Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Gast - Re: Feministische Seelenvergiftung - Obwohl oder gerade weil ...

Silvain, Saturday, 07.05.2005, 21:32 (vor 7531 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Re: @Gast - Re: Feministische Seelenvergiftung - Obwohl oder gerade weil ... von Jolanda am 07. Mai 2005 16:39:33:

Hallo Jolanda,

ich denke, es liegen jede Menge Farben zwischen einem absoluten Egoismus und einem ebenso absoluten Kollektivismus.

Für mich steht jedoch fest, dass ich als Individuum geboren wurde. Und die einzige natürliche (!) Verbundenheit ist die mit meinen Eltern. Die ist zwar nicht unlöslich, aber zumindest unablegbar. Verbindungen mit der hiesigen Gesellschaft sind aber nur regional und sozial bedeutsam, indes umso unbedeutender wenn man bedenkt wie schnell sich Meinungsbilder in dieser Gesellschaft ändern können. Ich sehe mich in dieser Gesellschaft jedoch nur als aussenstehender Beobachter und nicht als Teil eines "großen Ganzen".

Ein Kollektiv hat für mich einen unsagbar bitteren Nachgeschmack. Unglaublich viele Menschen rennen dem aktuellen "Leitbild" der Gesellschaft und damit des Kollektivs nach, weil es komfortabler ist, als selber zu denken. Es ist so komfortabel, dass einem Widersprüche selbst dann nicht auffallen, wenn sie einem direkt vor die Nase gehalten werden. Der Grund ist einfach: Diese Menschen haben es verlernt, selbst zu denken.

Ich denke aber lieber selber und ich treffe meine Entscheidungen nur aus rationalen Erwägungen heraus und nicht aus dem Meinungsbild einer Mehrheit. Wahrheit und Logik sind nicht mehrheitsfähig. Sie sind in der Sache richtig oder sie sind es eben nicht. Das Recht und die Freiheit, dieses selbst entscheiden und erwägen zu können sind mir die höchsten Güter. Und diese lasse ich mir nicht von einem vielbeschworenen "Kollektiv" nehmen.

Gerade diese Massenbewegungen und -meinungsbilder sind verantwortlich für zahllose Katastrophen in der Menschheitsgeschichte. Gerade die Deutschen sollten das am Besten wissen. Aber kaum taucht der nächste Stern am Horizont auf, haben wir alle Lehren vergesssen und meinen, über Vergangenes nicht nachdenken zu müssen. So wundert es denn auch niemanden, wenn viele Schüler heute über Geschichte sagen: "Was interessiert mich Vergangenes, ich lebe doch im Jetzt." Und so wird sich Unrecht von einst in Zukunft wiederholen.

Im übrigen: Sich seine eigene Identität und Meinungsfindung zu bewahren - was von vielen als Egoismus ausgelegt wird - muss nicht zwangsläufig bedeuten, pflichtvergessen zu sein. Ausgehend von dieser Definition würde ich mich sehr wohl als Egoist bezeichnet. Aber dennoch fühle ich mich meinen Eltern meinen Lebtag verpflichtet aufgrund der natürlichen Verbindung zwischen uns. Ebenso fühle ich mich verpflichtet, zu der Gesellschaft in dem Rahmen beizutragen, wie ich Nutzen aus ihm schöpfe. Niemand kann von mir behaupten, dass ich jemand anderem etwas schulden würde.

Aber mein Geist, Jolanda, der wird immer frei sein. Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen einer Integration in das menschliche Miteinander und das Mitlaufen mit allen anderen. Wenn mein Geist dereinst so schwach wäre, dass ich Ungerechtigkeiten nicht mehr erkennen würde, dann müsste ich mir das Menschsein eigentlich aberkennen lassen. Denn unser Gehirn, unsere Fähigkeit zu denken und unsere Fähigkeit zu Mitgefühl machen uns erst zum Menschen.

Wo wäre das alles, wenn wir nur einem Leitwolf folgten mit der Begründung, dass das doch alle so machten? Und ist diese kollektive Mentalität nicht einer der wichtigsten Gründe, warum wir hier zusammen gegen eine unfaire Entwicklung Front machen? Ist es nicht unser Ziel, die Mauer zu durchbrechen, die viele unserer Mitmenschen vor sich hertragen, um sie dazu zu animieren, SELBST zu denken anstatt andere denken zu lassen?

Just my 2 cents,
Silvain


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