Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

Homepage - Archiv 1 - Archiv 2 -- Hilfe - Regeln für dieses Forum - Kontakt - Über uns

126048 Einträge in 30883 Threads, 293 registrierte Benutzer, 222 Benutzer online (0 registrierte, 222 Gäste)

Entweder bist Du ein aktiver Teil der Lösung, oder ein Teil des Problems.
Es gibt keine unbeteiligten Zuschauer!

    WikiMANNia
    Femokratieblog

Liste Femanzen Ulrike Helwerth (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Wednesday, 16.12.2015, 19:16 (vor 3064 Tagen)

F432 Ulrike Helwerth – geboren 1955 – seit 2001 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Deutscher Frauenrat - u.helwerth@frauenrat.de - http://www.frauenrat.de/uploads/pics/Ulrike_Helwerth_06.jpg

Die Beschimpfung und Bedrohung von frauenpolitischen und feministischen Akteurinnen im Internet nimmt immer größere Ausmaße an. Eine besorgniserregende Entwicklung, mit der sich eine Netzwerktagung in Berlin am 27. November beschäftigte. Die Teilnehmerinnen fordern unter anderem ein neues Gesetz gegen sogenanntes Cybermobbing.
Netzexpertinnen, Gleichstellungsbeauftragte und andere Interessierte, die auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros (BAG) unter dem Titel „Dann geh' doch nicht ins Internet“ zusammenkamen, sind besorgt über die Zunahme von virtuellen Angriffen auf Netzaktivistinnen.

Sie fordern deshalb
• die Einsetzung eines Ethikrates zum Thema Diskriminierung speziell von Frauen und Mädchen im Internet,
• ein neues Gesetz gegen Cybermobbing,
• Mechanismen, damit Betreiber und Anbieter von Webseiten und Social Media Portalen, auch aus dem Ausland, für materielle und immaterielle Schäden in Haftung genommen werden können,
• eine bundesweite Kampagne „Ächtung von Cybersexismus und sexueller Belästigung im Internet“,
• mehr Beratungs- und Anlaufstellen für Frauen und Mädchen, die Opfer von Cybermobbing geworden sind,
• Schulungen für Polizei und Justiz.
Viele Angreifer gehen organisiert vor
Cybermobbing, so die Schlusserklärung der Tagung, beschränke sich nicht auf Einzelfälle, sondern sei eine weitere Form der Frauendiskriminierung. Gerade, wenn es um feministische und gleichstellungspolitische Äußerungen gehe, um Quoten oder die Alltagsdiskriminierung von Frauen, würden Männer Sturm laufen und sogenannte Hate Speeches und Shitstorms organisieren und/ oder persönliche Angriffe auf Leib und Leben androhen – im Einzelfall sogar Vergewaltigung. Viele dieser Akteure seien organisiert und wüssten, dass sie keine Konsequenzen zu befürchten hätten, denn die Anonymität im Netz biete ihnen Schutz.

Systematisch anonymen Drohungen ausgesetzt
Bei diesen Belästigungen seien nahezu ausschließlich Frauen und Mädchen betroffen: Frauen, die mit geschlechterpolitischen oder feministischen Inhalten netzöffentlich in Erscheinung treten, würden sich vielfach beleidigenden Online-Botschaften aussetzen. Betroffen davon seien Bloggerinnen und Journalistinnen, deren hauptsächliches Betätigungsfeld das Internet darstelle, sowie Politikerinnen und Wissenschaftlerinnen aber auch Gleichstellungsbeauftragte von Kommunen, die ebenfalls über das Internet zu erreichen seien.

„Systematisch anonymen Drohungen ausgesetzt zu sein, erschwert es Frauen und Mädchen, das Internet gleichberechtigt zu nutzen, als weiblichen Raum zu erobern und damit eine Gegenöffentlichkeit im Netz herzustellen. Frauen, die Gewalt im Internet ausgesetzt sind, verlieren manchmal sogar ihre Existenz – gerade dann, wenn sie durch Kommunikation über das Internet ganz oder teilweise ihren Lebensunterhalt verdienen“, heißt es in der Abschlusserklärung. Und weiter: „Im Internet und in den sozialen Medien müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass Frauen und Männer sich ohne Angst vor Repressalien äußern können. Das geht nur, wenn Politik, Gesetzgeber und Betreiber von Kommunikationsdiensten Diskriminierung und Bedrohung nicht zulassen.“

Bei der Tagung entstand auch die Idee, einen Bundesverband für Frauen im Netz zu gründen.

DF: Gewalt im Internet genauso verfolgen wie andere Online-Kriminalität
Sandra Becker, Vorstandsmitglied des Deutschen Frauenrates, die an der BAG-Tagung teilnahm, sagte: „Beim Cybermobbing handelt sich um Gewalt gegen Frauen in neuer Verpackung. Die Opfer werden beobachtet und ihre Profile gebraucht und missbraucht. Computerstraftaten werden nicht angezeigt, weil die Geschädigten glauben, dass es sowieso nichts bringt. Polizei und Justiz sind der Situation schlecht gewachsen. Doch ‚virtuelle‘ Gewalt muss genauso verfolgt und geahndet werden wie andere Kriminalität im Internet, etwa bei Online-Banking auch.“
Der Deutsche Frauenrat fordert mit Beschluss von 2014 die Verantwortlichen in Politik und Unternehmen auf, die gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung und Ahndung von Cybermobbing konsequent umzusetzen. Iim Sinne der Personalverantwortung müssen hinreichende Präventions- und Aufklärungsarbeit zu Cybermobbing am Arbeitsplatz durchgeführt sowie Betroffenen Unterstützung angeboten werden. Vorfälle von Cybermobbing im Unternehmen müssen konsequent arbeitsrechtlich geahndet werden. Darüber hinaus müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Internet führen.

Bereits vor vier Jahren hatte sich eine Fachtagung des Deutschen Frauenrates zum Thema Kinderpornografie mit Gewalt im Internet auseinandergesetzt und sich mit Fragen zu deren Bekämpfung beschäftigt.

http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool/nachrichten/informationdetail/article/politik-muss-haerter-gegen-cybermobbing-vorgehen.html

Während für viele Frauen die Emanzipation noch nicht erreicht ist, geht einem Teil der Männer in Deutschland die Gleichberechtigung inzwischen zu weit. Das ergab eine repräsentative Studie.
Frauen gehen arbeiten, Männer wickeln Kinder und nehmen Elternzeit: Was früher unüblich war, wird normaler. Auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern ist in der Republik viel erreicht. Doch wollen die Deutschen eine noch stärkere Entwicklung in diese Richtung?
Nein, sagt eine Mehrheit der Männer: Mit der Gleichberechtigung reiche es, finden 64 Prozent. Das ergab die repräsentative Studie "Wie tickt der Mann?", die das Allensbach-Institut für "Bild der Frau" erstellt hat, und bei deren Präsentation auch Schauspieler Heiner Lauterbach anwesend war. 28 Prozent meinen gar, dass die Angleichung der Geschlechter bereits übertrieben worden sei.
Der Männerforscher Walter Hollstein rechnet damit, dass der "männliche Widerstand" gegen die Gleichstellungspolitik noch weiter wachse, wenn diese geschlechterpolitisch so einseitig bleibe. Die Sprecherin des Deutschen Frauenrates, Ulrike Helwerth, hält es dagegen für "ernüchternd bis frustrierend", wie wenig Männer in Deutschland einen Verbesserungsbedarf für die Gleichberechtigung sehen und beklagt einen "Emanzipationsstau".
Nur 29 Prozent der Männer sehen bei der Gleichberechtigung noch Handlungsbedarf. Bei den Frauen meint dagegen jede Zweite, dass mehr getan werden müsse. Entsprechend häufiger fühlen sich Frauen gegenüber Männern benachteiligt. 83 Prozent berichteten von Diskriminierungen. Bei den Männern waren es halb so viele.
Die Studienergebnisse decken sich laut Männerforscher Hollstein mit anderen Befunden, etwa der Sinus-Studie von 2007 über die Einstellungen 20-jähriger Frauen und Männer. "Dort drückten die jungen Männer Sympathie für Gleichberechtigung und Gleichstellung aus, monierten aber, dass nichts für sie getan wird", sagt der Soziologe.
Viele Männer in Deutschland fühlen sich auch verunsichert. So findet es jeder Dritte (35 Prozent) schwer, die Rollenerwartungen zu erfüllen. Sieben Prozent haben manchmal das Gefühl, sich gar nicht mehr wie ein richtiger Mann verhalten zu können, weil dies das Umfeld angeblich nicht akzeptiert.
Dabei könnten viele Männer eigentlich entspannter sein: Frauen wünschen sich gar nicht so viel von ihnen, wie sie denken - vor allem, was die klassische Ernährerrolle angeht. So glauben zwar 71 Prozent der Männer, dass sie für den Unterhalt der Familie aufkommen sollten. Tatsächlich wünschen sich das aber nur 60 Prozent der Frauen.
Die Mehrheit der Männer glaube zudem, dass sie familienorientierter sein und etwa mehr im Haushalt helfen sollten, sagte die Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher. Aber auch hier seien die Erwartungen längst nicht so hoch wie gedacht.
Die Rollen wollen Männer aber nicht tauschen: Nur sechs Prozent wären im nächsten Leben gern eine Frau. Und an der klassischen Arbeitsteilung im Haushalt - ein Streitpunkt in jeder zweiten Beziehung - wird sich vorerst wohl nicht viel ändern. Der Haushalt ist laut Studie weitgehend männerfreie Zone. Putzen, Kochen und Staubsaugen sind nach wie vor Frauensache.
Der Schauspieler Heiner Lauterbach, früher ein Vorzeige-Macho, wollte sich bei der Umfrage-Präsentation auf keine Geschlechterdiskussion einlassen: "Für mich gibt es nette Menschen und weniger nette Menschen, sympathische Menschen oder unsympathische Menschen oder Idioten und Genies. Aber das hängt für mich überhaupt nicht vom Geschlecht ab."

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/vermischtes/Genug-von-Gleichberechtigung;art4304,2230831

Für den Deutschen Frauenrat schreibt in dieser Newsletter-Ausgabe Ulrike Helwerth, Presse- und Öffentlichkeitsreferentin des DF.
Sexualisierte Gewalt in Konflikten: „Es ist ein Krieg gegen Frauen“
Sexualisierte Gewalt als Kriegsstrategie ist ein altes Phänomen, aber es nimmt weltweit besorgniserregend zu. Darauf machte die UN-Sondergesandte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Zainab Hawa Bangura, am 21. Mai in Berlin in einem Gespräch mit Vertreterinnen von Frauen- und Menschenrechtsorganisationen aufmerksam. Sie sparte dabei nicht mit drastischen Schilderungen.
19 Länder beziehungsweise Kriegs- und Krisengebiete stehen derzeit unter Banguras Beobachtung. Drastisch schilderte die UN-Sondergesandte ihre Eindrücke, die sie von dort, aktuell vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten, aus Nord- und Ostafrika, mitbringt. Vor allem in den von islamistischen Terrormilizen kontrollierten Gebieten – wie im Irak, in Syrien, in Somalia und Nigeria – würden die unglaublichsten Verbrechen an Frauen begangen. Sie würden etwa auf Märkten als Sklavinnen verkauft und wechselten nicht selten ein dutzendmal und öfter den Besitzer. Vor jedem Wiederverkauf würden die Opfer, da Jungfrauen einen höheren Preis erzielten, von einem Arzt „geflickt“. Viele Frauen sähen im Selbstmord den einzigen Ausweg. In anderen Fällen würden Frauen von einzelnen Bewachern oder Gruppen fortgesetzt vergewaltigt, damit solle auch Lösegeld von ihren Familien erpresst werden. Werde nicht bezahlt, käme es vor, dass den Opfern Organe entnommen würden. Gefahren für Leib und Leben drohten auch auf den Fluchtwegen und selbst in den Flüchtlingslagern, wo Frauen nachts beim Gang zur Toilette regelrecht von den Wachen aufgelauert werde. Der Krieg der Terroristen für einen islamischen Staat sei „ein Krieg gegen Frauen“, der mit modernen Waffen und Kommunikationstechnik „direkt ins Mittelalter zurückführt“, so Bangura. „Und deshalb müssen wir bei der Bekämpfung des Terrorismus die sexualisierte Gewalt gegen Frauen ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen.“
Kultur des Schweigens brechen
Bangura skizzierte auch die wesentlichen Arbeitsgebiete ihres Büros: Dabei geht es zum einen um die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC), in dessen Prozessen sexualisierte Gewalt inzwischen regelmäßig zur Anklage gebracht wird, zum anderen aber auch um Richtlinien, mit der die Wiedergutmachung für Opfer sexualisierter Kriegsgewalt geregelt werden soll. Eine weitere wichtige Aufgabe liegt darin, in den Ländern, die sich aktuell in Kriegen und bewaffneten Konflikten befinden, „die Kultur des Schweigens“ mit Blick auf sexualisierte Gewalt zu brechen. Dafür müssen sowohl die Regierungen überzeugt werden, hier mehr Verantwortung zu übernehmen, als auch die Zivilgesellschaft und vor allem die Betroffenen gestärkt werden. Gleichzeitig gilt es, auf internationaler Ebene die politische Verantwortung für das Thema zu erhöhen. Der globale legale Rahmen, der durch die UNSR-1325 und folgende gesteckt worden sei, müsse auf die nationale Ebene übersetzt und das Thema endlich auch auf die Tagesordnung der G7-Treffen, der EU und auch der Bundesregierung gesetzt werden. Sexualisierte Gewalt in Konflikten dürfe nicht länger ungesühnt bleiben. „Unser gemeinsames Ziel muss ein Ende der Straflosigkeit sein“, sagte Bangura. Ihr Besuch in Berlin verfolgte das Ziel, bei Außenminister Steinmeier und in anderen Bundesministerien um mehr politische und finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit zu werben.
Langjährige Erfahrung in Regierung und NGOs
Das Amt der Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten wurde 2009 auf Grundlage der UNSR-Resolution 1888 eingerichtet. Das Büro arbeitet eng mit anderen UN-Einrichtungen wie UN Women oder UNHCR zusammen. Zainab Hawa Bangura bekleidet dieses Amt seit 2012. Die Sierra-Leonerin, Jahrgang 1959, bringt eine reiche Erfahrung als Verteidigerin von Frauenrechten und Mitorganisatorin von Friedensprozessen in ihre Arbeit ein. Sie war außerdem auf verschiedenen Ministerinnenposten ihres Landes, u.a. als Außenministerin, tätig.
Ulrike Helwerth leitet seit 2001 das Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Frauenrates und ist in dieser Funktion auch Redakteurin der Zeitschrift FrauenRat.

https://www.unwomen.de/peking-20/die-12-themen-der-pekinger-aktionsplattform/themenfeld-frauen-und-bewaffnete-konflikte/sexualisierte-gewalt-in-konflikten-ein-beitrag-von-ulrike-helwerth.html

Ostfrauen sind trutschige Muttis und Westfrauen nervende Emanzen. So sehen sich Feministinnen aus beiden Teilen des Landes nach der Wende. Eine gesamtdeutsche Frauenbewegung scheitert, weil sie nicht miteinander reden können. Ein Rückblick
VON SIMONE SCHMOLLACK

An einem stürmischen Herbsttag 1992 macht sich die Ostfrau Frauke Reinhardt auf den Weg zu einem Tagungszentrum im Osten Berlins. Dort findet ein Frauenkongress statt, er soll die ostdeutsche und die westdeutsche Frauenbewegung endlich zusammenführen. Daran arbeiten Feministinnen aus beiden Ländern schon seit dem Mauerfall, eine gesamtdeutsche Frauenbewegung ist ihr großer Traum und der Kongress einer unter vielen.
Frauke Reinhardt nimmt ihre schulpflichtige Tochter und deren Freundin mit. Später sitzen die Lehrerin und die Mädchen im großen Saal und lauschen einer Künstlerin aus dem Westen. Die erzählt etwas von Emanzipation, Feminismus und "Schwesternschaft". Plötzlich unterbricht sie ihre Rede und zischt scharf ins Mikro: "Können endlich mal die beiden Knaben aus dem Raum geführt werden." Mit "Knaben" meint sie die zwei Mädchen, sie haben kurze Haare und noch keine Brüste. Tief gekränkt verlässt Frauke Reinhardt den Kongress.
Etwa zur gleichen Zeit reist die westdeutsche Journalistin Ulrike Helwerth durch Ost- und Westdeutschland. Mit Gislinde Schwarz, einer Kollegin aus dem Osten, schreibt sie gerade an einem Buch über Feministinnen aus beiden Ländern. Spät am Abend kommen die beiden Autorinnen im thüringischen Erfurt an, bei einer weiteren Gesprächspartnerin, einer "Kirchenfrau". Ulrike Helwerth und die Protagonistin kennen sich seit 1988, die Westjournalistin schätzt die Ostfeministin als aufgeschlossene und politisch integre Partnerin. Doch was die ihr nun statt einer freundlichen Begrüßung entgegenschleudert, verletzt Ulrike Helwerth bis ins Mark. Die Ostfrau sagt: "Na, du Westfrau."
Zu Beginn der Neunzigerjahre sind die ost- und die westdeutsche Frauenbewegung wie ein unerfahrenes, binationales Liebespaar: Die Beteiligten kennen sich nicht, aber sie finden sich interessant, anziehend und exotisch. Sie wollen sich lieben, ein gutes Team sein und die Welt verändern. Aber sosehr sie sich auch darum bemühen, irgendwie will es nicht so recht klappen mit ihnen. Und warum nicht? Ganz einfach und doch so kompliziert: Sie können sich nicht einander verständlich machen. Sie sprechen komplett verschiedene Sprachen.
Ihr Buch nennen Ulrike Helwerth und Gislinde Schwarz später "Von Muttis und Emanzen". Der Titel beschreibt exakt, woran die Sprachlosigkeit der vermeintlichen Schwestern damals lag: an den verschiedenen Biografien und Lebensentwürfen von Ost- und Westfrauen. Aber was soll daran so furchtbar sein? Unterschiede lassen sich überwinden, zumindest aber lässt sich darüber debattieren.
Doch die Frauen, Feministinnen, die glauben, es mit der deutsch-deutschen Vereinigung besser zu machen als Männer, sind nicht in der Lage, das jeweils Andere, Unbekannte, Fremde anzuerkennen. Unter anderem an diesem Unvermögen scheitert der erste und einzige Versuch, Frauen in Deutschland zu einer starken gesellschaftlichen Bewegung zusammenzuführen.
Frauke Reinhardt, heute 48, arbeitet damals ehrenamtlich in einem Ostberliner Frauenprojekt, sie organisiert Diskussionen, Frauenfrühstücke und Demos gegen Paragraf 218. An einer Wand im Büro hängt ein Plakat der Ostberliner Malerin Anke Feuchtenberger: Es zeigt eine eilige schwangere Frau, die auf ihren Schultern ein Kind trägt und eines unter dem Arm. Eines Tages kommt eine Kreuzbergerin ins Büro, sieht das Bild und sagt: "Diese Vorstellung ist ja schrecklich." Frauke Reinhardt ist empört. Wieder einmal wertet eine Westfrau ihre Biografie ab.
Die Auseinandersetzungen entzünden sich immer wieder an denselben Themen: Kinder, Männer, Gleichberechtigung. Die Lebensrealitäten von Ost- und Westfrauen fallen komplett auseinander: Ostfeministinnen haben fast immer Kinder, sind verheiratet und "stehen ihren Mann" im Beruf. Westfeministinnen sind häufig lesbisch, kinderlos und studieren lange. Ostfrauen setzen auf Gleichberechtigung und wollen "mit den Männern" etwas bewegen, Westfrauen grenzen Männer strikt aus. "Unsere Hauptempörung galt dem Mann sowohl als sozialem Geschlecht als auch als Individuum", sagt Ulrike Helwerth, heute 54. Westfrauen kämpfen gleichermaßen gegen den Staat und die Herrenwelt. Ostfrauen haben nur einen Gegner, den Staat. "Diese Versöhnlichkeit mit den Männern war uns total fremd", sagt Ulrike Helwerth.
Kinder zu haben bedeutet, mit dem Feind im Bett gewesen zu sein. "Aber es war unsere normale Lebensrealität", sagt Frauke Reinhardt. "Die Mutterrolle band sehr viele Kräfte", sagt Ulrike Helwerth. Darüber lachen Ostfrauen, weil sie sich alles andere als gebunden fühlten. Schließlich kennen sie sich bestens aus mit der viel beschworenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und: Durch die Vollbeschäftigung sind sie finanziell unabhängig. Aber anders als den Westfrauen fehlt ihnen vielfach die universitäre feministische Bildung. So kommt es zur Rollenzuschreibung, die sich teilweise bis heute hält: Westfrauen können Feminismus und Gleichstellung wissenschaftlich erklären, Ostfrauen leben sie.
Streiten die Frauen mal nicht über den Nachwuchs, zerfetzen sie sich über den Sinn und Unsinn von Quoten, über die Frage, ob Feministinnen Miniröcke tragen dürfen und ob eine Frau ein Lehrer oder eine Lehrerin ist. Fast alle Ostfrauen benutzen damals die männliche Variante, so sind sie es gewohnt. Die Westfrauen sehen darin einen Totalangriff. "Sprache war eine Standarte", sagt Ulrike Helwerth.
Konsens Paragraf 218
Die Ostfrauen verweigern sich dem weiblichen Suffix und dem großen I allerdings nicht aus Trotz, sondern aus einem DDR-typischen Gefühl der Emanzipiertheit heraus: Sie sehen sich längst als gleichgestellt und glauben, eine sprachliche Sonderstellung nicht nötig zu haben. "Heute schmunzle ich darüber", sagt Frauke Reinhardt.
Die Frauen quälen sich aber nicht nur mit Missverständnissen in der Kommunikation und beim Biografieanspruch, sie finden auch sonst kaum gemeinsame Themen. Der einzige Punkt, in dem sie sich klar treffen, ist der Paragraf 218. Seit Jahrzehnten ist die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen klares politisches Ziel der Westfrauen. Nun hoffen sie auf Hilfe aus dem Osten. Auch keine Ostfrau will den Rückfall in mittelalterliche Verhältnisse, gemeinsam organisieren die Frauen eine Reihe von Paragraf-218-Demos. Was die fremden Schwestern besonders zermürbt: Sie zerreden sich und beginnen Diskurse immer wieder von vorn. Weder die westdeutsche Frauenbewegung noch die ostdeutschen Feministinnen sind ein homogenes Gebilde, es gibt Lesben, Migrantinnen, Kirchenfrauen, Unifrauen, Projektefrauen, Partei- und Basisfrauen, Frauenbeauftragte, Mütter, Arbeitslose. Das Einzige, was sie verbindet, ist der Fakt, eine Frau zu sein.
So schnell geben die Frauen ihre "Blütenträume" jedoch nicht auf. Für den 8. März 1994 planen sie den bundesweiten FrauenStreikTag, mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner: Protest gegen den frauenpolitischen Rollback seit der Wiedervereinigung.
Ein Jahr lang bereiten die Frauen den Tag vor, sie gründen regionale Streikkomitees, treffen sich zu Gesamtplenen in Kassel und denken sich Aktionen aus: Die Frauen sollen die Hausarbeit niederlegen, nicht arbeiten oder wenigstens nur Dienst nach Vorschrift tun, nicht einkaufen, nicht lächeln, den Männern die Kinder auf den Schreibtisch setzen. All das passiert auch, in machen Orten mehr, in anderen weniger. Mit dabei sind Fernsehen, Rundfunk und Presse, der Tag wird zu einem Medienereignis. Ansonsten aber bleibt er folgenlos. Die mediale Präsenz ist das Einzige, was der Tag erreicht hat, werten am Ende die Skeptikerinnen. Er war mehr, halten die Befürworterinnen dagegen: Wir konnten unsere Forderungen lauthals formulieren.
Eines aber ist der Tag tatsächlich: eine bundesweite, Aufmerksamkeit erregende und vor allem gemeinsame Aktion. Für einen Moment sind Ost- und Westfrauen keine Stiefschwestern.
Ostfeministinnen haben fast immer Kinder, sind verheiratet und "stehen ihren Mann" im Beruf. Westfeministinnen sind häufig lesbisch, kinderlos und studieren lange

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=tz&dig=2009/05/12/a0126&cHash=29f587584a

--
Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus

Ein bisschen Frauenhass steht jedem Mann!

wikimannia statt femipedia

powered by my little forum