Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: kein Recht auf Loeschung

Jörg, Monday, 10.02.2003, 23:25 (vor 7763 Tagen) @ Markus

Als Antwort auf: Re: kein Recht auf Loeschung von Markus am 10. Februar 2003 15:32:36:

Hallo Markus!

Da jetzt nun doch ernsthaft über dieses Thema diskutiert wird, gebe ich nun
auch noch mal meinen Senf dazu ab. ;-)

ein befreundeter Jurist von mir meinte, dass man davon ausgehen muss, dass auf Beiträge, die selbst später zurück liegen, noch Antworten kommen.

Daß auf ältere Beiträge noch Antworten kommen ist theoretisch durchaus
möglich, in der Praxis geschieht dies jedoch nur verhältnismäßig selten.

Dies wird vom Betreiber insofern sogar deshalb gewünscht, weil dieser ein Archiv zur Verfügung stellt.

Das Beitragsarchiv gehört zu den Standardfeatures eines Parsimony-Forums
und entsteht zumindest nicht auf besonderen Wunsch des jeweiligen Foren-
masters.

Natürlich gibt es das Rechtsmittel der Gegendarstellung. Dieses kann jedoch nur dann eingefordert werden, wenn man die Beiträge innerhalb des Forums weiterhin verfolgt. Dies kostet aber Zeit. Und genau diese Zeit kann hier als Schadensersatz geltend gemacht werden, wenn der Bitte auf komplette Löschung nicht Folge geleistet wird.

Diese Argumentation erscheint mir offengestanden recht gewagt.

Und zwar aus folgenden Gründen:

Erstmal ist das Online-Recht ja nicht gerade ein Rechtsgebiet, bei dem man
von einer gesicherten Rechtsprechung ausgehen kann.

Ein irgendwie gearteteter Rechtsanspruch erscheint mir auch schon dann
fraglich, wenn man lediglich unter der Nennung eines Vornamens oder gar
Pseudonyms im Forum aufgetreten ist. (Interessant wäre in diesem Zusammen-
hang übrigens auch mal die Fragestellung, ob man jemanden in einem Forum
beleidigen kann, der lediglich unter irgendeinem Phantasienamen in
Erscheinung getreten ist.)

Hinzu kommt: Abgesehen von der bereits erwähnten relativ geringen
Wahrscheinlichkeit, daß auf einen alten Beitrag überhaupt noch geantwortet
wird, ist es ja auch Fakt, daß die eigenen Beiträge zunächst einmal auf
eigenen Wunsch ins Forum gelangt sind (in die Presse gelangt man hingegen
auch ohne ausdrückliches eigenes Zutun). Sollte der Forenmaster dennoch
diese Beiträge im Nachhinein löschen müssen, könnte er nach meinem
Rechtsverständnis für die Zeit, die er mit dem Suchen der in Frage kommen-
den Beiträge und dem Löschen derselben zubringt, also evtl. ebenfalls
Schadensersatz geltend machen.

Unter dem faktischen Gesichtspunkt wäre ein Löschen einzelner Beiträge aus
dem Archiv wenig sinnvoll, weil dann die Threads auseinanderfallen und das
Archiv unbrauchbar wird. Es ist fraglich, ob die Interessen des Gesperrten
hier höher bewertet werden als die Interessen der übrigen Forenbesucher und
des Forenmasters, die in der Regel ein funktionierendes Archiv wünschen
dürften.

Ich werde ihn aber bald wegen was anderem kontaktieren und ihn dann nach den Paragraphen fragen.

Die Nennung eines Paragraphen allein wird wohl nicht hinreichend sein, da
jede Gerichtsentscheidung erst einmal eine Einzelfallentscheidung darstellt.
Oder mit anderen Worten: Wenn Richter A aus dem Amtsgericht Lüneburg den
§ xxx BGB in diesem Falle für anwendbar hält, muß Richter B aus dem
Amtsgericht Bremen noch lange nicht derselben Argumentation folgen.

Letztlich stellt sich aber auch die Frage danach, ob die Kosten (materieller
und immaterieller Art) eines Rechtsstreits in einem vernünftigen Verhältnis
zum Nutzen stehen. Letzteres würde ich hier eindeutig verneinen.

Man darf sich über eines nicht hinwegtäuschen: Der Forenmaster ist insofern
immer im Vorteil, als daß er allein aufgrund der technischen Gegebenheiten
erstmal Fakten schaffen kann (sprich: jemanden, den er als Störer empfindet,
aussperren kann), ob einem das gefällt oder nicht.

Gruß, Jörg


gesamter Thread:

 

powered by my little forum