Robert-Bosch-Stiftung - Bericht zum Kinderwunsch in Dtl.
Hallo Katja,
Soweit ich das bisher beurteilen kann, wollen Männer keine Kinder, weil
sie vor den Folgen einer Trennung Angst haben. Eine Trennung bedeutet
häufig ein finanzielles Desaster und eine Trennung von den Kindern. Ich
sehe da durchaus einen grossen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit von
Frauen. Eine Frau, die in der Ehe arbeitet, wird das auch nach der
Trennung weiterhin tun, der Ehegattenunterhalt fällt weg. Auch sind solche
Frauen möglicherweise nicht so fixiert auf Kinder und Mutterrolle, was
einen gemeinsamen Umgang nach der Trennung fördert. Erstens brauchen sie
den Vater eher als betreuende Person und zweitens sind sie eher in der
Lage, sich nicht ausschliesslich über ihren Status als Mutter zu
identifizieren.
Du sprichts hier einen wichtigen Aspekt an, der Männer vom Kinderwunsch abbringen kann. Warum wollen Männer Kinder? - Ich kann diese Frage nur für mich selbst beantworten. Ich wollte schon immer Kinder. Ich denke patriarchalisch, d.h. ich sehe mich als Hüter meiner Herde. Ich sehe mich als einer in der langen Kette des Lebens, der das, was er von seinen Eltern empfangen hat, an die Nachkommen weitergeben will. Ein Leben ohne Kinder war für mich jenseits aller Vorstellung. Und ich war ja wegen einer Varikozele in der komfortablen Situation, stets selbst aktiv über Kinder entscheiden zu können. So musste ich erst eine Vene abbinden lassen, um auf die für Fertilität notwendige Spermienzahl zu kommen. Bei mir waren Kinder also kein Zufallsprodukt, sondern etwas, das eine Operation voraussetzte. Und mir war immer klar, ein Kind ist kein Kind, weswegen ich drei Kinder habe. Mein Bruder hat übrigens fünf. Patriarchalisch denkende Männer wollen viele Kinder. Für diese Männer sind Kinder ihr ganzer Stolz, das offensichtliche Zeichen ihrer Männlichkeit, ihre Ehre, ihr Augapfel, ihr lebendiges Glaubensbekenntis (Herr, Dir vertraue ich so sehr, dass ich Kinder in Deine Welt setze.) Das schließt nicht aus, dass man die Berufstätigkeit der Mutter nicht unterstützt. Es ist eine rechte Belastung, wenn die Frau der Kinder wegen aus dem Beruf ausscheiden muss, und die ganze finanzielle Verantwortung plötzlich auf den Schultern des Mannes ruht. Und es ist eine echte Erleichtertung, wenn die Frau dann den Einstieg in den Beruf wieder schafft, und man ist mächtig stolz auf sie, wenn sie das gut macht. Auch wenn man am Anfang ein wenig Angst hat, ob sie wohl bei einem bleibt, jetzt wo die finanzielle Abhängigkeit nicht mehr gegeben ist, die Stunde der Wahrheit also gekommen ist. Darum kann ich KlausZ nur widersprechen. Finanzielle Abhängigkeit ist keine gute Basis für eine Partnerschaft, gemeinsame finanzielle Interessen sind es wohl.
Was ich lese ist reine Frauenförderung. Männer sollen gegen ihren
offensichtlichen Willen noch zusätzliche Lasten aufgebürdet werden. Sie
sollen sich nicht nur im Beruf der Konkurrenz weiblicher Mitbewerber
erwehren und zusätzlich ihren Frauen helfen, anderen Männern Konkurrenz
zu
machen.
Puh, das ist heftig. Das heisst, deine Solidarität mit anderen Männern ist
stärker als das Bestreben, deiner Partnerin zu helfen.
Mein Motto ist: Leben und leben lassen. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass es möglich sein wird, ausreichend gut besoldete Jobs für alle zur Verfügung zu stellen. Die Strafsteuer, welche die Nazis für Doppelverdienter einführten, die später dann dem Ehegattensplitting wich, hatte einen ganz vernüftigen Hintergrund. Wenn einer der Familie sehr gut verdient, dann kann es nicht sein, dass auch noch ein Zweiter einen Spitzenjob besetzt, während andere Familien sich mit schlechtbezahlten und unsicheren Tätigkeiten grade so über Wasser halten können. Diese Situation haben wir im Moment, wo zwei Ärzte Praxen betreiben, während andere Ärzte nicht auf die Füße kommen. Denn der Druck wird dann nach unten weitergegeben und so rutschen die unteren Schichten ins soziale Aus. Das kann es nicht sein. Und das Tolle ist ja dann, dass die beiden Karrieristen wegen Zeitmangels keine eigenen Kinder mehr bekommen, diese Aufgabe dafür dann aber an die sozial Ausgegrenzten delegieren. Was für ein Wahnsinn.
Wo die Daten herkommen, dass mehr Berufstätigkeit der Frau zu mehr
Kindern
führt? Ich habe meine Zweifel?
Ich dachte immer, Frankreich sei ein Beispiel. Werden dort nicht mehr
Kinder geboren als beispielsweise in Italien, wo die meisten Frauen daheim
bleiben?
Ich verweise hier auf mein zweites Posting in diesem Thread: Legenden.
Hieraus folgende:
LEGENDE 12
Früher mag es viele Kinder gegeben haben, weil Frauen nicht erwerbstätig waren, aber heute ist dieser Zusammenhang positiv, wie beispielsweise die skandinavischen Länder und Frankreich zeigen, wo ein großer Teil der Frauen arbeitet und es zugleich wesentlich mehr Kinder gibt als in Deutschland. Deshalb würden auch in Deutschland mehr Kinder geboren, wenn mehr Frauen erwerbstätig wären.
Der oft behauptete positive Zusammenhang zwischen der Geburtenrate und der Frauenerwerbsquote existiert nicht, er beruht auf Wunschdenken und hält einer empirischen Prüfung nicht stand. Untersucht man den Zusammenhang für Deutschland, indem man für sämtliche 439 Stadt- und Landkreise die Geburtenrate und die Frauenerwerbsquote berechnet, läßt sich weder ein positiver noch ein negativer Zusammenhang erkennen. Wahrscheinlich ist die statistische Korrelation zwischen der Geburtenrate und der Zahl der Störche höher als der behauptete Zusammenhang mit der Frauenerwerbsquote.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Einen hohen Bedarf an
Betreuungsangeboten formulieren vor allem Frauen ohne Kinder.
Alleinerziehende haben in allen Bereichen einen großen Bedarf an
Unterstützung.
Der Löwenteil der Kinder kommt aber aus intakten Ehen mit Vater, Mutter
und Kinder. Gefördert werden sollen aber Randerscheinungen. Toller
Lösungsansatz, Randgruppen zu fördern.
Da fühle ich mich angesprochen. Ich bin ebenfalls kinderlos und befürworte
ein besseres Betreuungsangebot. Die frage war, soweit ich mich erinnere,
welche Massnahme den Anreiz für ein Kind erhöhen würde. Da verstehe ich
deine Reaktion nicht wirklich. Frauen ohne Kinder sind ja nicht
zwangsläufig Singles, sondern leben durchaus in intakten
Ehen/Partnerschaften. Bloss halt kinderlos bisher.
Wie oben gezeigt, führt ein besseres Betreuungsangebot nicht zu mehr Kindern. Der Kinderwunsch ist irrational. Man hat ihn, oder man hat ihn nicht. Für die Demographie sind die Paare mit Kinderwunsch interessant, die vielleicht eines oder zwei schon haben und die gerne noch mehr hätten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden. Hier ist eher die Frage nach Wohnraum oder mehr verfügbares Geld das Problem. An eine Berufstätigkeit der Mutter ist, solange die Kinder klein sind, in diesen Fällen sowieso nicht zu denken. Auch in der Vergangenheit haben viele Menschen keine Kinder bekommen. Die Bevölkerung wuchs aber trotzdem, weil die mit Kindern viele Kinder bekommen haben.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein besseres Angebot an
Teilzeitstellen oder Stellen mit flexibler Zeiteinteilung gleich eine
solche Bedrohung darstellen. Das heisst ja noch lange nicht, dass es
ausschliesslich solche Stellen geben soll. In vielen Bereichen ist das
sogar unmöglich.
Wenn ich viele Kinder möchte, brauche ich ausreichend gut dotierte Vollzeitjobs, damit der Breadwinner der Familie (das kann auch die Frau sein) die finanziell ausreichende und sichere Basisversorgung liefern kann. Familien, die viele Kinder mögen sind emotional nicht so gestrickt, dass sie Freude daran haben, diese Kinder von klein an im Hort abzugeben.
Die Zunahme von befristeten Stellen, Teilzeitstellen, Minijobs, etc. geht zu Lasten von regulären Vollarbeitsverhältnissen. Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen können nicht langfristig planen. Daher werden sie Fixkosten im Familienbudget meiden, dazu gehören die Lebenshaltungskosten von Kindern. Gerade aufstrebende Paare werden wenig Lust verspüren, plötzlich ins soziale Netz zurückgestoßen zu werden.
Es ist also längst nicht nur die fehlende Life-Work-Balance, die
einer
steigenden Geburtenrate im Wege steht, sondern das postfeministische
Verhältnis von Mann und Frau schlechthin.[/b]
Ja, sicher. Für meine Begriffe hat sich das aber im Wesentlichen aus
ersterem entwickelt.Gruss
katja
Ich verweise hier mal auf Beiträge aus einem anderen Forum, die mir ganz brauchbar erscheinen, wenn es um die Wurzeln des Feminismus geht:
[link=http://diegesellschafter.de/diskussion/forum/thread.php?
fid=13&nid=12027]Beitrag 1[/link]
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
gesamter Thread:
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Ekki,
29.06.2006, 11:10
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DschinDschin,
30.06.2006, 22:58
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katja,
02.07.2006, 11:30
- Robert-Bosch-Stiftung - Bericht zum Kinderwunsch in Dtl. -
DschinDschin,
02.07.2006, 16:02
- Wahnsinn -
katja,
02.07.2006, 17:57
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Ekki,
03.07.2006, 12:24
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DschinDschin,
03.07.2006, 13:48
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DschinDschin,
03.07.2006, 13:48
- Wahnsinn -
katja,
02.07.2006, 17:57
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DschinDschin,
02.07.2006, 16:02
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katja,
02.07.2006, 11:30
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DschinDschin,
01.07.2006, 00:52
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DschinDschin,
30.06.2006, 22:58