Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Vielleicht stellt sie sich das so vor?

Garfield, Thursday, 04.08.2005, 20:58 (vor 7043 Tagen) @ gibsmir

Als Antwort auf: Re: Vielleicht stellt sie sich das so vor? von gibsmir am 04. August 2005 10:18:

Hallo "gibsmir"!

"erstmal Danke, finde die Diskussion sehr angenehm."

Danke, gleichfalls!

"Ja, leider ist das mit Cargolifter schiefgegangen."

Ganz gestorben ist das Projekt aber noch nicht. Sie versuchen jetzt, es einige Nummern kleiner aufzuziehen, und angeblich soll es schon wieder Investoren geben.

"Alternativen gibt es schon (Bahn, Schiff), aber leider können diese trotz Ökosteuer und LKW-Maut kostenmäßig wohl nicht mit dem Lastwagen mithalten."

Da frage ich mich immer, wieso das eigentlich so ist. Okay - der Transport per Schiff sollte zwar billig sein, aber es gibt ja nicht überall geeignete Wasserstraßen. Schienen dagegen gibt es fast überall. Es hängt vermutlich auch sehr mit der Preispolitik der Bahn zusammen. In einer Fabrik, in der ich früher mal gearbeitet habe, wurde Anfang der 1990er Jahre beim Bau noch der Anschluß an das Bahnnetz eingeplant. Offensichtlich lohnte sich das zu der Zeit finanziell noch. Das Lager wurde dann extra mit einer Durchfahrt für Bahnzüge gebaut, und es wurden nur wenige Tore für LKWs geplant. Gegen Ende der Bauarbeiten hat man sich aber umentschieden. In die Bahndurchfahrt wurden dann schon keine Gleise mehr gelegt, und es wurde auch kein Anschluß an das Bahnnetz gebaut. Stattdessen wurden dann nur LKWs zum Transport eingesetzt, obwohl die Tore dafür nicht ausreichten. Das hatte dann zur Folge, daß immer wieder LKWs warten mußten. Trotzdem muß der Transport per LKW ja plötzlich billiger gewesen sein als per Bahn. Tja, bei der Bahn kann man eben nicht so einfach ausländische Schrott-Lokomotiven mit Billiglohn-Fahrern einsetzen, und es gibt da wohl auch kaum unseriöse Firmen, die ihre Fahrer unter Druck setzen, damit sie bis zum Einschlafen fahren. Zwar ist die Deutsche Bahn nicht ganz konkurrenzlos, aber ich denke, man muß in dem Bereich wohl schon noch etwas mehr investieren als in eine Spedition, was vielleicht diejenigen, die nur auf den schnellen Euro aus sind, abschreckt.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Rüstungsgüter über weite Strecken vorwiegend mit der Bahn transportiert, auch innerhalb Deutschlands. Und das betraf keineswegs nur schweres Gerät, sondern einfach alles. Auch für die Zeit nach dem Krieg hat man die Bahn fest als Transportmittel einkalkuliert. Man wollte riesige Breitspurbahnen bauen, die auf Gleisen mit 4 m Spurweite fahren sollten. Damit wollte man in zweistöckigen Waggons Siedler und Material in die eroberten Gebiete im Osten transportieren.

Daß nach dem Zweiten Weltkrieg die Bahn mehr und mehr an Bedeutung verlor, hängt sehr damit zusammen, daß es vor allem in den USA mittlerweile riesige Fabriken gab, die Unmengen von LKWs und Autos produzieren konnten. Die wollte man nicht einfach wieder abreißen, sondern man wollte sie als Basis nehmen für neue Geschäfte im Zivilbereich. Also knüpfte man Kontakte zu Politikern, schmierte gut und erreichte so, daß auf einmal immer weniger Geld in den Ausbau des Bahnnetzes investiert wurde, dafür aber umso mehr in den Ausbau des Straßennetzes. Das wurde dann so auch auf Europa übertragen.

"Logische Folge für mich: Benzin (bzw. Diesel) ist immer noch zu billig."

Nun, die Bahn hat ja auch Diesel-Lokomotiven in Betrieb. Deshalb haben sich dort ja durch die "Ökosteuer" ebenfalls die Preise erhöht.

"Ein weiteres negatives Phänomen ist ja auch, daß die Güter teilweise mehrmals quer durch Europa gefahren werden, nur um Kosten zu sparen. Da werden Schweine zum Schlachten von Norddeutschland nach Spanien verfrachtet, dann das Fleisch zur Verarbeitung nach Italien, usw. Sowas darf sich einfach nicht lohnen."

Ja, und obendrein wird dieser Schwachsinn teilweise auch noch über Agrarsubventionen mit Steuergeldern finanziert! Viele dieser Tiertransporte und auch Transporte von pflanzlichen Agrarprodukten finden nämlich überhaupt nur deshalb statt, weil es dafür Subventionen gibt. Es gibt tatsächlich Leute, die vollkommen sinnlos Güter transportieren lassen, nur um so Subventionen abzukassieren.

"Es macht mich auch wütend wenn ich z.B. im "Minimal" "Ökokirschen" aus Griechenland im Sortiment finde. Was soll daran noch ökologisch sein wenn die schon tausende Kilometer mit Lastwagen quer durch Europa gefahren wurden."

Ja, das sehe ich auch so.

"Eine verteuerung der Transportkosten muß auch nicht unbedingt die Preise für den Endverbraucher erhöhen, es ist auch durchaus möglich das dadurch einfach wieder regionale Anbieter (z.B. deutsche Bauern) eine Chance haben, weil diese halt nicht ihre Produkte 2 mal quer durch Europa fahren müssen. Sowas würde eine Menge sinnlosen Verkehr verhindern."

Solange man die Transportkosten durch Billigspeditionen aus Osteuropa und durch Druck auf die Fahrer niedrig halten kann, wird das leider nicht geschehen. Außerdem läßt sich nicht alles von regionalen Erzeugern beziehen. Preiserhöhungen werden also dabei nicht ausbleiben, denn beim Profit macht man ganz sicher keine Abstriche. Viele Bauern verkaufen aber auch direkt vom Hof - das sollte man viel mehr nutzen.

"Und wie soll die Politik Druck machen wenn nicht über den Benzinpreis?"

Z.B. waren der Bund und das Land Niedersachsen noch vor einigen Jahren mit je 20% an VW beteiligt. Ich weiß jetzt nicht, wie das im Moment aussieht - die Anteile sollten ja verkauft werden. Man hätte sich dort ganz im Gegenteil eine Aktienmehrheit sichern müssen, um dann über VW Bewegung in den Auto-Markt zu bringen. Wenn nämlich ein großes Unternehmen anfängt, umweltfreundliche Autos zu bauen und die auch zu günstigen Preisen zu verkaufen, dann müssen die anderen nachziehen.

Und wieso muß der Staat immer wieder Unmengen an Subventionen und Fördermittel sinnlos an Großunternehmen verschenken? Warum dieses Geld nicht in kleine, innovative Unternehmen investieren, die dann die Entwicklung vorantreiben? Das würde bei staatlicher Beteiligung obendrein auch noch Gewinn für die Staatskasse bringen und die deutschen Exporte weiter ankurbeln. Aber da gibts ja dann vorher kein "Schwarzgeld" für unsere Spitzenpolitiker und Regierungsparteien...

Da, wo die Öl-Multis und Auto-Konzerne keinen Finger drauf haben, geht das merkwürdigerweise auch ganz ohne staatliche Förderung. U 31, das weltweit erste Unterseeschiff mit Brennstoffzellenantrieb, ist schon lange in Dienst. Okay, das hängt natürlich vor allem damit zusammen, daß sich der Brennstoffzellenantrieb für diesen Zweck prima eignet, aber da sieht man mal, was alles möglich ist, wenn man sich nur ernsthaft dahinter klemmt.

Die hohen Benzinpreise erhöhen nur die Lebenshaltungskosten. Die Ölkonzerne haben bei jeder "Ökosteuer"-Erhöhung immer noch einen kleinen Zusatzbonus für sich selbst draufgeschlagen - und so dabei noch mehr verdient. Die geringen Umsatzeinbußen haben sie so wohl mehr als aufgefangen. Die wissen genau, daß die meisten Menschen nun einmal Auto fahren müssen, und das nutzen die eiskalt aus.

Die Autohersteller ärgern sich zwar darüber, daß die Kunden zunehmend nach Autos mit niedrigem Verbrauch fragen, aber da alle Hersteller da gleichermaßen träge sind und sich somit auch gegenseitig kaum Konkurrenz machen, stört das auch nicht wirklich.

Deshalb geht eben alles so weiter wie bisher, nur daß dem Bürger weniger Geld in der Tasche bleibt. Das kriegt dann wiederum die Wirtschaft zu spüren, und dann auch die Staatskasse. Was man über die "Ökosteuer" reinholt, geht dann also beispielsweise an Mehrwert-, Umsatz- und Einkommenssteuer wieder verloren.

"Ich denke schon daß der Effekt da ist, viele Leute kaufen sich hier in Deutschland einen Wagen der verhältnismäßig wenig verbraucht. Vergleiche das mal mit den USA wo der Sprit billig ist und die Leute alle dicke SUVs fahren die 30 Liter auf 100km verbrauchen."

Ja, das war aber schon vor der "Ökosteuer" so. Als nach der Besetzung Kuwaits durch den Irak die Benzinpreise deutlich anstiegen, gab das damals schon Schlagzeilen in den Zeitungen, und viele Menschen haben sich beklagt. Benzin wurde damals schon als teuer empfunden, und viele Menschen mit normalen oder niedrigen Einkommen fuhren damals schon nicht mehr aus Langeweile in der Gegend herum. Klar - es gibt auch andere, die sich das locker leisten können - aber die würden sich auch nicht an 5 Euro pro Liter Benzin stören. Angeblich soll sich das neue "Super Super"-Benzin, das jetzt zunehmend verkauft wird (V-Power oder wie immer es gerade heißt), ja auch gut verkaufen. Aber es war schon immer so, daß auch in Krisenzeiten der Absatz an Luxusgütern anstieg. Wenn viele Menschen weniger Geld haben, müssen zwangsläufig wenige Menschen mehr Geld haben.

Freundliche Grüße
von Garfield


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