Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Antwort II/ Garfield

Faima, Wednesday, 27.04.2005, 00:52 (vor 7541 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: Antwort/ Garfield von Garfield am 26. April 2005 10:02:56:

Hallo Faima!
"Es gibt in islam. Ländern jede Menge Frauenorganisationen, die sehr
vernetzt an der Umsetzung der im Koran geforderten Frauenrechte arbeiten."
Es gibt in islamischen Ländern auch Frauenorganisationen, die die Konservierung der bestehenden Verhältnisse wünschen. Offensichtlich fühlen diese Frauen sich keineswegs benachteiligt, und das drücken sie zum Ärger diverser Feministinnen auch so aus.
"Da geht es nicht um die Unabhängigkeit der Frauen, sondern um:
"wie überlebe ich den nächsten Tag.""
Genau das fragen sich in armen (also nicht nur islamischen Ländern) auch viele Männer.
Und wenn man die Verhältnisse in islamischen Ländern richtig verstehen will, muß man immer auch bedenken, daß dort grundsätzlich nur Männer die Pflicht zur Ernährung der Familie haben.
Im Iran ist mittlerweile die Mehrheit der Studierenden weiblich. Ich weiß nicht genau, wieso das so ist, aber nachdem ich mal Urlaub in Ägypten gemacht habe, kann ich es mir gut vorstellen:
In Ägypten muß ein Mann, der eine Frau heiraten möchte, zumindest ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung besitzen. Hat er nichts dergleichen, braucht er gar nicht erst wegen einer Heirat nachzufragen. Selbst wenn die Frau damit kein Problem hätte - ihre Eltern akzeptieren das nicht. Auch eine Mietswohnung wird nicht akzeptiert, weil es in Ägypten üblicherweise nur befristete Mietverträge gibt. Nach Ablauf der Frist können Mieter jederzeit aus der Wohnung geworfen werden, und deshalb gilt auch eine Mietswohnung nicht als ausreichende Basis für die Gründung einer Familie.
So können viele Männer erst mit über 30 heiraten, weil sie erst dann genügend Geld dafür zusammen haben. Deshalb sieht man in Ägypten auch viele junge Männer, die Bücher, Gips-Statuen und ähnliches an Touristen verkaufen. Die bekommen die Waren von Großhändlern auf Kredit und müssen ihnen diese Kredite später mit Zinsen zurück zahlen. So strampeln sie sich dann ab, um den Touristen das Zeug möglichst teuer anzudrehen. Auch in den Hotels sieht man häufig nur junge Männer als Dienstpersonal. Auf den Kreuzfahrtschiffen sowieso. Letzteres hängt zwar auch damit zusammen, daß junge Frauen meist von ihren Eltern nicht die Erlaubnis bekommen, außerhalb des Elternhauses zu übernachten. Aber um Souvenirs an Touristen zu verkaufen, müssen sie nicht auswärts übernachten und trotzdem sind die meisten Händler Männer. Weil nur sie so sehr unter Druck stehen, Geld heranschaffen zu müssen.
Und so kann sich wahrscheinlich auch im Iran kaum ein junger Mann ein jahrelanges Studium leisten. Er muß zusehen, daß er möglichst schnell Geld verdient. Deshalb suchen sich junge Männer, die gern eine Familie hätten, eben lieber einen Job.
Dazu kommt noch die Wehrpflicht, die selbstverständlich auch in islamischen Ländern nur für Männer gilt. In Ägypten kann man Wehrdienst in drei Stufen ableisten. Wenn man im öffentlichen Dienst oder in staatlichen Unternehmen einen gut bezahlten Job haben möchte, muß man die längste Wehrdienstzeit absolviert haben. Hat man das nicht, dann kriegt man den Job nicht, ganz egal, wie gut man ist. Das gilt so selbstverständlich nur für Männer. Und dabei muß man bedenken, daß es in Ägypten sehr viele staatliche Unternehmen gibt.
Übrigens war die Wehrpflicht auch in Europa für manche Männer schon vor 300 Jahren ein Problem. Vor allem auch, wenn sie studieren wollten. Zwar waren Männer aus dem einfachen Volk meist nicht wehrpflichtig, aber sie studierten üblicherweise auch nicht. Wenn aber ein Mann aus den mittleren Schichten studieren wollte oder bereits studierte, konnte es ihm passieren, daß ihm die Einberufung zum Wehrdienst dazwischen kam, und dann konnte er das Studium vergessen. Es gab einige wenige Universitäten, die das Privileg hatten, daß die bei ihnen eingeschriebenen Studenten nicht zum Wehrdienst eingezogen werden durften. Viele junge Männer versuchten dann, an diese Universitäten zu kommen, aber allen gelang das nicht. Außerdem wurde oft Ersatz gefordert, wenn ein Mann nicht zum Wehrdienst eingezogen werden konnte. Wenn er noch einen Bruder hatte, dann zog man einfach den ein. Oft konnte man sich dem Wehrdienst dann nur noch durch Flucht entziehen.
Das wird heute gern ignoriert, während man natürlich immer wieder gern betont, welche Schwierigkeiten Frauen irgendwie im Weg hatten. In Bezug auf islamische Länder läuft das ganz genauso. Da werden auch immer nur Nachteile für Frauen betont, während Nachteile für Männer gern übersehen werden. Weil eben die Frauen sehr stark indirekt und zunehmend auch direkt die öffentliche Meinung bestimmen, und das war auch früher schon so.
Freundliche Grüße
von Garfield

Hallo Garfield!

Ich sehe schon, ein Kenner der Materie....
Es ist noch gar nicht so lange her, da durften Frauen in islam. Ländern
das Haus gar nicht verlassen.
Also sehen wir es als Fortschritt, das sie heute studieren und an
der öffentlichen Meinung zunehmend mitbestimmen dürfen.
Wie Du sicher wissen wirst, haben Männer und Frauen gleichermaßen ihre
Pflicht der Familie gegenüber zu erfüllen, mit allen Vor und Nachteilen
für beide Seiten.
Ich schätze den Einsatz der Männer für ihre Familien und die Verantwortung
die sie übernehmen, heißt aber nicht, daß Frauen keinen Einsatz leisten,
und Opfer für ihre Familien bringen (müssen).

Ich glaube nicht, daß wir von den selben Frauenbewegungen sprechen,
und es muß sich auch nicht alles in selben Kontext von westlichen
Feministinnen bewegen.

Gruß
Faima


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