Re: heute von einem mann gelesen
Als Antwort auf: heute von einem mann gelesen von Conny am 14. September 2005 01:49:
Hallo Conny!
"oder wie kommt man auf den gedanken, so zu denken?"
Ich denke, das hat verschiedene Gründe. Lange Zeit waren Menschen wirklich aufeinander angewiesen. Nicht nur ihr Gehirn machte sie anderen Lebewesen überlegen, sondern auch ihr Zusammenwirken in einer Gruppe.
Letzteres erforderte, daß Menschen bereit sein mußten, sich den Interessen der Gruppe unterzuordnen. Wer das nur widerwillig tut, der wird dabei kaum große Leistungen erbringen. Es war also nötig, daß sich bei den Menschen Neigungen heraus bildeten, die dafür sorgten, daß sie die Unterordnung unter die Gruppe - und damit meist auch unter denjenigen, der die Gruppe führte - als angenehm empfanden.
Andererseits mußte aber auch immer schnell Ersatz gefunden werden, falls ein Anführer mal ausfiel. So kam es, daß Menschen "hierarchische" Lebewesen wurden, die zwar häufig danach streben, über andere zu herrschen, sich aber, wenn ihnen dies nicht gelingt, auch häufig bereitwillig anderen unterordnen.
Das betraf vor allem Männer. Denn sie mußten bei Jagd und Krieg häufig in Gruppen agieren. Frauen hielten sich mehr im häuslichen Bereich auf und arbeiteten dort weniger in Gruppen, sondern mehr einzeln nebeneinander. (Deshalb sind Frauen tatsächlich auch heute noch häufig weniger teamfähig als Männer, obwohl natürlich ständig das Gegenteil behauptet wird.)
Das war der erste Faktor, der da wirkte. Der zweite Faktor bestand darin, daß ja auch ein Paar zusammenhalten mußte, zumindest solange, bis die gemeinsamen Kinder keine Unterstützung der Eltern mehr brauchten (was in früheren Zeiten ja weitaus früher der Fall war als heute).
Für Frauen waren Schwangerschaft und Geburt bei dem Stand der Medizin in früheren Zeiten eine weitaus höhere Belastung als heute. Es gab auch keine künstliche Nahrung für Neugeborene, so daß sie unbedingt gestillt werden mußten. Damit war eine Mutter gut beschäftigt, und so fiel dem Mann die Aufgabe zu, sie zumindest in der Zeit, während sie sich hauptsächlich um ein Kind kümmern mußte, zu ernähren. Viel mehr konnte er ja auch gar nicht tun, weil er der Frau ja weder Schwangerschaft noch Geburt noch das Stillen abnehmen konnte.
Auch hier mußte der Mann seine eigenen Interessen also dem gemeinsamen Nachwuchs-Projekt unterordnen. Er mußte der Frau dienen, während die Frau dem Kind diente. Natürlich mußte auch die Frau etwas für den Mann tun, z.b. ihm Essen kochen. Aber das war nicht unbedingt erforderlich, denn während Jagd- oder Kriegszügen kochten sich die Männer ja auch häufig ihr Essen selbst, und häufig taten sie das auch zu Hause. Und wenn die Frau Essen zubereitete oder die Wohnung schön gestaltete, dann tat sie das ja immer auch für sich selbst und für die Kinder. Wenn der Mann dagegen sein Leben einsetzte, um Frau und Kinder vor Raubtieren oder menschlichen Feinden zu beschützen, dann tat er das nur für sie und nicht für sich selbst.
Die Anspruchshaltung der Frau ist dann auch vor allem ein Selektionsmittel. Die Frau will damit prüfen, ob der Mann wirklich so sehr an ihr interessiert ist, daß er auch bereit ist, für sie Mühen und Lasten auf sich zu nehmen oder sogar sein Leben für ihren Schutz zu riskieren. Das mußte er ihr auch schon in der Vergangenheit beweisen, indem er ihr Geschenke machte, für die er natürlich häufig hart arbeiten mußte.
Das alles ist so heute natürlich nicht mehr nötig, aber es steckt nach wie vor tief in den Menschen drin. Die Frauen stellen also nach wie vor hohe Ansprüche (die umso größer ausfallen, je höher die Frau ihren eigenen Marktwert einschätzt), und Männer sind bemüht, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, und damit praktisch den Frauen zu dienen.
Das ist natürlich nicht bei jedem Mann gleich stark ausgeprägt. Es wird auch vielen Männern gar nicht bewußt. Aber es ist immer mehr oder weniger vorhanden, und es spiegelte sich zu allen Zeiten auch in der Literatur wieder. Da bezeichne(te)n Männer Frauen als "Göttinnen" oder "Angebetete", sie waren und sind immer bemüht, Frauen Respekt zu erweisen, z.B. durch entsprechende Anreden. So kam es dann ja auch, daß das Wort "Weib" durch das Wort "Frau" ersetzt wurde - heute reicht das auch schon nicht mehr, weshalb man nun auch häufig das Wort "Dame" oder "Lady" verwendet.
Wenn man sich Briefe aus dem 19. Jahrhundert von Männern an Frauen durchliest, merkt man das deutlich. Da findet man dann Sätze wie "Ich bleibe immer Ihr ergebener Diener".
Umgekehrt findet man solche Unterwerfungsgesten von Frauen gegenüber Männern weitaus seltener. Auch der Brauch, daß der Mann für einen Heiratsantrag vor der Frau knien muß, ist letztendlich so eine Unterwerfungsgeste.
Bei manchen Männern sind diese devoten Neigungen besonders stark ausgeprägt. Oder aber sie sind zwar nicht überdurchschnittlich stark ausgeprägt, aber der Mann hat im normalen Leben keinerlei Möglichkeit, sie auszuleben. Weil er vielleicht beruflich als Führungskraft tätig ist und seine Frau auch von ihm dominantes Verhalten erwartet.
Das ist nicht unbedingt schlimm. Wenn ein Mann das nur privat auslebt, sich also z.B. ab und zu mal von einer "Domina" auspeitschen läßt, dann schadet er damit niemandem.
Manche tragen diese Neigungen aber an die Öffentlichkeit und schwelgen öffentlich in irgendwelchen wirren Matriarchatsfantasien. Hier im Internet trifft man solche Männer besonders häufig, was wohl vor allem damit zusammen hängt, daß sie solche Neigungen im realen Leben kaum zeigen dürfen. Denn eigentlich sind diese Männer eher tragische Figuren, weil die Frauen, denen sie dienen wollen, an ihren Diensten meist keinerlei Interesse zeigen.
Die Frau erwartet nämlich zwar schon rein unbewußt, daß der Mann sich ihren Interessen unterordnet, aber sie möchte andererseits auch einen Partner haben, der in der Außenwelt gut zurecht kommt und sie somit vor jeglichen Unannehmlichkeiten aus dieser Außenwelt schützen kann. Dazu gehörte in früheren Zeiten ein gewisses Maß an Durchsetzungsfähigkeit, das auch heute zuweilen noch nötig ist. Wenn nun aber ein Mann devot zu ihren Füßen herum kriecht, dann argwöhnt sie schnell, daß er diese Durchsetzungsfähigkeit wohl nicht hat - und damit ist er für sie kein vollwertiger Partner mehr.
Das zwingt Männer zu einem Balanceakt. Einerseits sollen sie den Frauen dienen, andererseits darf das aber nie ausgesprochen werden, sondern sie müssen dabei sogar noch dominant wirken. Heute kommt dann noch der Quatsch dazu, der Männern von den Medien eingetrichtert wird, also der Unsinn vom "neuen Mann" usw.
Deshalb fällt es ja auch Jungen oft so schwer, ihre Identität als Männer zu finden. Man kann häufig beobachten, daß sie übertriebenes Machoverhalten an den Tag legen, was dann natürlich lächerlich wirkt. Sie spüren eben, daß sie mit Sanftmut und anderen angeblichen Qualitäten des "neuen Mannes" bei den Mädchen nicht ankommen, und dann verfallen sie in das entgegengesetzte Extrem. Das wiederum kreidet man ihnen dann auch an, was sie noch mehr verwirrt.
Besonders fatal ist das, wenn der Vater als Leitfigur fehlt und es auch sonst keinen Mann gibt, der ihn ersetzen kann. Dann hat der Junge noch nicht mal ein Vorbild, dem er folgen kann.
Solche Sätze wie der von dir erwähnte sind jedenfalls nur verzweifelte Versuche von Männern, ihre devoten Neigungen irgendwie auszuleben. Letztendlich ist sowas nur ein Beweis mehr dafür, daß es ein Matriarchat, wie solche Männer es sich erträumen, niemals geben kann.
Freundliche Grüße
von Garfield
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- heute von einem mann gelesen -
Conny,
14.09.2005, 04:49
- Re: heute von einem mann gelesen -
Garfield,
14.09.2005, 13:34
- Re: heute von einem mann gelesen -
Conny,
14.09.2005, 15:07
- Re: heute von einem mann gelesen - Garfield, 14.09.2005, 21:05
- Re: heute von einem mann gelesen -
Conny,
14.09.2005, 15:07
- Re: heute von einem mann gelesen - Ekki, 14.09.2005, 14:13
- Re: heute von einem mann gelesen - Nikos, 14.09.2005, 18:08
- Re: heute von einem mann gelesen -
Garfield,
14.09.2005, 13:34