zurückweisung, hektisches Zuhören usw.) auf dem Weg zu ihr zu überwinden. Zweifel, Wut und Haßgefühle gegenüber der »lieben Mutter« werden mit inneren Vorhaltungen wie »so viele Bewunderer können sich doch nicht irren, Mutter ist ganz toll und lieb. Es liegt nur an mir, wenn sie keine Zeit für mich hat(...). Jeder liebt doch meine Mutter, wenn ich sie nicht liebte, wäre das doch nicht normal» verdrängt. Seine Individualität erstickt im Kampf um echte Geborgenheit. Seine Persönlichkeitsentwicklung kümmert vor sich hin, denn in seiner Lage scheint es ihm zudem der leichtere Weg zu sein, über die Position als »Mutters Sohn« die Anerkennung der Umwelt zu erhalten, die er sich ansonsten mühsam selbst erarbeiten müßte. Das bindet ihn zusätzlich an die Supermutter.
Besserwisserin
Die »Intelligenzbestie« Mutter ist eine Pseudointellektuelle, die glaubt, im Besitz der Wahrheit zu sein, und verlernt hat, beweglich, neugierig und aufgeschlossen zu bleiben. Voller Vorurteile, redegewandt, mit einem großen Sachwissen und fabelhaftem Gedächtnis (das rechte Zitat stets parat) schüchtert sie ihre Umgebung und Kinder ein. In einer sterilen Erziehungsatmosphäre trainiert sie ihren Kindern natürliche Kritikfähigkeit, Neugierde und gesunden Menschenverstand ab (Von »Was hat das Sandmannchen gesagt?« über »Aber Goethe meinte« bis hin zu »Die Beurteilung mußt du schon mir überlassen, schließlich hab ich das ja mal studiert« und »Überlaß am besten deiner Mutter das Denken, davon verstehst du nichts«). Das Kind wird belehrt und mit Wissen vollgestopft, ohne ausreichend erfahren zu können, daß seine eigenen Ideen mindestens genauso wertvoll sind. Problemlösungen saugt das Kind wie ein Schwamm auf, Zuhören und den Worten der Mutter folgen ist wichtiger als eigenes Nachdenken. Statt des gewünschten Bildungsbürgers wachst ein Mitläufertyp heran, dessen Geistespotential lenkbar, gezielt und begrenzbar einsetzbar ist, den man »benutzen« kann. Ein regelrechter Untertan, der gut manipulierbar und fremdzubestimmen ist. Das eigene Urteilsvermögen ist verkümmert, er ist später nicht nur von Frauen, sondern von allen, die »Mutterersatz« (Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kirchen, Parteien, Verbände usw.) signalisieren, abhängig. Sein Lebensmotto könnte einmal lauten »Wenn ich nichts riskiere, kann ich auch keinen Fehler machen!«
Ehrgeizige
»All ihre Liebe und Phantasie, ihren ganzen Fleiß, jede Minute und jeden Gedanken, ihre gesamte Existenz setzte sie fanatisch auf eine Karte - auf mich. Ihr Einsatz hieß Ihr Leben mit Haut und Haar. Die Spielkarte war ich, deshalb mußte ich gewinnen. Deshalb wurde ich bester Schüler und der bravste Sohn. Ich hätte es nicht ertragen, wenn sie ihr großes Spiel verloren hätte. Da sie die vollkommene Mutter sein wollte und war, gab es für mich, die Spielkarte, keinen Zweifel: Ich mußte der vollkommene Sohn werden«, bekannte Erich Kästner. Erich Kästners Mutter war ein »Mischtyp« aus aufopferungsvoller und ehrgeiziger Mutter, so wie es Millionen heutiger Mütter auch sind. Sie bemerken kaum ihren systematischen, mehr an ein Geschäftskonzept erinnernden Erziehungsplan. Ehrgeizige Mütter sind »Karriere-Treiberinnen«, die mit einer einzigen Hoffnung leben: »Eines Tages werden sich die Entbehrungen und Mühen auszahlen, wenn er durch meine Hilfe die Karriereleiter hochfällt«. Alles Handeln steht unter dem Aspekt »Nutzt es meinem Sohn zum Aufstieg?« Insbesondere Söhne sind Hoffnungsträger. Auf sie können Eltern all ihre Wünsche und Erfolgserwartungen projizieren, die bei ihnen selbst unerfüllt blieben. Beispielsweise wollen sich viele Mutter für ihre Entbehrungen entschädigen, indem sie ihren Sohn zur Karriere antreiben. Wenn sie dann am Erfolg des Sohnes partizipieren, können sie damit zumindest aus »zweiter Hand« an der »großen weiten Welt« teilhaben. Weil Söhne ihre Mütter nicht enttäuschen wollen, lassen sie sich als Projektionsobjekte mißbrauchen, lernen, die mütterlichen Unzulänglichkeiten zu vertuschen, deren Lebenslügen nicht nur zu decken, sondern zu ihren eigenen zu machen. Viele Söhne ehrgeiziger Mutter fühlen sich aber auch von diesem Erwartungsdruck derart überfordert, daß sie mit Verweigerung reagieren. Sie boykottieren meist unbewußt die mütterlichen Liebesgaben, indem sie mit Aggressivität, Leistungsverweigerung oder Erschöpfungssymptomen reagieren. Den Leistungsabfall ihres Goldjungen können dann Mütter kaum nachvollziehen, haben sie »doch wirklich alles nur Erdenkliche für ihren Jungen getan«.
Märtyrerin
Ziel und Zweck der subtilen Manipulationen, mit denen die Märtyrer-Mutter ein schlechtes Gewissen erzeugt, ist es, die Treue und Ergebenheit des Sohnes zu erzwingen. Die unterschwelligen Druck- oder Kontrollmittel, mit denen sie sich der Sohnesliebe vergewissert, sind vielfältig. Alle Arten von körperlichen Krankheiten, von Kreislaufstörungen über Herzneurosen, Tetanie, rheumatischen Beschwerden bis hin zu häufigen Erkältungen und Darmbeschwerden können als Druckmittel eingesetzt werden, um den Sohn gefügig zu machen, der Mutter natürlich nicht leiden lassen kann. Besonders wirksam ist auch Einsamkeit, Verlassensein, erfahrenes Unrecht und Zurückweisung, Armut, Alter, angebliche Nutzlosigkeit etc. Buchhändler Matthias berichtet von so einer Märtyrer-Mutter »Meinen Paris-Trip konnte ich echt vergessen. In der Nacht vor unserer Abfahrt bekam meine Mutter Herzrhythmusstorungen.« Oder der Sozialarbeiter Gerd »Als ich meiner Mutter verkündete, Weihnachten dieses Jahr mit meiner Freundin allein feiern zu wollen, sagte sie >Ja, ist recht, ihr mußt auch mal für euch sein< Dann passierten nacheinander Dinge mit meiner Mutter, die es mir unmöglich machten, sie Weihnachten allein zu lassen. In der gesamten Vorweihnachtszeit brachte sie uns jedes Wochenende einen Kuchen, ging dann aber gleich wieder. Sie versorgte unsere Blumen und leerte den Briefkasten, als wir ein Wochenende nach Salzburg fuhren, und nähte als Überraschung mit dem seit Wochen liegengebliebenen Stoff die Vorhänge für unser Wohnzimmer fertig. Eine Woche vor Weihnachten nahm sie uns, die wir im Weihnachtsgeschäft zeitlich stark belastet waren, wichtige Weihnachtseinkäufe ab. Zwei Tage vor Weihnachten hatte sie vorsorglich doch schon mal eine Ente gekauft, >falls wir es uns mit Weihnachten noch überlegen sollten<, und dann am Heiligen Abend gegen 16:00 Uhr kam der Anruf >lch wollte euch nur einen schonen heiligen Abend wünschen Ja, ich wollte das eigentlich gar nicht sagen, aber ich muß euch doch darüber informieren, falls es schlimmer wird. Ich bin nämlich gestürzt. Nein, ihr braucht nicht kommen, wirklich nicht, hab ja noch meinen linken Arm.< Das war das Stichwort, wir hätten es nicht übers Herz gebracht, die aufopferungsvolle Mutter, die nun selbst Hilfe braucht, ausgerechnet Weihnachten, am Fest der Liebe, allein zu lassen. Sie schafft es eben immer wieder, uns durch ständig neue widrige Umstände, die man ihr wirklich nicht vorwerfen konnte, an sich zu binden« »Immer wenn ich mal für mich sein wollte, mich auf mich selbst besinnen wollte, etwas vorhatte, bekam Mutter ihre Depressionen, das heulende Elend. Ich hatte immer das Gefühl, undankbar und für das Leid meiner Mutter mitverantwortlich zu sein. Schließlich hab ich ihr einiges zu verdanken«, erinnert sich der Redakteur Thomas. Märtyrer-Mutter lenken ihre Söhne, für die sie sich aufopferten, mit Schuldgefühlen von deren eigener Entwicklung ab. So zieht der Junge schon frühzeitig die irrige Schlußfolgerung »Weil Mutter von Grund auf gut ist, muß ich (vielleicht weil ich ein Junge bin) Schuld haben, wenn sie leidet!« Diese verhängnisvolle Formel macht ihn später zum perfekt manipulierbaren Frauenknecht, nach dem Motto: "Wir Männer sind alle schlecht".
Fürsorgliche Verrücktmacherin
Getarnt mit einem Mantel gutmütterlicher Absichten, kann dieser Muttertyp all seine innere Zerrissenheit - schuldbewußte »Zuneigung« und »Sorge« einerseits, Feindseligkeit, Angst, Wut andererseits - vertuschen. Die Gemütsschwankungen zwischen fürsorglicher Selbstaufgabe und Neid/Aggressionen, die wohl von dem Gefühl herrühren, in der Kindheit selbst zu kurz gekommen zu sein, können Kinder stark verunsichern. Denn diese wissen aufgrund der mütterlichen Wechselhaftigkeit und seelischen Sprunghaftigkeit nie, welches Verhalten gegenüber der Mutter eine herzliche, welches eine unwirsche Reaktion hervorruft. Dadurch verlieren Kinder ihr emotionales Gleichgewicht, werden leicht manipulierbar und flüchten aus emotionalem Selbstschutz in Ich-Bezogenheit, Pseudo-ldentitäten (Extremistengruppen) oder Suchtmittel (von Arbeit bis Rauschdrogen). Besonders Knaben, die aufgrund ihrer Andersgeschlechtlichkeit noch weniger die Gemütszustände ihrer Mutter nachvollziehen können, leiden stark unter der mütterlichen Inkonsequenz. »Manchmal war es schrecklich mit ihr«, berichtet Harald wahrend einer Drogentherapie, »denn was bei ihr heute galt, war morgen schon nichts mehr wert und umgekehrt. Beispielsweise hatte sie mir einmal einen riesigen Terror gemacht, weil ich abends, als sie vom Einkaufen heimkam, noch nicht den Hund ausgeführt hatte. Dabei hatte sie sich am Tag zuvor noch sehr gefreut, daß ich ihr mit dem >Gassigehen< nicht zuvorgekommen sei, weil sie so noch einen schonen Spaziergang machen konnte«
»Liebesengel«
Das wirksamste Instrument, um Männer zum Mutterknecht zu erziehen, ist die unterschiedliche Dosierung von Mutterliebe. Die bedingte Liebe ist ein subtiles Mittel, mit dem die aufgrund ihrer Andersgeschlechtlichkeit emotional ohnehin unsichereren Sohne besonders gefügig gemacht werden können. Die Mutter lenkt den Sohn, indem sie ihm Zuneigung schenkt oder ihm ihre Liebe entzieht, bzw. den Liebesentzug direkt oder verschlüsselt androht. Diese subtile Methode zielt immer auf die ganze Person des Jungen, so daß bei jedem »Vergehen« ein Ohnmachtsgefühl und eine panische Angst entstehen kann, die gesamte Mutterzuneigung zugleich zu verlieren. Das Unfaire dieser Erziehungsmethode besteht dann, daß Mütter beispielsweise nicht konkret sagen »Ich mag nicht, was du da eben tust«, sondern daß sie stets sagen »Ich mag dich nicht, wenn oder weil du das tust.« Weil das Kind schon früh erfahren hat, daß Mutterliebe das »Wichtigste« für sein Wohlbefinden sei und es ohne sie verloren wäre, führt der Schleuderkurs zwischen Geliebt- und Abgelehntwerden zu einer Erschütterung seines Urvertrauens. Dieses für eine selbständige Lebensbewältigung nötige Gefühl kann sich niemals entwickeln oder wird zunehmend zerstört. Eine besonders hinterhältige Methode von Liebesentzug ist es, Kinder nicht um ihrer Selbst, sondern nur um ihrer Leistungen willen zu achten. Dabei erfährt das Kind unterschwellig, daß es lediglich Objekt mütterlicher Erfolgsbegierde und nur so viel wert wie seine Leistungen ist. »Bei uns fing das Leben erst mit dem Abitur an«, »Einsen zu bringen, war selbstverständlich, ein Befriedigend eine Katastrophe« Die Manipulation durch Mutterliebe ist die wesentlichste Erziehungsmethode, um rollenkonformes, leistungsgerechtes Verhalten beim späteren Manne zu bewirken. Umfang, Art und Qualität seiner erfahrenen Mutterliebe werden über die Qualität seines Sozialverhaltens bestimmen. Er wird kaum mehr geben können, als er einst erhielt.
Ob »Überhütung«, »Strafenterror« oder »Liebesentzug«, je nach Bildungsstand, Persönlichkeit, Laune, Einstellung, Erziehungszielen, sozio- ökonomischer oder psychosozialer Situation bedienen sich Eltern, also vornehmlich die Mütter oder die müttergeprägten Väter, mehr oder weniger dieser weiblichen Erziehungs-Maßnahmen. Bedenkt man, daß in Österreich ein Kind bis zum 14. Lebensjahr im Durchschnitt über 80 000 Mal gemaßregelt, geschlagen oder bestraft wurde (ohne Einbezug der subtilen Geschosse wie etwa Liebesentzug, Schuldzuweisung etc.), wird klar, wo das Aggressionspotential entsteht, was heute weltweit unser Leben bedroht, nämlich nicht erst beim erwachsenen Mann, sondern im von der Mutter beherrschten Kinderzimmer.
[Felix Stern, "Und wer befreit die Männer?"]