Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Männergewalt

Maya, Friday, 19.10.2001, 20:16 (vor 8435 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: INVISIBLE MEN Nr. 18 von Arne Hoffmann am 18. Oktober 2001 19:27:47:

Hallo Arne,

..., wenn es um das alte Vorurteil geht, das Männer und Gewalt miteinander verknüpft. Angesichts der Terroranschläge der vergangenen Wochen fragt der Men´s-Health-Chefredakteur schon im Editorial: "Warum haben die grausamsten Verbrechen an der Menschheit ausnahmslos Männer begangen? ... Auch alltägliche Gewalt ist überwiegend männlich: Frauen sind in den EU-Ländern nur zu etwa fünf Prozent als Urheber von Gewaltdelikten erfasst." Woraufhin er einen Evolutionstheoretiker, den Professor Hesch von der Organisation "hommage", erläutern lässt, dass in Männerhirnen ein hormongesteuertes Gewaltzentrum liege. Hesch wörtlich: "Gewalt geht seit Menschheitsgedenken von Männern aus, nur von Männern. Frauen üben nie solche Gewalt aus. Sie wehren sich nur, wenn man ihren Nachwuchs bedroht, wenn Männer sie vergewaltigen." Ich habe der Redaktion ein kurzes Mail geschrieben und bin gespannt auf die Antwort.

Es ist natürlich Quatsch, Frauen generell als nicht aggressiv hinstellen zu wollen.
Allerdings sollte die Frage nach unterschiedlichem Gewaltpotential doch erlaubt sein?

Man kann nicht einfach Hormon-bzw. Neurotransmitterspiegel als ursächlich für Gewaltbereitschaft ansehen, das wird der Materie nicht gerecht. Es handelt sich allenfalls um korrelative Zusammenhänge, die keine Kausalschlüsse zulassen. Bedeutet auf Deutsch, wenn man auf der einen Seite hohe Testosteron-Spiegel bei Aggressiven findet, und bei weniger Aggressiven nicht, heißt das noch lange nicht, daß das Testosteron für die Aggression verantwortlich ist. Es könnte genauso gut sein, daß die Testosteronspiegel bei Aggression ansteigen.
Die Geschichte zum Serotonin finde ich persönlich nun wieder erstaunlich, weil mir der Zusammenhang zwischen den Geschlechtschromosomen und der Serotoninproduktion neu ist. Niedrige Serotoninspiegel sind im übrigen für Depression typisch und bekanntermaßen sind Frauen von Depressiven Erkrankungen häufiger betroffen als Männer. Da hinkt es dann wieder. Allerdings hat man einen Zusammenhang gefunden zwischen niedrigen Serotoninspiegeln und besonders brutalen Suizidformen ("overkill"), der häufiger von Männern verübt wird.
Alles in allem halte ich das bisherige Wissen für zu rudimentär, als daß man aussagekräftige "Beweise" liefern könnte. Es bewegt sich bisher überwiegend im Bereich der Grundlagenforschung und manches, was heute "entdeckt" wird, wird morgen widerlegt.
Ich denke, daß aber evolutionsgeschichtlich einiges dafür spricht, daß es nützlich war, daß Männer ein höheres Aggressionspotential aufwiesen als Frauen, da Männer für die Jagd und die Verteidigung des Stammes zuständig waren, während die Frauen für die Kinderaufzucht sorgten (wo Aggression bekanntermaßen nicht grade der Arterhaltung dient).
Dies zu verleugnen mag zwar auf den ersten Blick Erleichterung verschaffen, aber auf den zweiten Blick halte ich es nicht für sinnvoll, eine Diskussion darüber mit Tabu zu belegen.
Aggression und Gewalt sind in der heutigen Zeit geächtet. Pauschalverdammung für diese Konstrukte. Ich denke, daß es auch positive Seiten der Aggression und Gewalt gibt, wenn man es genauer (oder neutraler) betrachtet und nicht mit Bösartigkeit gleichsetzt.
Wie gesagt, bin ich keine Pazifistin, oder besser gesagt, keine Anti-Militaristin. Ich bin für die Durchsetzung gerechter Dinge, notfalls auch mit Gewalt. Darüber mag man sich streiten, Ansichtsache.
Was ich damit sagen wollte ist, daß ein höheres Aggressionspotential der Männer nicht gleichbedeutend damit sein muß, daß Männer die schlechteren Menschen sein müssen.
Maya


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