Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Unterschiede zwischen Alice und Klaus

DschinDschin, Saturday, 08.07.2006, 21:44 (vor 6924 Tagen) @ susu

Zunächst mal: Ahhhhhh... "Wort und Wissen". Ich sag´ es mal so:
Kreationisten sind nicht die optimale Quelle für Aussagen über
Evolutionsbiologen und Paläontologen.

Huch, so genau habe ich die entsprechenden Artikel gar nicht durchgelesen.
Meiner Ansicht nach besteht zwischen Kreation und Evolution kein Gegensatz, wenn man anerkennt, dass unsere Welt nicht statisch ist.

Nehmen wir die Definition von Evolution aus Wikipedia:
Evolution (v. lat.: evolvere = abwickeln, entwickeln; PPP evolutum) ist ein Prozess, bei dem durch Reproduktion oder Replikation von einem System Kopien hergestellt werden, die sich voneinander und von ihrem Ursprungssystem durch Variation unterscheiden und bei dem nur ein Teil dieser Kopien auf Grund von Selektion für einen weiteren Kopiervorgang zugelassen werden.

In diesem Sinne beschreibt der Begriff, die Art und Weise, wie sich die Schöpfung der Lebewesen vollzieht. Dieser Prozess läuft nicht im leeren Raum, sondern innerhalb einer Matrix von Gesetzen, Abhängigkeiten, Axiomen ab. Diese Matrix ist die Kreation, die Schöpfung.


Sowohl W&W als auch WSWS machen Sachfehler (W&W vernachlässigt alles in
Goulds Arbeit was ihre Argumente widerlegen würde, z.B. ein längeres
Kapitel darüber, das Darwin eben kein Sozialdarwinist war, bei WSWS findet
sich "Gould stellte jedoch das unterbrochene Gleichgewicht immer mehr in
Gegensatz zum Darwinschen Gradualismus und assoziierte rasche evolutionäre
Transformationen mit katastrophalen Ereignissen - beispielsweise dem
Einschlag eines Kometen oder Asteroiden." was Unsinn ist, das punctuated
equilibrium Model beschreibt den prozess der Artbildung, die genannten
"katastrophalen Ereignisse" werden für das Aussterben von Arten als
Ursache genannt, was nicht PE heißt, sondern "Katastrophismus". Und
darüber schreibt Gould in "the structure of evolutionary theory", er habe
an dieser Fragestellung kaum gearbeitet, das entsprechende kapitel ist
dann auch sehr knapp gehalten. wissenschaftlicher Katastrophismus ist eher
mit Jack Sepkosky und David Raup verknüpft und der Alvarez-Familie. "Goulds
"radikale" Kontingenz schloss sogar jeglichen Begriff von Richtung aus, wie
etwa der Evolution vom Einfachen zum Komplexen.", ist halb-wahr. Besser als
an der Komplexität, läßt sich das an der Größe festmachen. Es gab mal
"Copes law", demnach werden in allen Tiergruppen die Formen mit der Zeit
größer. Was tatsächlich passiert ist, daß ihre Diversität zunimmt und
damit die Vielfalt der größen. Wenn man bedenkt, daß alle Gruppen mit
kleinen Arten anfangen, ergibt sich der Eindruck, sie würden größer.
Betrachtet man es genauer, erhöht sich nur die Variation und wenn man
klein anfängt, kann der Mittelwert nuch wachsen. Oder auch "Man sollte
dabei freilich zur Kenntnis nehmen, dass die Darwinsche natürliche Auslese
nicht einfach in der Folge einer Katastrophe in Erscheinung tritt, sondern
kontinuierlich in diesen angeblich statischen Perioden wütet. Die Arten
befinden sich anders ausgedrückt in einem andauernden Kampf, allein ihren
angestammten Platz in der Umwelt zu behaupten."

Mir gefällt der Begriff Kampf nicht. Die Art unterliegt permanent dem Zwang sich an die Umwelt anzupassen. Sie löst dieses Problem, indem im evolutionären Prozess die Mitglieder der Art sich durchsetzen, die besser als die anderen in diese Umwelt passen. Durchsetzen heißt, nachhaltig mehr Nachkommen zu haben.
Katastrophen spielen eher eine Rolle bei großen Umbrüchen, z.B. von den Amphibien zu den Echsen und von den Echsen zu den Säugetieren. Neues braucht Platz (ökologische Nischen), um sich richtig entfalten zu können. Katastrophen schaffen den notwendigen Platz.

Die Red Queen hypothese

stammt nicht von Gould, sondern von Van Valen und ist eigentlich ein
Gegenentwurf zum PE. Oder "Mayr behauptet in seiner Antwort an Gould
nicht, dass es keine plötzlichen evolutionären Sprünge (Saltationismus)
geben könne." doch, genau das behauptet Mayr. Er sagt nur, auch Gould sei
nicht ein Befürworter des Saltationismus, obwohl viele ihn als solchen
mißverstanden haben.).

Sofern ich das verstanden habe, wendet sich Gould gegen Auswüchse einer
Denke, die z.B. den IQ an Rassemerkmalen festmacht.


Das ist korrekt, wobei Gould weiter geht und "Spearmans g", eine
vereinheitlichte und meßbare "Grundinteligenz" ablehnt.

Es geht um die Frage, wie stark sind wir genetisch determiniert,

sozusagen

das Gegenstück zum Gendergedanken, der behauptet, alles ist Kultur,

also

Erziehung und Lernen.
Meiner Ansicht nach sind beide Extreme falsch.


Diese Ansicht vertritt jeder, der darüber nachdenkt. Aber eine teilweise
genetische Determination auf der Ebene von Idividuen - und das zeigt Gould
sehr anschaulich - muß nicht bedeuten, daß Gruppenunterschiede ebenso
determiniert sind (Gould gibt als Beispiel die Körpergröße, die in
einzelnen Gruppen stark genetisch determiniert wird, große Eltern haben
große Kinder. Gleichzeitig ist der Größenunterschied zwischen den
Bewohnern einer Kleinstadt in den USA und einem Äthiopischen Dorf stark
gesunken, nachdem im letzteren die Lebensmittelversorgung besser wurde.
Obwohl in beiden Gruppen die Kinder großer Eltern ebenfalls groß waren und
ein großer genetischer Faktor festgestellt wurde, waren die
Gruppenunterschiede offensichtlich nicht durch genetische Faktoren
determiniert).

Hier müssen wir unterscheiden Genotyp und Phänotyp. Genetische Information realisiert sich in Auseindandersetzung mit der Umwelt. Die Gene geben das Potential vor. Ob dieses voll ausgeschöpft wird, hängt an den Umweltgegebenheiten, jedenfalls bei Körpergröße.
Begabung benötigt Förderung, sonst bleibt sie unter Umständen verborgen. Aber selbst unter optimaler Förderung, bleiben die Gaben der Menschen verschieden.


In jedem Fall sehr lesenswert.

Stimmt, Deine Ausführungen sind sehr lesenswert.


susu

Gruß DschinDschin

--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.


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