Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Männer müssen draußen bleiben - Gleichberechtigung in Deutschland ...

Maesi, Wednesday, 15.02.2006, 22:12 (vor 6856 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Männer müssen draußen bleiben - Gleichberechtigung in Deutschland ... von Sven am 14. Februar 2006 17:19:

Hallo zusammen

Männer müssen draußen bleiben. Wirtschaftszweige haben die Geschlechtertrennung als Nische im Markt entdeckt. Die Marktnischen könnten bald verboten werden. Also gönne ich mir ein letztes männerdiskriminierendes Wochenende.
Am Freitag habe ich meinen letzten Termin beim Frauenarzt. Im Reisbüro buche ich für den nächsten Urlaub eine esoterische Studienreise nur für Frauen. Danach besuche ich einen Frauencomputerkurs aus dem Frauenveranstaltungsprogramm. Am Samstag lasse ich mich beim Damenfriseur stylen und lese dabei Frauenzeitschriften. Am Abend heißt es Ladiesnight: Frauen haben in der Diskothek freien Eintritt und bekommen Freigetränke. Männer dürfen rein, müssen aber für beides zahlen. Da schmeckt der Ladykiller doppelt gut. Natürlich parke ich auf dem reservierten Frauenparkplatz. Am Sonntag trainiere ich unbeobachtet im Frauenfitnessstudio und genieße die Ruhe in der Damensauna.
Oh wie schön war es eine Frau zu sein. Unser Grundgesetz und die Moral fordern die Gleichstellung von Mann und Frau. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz soll niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden. Welches Geschlecht wird benachteiligt? Bald ist Schluss mit Weiberkram, Weiberfastnacht, Frauenministerium, Frauenbüro, Frauenstammtische, Mädchenschule, Frauentag und Frauenbeauftragten die Männerwünsche vernachlässigen. Wer geht für die Männergleichstellung auf die Straße? Bevor sie sich gerichtlich Zugang zu unseren Hochburgen verschaffen will ich sie reinlassen. Eigentlich sind sie doch ganz nett.
http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_objec...

Mit einigen der obigen Veranstaltungen/Angeboten habe ich keinerlei Probleme. Sollen Frauen zu ihrem Damenfriseur gehen, die Weiberfasnacht feiern, Frauenstammtische organisieren, einen Frauencomputerkurs belegen oder meinetwegen an einer Ladiesnight sich die Getraenke und Musik von Maennern bezahlen lassen; letzteres war ja ohnehin schon immer so, und es steht jedem Manne frei, bei dieser Balzerei mitzumachen oder nicht. Das alles sind Angebote mit privatem Charakter und der Konsument bestimmt, ob und zu welchem Preis er sie akzeptiert.

Etwas voellig anderes sind Dinge von oeffentlichem Charakter. Dazu gehoert zunaechst einmal alles, was durch den Staat ganz oder teilweise bezahlt wird. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Angeboten, die ich annehmen oder ablehnen kann und natuerlich nur bezahlen muss, wenn ich sie annehme, muss ich Steuern immer bezahlen; aus den Steuern wiederum finanziert der Staat seine Ausgaben. Wenn der Staat also etwas mit Steuermitteln subventioniert, laeuft das auf eine erzwungene Finanzierung hinaus. M.a.W. ich werde dazu gezwungen, etwas zu bezahlen, das ich u.U. gar nicht haben will; deshalb ist sehr genau zu pruefen, was da subventioniert werden soll und ob tatsaechlich ein erhebliches oeffentliches Interesse am Subventionierten besteht. Darueber hinaus hat der Staat auch eine Vorbildfunktion fuer den Buerger. Wie aber kann ich die Antidiskriminierungsbemuehungen eines Staates ernst nehmen, wenn er mittels sexistisch ausgeschuetteten Subventionen selber diskriminiert?

Der Frauencomputerkurs oder die Frauenbibliothek bleiben also nur eine Privatangelegenheit, solange die Teilnehmerinnen/Benutzerinnen das selber bezahlen; sobald der Staat anfaengt, solche Angebote zu subventionieren, wird es zur oeffentlichen (d.h. politischen) Angelegenheit, und spaetestens dann handelt es sich IMHO auch um eine gesetzlich relevante Diskriminierung, es sei denn, es gaebe analog auch subventionierte Angebote/Institutionen fuer Maenner. Allgemein sind Subventionen (soweit sie ueberhaupt notwendig sind) nicht aufgrund aeusserer Merkmale (wie z.B. dem Geschlecht) sondern ausschliesslich aufgrund sachlicher Erwaegungen zu gewaehren, dann hat man naemlich auch keinerlei Probleme mit irgendwelchen Diskriminierungsvorwuerfen.

Kompletter Unsinn sind buerokratische Stellen, die politische Partikularinteressen vertreten (z.B. amtliche Frauenbueros oder -ministerien). Formal gesehen sind auch solche Aemter fuer Frauenbelange verfassungswidrig, wenn nicht gleichzeitig analog Aemter fuer Maennerbelange existieren. Art. 3 des Grundgesetzes ist in dieser Beziehung eindeutig:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Maenner und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat foerdert die tatsaechliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Maennern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religioesen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Eine staatlich-buerokratisch installierte Interessenvertretung fuer Frauen beseitigt nicht bestehende Nachteile aufgrund des Geschlechts, sondern stellt im Gegenteil aufgrund ihrer sexistischen Handlungsweise (meist 'positive Diskriminierung' genannt) selber eine Geschlechterbenachteiligungsinstitution dar und muesste im Sinne des GG somit abgeschafft oder duerfte gar nie erst installiert werden. Darf man Diskriminierung mit Gegendiskriminierung bekaempfen? Bewirkt eine staatlich initiierte Gegendiskriminierung ueberhaupt einen Abbau von Diskriminierung oder verstaerkt sie letztere nicht sogar noch, weil dann wiederum eine Gegen-Gegendiskriminierung provoziert wird? Diese Fragen wurden von den 'positiven Diskriminierern' und 'Gleichstellern' nie stichhaltig beantwortet, wahrscheinlich haben die wenigsten ueberhaupt soweit gedacht.

In einer Demokratie prallen die verschiedenen politischen Interessen aufeinander. Der einzige legitime Ort, wo politische Entscheidungen gefaellt werden duerfen, ist die Legislative; in der Praxis ist das meistens ein Parlament. Wenn Feministen ihre politischen Ansprueche geltend machen wollen, muessen sie das in der Legislative und nur dort tun; alles andere ist gegen die geltenden Spielregeln unserer Demokratie. Mit buerokratischen Fraueninteressenvertretungsinstitutionen wird jedoch genau dieser Ort, in dem politische Interessen vertreten, politische Kompromisse ausgehandelt und darauf fussend politische Entscheidungen gefaellt werden, umgangen. Damit unterscheidet sich der Feminismus z.B. fundamental vom (demokratischen) Sozialismus, der seine Ansprueche immer in der direkten Konfrontation (sei es auf politischer Ebene in den betreffenden Parlamenten, sei es auf privatwirtschaftlicher Ebene in Verhandlungen mit Arbeitgeberverbaenden) vorgebracht und dann Kompromisse ausgehandelt hat. Gerade in dieser Beziehung zeigen sich bei Feministen und teilweise auch bei Frauen allgemein aeusserst bedenkliche Demokratiedefizite; sie haben schlichtweg nicht begriffen, was eine freiheitliche Demokratie beinhaltet und was nicht.

Demokratie ist zweifellos die anstrengendste aller Regierungsformen; sie fordert den Buerger wie keine andere Herrschaftsform, indem sie ihn zwingt, politisch aktiv zu werden oder halt widerspruchslos die Entscheidungen der Mehrheit zu akzeptieren. In einer Diktatur bleibt dem Buerger hingegen nichts anderes uebrig, als die obrigkeitlichen Entscheidungen, auf die er keinerlei nennenswerten Einfluss hat, hinzunehmen. Fuer den bequemen, fatalistisch veranlagten Zeitgenossen mag letzteres durchaus eine praktikable Alternative sein; einem solchen Menschen empfehle ich hingegen eher, einer Sekte seiner Wahl beizutreten, wo er richtig schoen 'rundumverarztet' wird, anstatt seine Bevormundungsphantasien der ganzen Gesellschaft mittels staatlichen Zwangsinstrumenten aufzudraengen.

Gruss

Maesi


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