Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Komplexität oder "Du machst es Dir leicht"

Schmierfink, Saturday, 30.07.2011, 12:14 (vor 4663 Tagen) @ Thorsten

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Einfache Lösungen,
die gleichzeitig noch alle Wähler zufrieden stellen, die sind Mangelware.
Solltest Du eine haben, dann melde Dich bitte dringend in Berlin, Bern oder
Wien.

Die suchen dort keine einfachen Lösungen. Es ist so komplex, weil es genau so gewollt ist. So läßt sich Interessenpolitik besser verstecken. Denk an den "Professor aus Heidelberg". Nur in jungen Staaten nach einem Zusammenbrch ergibt sich eine Nische, in der solche Idealisten ectl. mal agieren können.

Ja, natürlich, aber das ist doch bedeutungslos!
Ist es das? Du meinst also, das Problem wäre, daß ein Mensch in unserer
Gesellschaft orientierungslos sein kann, weil er eben die Wahl zwischen
verschiedenen Lösungsansätzen hat, ohne eine einfache fertige Lösung
angeboten zu bekommen? Ist die Wahlfreiheit an sich das Problem?

Das habe ich zwar nicht geschrieben und nicht gemeint, aber es stimmt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Freiheit der Frauen, was die Wahl ihres Einkommensmodells angeht. Jede Entscheidung hat Nachteile, jede kann im Nachhinein die falsche gewesen sein. Darum sind die privilegiertesten Menschen, die es auf diesem Planeten je gegeben hat, auch die unzufriedensten (Langeweile kommt natürlich erschwerend hinzu).

Wäre es
also einfacher, wenn nur eine Ideologie vorgegeben wäre und man sich nicht
orientieren müßte? Entscheidungsfreiheit mal ganz anders, nämlich
als Freiheit vom Zwang zur Entscheidung?

Ohne jede Frage wäre das einfacher.

Ich dagegen habe den Verdacht, daß Ideologien, die einfache Lösungen
versprechen, schon automatisch den Hang zum Totalitären und zur
Gewalt in sich tragen.

Und ich habe den Verdacht, dass diesen Hang Leute in sich tragen, die ständig alles verkomplizieren wollen. Indem sie sich weigern, irgend etwas zuende zu denken, unterdrücken sie natürlich erfolgreich diesen Hang, zumindest eine Zeit lang. Aber sie verhindern eben auch Lösungen, so lange es nur irgend geht und verschlimmern damit die Lage. Und sie fördern damit die Radikalisierung von Leuten, die sich diesen Beschränkungen nicht mehr unterwerfen wollen. Kurz gesagt: Demokratie (in unserer Form) ist Radikalenzucht.

Keine Frage, aber ich hoffe doch, Dir entgeht nicht die Ironie, daß nun
genau die Leute, die jahrelang den gesamten Islam als Bedrohung und
Terrorreligion brandmarken wollten, auf einmal zu unglaublich
differenzierten Betrachtungen in der Lage sind, ohne aber auch einen
Gedanken an ihr eigenes Verhalten in der Vergangenheit zu verschwenden,
daß sie den Haßpredigern, die ihnen so verhaßt waren, gar nicht
so unähnlich werden ließ.

Bitte nicht alles zusammenschmeißen und umrühren. Der Islam ist nach wie vor Bedrohung und Terrorreligion. Breivik hat, wie viele andere, nichts gemacht, was Mohammed nicht auch gemacht hat oder hätte. Verstörung ruft sein Tun deshalb auch nicht in erster Linie unter Moslems hervor, sondern unter uns. Bei denen findet so etwas jeden Tag statt und schafft es aufgrund der Häufigkeit gar nicht mehr in westliche Massenmedien.

Und so ziemlich jede Ideologie, die mißbraucht wurde, muß(te) sich
kritisieren und hinterfragen lassen.

Nicht jede tätige Umsetzung einer Ideologie ist ein Mißbrauch. Das denken nur Dumpfbacken, die nur die positiven Aspekte ihrer Ideologien sehen wollen.
Mao und Pol Pot zum Beispiel haben sich genau an Marx' Vorgaben gehalten.

Wobei typischerweise die Anhänger der
jeweiligen Ideologie selbst große Resistenz gegen Kritik und
Selbstreflektion beweisen, während die Gegner gar nicht genug davon
bekommen können, und sich beides, wie so vieles, gegenseitig
bedingt
.

Ja. Denk mal drüber nach.


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