Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Hausfrauen

Rüdiger, Wednesday, 15.08.2001, 02:26 (vor 8501 Tagen) @ xena

Als Antwort auf: Re: Entlastung von xena am 14. August 2001 16:54:44:

Hi Rüdi,
Beim Kursangebot der VHS kann man ganz sicher sagen, das ist politisch so gewollt, hier muss politisch entgegengearbeitet werden.

Was bedeutet politisch gewollt? Und wer muß wieso entgegenarbeiten, und in welcher Form? Ich denke, daß diese Frauenschwemme das Ergebnis der Bemühungen einiger Frauen sind, die halt auf irgendsonem Frauentrip sind.

Eben. Und gestützt werden die VHS doch wohl durch öffentliche Mittel, also durch die von allen (vielleicht sogar mehr von Männern als von Frauen) aufgebrachten Steuermittel, und dann diese Einseitigkeit ... Du hast dich doch eben selbst drüber aufgeregt, dass es im Kinder-Ferienprogramm nichts Gescheites für die kleineren Buben gibt, und jetzt redest Du anders! - Eben dass so viele Frauen "auf irgendsonem Frauentrip" sind und Männer meist gleichgültig dahinschnarchen oder beruflich zu beschäftigt sind, das führt eben zu solchen Ungleichgewichten - die ich generell für nicht gut finde.

Wenn du männliche Malocher sehen willst, müßtest du eventuell mal selber dementsprechende Bemühungen veranstalten.

Das ist ein beliebtes Argument, genauso wie das Kennedysche "... was du für den Staat tun kannst", das du unten mal angeführt hast. Ich kann mich aber nicht um alles persönlich kümmern. Wie auch mal jemand unten festgestellt hat, ist es jedem selbst überlassen, worum er sich kümmert, und auch wenn sich jemand - da der Tag bekanntlich nur 24 Stunden hat - z. B. nicht um gequälte Tiere kümmern kann, hat er dennoch das Recht, Tierquälerei zu kritisieren. - Bei mir ist es derzeit nun mal so, dass mein Beruf Vorrang hat. Bin ich da mehr etabliert, hab ich vielleicht auch mehr Zeit für anderes, wer weiß.

Entgegenarbeiten klingt so, als ob du diese Frauenausstellung ersetzen willst, daß das nicht sein darf. Und das fände ich wiederum zu weitgehend.

Nö, so meine ich das gar nicht. Aber dass man so was für wichtig und ausstellenswert hält, männliche Malocher oder wasweißich aber nicht, das sagt was über die Prioritäten und Präferenzen in unserer Gesellschaft aus.

Ist es nicht besser FÜR etwas zu kämpfen, als GEGEN etwas zu kämpfen?

Im Prinzip ja; allerdings richten sich die meisten Kämpfe GEGEN irgendwas. Die Leute wachen auf und sind unzufrieden mit irgendwas, empört, wütend - wollen was ändern, was bewegen. Wollen GEGEN DAS angehen, was sie empört. So war's bei der amerikanischen Schwarzenbewegung, die war mehr gegen die Benachteiligungen der Schwarzen als für ein wirkliches tägliches Miteinander von Schwarz und Weiß, das war so bei der Apartheid, bei der Frauenbewegung (GEGEN die Benachteiligungen der Frau), beim Umsturz des Kommunismus 1989, ja sogar beim Roten Kreuz. Man könnte hier z. B. sagen, Henri Dunant habe eine humane Zukunftsgesellschaft vorgeschwebt; tatsächlich war er jedoch entsetzt über die Kriegsgreuel seiner damaligen Zeit und wollte sie abschaffen, zumindest lindern. Also wieder das DAGEGEN, der heftige Protest, als Motiv. Eine heftige Wut trägt auch meist weiter und bewegt mehr als positive Gefühle - bedauerlich, aber es ist so. Mir fällt so auf Anhieb keine Massenbewegung ein, die FÜR was war. Und wenn sie FÜR etwas waren, dann war damit zumeist eine noch heftigere Ablehnung dessen verknüpft, was diesem erträumten Zustand im Wege stand.

Dabei stellt sich allerdings auch die Frage, wie wichtig es dir persönlich ist, für diese Sache zu kämpfen.

Richtig. Ich bin eher bequem und etwas egoistisch; den Plan, einen Prozess gegen die Mainzer Frauenbibliothek finanziell zu unterstützen, habe ich z. B. zwar erwogen, aber wieder verworfen. Warum soll ich mein Geld riskieren, wenn tausende von männlichen Studenten nicht in der Lage sind, pro Person ein paar Mark dafür zu sammeln? Ich hatte persönlich auch noch nicht unter Frauen zu leiden, habe gottlob keine Exe, die mich schröpft, und kann daher relativ gelassen (oder träge? ;-) ) sein .....

Besondere Frechheit: Betriebsbesichtigungen: Besichtigung der Frauenbuchhandlung sowieso - NUR FÜR FRAUEN. Offensichtlich dürfen da grundsätzlich keine Männer rein.

Wärst du denn hingegangen, wenn du gedurft hättest? Ich nicht.

Ich wahrscheinlich auch nicht. Oder vielleicht doch, nur aus Prinzip. Und dann ein betont antifeministisches Buch bestellen. - Das ändert aber nichts daran, dass hier ein ungeahndeter Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegt; deine locker-freundliche Argumentation lässt das fast vergessen machen, aber es ist und bleibt so.

Und wenn es dir als Mann wichtig wäre, diese Frauenbuchhandlung auch besichtigen zu dürfen, ja dann hättest du natürlich etwas unternehmen müssen.

Stimmt, hätte ich tun sollen. Hab ich mir auch überlegt. War dann aber doch zu faul. Mea culpa. Und was wäre dann gewesen? Die VHS hätte sich geweigert, meine Anmeldung entgegenzunehmen, und wenn ich trotzdem mit reingegangen wäre, hätte es vielleicht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gegeben und und und .... Vielleicht wäre so was - nicht nur als Einzelfall, sondern öfter - sogar nötig, aber meine Bequemlichkeit und Konfliktscheu war in diesem Fall größer, wie ich offen zugebe.

Ich halte zunächst einmal solche Veranstaltungen getrennt nach Geschlechtern nicht von vornherein für verkehrt.

Mag sein. Es geht aber nicht nur um den Kurs, sondern auch um den Buchladen ganz allgemein und dass Männer dort offensichtlich prinzipiell keinen Zutritt haben. Wenn wie in den alten Südstaaten an manchen Geschäften "Neger unerwünscht" hinge, wäre das mit Recht ein Skandal - und es IST ein Skandal, dass man Ähnliches achselzuckend hinnimmt, wenn Männer die Betroffenen sind. Ob dieser Buchladen nun stinklangweilig ist oder wahnsinnig interessant, ist unerheblich.

Es wird erst nervig, wenn es tatsächlich um Interessenverletzungen geht, was hier wohl nicht gegeben ist. Es gibt ja auch Kurse etc. nur für Männer. Find ich auch gut.

Ja, den einen: Kochen für Männer ;-). Bin heute übrigens noch nicht zum VHS-Programmholen gekommen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben ....

Erziehung von kleineren Kindern: Dürfte schwer fallen, da was zu ändern. Genausowenig wie man Frauen in die typischen Männerberufe von Maschinenbau bis Müllmann zwingen kann, kann man Männer dazu verdonnern, Kindergärtner zu werden .... Ein Bewusstseinswandel ist allerdings nötig, und der kann erreicht werden, wenn Männer ein wenig von der Alleinverdienerrolle entlastet werden.
Ein wenig entlastet? Berufstätige Frauen die Ausnahme? Hey, wer hat dir heut morgen deine Brötchen verkauft?

Die sind heut morgen ganz von selbst auf dem Körbchen gewachsen :-). Überdies bin ich auf Diät, auch damit ich beim Steppen besser aussehe ... Sicher gibt's Supermarktkassiererinnen - aber da fängt's schon an: Von so einem Job kannst Du kaum eine Familie durchfüttern, selbst zu zweit wird's problematisch. Von einer Situation à la Ostblock, wo fast alle Frauen berufstätig waren, sind wir doch weit entfernt. In vielen Familien ist es doch noch immer so, dass der Mann die meisten "Brötchen" (um im Bild zu bleiben) heimbringt und die Frau nur zuverdient. Gerade neulich habe ich mit einer ehemaligen Schulkameradin geredet, in deren Umkreis ist es bei den meisten Frauen so, dass sie allenfalls teilzeitbeschäftigt sind. Z.B. eine weitere ehemalige Schulkameradin, mit der ich mal das Goldene Tanzabzeichen gemacht habe (ja ja :-) ): Jetzt Mutter zweier Kinder. Da die mittlerweile das Grundschulalter verlassen, könnte sie als Studienrätin eigentlich wieder voll einsteigen. Macht aber auf Familie. - Die zuerst erwähnte Schulkameradin: Hat einen mittleren Manager zum Mann, fährt Jaguar. Hat etwa zehnjährige Zwillinge. Ist Ärztin. Würde gern Krankenschwestern Unterricht geben, aber von ihrem Zuverdienst bliebe so wenig übrig, dass es sich nicht lohnt. Also bleibt sie zu Hause. Kennt in ihrem Umfeld viele ähnliche Fälle. Die sind meist unzufrieden, aber sie sitzen zu Hause. - Manche sind unzufrieden, andere aber wiederum lassen sich ganz gern von einem Mann versorgen. Meine Stiefmutter z. B.: Sekretärin, dann mit meinem Vater (Professor) verheiratet. Er brauchte sie nicht zu bitten, mit dem Job aufzuhören. Es kamen dann auch drei Kinder (meine Halbgeschwister), aber auch als die aus dem Grundschulalter raus waren, war der Gedanke an eine Berufstätigkeit für sie etwa so entfernt wie der Mond. Unter jüngeren Frauen scheint diese Auffassung im Schwinden begriffen zu sein. Was auch immer die Gründe sein mögen: Die Last der geringeren Berufstätigkeit der Frau trägt der Mann.

Und wer hat dir im Supermarkt an der Kasse dein Geld abgeknöpft?

Bessere Kinderbetreuung kann dazu führen, dass mehr Frauen (wie in der DDR) vollzeit arbeiten, das kann dazu führen, dass auch mal mehr Männer Erziehungsurlaub nehmen, dass Kindererziehung nicht mehr nur als weibliche Domäne betrachtet wird, und das kann langfristig auch bewirken, dass mehr Männer Kindergärtner und Grundschullehrer werden und sich vielleicht auch beim Ferienangebot für kleine Jungs mal was ändert.

Ach ich weiß nicht. Ich denke, man muß ja nicht erst Erzieher oder so werden, um sich Nebenberuflich um Jungs zu kümmern. Bei uns im Sportverein sind viele Männer als Trainer für die Jungs da. Die machen das zum Spaß. Genauso könnten auch andere Angebote genauso nebenbei gemacht werden. Das ginge schon. Hat auch viel mit Interesse zu tun. Der Vater meines Sohnes hat das zum Glück.

Hocherfreulich - aber vielleicht hat er auf Grund seiner beruflichen Situation auch einfach mehr Zeit dazu. In meinem Stepkurs waren anfangs mehr Männer, die meisten sind im Lauf der Zeit weggeblieben, weil sie den Kursbesuch nicht mit ihren beruflichen Pflichten in Einklang bringen konnten. Das ist bei Hausfrauen natürlich leichter. Natürlich sind längst nicht alle Teilnehmerinnen Hausfrauen, aber sie scheinen durchweg in einer weniger stressigen beruflichen Situation zu sein wie ihre Männer ...

Das ändert aber nichts daran, dass man das Kursangebot der VHS durchaus durch politische Arbeit schneller ändern kann, das ist eine m. E. ganz andere Frage, die mit dem Angebot für Kinder nur oberflächlich zusammenhängt.

Ich denke schon, daß ein Zusammenhang besteht, wie gesagt. Was möchtest du denn ändern an dem Kursangebot? Die Frauenübermacht abbauen, oder die Männer stärker repräsentieren?

Eher die Männer stärker repräsentieren. - Bei solchen Kursangeboten allerdings wie dem weiter oben polemisch genannten "Selbsterfahrung im Mondenschein" könnte man darüber nachdenken, sie ganz abzuschaffen. So lange solche Kurse ganz privat abgehalten und bezahlt werden, ist es egal, aber ich vermute mal, die VHS wird öffentlich bezuschusst, und damit wird es natürlich zum Politikum, welche Inhalte man subventioniert. Das ist der Fluch der Subvention, genauso wie bei der Kunstförderung. Da wär's doch vielleicht besser, die Steuern ein wenig zu senken, die VHS-Subventionierung zu lassen, und jeder soll privat die Kurse abhalten oder besuchen, die er möchte. Machen wir beim Step auch gerade (überlegen, ob nicht lieber privat ... ) - wegen ständiger Schwierigkeiten mit den Räumlichkeiten (Teilnehmer des Meditationskurses beklagen sich, weil wir die Wände zum Wackeln bringen). Ich seh eigentlich auch nicht ein, warum ich die PC-Kenntnisse meiner Nachbarin oder die Kochkünste meines Nachbarn mit meinen Steuern mitfinanzieren soll; bei Weiterbildung für besonders Bedürftige mag es anders sein, oder bei Kinderreichen, aber ansonsten finde ich, sollen die das mal hübsch selber bezahlen ....

So, und jetzt geh ich nach Tübingen (nicht nur wegen des neuen VHS-Hefts; mal sehen, wann der Stepkurs im nächsten Semester weitergeht.

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Ach du Schande: STEPPEN? *lach*
Ich stell mir das grad bildlich vor, wie du da so ... *kicher*

Wir sind alle keine Fred Astaires oder Ginger Rogers, aber 's macht Spaß. Komisch: Beim Goldenen Tanzabzeichen haben auch alle komisch geguckt, keiner wollte mir das zutrauen ;-) ..... Muss irgendwie so was an mir haben ....

Gruß

Rüdiger

Grüße, xena


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