Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich?
Hallo allerseits!
Ich möchte in diesem Posting einmal genau unter die Lupe nehmen, was "eine Familie gründen" eigentlich bedeutet, denn mir scheint, daß im gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu diesem Thema bewußt oder unbewußt ständig zweit- und drittrangige Aspekte dieses Themas breitgetreten werden, während die wesentlichen Aspekte noch nicht einmal andiskutiert werden.
Stellen wir uns also ein Liebespaar vor, das bisher ohne Kinder zusammengelebt hat - verheiratet oder unverheiratet, das ist hier völlig belanglos.
Und auf einmal heißt es ... ein Kind ist "unterwegs".
Schon von diesem Augenblick an ändert sich alles:
Die Frau lebt nur noch in der Erwartung des "neuen Erdenbürgers", sie braucht während der Schwangerschaft besondere Schonung, in ihrem Organismus gehen Dinge vor, die die Psyche nicht unbeeinflußt lassen.
Und damit ändert sich auch die Partnerschaft.
Während bisher für jeden der beiden Partner der jeweils andere im Mittelpunkt gestanden hat, ist da plötzlich ein Dritter, das Kind.
Der Autor des "Kleinen Prinzen", Antoine de Saint-Exupéry, hat folgenden Ausspruch geprägt:
"Lieben bedeutet nicht, sich gegenseitig anzusehen, sondern vielmehr, gemeinsam in dieselbe Richtung zu blicken."
Mir scheint, daß dies der Dreh- und Angelpunkt ist, die Wurzel in der viele, wenn nicht alle Partnerschaftsprobleme zusammenlaufen.
Es wird von kaum jemanden - gleich, von welcher Position aus er argumentiert - noch in Frage gestellt, daß Männer sich zumindest am Anfang schwertun damit, daß sie nicht mehr der Mittelpunkt des Denkens, Handelns und Fühlens ihrer Partnerinnen sind.
Nicht wenig haben daraus den Schluß gezogen, daß Männer generell nur in geringem Maße zu "Fürsorglichkeit" und "Brutpflege" in der Lage seien.
Diese These möchte ich unter 4 verschiedenen Gesichtspunkten in Frage stellen:
1)
Bei mir hat sich der Eindruck festgesetzt, daß Frauen zwar in der Lage sind, sich dem Kind zuzuwenden, daß darüber aber die Liebe zu ihrem Mann auf eine Weise in den Hintergrund tritt oder ganz erstirbt, die aus der Sicht des Mannes inakzeptabel ist, denn aus seiner Sicht sollte auch die sexuelle Seite der Liebe, die das Kind nicht einbezieht und auch nicht ausschließlich auf die Zeugung weiterer Kinder ausgerichtet ist, weiterhin eine große Rolle spielen.
2)
Die "Liebe", die viele Frauen ihren Kindern zukommen lassen, hat nur allzuoft etwas Erstickendes und Entmündigendes ("Affenliebe von Gluckenmüttern").
3)
Aus Punkt 2 ergibt sich - mit fatalen Folgen für die Entwicklung vieler Kinder - daß Mütter von dem Augenblick an, an dem sie merken, daß ihre Kinder nicht mehr die Eiteitei-ach-so-entzückenden-Kleinen sind, sondern Wesen, die sich von ihnen emanzipieren und ihren eigenen Kopf haben, eben damit zunehmend Schwierigkeiten haben. Und wenn ich oben gessagt habe, daß bei Vätern die Brutpflegeinstinkte gegenüber Kleinkindern viel weniger stark ausgeprägt sind als bei der Frau, gilt später das Umgekehrte: Das heranwachsenden Kind als eigenständige Personlichkeit annehmen, ihm sachte den Weg zu zeigen, ohne es mit den eigenen Vorstellungen zu ersticken und/oder es in einem Alter zu "Be-Eiteiteien", in dem das "Kind" selbst dies nur noch - mit Recht! - als peinlich empfindet, das ist eher den Vätern gegeben.
4)
Der aus meiner Sicht wesentlichste Aspekt aber, an dem sich die meisten Kontroversen entzünden dürften:
Wenn Antoine de Saint-Exupéry vom "Blicken in dieselbe Richtung" spricht - muß das, worauf gemeinsam geblickt wird, dann unbedingt ein Kind sein?!
Aus meiner männlichen Sicht kann ich mir nur allzu gut vorstellen, mit einer Partnerin z.B. gemeinsam auf ein Ziel zu blicken, für das man kämpft, auf eine Sache, für die man sich begeistert usw. usf.
Mit anderen Worten:
Die "Brut", die da gepflegt wird, muß nicht unbedingt eine miteinander gezeugte Nachkommenschaft sein.
So betrachtet, würde ich glatt verneinen, daß es überhaupt einen Menschen ohne Brutpflegetrieb gibt, und Antoine de Saint-Exupéry in vollem Umfang Recht geben.
Wer diese Haltung in einer breiteren Öffentlichkeit vertritt, der wird bald merken, daß er in ein Wespennest gestochen hat: Der Widerspruch wird hochemotional sein, und er wird sich nicht[/u] auf irgendein "Lager" (feministisch / maskulistisch / konservativ / progressiv, religiös / atheistisch u.dgl.m.) beschränken.
Wenig hat mich so sehr erschüttert und empört wie der Satz, den ich in einem SPIEGEL-Artikel über die Arbeit an der "Pille für den Mann" las:
"Frauen wollen sich die Entscheidung über ihre (!) Fortpflanzung nicht aus der Hand nehmen lassen."
Das deckt sich leider mit vielen Beobachtungen von mir, die alle zeigen, daß viele Frauen bei dem Thema "Fortpflanzung und Familie" nicht den Deut darüber nachdenken, ob es vielleicht Bedürfnisse des Mannes gibt, die mit ihren eigenen zwar nicht deckungsgleich sind, aber dennoch dieselbe Berechtigung haben wie ihre Bedürfnisse.
Ich selbst habe mich in mehreren Foren dazu bekannt, nicht kinderlieb zu sein. Wenn irgendwo ein Baby plärrt, geht mir das nichts als auf die Nerven, und wenn ich die Reaktionen vieler Frauen sehe, deren Gesichter bei jedwedem plärrenden Baby (nicht nur bei dem eigenen!) entzückt leuchten, wenn ich erlebe, wie um mich herum am Arbeitsplatz die närrischen jungen Mütter in einem fort über ihre Kinder reden und dabei schier die bloße Erwähnung des Wortes "Kind" ein entzücktes Quietschen und Kreischen in Babystimmen-Tonlage auslöst, wie beim Betrachten des Photos von einem "kleinen Bobbo" in dieses junge, noch überhaupt nicht vom Leben geprägte Gesicht alles Mögliche und Unmögliche hineingelesen wird, so daß ich schwerstens an mich halten muß, um diese Mütter nicht im zynischsten Ton zu fragen: "Sagt mal, könnt ihr aus dem Gesicht eurer Kinder vielleicht auch deren gesamten Lebenslauf herauslesen - einschließlich Zeitpunkt und Ursache des Todes eurer Kinder?!" ... also, wenn ich das alles beobachte, dann bin ich abends zutiefst dankbar, daß in meiner Wohnung kein "Eiteitei" auf mich wartet.[/u] Was ich vermisse[/u], ist eine beiderseits gewollt kinderlose Beziehung. Aber wenn die nicht in Sicht ist, dann ist es so, wie es ist, am besten.
Um zum Anfang des Postings zurückzukommen:
Mir scheint, wir haben über all' den Diskussionen über die verschiedensten familienpolitischen Modelle das Elementarste überhaupt vergessen oder verdrängt: Was es bedeutet, wenn im Körper einer Frau Leben entsteht, wie tiefgreifend und unwiderruflich dies das Leben verändert.
Oder - ist es vielleicht genau umgekehrt:
Sehr viele Menschen sind sich über die Wichtigkeit dieser Aspekte nur allzu gut im Klaren, ziehen es aber vor, dies zu tabuisieren, und zwar aus jeweils unterschiedlichen Gründen:
Diejenigen, die selber Kinder wollen und sich über die Konsequenzen dieses Schrittes in allen Einzelheiten im Klaren sind (das dürften in der überwältigenden Mehrheit Frauen sein), fürchten sich vor nichts so sehr wie davor, daß die Mehrheit der Männer anfängt, sich mit solchen Überlegungen zu beschäftigen. Besser, frau läßt sich "ihre" Fortpflanzung "nicht aus der Hand nehmen" und legt notfalls Männer mit einem Kind herein - wie seit Menschengedenken.
Die Männer ihrerseits hängen entweder - aufgrund mangelnder Lebenserfahrung und/oder extrem starker entsprechender Indoktrination durch Erziehung - rosaroten Wolkenkuckucksheim-Vorstellungen von Ehe und Familie nach, oder aber sie haben jegliche rosarote Brille verloren, und dann wissen sie, daß sie (a) mit einem offenem Bekenntnis zu ihrer Haltung ihre Chancen auf eine Sexualpartnerin bis nahe Null minimieren, und (b) sich jeden unentgeltlichen Geschlechtsverkehr auf mühsamste Weise und mit nicht unerheblichen Gefahren für sich selbst (unfreiwillige Vaterschaft mit anschließenden Unterhaltsverpflichtungen) ergaunern müssen.
Und selbst wenn beide Partner kinderlieb sind: Es gehört ein ganz ungeheures Maß an Vertrauen nicht nur in den Partner, sondern auch in das Schicksal dazu, den Schritt der Familiengründung zu tun - eine der wenigen Entscheidungen im Leben die absolut irreversibel sind.
Zu diesem ganzen Themenkomplex gab es übrigens neulich im Deutschlandfunk eine dreiteilige Essay-Reihe, an drei Sonntagen (11.06., 18.06. und 25.06.) jeweils um 09.30: "Zur Rolle des Dritten in der Liebe" von Svenja Flaßpöhler.
Ich habe mir alle drei Beiträge vom DLF als Word-Datei schicken lassen. Da jeder Beitrag einen an Deutlichkeit nichts zu wünschenden Hinweis auf die Urheberrechte enthält, kann ich die Beiträge hier nicht posten. Ihr könnt sie Euch entweder ebenfalls schicken lassen und/oder im Internet hören:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/504032/
Ich bedauere zutiefst, die Beiträge aus urheberrechtlichen Gründen nicht posten zu können. Meiner Meinung nach waren es alle drei (der letzte der drei Beiträge ist dem Kind gewidmet) "wunderschöne" Beispiele dafür, wie man die aller-reaktionärste Haltung in so viel weichgespülten Formulierungen, pseudo-cooler Sprache, nett klingenden Passagen usw. verpacken kann, daß man sogar beim Lesen nur bei großer Aufmerksamkeit gewahr wird, welcher Mutterkreuz-Hammer einem da über den Schädel gezogen wird. Und beim Hören tut die subtil-perfide Berieselung natürlich um so mehr ihre Wirkung.
Das wären erstmal meine Überlegungen zu diesem Thema. Ich freue mich auf Rückmeldungen jeder Art, die die Diskussion weiterbringen.
Gruß
Ekki
--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.
gesamter Thread:
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Ekki,
04.07.2006, 20:06
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
katja,
04.07.2006, 21:04
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Loxia,
04.07.2006, 21:18
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Ralf,
04.07.2006, 21:37
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MeckMax !,
04.07.2006, 21:43
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Cleohasi,
04.07.2006, 21:52
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Rainer,
04.07.2006, 22:09
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Cleohasi,
04.07.2006, 22:10
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Rainer,
04.07.2006, 22:36
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Nihilator,
04.07.2006, 23:27
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
DschinDschin,
04.07.2006, 23:27
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Nihilator,
04.07.2006, 23:29
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
DschinDschin,
04.07.2006, 23:46
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
DschinDschin,
04.07.2006, 23:46
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Rainer,
04.07.2006, 23:38
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
DschinDschin,
05.07.2006, 02:39
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Christine,
05.07.2006, 02:55
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DschinDschin,
05.07.2006, 03:00
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DschinDschin,
05.07.2006, 03:00
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Christine,
05.07.2006, 02:55
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
DschinDschin,
05.07.2006, 02:39
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Nihilator,
04.07.2006, 23:29
- Aber Cleo..... -
MeckMax !,
05.07.2006, 06:15
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Garfield,
05.07.2006, 20:48
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Rainer,
04.07.2006, 22:36
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Cleohasi,
04.07.2006, 22:10
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Nihilator,
04.07.2006, 22:10
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Rainer,
04.07.2006, 22:09
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Cleohasi,
04.07.2006, 21:52
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Nihilator,
04.07.2006, 23:26
- Fake -
Loxia (diesmal echt),
05.07.2006, 14:32
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Ralf,
04.07.2006, 21:37
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Nihilator,
04.07.2006, 21:40
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Cleohasi,
04.07.2006, 21:53
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Nihilator,
04.07.2006, 23:27
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Nihilator,
04.07.2006, 23:27
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Rainer,
04.07.2006, 22:07
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katja,
05.07.2006, 14:23
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Rainer,
06.07.2006, 00:14
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Rainer,
06.07.2006, 00:14
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katja,
05.07.2006, 14:23
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Cleohasi,
04.07.2006, 21:53
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Ekki,
05.07.2006, 19:39
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Ralf,
05.07.2006, 19:50
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Ekki,
06.07.2006, 21:26
- Eine Familie gründen - was heißt das eigentlich? -
Ralf,
06.07.2006, 21:35
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Ralf,
06.07.2006, 21:35
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Ekki,
06.07.2006, 21:26
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katja,
05.07.2006, 21:17
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Ekki,
06.07.2006, 21:29
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katja,
06.07.2006, 22:54
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katja,
06.07.2006, 22:54
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Ekki,
06.07.2006, 21:29
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Ralf,
05.07.2006, 19:50
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Loxia,
04.07.2006, 21:18
- Bin schwerstens enttäuscht!!! -
Ekki,
05.07.2006, 19:46
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DschinDschin,
05.07.2006, 21:06
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Ekki,
06.07.2006, 22:51
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DschinDschin,
07.07.2006, 00:52
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DschinDschin,
07.07.2006, 00:52
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Ekki,
06.07.2006, 22:51
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katja,
04.07.2006, 21:04