Robert-Bosch-Stiftung - Bericht zum Kinderwunsch in Dtl.
Hallo Ekki,
ich möchte den von Dir eröffneten Thread nicht einfach so im Raume stehen lassen und habe mal im Internet recherchiert.
Die Lösung, die unsere Femifraktion wieder anzubieten hat, ist kalter Kaffee:
Schauen wir uns mal die Konsequenzen stichpunktartig an, welche unsere Geistesgrößen da ausdestilliert haben:
Erstens die Diagnose:
Seit etlichen Jahren bewegt sich die Geburtenziffer in Deutschland auf einem sehr
niedrigen Niveau; im Jahr 2004 lag sie bei 1,37 Kindern je Frau. Ebenfalls unverändert
ist seit einiger Zeit die durchschnittlich gewünschte Kinderzahl von 1,75.
Diese Diskrepanz ließe sich durch eine verbesserte Familienpolitik verringern,
zumal die Deutschen den Wert von Ehe und Familie generell hoch und die Zwei-
Kind-Familie für ideal halten. Allerdings wirkt sich diese positive Einschätzung nicht
unmittelbar auf das Verhalten aus. Denn im europäischen Vergleich ist der Kinderwunsch der Deutschen außerordentlich gering. In keinem anderen Land wollen so viele Menschen kinderlos bleiben: rund ein Viertel der Männer und etwa ein Siebtel der Frauen.
Auch wenn ein geäußerter Wunsch noch lange nicht das Gleiche ist, als wenn ein Mensch echte Anstrengungen unternimmt, um aus diesem Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen (Jeder Volkswirt kennt den Unterschied zwischen Bedürfnis und Bedarf), so würde ein logisch denkender Mensch, die Männer in den Fokus seiner Bemühungen stellen, da hier mit 25% Anteil der größere Überzeugungsmarkt gegeben ist.
Die Therapie 1
Eine nachhaltige Familienpolitik muß
hier ansetzen und Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen.
Notwendig sind dafür:
:: der Ausbau von ganztägiger Kinderbetreuung, mehr Krippen- und Hortplätze
und die Einführung der Ganztagsschule.
:: Maßnahmen, die die Männer stärker in die Erziehungsarbeit einbeziehen.
Hier ist z.B. das schwedische Modell der Elternzeit ein gutes Vorbild. In Schweden
muß ein Teil der Elternzeit vom Vater genommen werden ? oder er verfällt.
Dieses Modell einzuführen, wie es der Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 vor76
sieht, ist ein wichtiges Signal. Zwar wird auch in Schweden die Elternzeit noch immer überwiegend von Frauen genommen, der Anteil der Männer ist aber deutlich höher als in Deutschland.
International vergleichende Untersuchungen haben gezeigt, daß sich mehr Gleichberechtigung
? auch im Hinblick auf die Beteiligung an der Kindererziehung ? und
eine höhere Erwerbsbeteiligung von Müttern positiv auf das Geburtenniveau auswirken
(Neyer 2005). Die Daten stützen diese These.
Was ich lese ist reine Frauenförderung. Männer sollen gegen ihren offensichtlichen Willen noch zusätzliche Lasten aufgebürdet werden. Sie sollen sich nicht nur im Beruf der Konkurrenz weiblicher Mitbewerber erwehren und zusätzlich ihren Frauen helfen, anderen Männern Konkurrenz zu machen.
Wo die Daten herkommen, dass mehr Berufstätigkeit der Frau zu mehr Kindern führt? Ich habe meine Zweifel?
Die Therapie 2
:: So steigt die Nachfrage nach finanziellen Transferleistungen mit der Zahl der bereits vorhandenen Kinder im Haushalt, und sie sinkt mit höherem Bildungs und Ausbildungsabschluß.
:: Einen hohen Bedarf an Betreuungsangeboten formulieren vor allem Frauen ohne
Kinder (als Bedingung für ein Kind), Mütter mit einem Kind und Höhergebildete,
während mit steigender Kinderzahl das außerhäusliche Betreuungsangebot als
weniger wichtig eingestuft wird.
:: Für Frauen in Ostdeutschland und für erwerbstätige Frauen sind Betreuungseinrichtungen ebenfalls besonders wichtig.
:: Alleinerziehende haben in allen Bereichen einen großen Bedarf an Unterstützung.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Einen hohen Bedarf an Betreuungsangeboten formulieren vor allem Frauen ohne Kinder. Alleinerziehende haben in allen Bereichen einen großen Bedarf an Unterstützung.
Der Löwenteil der Kinder kommt aber aus intakten Ehen mit Vater, Mutter und Kinder. Gefördert werden sollen aber Randerscheinungen. Toller Lösungsansatz, Randgruppen zu fördern.
Therapie 3
Die verschiedenen Möglichkeiten familienfreundlicher Arbeitszeitmuster beschreiben
Rürup und Gruescu (2005, S. 44; vgl. auch S. 24). Sie stellen fest, daß die Einführung
solcher Arbeitszeitmodelle nicht nur Familien zugute käme, sondern auch einen
Konsequenzen für die Familienpolitik gesamtwirtschaftlichen Nutzen hätte, da mehr Menschen erwerbstätig würden. Rürup und Gruescu empfehlen u.a.:
:: Chronologische Arbeitszeitmuster, die die Möglichkeit eröffnen, die zu leistende
Arbeitsstundenzahl flexibel über den Tag oder die Woche zu verteilen.Ein
besonderer Vorteil liegt dabei in der unveränderten Höhe des Einkommens.
:: Chronometrische Arbeitszeitmuster, in denen die zu leistenden Arbeitsstunden
reduziert werden. >Große« (d.h. mit hoher Stundenzahl ausgestattete) Teilzeitjobs
gehören dazu. Rürup und Gruescu plädieren für eine Ausweitung dieser
Möglichkeiten.
:: Die Verwaltung der Arbeitsstunden durch Arbeitszeitkonten (ebd.).
Was hier vorgestellt wird sind Modelle, wie sie ein Zweitverdiener fahren kann, nicht jedoch derjenig, welche die Basisversorgung der Familie sicherstellen muss, in der Regel also der Mann. Was hier als Musterbeschäftigungsverhältnis vorgestellt wird, sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Und das soll die tolle Lösung sein?
Der zentrale Satz, aus dem keine Schlussfolgerungen gezogen werden:
Ernüchternd sind zudem die Erwartungen der meisten Menschen, wenn es um
die Auswirkungen der Geburt eines (weiteren) Kindes auf ihr eigenes Leben geht:
Es überwiegt Indifferenz, nach Meinung der Mehrheit würde sich wahrscheinlich
gar nichts zum Besseren verändern. Kaum einer der Befragten rechnet mit einer
deutlichen Zunahme der eigenen Lebensfreude durch ein (weiteres) Kind oder mit
positiven Auswirkungen auf die Partnerschaft. Dagegen erwartet die Mehrheit durch
(weitere) Kinder große Einschränkungen ihrer finanziellen Situation und persönlichen
Freiheit. Kinder werden ganz offenkundig in der allgemeinen Wahrnehmung
eher mit Belastungen denn mit einer Bereicherung des Lebens verbunden. Bei den
Kinderlosen gibt es zwar wichtige Ausnahmen, festzuhalten bleibt aber:
Eine Antwort auf die Frage, warum wir uns eigentlich Kinder wünschen, fällt immer schwerer.
Diese Frage, die zentrale Frage der ganzen Untersuchung wird in folgendem Text beantwortet:
Die Quintessenz aus diesem Text ist:
Moderne Paare leben in Sachen Kinder aneinander vorbei: Wenn sie kann, will er nicht. Und wenn er endlich will, kann sie nicht mehr. Jeder fünfte kinderlose Mann im Alter von 35 bis 44 gibt gemäss der Studie «männerleben> an, dass sein Alter oder das der Partnerin dagegen spricht. Fertilitätskliniken können ein Lied davon singen: Paare, die ihren Kinderwunsch in letzter Sekunde noch realisieren wollen und auf natürlichem Weg nicht zum Ziel kommen, drücken sich dort die Klinke in die Hand. «Sozial verursachte Sterilität> nennen die Soziologen die generationstypische Krankheit moderner Paare.
Wird nach Ursachen für die Fortpflanzungsmisere gesucht, ist die Indifferenz der Männer die wohl spannendste Fährte. Der Berliner Familien-Soziologe Hans Bertram beobachtet in diesem Zusammenhang eine Verschiebung der emotionalen Machtbalance zu Gunsten der Männer. «Wenn sie gut verdienen, können sie alle Hausarbeiten problemlos outsourcen>, sagt er, «dafür brauchen sie keine Frauen. Und da in unserer Gesellschaft auch Sexualität ohne Auflagen verfügbar ist, sinkt der Marktwert derjenigen, die durch einen Kinderwunsch belastet sind.> Das aber sind nun einmal in erster Linie die Frauen.
Es ist also längst nicht nur die fehlende Life-Work-Balance, die einer steigenden Geburtenrate im Wege steht, sondern das postfeministische Verhältnis von Mann und Frau schlechthin.
Gruß DschinDschin
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
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Ekki,
29.06.2006, 11:10
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DschinDschin,
30.06.2006, 22:58
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katja,
02.07.2006, 11:30
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DschinDschin,
02.07.2006, 16:02
- Wahnsinn -
katja,
02.07.2006, 17:57
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Ekki,
03.07.2006, 12:24
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DschinDschin,
03.07.2006, 13:48
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katja,
02.07.2006, 17:57
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DschinDschin,
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DschinDschin,
01.07.2006, 00:52
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DschinDschin,
30.06.2006, 22:58