Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Eva Hermann & Co. - Der nächste wichtige Diskussionsbeitrag

Garfield, Thursday, 27.04.2006, 21:11 (vor 6566 Tagen) @ Ekki

Als Antwort auf: Eva Hermann & Co. - Der nächste wichtige Diskussionsbeitrag von Ekki am 27. April 2006 12:43:

Hallo Ekki!

Oje...

Mit demselben Recht könnte man auch folgendes schreiben:

"Ist die Gesellschaft nicht seit jeher ein erstrangiger Quell für schwerste psychische und sexuelle Deformationen gewesen? War sie nicht immer auch ein Ort von Seelenqualen und Gewaltexzessen aller Art, nicht zuletzt von Mord und Totschlag? Gibt es nicht überhaupt erst deshalb Gerichte, Gefängnisse und die Polizei, die im schlimmsten Falle eingreifen müssen? Sind die jüngsten Kriminalitätsstatistiken mit Morden, schweren Körperverletzungen, Vergewaltigungen und anderen Unsagbarkeiten schon vergessen, wenn der Wetterbericht kommt?"

Und darauf aufbauend könnte man, wenn man dafür geistig verwirrt genug ist, zum kollektiven Selbstmord aufrufen, um all diese Übel ein für allemal auszurotten.

Besonders unangenehm aufgefallen ist mir dann auch noch das hier:

"Und ist es nicht der Gipfel der Heuchelei, von jener Institution namens Familie die Lösung unserer Probleme zu erwarten, deren perfektes Funktionieren zur Zeit des Nationalsozialismus eine der verlässlichsten Stützen des menschenverachtenden Regimes war?"

Diese Aussage ist eher der Gipfel des Unsinns. Denn die Nazis waren sehr bemüht darum, gerade Kinder und Jugendliche aus den Familien heraus zu lösen, um sie ideologisch zu bearbeiten. Die Schule reichte ihnen dazu bei weitem nicht. Nein, die Kinder mußten mit 10 ins Jungvolk und mit 14 zur Hitlerjugend, und danach kam der Reichsarbeitsdienst und für junge Männer natürlich der Wehrdienst, um den Jugendlichen militärische Disziplin beizubringen. In Jungvolk und HJ gab es ständig irgendwelche Gruppenveranstaltungen, an denen die Kinder teilnehmen mußten. Man betrachtete es als schädlich, wenn sie zuviel Zeit mit ihren Familien verbrachten, man behauptete, das würde sie verweichlichen.

Hitler drückte es so aus:

"Diese Jugend, die lernt ja nichts anderes als deutsch denken, deutsch handeln, und werden diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisationen hineinkommen und dort oft zum ersten Male überhaupt eine frische Luft bekommen und fühlen, dann kommen sie später vom Jungvolk in die Hitlerjugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre und dann geben wir sie erst recht nicht zurück in die Hände unserer alten Klassen- und Standeserzeuger, sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder in die SS, in das NSKK und so weiter."

Es ging also ganz konkret darum, die Kinder und Jugendlichen dem Einfluß ihrer Familien zu entziehen, die als "alte Klassen- und Standeserzeuger" betrachtet wurden. Wie kann man angesichts dessen behaupten, die Familie wäre eine wesentliche Stütze des Nationalsozialismus gewesen?

Ich denke, der Zerfall der Familien ist vor allem ein Wohlstandsphänomen. Früher hielten Familien auch vor allem aus wirtschaftlichen Gründen zusammen. Man war aufeinander angewiesen, man konnte sich allein oft noch nicht mal die Miete für eine eigene Wohnung leisten - also lebte man notgedrungen zusammen und versuchte, das Beste daraus zu machen. Bei meinen Großeltern mütterlicherseits lebten früher vier Kinder mit im Haushalt, und zuletzt auch noch ein Schwiegersohn, eine Schwiegertochter und zwei Enkelkinder. Sie lebten nicht zusammen, weil sie das so toll fanden, sondern weil das am billigsten war. Als meine Großeltern in ein stark renovierungsbedürftiges Haus umzogen, machte mein Großvater absichtlich erst einmal nur wenige Räume bewohnbar und ließ sich mit den anderen sehr viel Zeit, um wenigstens die bereits verheirateten Kinder dazu zu motivieren, sich endlich eigene Wohnungen zu besorgen.

Als der allgemeine Wohlstand stieg, konnten sich immer mehr junge und auch alte Leute eigene Wohnungen leisten, also lösten sich die Familien auf. Natürlich hat auch die Reform des Scheidungsrechts von 1977 gut dazu beigetragen - aber wenn viele Ehemänner so arm gewesen wären, daß da kaum Unterhalt zu holen gewesen wäre, dann hätten sich viele Frauen auch kaum scheiden lassen.

Jetzt sinkt das Wohlstandsniveau langsam wieder. Mittlerweile nehmen viele Paare schon die Großeltern mit ins Haus auf - weil sie ihre Renten zur Abzahlung der Kreditraten benötigen. Und mein Bruder wohnt mit 34 immer noch bei meinen Eltern. Er findet ja nur im Sommer Arbeit, und das auch nur, wenn er Glück hat, er verdient damit auch nie viel - wie soll er sich eine eigene Wohnung leisten? So geht es heute immer mehr Jugendlichen, denke ich. Hartz IV hat kurzzeitig dagegen gearbeitet, weil dadurch Jugendliche regelrecht dazu gedrängt wurden, sich eigene Wohnungen auf Staatskosten zu nehmen. Aber das wird ja nun auch nachgebessert, soviel ich weiß.

Die Familie wird also langsam aber sicher wieder ihre alte Bedeutung erreichen.

Freundliche Grüße
von Garfield



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