Über die Selbstgerechtigkeit - und die Anderen sind schuld, die sind von gestern (Gesellschaft)
Der Skeptiker Odo Marquard hat in mehreren seiner Essays über Selbstgerechtigkeit nachgedacht, die darin zum Ausdruck kommt, dass Menschen bei notorisch gutem Gewissen andere Menschen im Exzess anklagen. Als philosophiegeschichtlichen Ursprung solcher Selbstgerechtigkeit identifizierte Marquard die Überwindung der Leibniz-Theodizee durch die Annahme der Nichtexistenz Gottes, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts zur Entstehung der Geschichtsphilosophie geführt habe. Dort wird nicht mehr Gott, sondern der Mensch als Schöpfer der Geschichte erachtet, wobei für die Übel der Welt weiterhin ein Angeklagter gebraucht wird – eine Rolle, die nun nicht mehr Gott, sondern nur noch der Mensch selbst ausfüllen kann. Es kommt zur „Übertribunalisierung der Lebenswirklichkeit“, zu einer Situation, in der „der Mensch als wegen der Übel der Welt absolut Angeklager – vor einem Dauertribunal, dessen Angeklagter und Richter der Mensch selber ist – unter absoluten Rechtfertigungsdruck, unter absoluten Legitimationszwang gerät“, einen Zwang, der in einer säkularen Philosophie allerdings nicht mehr durch die göttliche Gnade abgefedert und der damit unaushaltbar und unlebbar wird. Der Mensch gerät unter extremen Druck, in die Unbelangbarkeit auszubrechen; eine (von mehreren) Möglichkeit dazu bietet die Flucht aus dem Gewissen-Haben in ein „Gewissen-Sein“: aus der Rolle des absoluten Angeklagten entkommt der Mensch, indem er die Rolle des absoluten Anklägers zu seiner ausschließlichen Rolle macht: „absolute Angeklagte sind dann zwar die Menschen, aber nur noch die anderen Menschen, weil man selber nur noch der absolute Ankläger ist.“ Eine radikale Zuspitzung dieser Idee fand Marquard in der revolutionären Geschichtsphilosophie, zu der die Neue Linke die Kritische Theorie gegen den Widerstand ihrer Erfinder und Protagonisten weiterentwickelt hatte und die das „Gewissen-Sein“ zum Prinzip einer Avantgarde mache, deren Vertreter nicht mehr belangbar seien, weil sie sich selbst der Zukunft und alle anderen der Vergangenheit zurechnen, und die an der Kritik hauptsächlich deshalb so viel Geschmack finde, weil diese Tätigkeit sie von der Bürde des Gewissens befreie. https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstgerechtigkeit#Philosophische_Perspektive
Da scheint es dran zu sein, wenn ich alleine an den Migrationspakt denke, der unter deutscher Federführung zustande kam. Man muss allerdings dazu sagen, dass das Ergebnis insgesamt nach meinen Erkenntnissen schon lange vor Merkel gedacht wurden. Doris Auerbach hat das auf Jouwatch noch einmal schön zusammengefasst.
Unsere Umvolkung – Ein Konzept
Wie Stephan Harbarth, Vizepräsident am Bundesverfassungsgericht, Mitte November erklärte, »muß der rechtspopulistischen Erzählung, dass eine kleine internationale Elite im Geheimen an Abkommen arbeite, mit denen der ›Austausch der Bevölkerung durch Angehörige fremder Kulturen‹ bezweckt werde, und die an andere demokratiefeindliche Verschwörungstheorien erinnert, entschlossen entgegengetreten werden«.
Das mit Stephan Harbarth ging aber schnell. Gerade noch im Bundestag und jetzt bereits Vizepräsident... wow...
Nun dürfte es inzwischen durchgedrungen sein, dass der Migrationspakt sehr wohl in aller Stille ausgearbeitet wurde, ebenso, dass es sich bei dem Bevölkerungsaustausch keineswegs um eine Verschwörungstheorie handelt, sondern um eine klar ausgesprochene Zielsetzung, die Herrn Harbarth bislang entgangen zu sein scheint. Insofern geht es hier mitnichten darum, einer ›rechtspopulistischen Dichtung‹ entgegenzutreten, sondern darum, die Chronologie der für uns eindeutig geplanten Umvolkung aufzuzeichnen:
Hinter diesem Abkommen, das auf so ›humanitären Pfaden‹ daherkommt, sehe ich die gezielt angestrebte Umsetzung der von der EU-Kommission für die Europäer insgesamt vorgesehenen ethnischen Vermischung. Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese von mir als hochgradig abartig und destruktiv betrachtete Intention bislang nicht das erforderliche Echo ausgelöst hat.[..] https://www.journalistenwatch.com/2018/12/23/unsere-umvolkung-ein/
Frau Auerbach beschreibt die einzelnen Stationen und wer wann und wo zu diesem Thema seine Gedanken veröffentlicht hat und das war teilweise lange vor 2015.
Gefunden habe ich den ersten Absatz dieses Beitrages im übrigen hier: https://gloria.tv/article/396Nb6UCExWYBzc8UcUVDfwZR
Bei Wikipedia steht unter "Philosophische Perspektive" noch folgender Satz am Anfang:
In seiner 1935 im Exil geschriebenen Analyse Die verspätete Nation hat der Philosoph Helmuth Plessner einen Typ von Selbstgerechtigkeit beschrieben, den er als spezifisch deutsch empfand und den er als Kompensation von Unsicherheit, als Selbstschutz vor einer chaotisierten Individualisiertheit zu erklären versucht hat, und der sehr leicht in Gewaltsamkeit umschlagen könne.
Ist das Geschriebene tatsächlich etwas deutsch spezifisches? In anderen europäischen Städten mögen zwar mehr Menschen auf die Straße gehen, aber im Grunde genommen sind sie dann doch uns ähnlich, z.B. gerade was die Gewalt angeht. Ob diese nun staatlich gesteuert ist oder nicht, spielt im Endeffekt keine Rolle.
Christine
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohl angepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
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Christine,
24.12.2018, 09:10
- Über die Selbstgerechtigkeit - und die Anderen sind schuld, die sind von gestern - Albert, 26.12.2018, 16:32