Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: Irgendwo habt ihr (mal wieder) beide Recht

Arne Hoffmann, Friday, 17.08.2001, 16:47 (vor 8499 Tagen) @ xena

Als Antwort auf: Re: Irgendwo habt ihr (mal wieder) beide Recht von xena am 17. August 2001 10:54:03:

Hi Maya! :-)

Hab ich lange drüber gegrübelt, und ich denke, daß ist nun wieder die Frage nach der jeweiligen politischen Haltung generell. Wie Rüdiger auch schon sagte, haben halt einige keine Lust, ihr Geld für andere zur Verfügung zu stellen. Da sind wir dann schnell beim Sinn und Unsinn von Steuern bezahlen überhaupt. Dann kommen militante Radfahrer und fragen, wieso sie Steuern für den Straßenbau bezahlen müssen etc.

Das ist übrigens auch die Haltung, wie sie von den Betreiberinnen der Mainzer Frauenbib selbst vertreten wird. Der Vergleich hinkt nur deshalb, weil Radfahrer Straßen benutzen dürfen, wenn sie möchten, und nicht davon abgehalten werden. Ich hab ja als Hetero auch nix dagegen, dass es an unserer Uni eine Bücherei für Homosexuelle gibt - allerdings durfte ich diese für meine Recherchen problemlos betreten.
Eine Universität ist eine Einrichtung öffentlichen Rechts und als solche dem Gleichheitsgrundsatz in unserer Verfassung verpflichtet. Mein Freund und Anwalt hat etliche seiner Kollegen nach ihrer Meinung zu diesem Fall gefragt und von allen die Antwort erhalten, rein rechtlich sei eine sexistische Einrichtung in einer Universität nicht haltbar. Sie erhält ihre Rückendeckung alein aus politischen Gründen. Insofern habe ich wirklich den Eindruck, dass, wenn hierzulande nicht der Feminismus, sondern der Nationalismus Staatsreligion wäre, sich die Verantwortlichen genauso selbstverständlich auch hinter eine Bibliothek nur für Deutsche stellen würden.

Ja, und was sagt das aus? IMO doch nur, daß es schon ganz normal ist, daß Frauen überall Zwinger brauchen, in denen sie vor den bösen Männern geschützt werden müssen.

Richtig. In einem Interview, das ich für die Studentenzeitschrift UNICUM mit den Betreiberinnen der Mainzer Frauenbib geführt habe, sagten sie mir, dies diene unter anderem dem Schutz der Frauen vor sexueller Belästigung. Es ist allerdings in all meinen Jahren als Student kein einziger solcher Fall in den "normalen" Uni-Büchereien bekannt geworden, was in der politisch korrekten Mainzer Uni auch nicht besonders verwundert.

Mir ist das eher peinlich.

Ich weiß, tut mir ja auch leid. :-)

Klingt ja vor allem spannend. Was ist denn eine feministische Flirttheorie? *lach*

Sie orientiert sich vor allem an Klassikern wie Senta Trömel-Plötz Büchern über die "Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen" oder Carol Gilligans "A Different Voice". Ein bisschen verkürzt zusammengefasst: Frauen sind die moralischeren Menschen, was sich auch in ihrer Sprachkultur zeige, aber sie werden von den Männern andauernd verbal unterdrückt. Ich hatte auch dazu ein Kapitel für mein Buch vorgesehen, es dann aber wieder rausgekürzt, nachdem ich zu der Erkenntnis gekommen bin, dass sich nicht jeder Leser so für Linguistik interessiert wie ich. Mich nervt aber einfach, dass die akademische Linguistik diesen Kokolores längst widerlegt hat, während er in Volkshochschulen - gewürzt mit der Böse-Mädchen-Soße - frohgemut unter die Bevölkerung gestreut wird.

Alzo, wo ist denn die politische Weltanschauung versteckt beim "Mondschein-Trommeln"?

Ich muss gestehen, ich habe noch keinen einzigen Kurs Mondschein-Trommeln belegt. :-)

Außerdem ist es ja nicht so, daß alle Kurse generell für Männer zu sind.

Nein, aber wenn ich mir etwa das aktuelle Programm der vhs Wiesbaden schnappe, dann finde ich darin z. B. Kurse wie "Mut zum Erfolg. Selbstsicherheitstraining für Frauen". Darin geht es um Punkte wie ""Strategien für selbstbewusstes Handeln", "eigene Interessen durchsetzen und Konflikte konstruktiv lösen", "Stressfaktoren rechtzeitig erkennen und gegensteuern" usw. Warum können da nicht auch Männer mitmachen, die eben nicht zu den durchsetzungsstarken Alpha-Männchen zählen?

Aber es ist wohl doch so, daß die Interessen von Männern und Frauen im Großen und Ganzen relativ weit auseinanderliegen.

Gerade heute Vormittag habe ich in meiner Fernsehzeitschrift einen Artikel gefunden über den Quoten-Einbruch von Frauenmagazinen wie "Mona Lisa". Die Macherinnen wollen reagieren, indem sie ihre einseitige Ausrichtung verstärkt zurücknehmen: "Mit feministischem Anspruch macht man heute offenbar keine Quote mehr. Der Trend geht zum Themen-Mix, der auch Männer interessiert." So sind heute schon 40 Prozent des BR-Magazines
"Frauensache" männlich. Dieselbe Entwicklung wünsche ich mir für den Buchmarkt und unsere (Volks-)Hochschulen.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum