Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 3)
Dr. Wolfram Viefhues, Weiterer aufsichtsführender RiAG, Oberhausen - Auszug des Vortrags zur Fachkonferenz Familienrecht vom 21.11.2008 (Unterhalt)
Einer der Gesichtspunkte, aus denen sich ehebedingte Nachteile gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB ergeben können, ist die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes.
Fortsetzung des mehrteiligen Beitrags von Dr. Wolfram Viefhues zur Fachkonferenz "Reformen im Familienrecht - Rückblick und Ausblick" vom 21.11.2008.
7. Billigkeitsabwägungen
Anders als § 1579 BGB erfordert § 1578b BGB eine Billigkeitsabwägung anhand bestimmter, vom Gesetzgeber vorgegebener Kriterien. Bei diesen Kriterien handelt es sich allein um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil oder eine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet.
Die Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens findet also nicht im Rahmen der Abwägung des § 1578b BGB statt. Ein Trennungsverschulden hat daher keine Bedeutung (Klein, Das neue Unterhaltsrecht, 2008, S. 89 und 101, Clausius in jurisPK-BGB, § 1578b, Rdnr. 24; Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz 2008, Rdnr. 147; Viefhues/Mleczko, Das neue Unterhaltsrecht 2008, Rdnr. 282). Verstöße gegen die eheliche Solidarität sind allein nach § 1579 BGB relevant.
Dabei reicht bei § 1578b BGB - anders als bei § 1579 BGB - bereits einfache Unbilligkeit aus (BGH, Urt. v. 13.12.1989 - IVb ZR 79/89, DRsp Nr. 1992/1506 = FamRZ 1990, 492; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.1995 - 6 UF 231/94, DRsp Nr. 1997/2038 = FamRZ 1996, 1416 zum bisherigen § 1573 Abs. 5 BGB).
8. Nachteile aus der Dauer der Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes
Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass in der Praxis aufgrund der verschärften Erwerbsobliegenheiten bei § 1570 BGB eine weitergehende Beschränkung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt (Schwab, FamRZ 2005, 1420; Borth, FamRZ 2006, 813, 816). Eine Befristung ergibt sich bereits aus dem Anspruch selbst, denn er besteht ohnehin nur, solange dem Ehegatten wegen Kindesbetreuung eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Allerdings kann neben dem des schwindenden Anspruches aus § 1570 BGB sich ein mehr und mehr steigender Anspruch aus § 1573 BGB ergeben, so dass insgesamt fortlaufende Unterhaltsansprüche in gleich bleibender Höhe vorhanden sind.
In der Praxis ist zu differenzieren:
während der gegenwärtigen Kindesbetreuung liegt ein Anspruch aus § 1570 Abs. 1 BGB vor und die Frage der Befristung stellt sich i.d.R. nicht
bei einer in der Vergangenheit liegenden Kinderbetreuung ergibt sich der Anspruch allenfalls aus § 1570 Abs. 2 BGB, i.d.R. aber aus anderen Anspruchsgrundlagen wie § 1573 Abs. 2 BGB. Hier stellt sich immer die Frage der Befristung gem. § 1578b!
Das Gesetz stellt auf Nachteile ab, die tatsächlich "eingetreten sind" und die sich "aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes" ergeben. Es muss daher konkret ermittelt werden, ob der Berechtigte seine berufliche Tätigkeit überhaupt wegen eines gemeinschaftlichen Kindes eingeschränkt hat. Zu denken ist dabei an Fälle, in denen der Berechtigte von einer bestehenden Möglichkeit einer Fremdbetreuung keinen Gebrauch gemacht hat, so dass die mangelnde Anknüpfung an die berufliche Entwicklung im Ergebnis nicht auf die Betreuung des Kindes, sondern auf die eigenverantwortliche Entscheidung zurückzuführen ist (Clausius in jurisPK-BGB, § 1578b, Rdnr. 19 mwN.).
Dann ist weiter festzustellen, ob dem Berechtigten gerade hierdurch (Kausalität) konkrete berufliche Nachteile entstanden sind (Clausius in jurisPK-BGB, § 1578b, Rdnr. 20 m.w.N.). Aus der früher erfolgten Kindesbetreuung lässt sich daher nicht zwingend über eine Art Vermutungswirkung auf tatsächlich eingetretene ehebedingte Nachteile schließen (so aber Klein, Das neue Unterhaltsrecht, 2008, S. 105; OLG Brandenburg Urt. v. 22.04.2008, 10 UF 226/07, FamRZ 2008, 1945 = NJW-Spezial 2008, 357 = FPR 2008, 388 mit Anm. Ehinger; von Indizwirkung sprechen Dose FamRZ 2007, 1289, 1295 und Clausius in jurisPK-BGB, § 1578b, Rdnr. 23. Von einer klaren Beweislast der Unterhaltsberechtigten geht auch aus BGH, Urt. v. 16.04.2008 - XII ZR 107/06, DRsp Nr. 2008/12035, FamRZ 2008, 1325 mit Anm. Borth = FPR 2008, 379 mit Anm. Schwolow = FuR 2008, 401 mit Anm. Soyka).
Folglich steht die Tatsache der Kindesbetreuung während der Ehe durch den unterhaltsberechtigten Ehegatten einer Begrenzung oder Befristung dieses Anspruchs aus § 1573 BGB nicht grundsätzlich entgegen ( KG, Urt. v. 08.06.2007 - 13 UF 118/06, DRsp Nr. 2008/14070 = FamRZ 2008, 415, 416 m.w.N.; siehe auch BGH, Urt. v. 16.04.2008 - XII ZR 107/06, DRsp Nr. 2008/12035 = FamRZ 2008, 1325 mit Anm. Borth = FPR 2008, 379 mit Anm. Schwolow = FuR 2008, 401 mit Anm. Soyka).
Eine Begrenzung ist z.B. dann möglich, wenn der Berechtigte keine beruflichen Nachteile oder nur kurzfristige Einkommenseinbußen erlitten hat ( BGH, Urt. v. 13.12.1989 - IVb ZR 79/89, DRsp Nr. 1992/1506 = FamRZ 1990, 492, 494; Eschenbruch, Rdnr. 1454). Das gilt auch dann, wenn die Kinder bei beiderseitiger Berufstätigkeit überwiegend durch Dritte betreut wurden (Brudermüller FF 2004, 101, 104; Eschenbruch, Rdnr. 1454; Clausius in jurisPK-BGB, § 1578b, Rdnr. 19 m.w.N.). Kindererziehungszeiten können den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nicht automatisch begrenzungs- und befristungsfest machen (Hauß, FamRB 2006, 180, 181).
Demnach sind ehebedingte Nachteile auch bei Kinderbetreuung in jedem Einzelfall konkret festzustellen (Viefhues/Mleczko, Das neue Unterhaltsrecht 2008, Rdnr. 356 ff.; Peschel-Gutzeit, Das neue Unterhaltsrecht 2008, Rdnr. 97). Keinesfalls darf im Hinblick auf eine vermeintliche Vermutungs- oder Indizwirkung der anwaltliche Sachvortrag unterlassen werden.
In den kommenden Beiträgen werden die folgenden, weiteren Voraussetzungen besprochen:
9. Nachteile aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit
10. Nachteile aus der Dauer der Ehe
11. Keine Befristung trotz fehlender ehebedingter Nachteile
12. Unterhaltstatbestände ohne ehebedingte Nachteile (Alter, Krankheit)
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
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- Gesetz zur Reform in Familiensachen -
Christine,
20.01.2009, 10:51
- Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 1) - Christine, 20.01.2009, 11:17
- Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 2) - Christine, 20.01.2009, 11:43
- Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 3) - Christine, 20.01.2009, 11:50
- Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 4) - Christine, 20.01.2009, 12:20
- Voraussetzungen der Begrenzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs (Teil 5) - Christine, 20.01.2009, 14:33
- Gesetz zur Reform in Familiensachen - Holger, 20.01.2009, 19:22
- Gesetz zur Reform in Familiensachen - Narrowitsch, 22.01.2009, 06:01