Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Rezension

Garfield, Thursday, 27.03.2003, 13:36 (vor 7889 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Re: Rezension von Alex am 21. März 2003 19:12:12:

Hallo Alex!

"*lol* die ham doch fast nix mehr... die werden seit 10 Jahren technologisch und resourcenmäßig ausgehungert..."

Na ja, da man Hussein erlaubt hat, seine Macht nach 1991 wieder zu festigen, hat er über den Hauptteil seiner Armee die Kontrolle behalten. Diejenigen Militärs, die damals gegen ihn rebelliert haben, dürften mittlerweile allesamt tot sein, und so ist die Wahrscheinlichkeit geringer geworden, daß sich ein großer Teil der irakischen Armee gegen ihn stellt.

Der Irak verfügt nach wie vor über mehrere hunderttausend Soldaten, dazu kommen noch Milizen, die zum großen Teil aus Fanatikern bestehen. Auch gepanzerte Fahrzeuge haben die Iraker nach wie vor, obwohl deren Einsatz wohl durch die anglo-amerikanische Luftherrschaft enorm behindert werden wird.

Waffen kann man sich problemlos auch illegal besorgen. Anfang der 90er Jahre, während einem der Jugoslawien-Kriege, tauchten auf einmal auch durch die Bundeswehr ausgemusterte MiG-21 aus der NVA auf wundersame Weise plötzlich im Kriegsgebiet auf. Obwohl es schon längere Zeit ein Embargo gab, das gerade Waffenlieferungen nach ex-Jugoslawien verhindern sollte.

Und auch ohne Hightech-Waffen kann man enormen Schaden anrichten. Mit einem Vorderlader aus dem 18. Jahrhundert kann man nach wie vor einen Menschen töten, und die Iraker sind natürlich nicht mit uralten Vorderladern, sondern mit vollautomatischen Kalaschnikow-Sturmgewehren ausgerüstet.

Die Amerikaner und Briten können mit ihren High-Tech-Waffen zwar militärische Anlagen und auch Militärfahrzeuge zerstören, aber die vielen regierungstreuen irakischen Soldaten kriegen sie damit nicht so schnell klein. Natürlich könnte man einfach so lange bombardieren, bis der Irak quasi ausgehungert ist, aber das kann Monate dauern, und soviel Zeit haben die Amerikaner und Briten nicht. Die wollen einen Blitzkrieg führen.

Und da zählt dann eben jede Kleinigkeit. Tatsächlich wurde der anglo-amerikanische Vormarsch ja kürzlich auch wieder durch einen Sandsturm behindert.

Außerdem gibt es mittlerweile den Effekt, daß gerade technologisch rückständige Armeen mit High-Tech schwierig zu bekämpfen sind. Wenn zwei technologisch hoch entwickelte Armeen gegeneinander antreten, wird sich der Krieg sehr stark im elektronischen Bereich abspielen. Eine Seite wird hochmoderne Lenkwaffen gegen die anderen Seite einsetzen, letztere wird dagegen natürlich Maßnahmen ergreifen, also versuchen, die Steuerung der Lenkwaffen zu beeinflussen.

Primitive Waffen wie einfache visuell gerichtete Flugabwehr-Kanonen oder Raketen ohne oder ohne komplizierte Steuerung treffen zwar ihre Ziele nicht so einfach, aber wenn sie treffen, hat man vorher kaum Möglichkeiten, das zu verhindern. Ein ungelenktes Geschoß aus einer Kanone läßt sich durch nichts mehr ablenken. Gegen ungelenkte Raketen gibt es zwar auch Abwehrwaffen, aber die sind wegen ihrer Größe nur z.B. auf Kriegsschiffen installiert, nicht aber in Hubschraubern oder Flugzeugen.

"Auch das hätte wenig ausgemacht... Spezialeinheiten trainieren in Gebieten, die ähnliche Temperaturen aufweisen und fast alle Militär-Fahrzeuge sind klimatisiert."

Natürlich trainieren die dafür. Trotzdem sind Menschen bei solch einer Hitze eben nicht so leistungsfähig. Das haben schon die europäischen Ritter in ihren schweren Rüstungen während der Kreuzzüge zu spüren bekommen.

"Mit einem UN-Mandat dann wohl wieder schon. Das Fehlen dieses UN Auftrages stellt ja gerade zu einem erheblichen Teil das Problem für Kriegsgegner dar... u.a. auch für mich."

Ja, eben! Ich denke, das war der Hauptgrund für die Amerikaner, um sofort anzugreifen. Es zeichnete sich ab, daß sie so ein UN-Mandat nicht bekommen würden. Wenn die UNO nun aber explizit beschlossen hätte, noch nicht anzugreifen, sondern die Waffen-Inspektionen im Irak weiter zu führen, dann wäre die außenpolitische Position der Amerikaner noch schwieriger geworden. Dann hätten sie noch weniger Länder gefunden, die ihren Kurs unterstützen. In Großbritannien gab es auch zunehmend Proteste gegen den Krieg, und so war zu befürchten, daß die Briten womöglich auch noch abspringen... Und dann war es noch möglich, daß die arabischen Länder sich gegen den Krieg aussprechen. Saddam Hussein hätte natürlich alle diplomatischen und geheimdienstlichen Register gezogen, um den USA politisch soviele Steine wie möglich in den Weg zu legen.

Also ist man davon ausgegangen, daß die Situation nicht besser, sondern eher nocht schlechter für die USA werden wird, und man hat eben beschlossen, die Welt einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen.

"Bleibt die Frage, ob man überhaupt so viele jetzt schon dorthin schicken mußte."

Die Amerikaner wollten den Krieg ja so oder so, also mußten sie auch ausreichend Truppen dort haben, um bei der nächstbesten Gelegenheit sofort zuschlagen zu können.

"...womit wir bei den eigennützigen Gründen angelangt werden... und DIE sollten nun wirklich jedem als verwerflich einleuchten..."

Na ja, aber Politik wird immer aus eigennützigen Gründen gemacht...

"Ich meinte aber mit meiner Frage, welche Nachteile es gehabt hätte, wenn abgewartet worden wäre, bis eine eindeutige Resolution vorliegt. Und da erwarte ich Gründe, die sich völkerrechtlich einwandfrei vertreten lassen. Bequemlichkeit oder Finanzeinsparungen oder Machtpröbchen zähle ich nicht dazu."

Das ist schon richtig. Nur leider werden völkerrechtliche Grundsätze sowieso meist nur als Vorwand benutzt um ein durch und durch eigennütziges politisches Süppchen zu kochen.

Wo blieben denn solche drastische Maßnahmen bei anderen Kriegen und Menschenrechtsverletzungen, z.B. durch China, Rußland, die USA, die Türkei...

"Was wäre, wenn die ganze arabische Welt sich einig wäre und einen außenpolitisch homogenen Machtfaktor darstellen würde? Das wär für die Amis nicht so lustig, oder? Deswegen macht es für sie durchaus Sinn, Stabilität dieser Regionen entgegenzuwirken. Und die Geschichte deutet mir sehr drauf hin, dass das auch aktiv passiert. Auch wieder als äußerst verwerflich zu beurteilen."

Ja, das ist natürlich auch ein Beweggrund für die Amerikaner.

"Ich denke Schröder hat das aus anderen Gründen getan, vor allem aus Wahlkampfgründen."

Ja, das sehe ich auch so. Er wollte wohl wenigstens ein Wahlversprechen halten... Aber was hinten rauskommt zählt.

"echt? Weswegen? Bin ich nu doof? Oder weltfremd? Ich find sowas einfach nur widerlich, genauso wie jede Kneipenschlägerei."

Das liegt dann vielleicht daran, daß du kein Durchschnittsbürger bist! Die Mehrheit der Fernsehzuschauer scheint solche Prügeleien in Talk-Shows höchst amüsant zu finden, vor allem in den USA. Sonst würden die dort sowas nicht immer wieder senden.

"...schau Dir nur mal jetzt in den kommenden Tagen die Kriegsberichterstattung an... dann weißt Du genau, was Medienmanipulation ist.... wer das ernst nimmt, ist selber Schuld."

Ja. Deshalb glaube ich da auch erstmal nicht viel, sondern warte erstmal ab, wie sich die Berichte weiter entwickeln, um mir dann ein vages Bild vom realen Geschehen zu machen.

Freundliche Grüße
von Garfield


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