Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Heute nacht auf 3sat

Ekki, Saturday, 27.05.2006, 23:18 (vor 6553 Tagen) @ Ekki

Hallo allerseits!

Ich habe mir den Film angesehen und bin der Meinung, daß er die in ihm angelegten Ansätze verspielt hat:

Im Gegensatz zum "Rosenkrieg" kamen die Konflikte hier eher "weichgespült" rüber, man hatte den Eindruck, daß der Regisseur sich vor zu großer emotionaler Wucht fürchtete.

Und ich habe den Eindruck, daß daran auch die sehr ungewöhnliche Länge des Films schuld war: 75 (!) Minuten. Warum nicht 90, wie üblich, oder noch etwas mehr? Hat da irgendjemand das Budget gedeckelt? Wie auch immer: Bei einem größeren zeitlichen Rahmen hätte man Vieles intensiver ausspielen können.

Vor allem der Schluß:

Nach mehreren Krächen und einer Beinahe-Scheidung geht das Ehepaar mit seinen Kindern an einem Gewässer spazieren. Die Frau wirft den Piepser, auf dem sich die Ex-Geliebte ihres Mannes meldet, mit der er ein Projekt durchziehen wollte, schwungvoll ins Wasser und meint, triumphierend lächelnd: "So, jetzt kann Fräulein Weiß solange piepsen, bis sie schwarz wird."

Und vom Mann - keine Reaktion. Gemeinsam setzen die beiden den Weg fort, nach außen hin das Bild eines harmonischen Ehepaares abgebend.

Selbst wenn damit gesagt werden sollte:

"Schaut mal, so endet, was mal als romantische Liebe begonnen hat" ...

... selbst wenn das die Absicht des Regisseurs gewesen sein sollte, so vermittelte sich dem Zuschauer doch nicht das Grauen, das einem beim Finale vom "Rosenkrieg" packte.

Ja, beinahe kam - vom Regisseur ungewollt? - eine andere Botschaft rüber:

"So schlimm ist alles nicht, wenn man sich zusammenrauft, ist die Ehe doch ganz was Nettes."

Vorher gab es einige durchaus starke Szenen.

Dazu zählte z.B., daß die Geliebte des Mannes mit ihm genau die gleichen Spielchen spielte, wie seine Frau am Anfang der Ehe: Er mußte schwören, etwas zu tun oder zu unterlassen, was sie von ihm verlangte. Automatisch machte da der Zuschauer den Rückschluß: Wenn die beiden zusammenfinden sollten, wird's auch nicht anders als in der jetzigen Ehe.

Am stärksten aber war die Szene kurz vor dem Tod des Vaters der Frau:

Dieser Vater erzählt auf dem Sterbebett seiner Tochter und seiner Schwiegersohn sein eigenes Leben: Seine Frau hat ihn verlassen und ist nie wiedergekommen. Unglaublich beeindruckend der Kameraschwenk auf das Gesicht der Schauspielerin, die die Ehefrau darstellte. In diesem Gesicht stand geschrieben: "Mein Gott, da hat ja meine Mutter - eine Frau! - einem Mann - meinem Vater! - in ganz und gar unvertretbarer Weise auf das Übelste mitgespielt. Männer leiden also auch, sind nicht alle immer nur Schweine".[/u] Und als dann unmittelbar anschließend der sterbende Vater Tochter und Schwiegersohn zur Versöhnung auffordert und beide auf die Frage, ob sie den jeweils anderen noch liebten, zögernd "Ja" sagen, da hat man den Eindruck, daß dieses Ja nicht unbedingt verlogen ist, sondern auch Nachdenklichkeit und die Bereitschaft, dem jeweils anderen noch eine Chance zu geben.
Erschütternd auch die Reaktion des Vaters: Er bittet seinen Schwiegersohn, den Kopfteil seines Betts wieder nach unten zu stellen und befiehlt dann: "Und jetzt geht ihr nach Hause - alle vier." Zuvor hatte bereits der Arzt der Frau gesagt, daß ihr Vater in dieser Nacht sterben werde. Die Eheleute wissen es also - und der Vater weiß es wohl auch. Offensichtlich will er alleine sterben.

Trotz dieser starken Momente:

Mir hatte das Ganze, wie schon eingangs gesagt, zu wenig Wucht, und vor allem:

Bei genauer Betrachtung wird nicht klar, welche Botschaft der Regisseur eigentlich vermitteln wollte.

Hatte die Vorrezension aus "TV Today" Recht, oder wollte er die Ehe als etwas darstellen, was - trotzt aller Konflikte - eigentlich etwas ganz Schönes ist?

Nun ja, gerade große Kunst zeichnet sich ja dadurch aus, daß sie Interpretationsspielräume offenläßt.

Aber, zum dritten Mal: Mir war das Ganze zu[/u] vieldeutig und nicht packend genug.

Gruß

Ekki

--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum