Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: *neugierig*

Maya, Sunday, 29.07.2001, 00:28 (vor 8518 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: *neugierig* von Jörg am 28. Juli 2001 17:53:09:

Hallo Jörg,
schwierig, direkt auf dich zu antworten, da du sovieles auf einmal in den Raum wirfst.

Der Gesetzentwurf trägt den Wunsch in sich, sich selbst zu bestätigen.
Daher ist eine Lektüre des Gesetzentwurfes allein nicht ausreichend. Man
sollte sich - wie bei allen anderen Dingen auch - besser aus mehreren
Quellen unterrichten.

Ich stimme dir zu, daß man, um alle Konsequenzen eines Gesetzentwurfs beachten und bedenken zu können (sich also eine Meinung bilden zu können), tatsächlich gut beraten ist, sich mehrere Positionen dazu reinzuziehen.
Hab ich gemacht.
Ich stelle fest, daß es zwei konkurrierende Positionen gibt:

1. Die Position des Opferschutzes
Das ist das, was aus dem Gesetzentwurf direkt zutage tritt. Es soll eine Verbesserung für (tatsächliche) Opfer häuslicher Gewalt erreicht werden. Dies ist IMO dringend notwendig. Dies habe ich bereits gegenüber BartS begründet. Ich sehe keine Logik darin, das Opfer aus der Wohnung zu entfernen und den Täter unbehelligt drin hocken zu lassen.

2. Die Position derjenigen, die einen Mißbrauch des Gesetzes befürchten
Auch deren Argumente sind zum Teil nachvollziehbar, obwohl ich auch Panikmache sehe. Sicherlich kann das Gesetz (wie jedes andere auch) mißbraucht werden. Nicht nachvollziehbar ist für mich allerdings die Forderung, dann das ganze Gesetz zu kippen. Mit dieser Argumentation könnten wir das gesamte StGB in die Tonne treten, weil wie gesagt, jedes Gesetz mißbraucht werden kann. Das kann ja wohl nicht die Lösung sein. Denn daß es Opfer gibt, ist ja nicht vom Tisch zu wischen, und die haben ein Recht darauf, geschützt zu werden.

Weiter stelle ich fest, daß die Auflehnung gegen das Gesetz in der Hauptsache daher rührt, daß das Bmfsfj fleissig Propaganda betrieben hat, und eine Art Pogrom-Stimmung durch überhöhte, nicht belegte Zahlen zur Prävalenz der häuslichen Gewalt ("Jede 3. blabla") verbreitet hat. Somit haben sie sich selber einen Bock geschossen mit ihrer Strategie, durch Panikmache mehr politisches Gewicht bei der Durchsetzung des Gesetzes zu erhalten.
Ich denke, daß wesentlich mehr Akzeptanz erreicht worden wäre, wenn das Problem dort belassen worden wäre, wo es hingehört, nämlich im strafrechtlich relevanten Bereich, und nicht zwischen die Fronten des Geschlechterkampfes gezerrt worden wäre.
Andererseits halte ich die Gegenstrategie der Gegner ebenfalls für falsch, denn sie setzen mit der gleichen Argumentation an, wie das Bmfsfj.
Es wird eine Entgrenzung des Gewaltbegriffs forciert, um darzulegen, daß auch Frauen gewalttätig sind. Gleichverteilungsblabla.
Muß denn tatsächlich eine Gleichverteilung der Opfer bestehen, oder kann man sich nicht einfach damit begnügen zu sagen, daß es sowohl männliche als auch weibliche Opfer gibt? Die geschützt werden sollten? Und momentan nicht ausreichend geschützt werden...

Du schreibst:
Und was passiert bitteschön mit Männern, die der Gewalt ihrer Partnerin
unterliegen (unabhängig von der Frage, wie häufig oder nicht häufig dies
nun vorkommt)? Spätestens seit der kürzlich ausgestrahlten stern-tv-Sendung,
in der ein von seiner Partnerin blind geprügelter Mann vorgestellt wurde,
sollte wie ich finde auch diese Frage gestellt werden können.

Ja, was soll mit den Männern passieren? Sollen wir nun Männerhäuser errichten, oder sollte es nicht generell gelten, daß das Opfer bleibt, und der Täter fliegt? Dann hat sich´s mit Frauenhäusern, Männerhäusern sonstwas Häusern.

Sicherlich, vom Bmfsfj kommen einseitige Schuldzuweisungen. Dies hat ME zwei Gründe:
Zum einen gibt es mehr weibliche Opfer häuslicher Gewalt als männliche Opfer. Ich rede hier wohlgemerkt nicht von Schubsereien etc. (wenn du SPD-Forum liest, weißt du, was ich unter Gewalt verstehe). Zum anderen werden männliche Opfer zur Zeit immer noch nicht in der Gesellschaft zur Kenntnis genommen (auch und grade von Männern nicht!). Bestrebungen, dies zu ändern, unterstütze ich voll und ganz.

Was ich bei dieser Theamtik aber nicht unterstütze ist, die Debatte in den Geschlechterkampf abdriften zu lassen. Dafür ist die Sache zu ernst. Welchem Opfer nützen denn Debatten darüber, welches Geschlecht nun schlimmer ist?

Allen, die sich hier versteigen, kann ich nur mal raten, die Brille abzunehmen und einfach nur Menschen zu sehen. Ich denke mal, daß sogar der/die Extremste im worst case nicht erstmal unter die Gürtellinie schauen würde, bevor er/sie helfen würde.

Maya


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