Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Charakterdeformierender Auswirkungen kollektiver Kindererzie

Garfield, Friday, 18.08.2006, 16:57 (vor 7051 Tagen) @ Ekki

Hallo Ekki!

"Da lege ich lang und breit auseinander, daß und warum ein Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung nicht minder unsozial ist als alles, was wir jetzt haben, und Du gehst darauf gar nicht ein..."

Darauf bin ich nicht weiter eingegangen, weil ich dir da durchaus zustimme. Deshalb gefällt mir persönlich die Variante mit der Einkommens-Besteuerung auch besser. So wäre sichergestellt, daß Menschen, die sowieso schon ein mehr als ausreichendes Einkommen haben, das BGE nicht noch als nettes Taschengeld mitnehmen können.

"Aber auch jetzt, wo Du mich darauf hingewiesen hast, bleibt mir nur zu entgegnen, daß die Einsparungen bei einem Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung unvergleichlich viel geringer sein werden als der finanzielle Aufwand, der durch das BGE entsteht."

Bist du dir da sicher? Denk mal daran, welch ein Verwaltungsapparat jetzt nötig ist, um Sozialleistungen und Renten nicht nur auszuzahlen, sondern auch individuell zu berechnen, die Anträge abzuarbeiten, die Bedürftigkeit zu prüfen... Dann müssen Beiträge dafür einkassiert werden, was auch wieder Aufwand verursacht. Zur Verhinderung von Mißbrauch müssen Kontrollen durchgeführt werden, wozu man wieder Personal braucht. Mit BGE müßte man nur sicherstellen, daß sich niemand mehrfach beim Meldeamt anmeldet - aber das muß man jetzt auch schon.

Das Konzept von Götz Werner sieht nur noch eine Steuer zur Finanzierung vor: Die Mehrwertsteuer. Die wäre dann natürlich deutlich höher, dafür würden aber andere Steuern wegfallen, und damit auch der dazugehörige Verwaltungsapparat. Die Mehrwertsteuer dagegen wird jetzt schon einkassiert, würde also keinen zusätzlichen Aufwand verursachen. Und sie betrifft in- und ausländische Produkte gleichermaßen!

Wie schon geschrieben fände ich zusätzlich eine Art Einkommenssteuer, die erst bei mittleren Einkommen greift und dann ansteigt, sinnvoll. Aber etwas Ähnliches haben wir ja jetzt auch schon - das wäre also auch kein Mehraufwand.

Das größte Problem, das ich dabei sehe, ist die Durchsetzbarkeit. In der Wirtschaft sind immer noch viele dagegen, weil man dort genau weiß, daß sich durch ein BGE der Arbeitsmarkt ganz neu gestalten würde. Momentan ist der Arbeitsmarkt sehr unternehmensfreundlich, was natürlich dazu ausgenutzt wird, die Löhne zu drücken oder zumindest kaum noch zu erhöhen (was ja durch Preissteigerungen letztendlich auch auf eine Lohnsenkung hinaus läuft). Dadurch sinkt die Kaufkraft, die Umsätze gehen zurück, der Kostendruck verschärft sich, die Unternehmen reagieren darauf, indem sie mehr Personal einsparen und das verbliebene Personal noch schlechter bezahlen, das senkt die Kaufkraft weiter... Ohne die derzeit gute Auslandsnachfrage wäre die Situation schon viel schlimmer. Diese Abwärts-Spirale würde sich dann noch viel stärker auswirken.

Wie kriegt man das gestoppt? Die Wirtschaft wird allein kein Einsehen haben. Da zählt nur der kurzfristige Maximalprofit. Es gibt zwar auch in den Führungsetagen der Wirtschaft Leute wie Götz Werner, denen klar ist, daß es so nicht ewig weiter geht, aber die haben allein auch nicht die Möglichkeit, den Kurs zu ändern. Sie würden unweigerlich so enden wie die "utopischen Sozialisten" im 19. Jahrhundert, nämlich in der Insolvenz.

Also muß der Staat endlich von oben herab eingreifen und die Regeln neu gestalten. Das BGE könnte dazu beitragen. Zwar würden die Unternehmen erst einmal jammern, wenn dann niemand mehr bereit wäre, Jobs gegen schlechte Bezahlung zu erledigen. Aber wenn die Einkommen dann wieder steigen würden, dann würde aus der Abwärts- wieder eine Aufwärtsspirale werden. Weil so auch Preiserhöhungen am Markt wieder durchsetzbar wären. Und wo investiert man lieber: Da, wo die Märkte schrumpfen und Preiserhöhungen teilweise gar nicht mehr durchsetzbar sind, oder da, wo die Märkte wachsen und die Preise steigen?

Soweit kann man aber in der Wirtschaft nicht denken. Da sieht man nur, daß niedrige Löhne hohe Gewinne bedeuten, also sträubt man sich gegen das BGE. Und die Politik hält auch nichts von einem deutlich schlankeren Staat. Da wird es also immer massiven Widerstand geben. Und es ist zu befürchten, daß das BGE unter dem Druck der Massenerwerbslosigkeit irgendwann zwar eingeführt wird, aber nicht nach den bisherigen Konzepten, sondern so, daß sich nur wieder einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit daran bereichern.

Freundliche Grüße
von Garfield


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