Tja, wer ist irrational - das ist hier die Frage ....
Als Antwort auf: Die Agenturen des Bösen und der Irrationalität von Nick am 22. Oktober 2005 13:56:
Ein einziges, kleines Beispiel für Jürgen Dingsbums' "Rationalität": es gibt bekanntlich in jedem Land einen Karton mit einer amtlich festgelegten Anzahl von Arbeitsplätzen drin. Die werden dann verteilt. Wenn es mehr junge Menschen gäbe als heute, dann würden noch mehr von ihnen keinen Arbeitsplatz aus diesem Karton bekommen können. Wir hätten dann nicht 5 Mio. sondern 18 Mio. Arbeitslose, weil es ja keinerlei Dynamik in Jürgen Dingsbums' ausdachter Ökonomie gibt. Völlig logisch!
Natürlich ist die Nachfrage nach Arbeit in gewisser Weise preiselastisch; gäb's z. B. Putzfrauen für den halben Lohn als bisher üblich, könnt ich mir leisten, eine einzustellen, dann säh's in meinem Haus nicht mehr so schmuddelig aus ...
Was die Kinderzahlen anbelangt: Klar - hätten wir auf einen Schlag, sagen wir: 2 Mio. Kinder mehr, bedeutet das auch zwei Mio. spätere Konsumenten mehr. Moment mal, wirst Du vielleicht sagen, die haben ja auch jetzt schon Bedarf: Kindersachen und Spielzeug, Schulbücher und Fahrräder ... Richtig. Aber bezahlt wird das von den Eltern, die einen verdienten Euro nur einmal ausgeben können. Und jeder Euro für Kinderbedarf fehlt am anderen Konsum. Und wenn Eltern tatsächlich mehr Geld zur Verfügung haben, weil sie weniger Steuern zahlen und Kindergeld bekommen, dann muß der Staat die Einnahmeausfälle und Mehrausgaben kompensieren, indem er die Kinderlosen entsprechend stärker schröpft - die dann ihrerseits weniger konsumieren können ...
Wenn die Geburtenzahlen jetzt auf einmal stiegen und wir dadurch in einigen Jahren, sagen wir: 90 Mio. Einwohner hätten statt 80, dann bedeutete das natürlich schon einen Zuwachs an späteren Erwerbstätigen/Produzenten und ebenso Nachfragern/Konsumenten - am Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung ändert sich dadurch zunächst mal nichts, der dürfte relativ unabhängig unabhängig davon sein, ob ein Land 50 oder 100 Mio. Einwohner hat. Da sind andere Parameter wichtig: Die Höhe der Löhne, wie gut sind die meisten Erwerbstätigen oder -suchenden ausgebildet etc.
Die moderne, hoch durchrationalisierte westliche Wirtschaft braucht einfach nicht mehr so viele Menschen, das ist die traurige Wahrheit, und es sind auch nicht die Wachstumsraten da, um den Zuwachs an Produktivität auszugleichen. Statistiken aus den USA oder England, die dort niedrigere Erwerbslosenzahlen ausweisen, sind häufig etwas mehr geschönt als die bei uns. Bei uns sind sie seit ALG 2 ehrlicher als anderswo, vielleicht sogar zu ehrlich. Mittlerweile könnten bei äußerster Rationalisierung 20 % der Bevölkerung die gesamte Wirtschaftsleistung erbringen - was soll aus den anderen werden? Ich meine nicht jene Hälfte, die sowieso aus nicht Erwerbstätigen besteht (Alte, Kinder, Hausfrauen), sondern die verbliebenen 30 %. Daß viele Kinder nicht unbedingt ein Segen sind, sieht man an Ländern wie Algerien, Marokko etc. - hohe Jugendarbeitslosigkeit, politische Rattenfänger (Islamisten), der Bevölkerungsüberschuß drückt nach Frankreich und Spanien ...
Die Serie in der FAZ zum Thema Demographie hab ich, ehrlich gesagt, auch nur angelesen - weil mir der Alarmismus auf den Senkel geht, ehrlich gesagt. Ja, wir haben steigende Probleme mit der Finanzierung der Sozialversicherung - aber sollen wir wirklich darauf hinarbeiten, daß unser nach zwei Weltkriegen so eng gewordenes Land 100 statt 80 Mio. Menschen beherbergt, mit allen ökologischen Folgen? Ist es wirklich so schlimm, wenn Deutschland ein paar Mio. weniger Einwohner hat? Und einer der Diskussionsteilnehmer hat wirklich recht: Voraussagen, wie es im Jahre 2050 sein wird, kann man getrost in die Tonne treten. Solche Voraussagen sind immer nur Hochrechnungen gegenwärtiger Trends und berücksichtigen plötzliche unvorhersehbare Ereignisse und Umbrüche nicht. Und bisher sind alle Voraussagen, Deutschlands Einwohnerzahl werde sinken, nicht Wirklichkeit geworden, im Gegenteil, sie stieg leicht an, wenn auch nur durch Zuwanderung.
Noch ein Wort zu Frankreich, das immer so als Vorbild gepriesen wird: Dort liegt die Kinderzahl pro Frau laut einer neueren Statistik bei 1,75 - ein gutes Stück höher als in Deutschland, aber immer noch ein gutes Stück von jenen 2,1 bis 2,3 entfernt, die das Land bräuchte, um aus eigener Kraft die Bevölkerungszahl zu halten. Auch die können das nur durch Zuwanderung - ganz abgesehen davon, daß die Sozialpolitik sehr viel kostet und die französischen Staatsfinanzen ähnlich aus dem Ruder laufen läßt wie die deutschen ....
Gruß, Rüdiger
gesamter Thread:
- Verweigerung des demografischen Auftrags -
blendlampe,
21.10.2005, 13:28
- Das Märchen von den schlechten demographischen Verhältnissen -
Resa,
22.10.2005, 04:12
- guter hinweis -
Querdenker,
22.10.2005, 14:26
- Re: guter hinweis - Resa, 22.10.2005, 16:38
- Die Agenturen des Bösen und der Irrationalität -
Nick,
22.10.2005, 16:56
- Tja, wer ist irrational - das ist hier die Frage .... -
Rüdiger,
22.10.2005, 21:35
- Die Arbeit geht uns nicht aus -
Daddeldu,
24.10.2005, 20:50
- Re: Die Arbeit geht uns nicht aus -
Rüdiger,
24.10.2005, 21:33
- Die "Arbeitslüge": Hierzu ein Link -
SiliKat,
24.10.2005, 23:41
- Re: Die "Arbeitslüge": Hierzu ein Link - Altschneider, 25.10.2005, 00:56
- Es wird immer mehr gearbeitet, also die Arbeit nicht wegrationalisiert -
Daddeldu,
25.10.2005, 03:29
- Re: Es wird immer mehr gearbeitet, also die Arbeit nicht wegrationalisiert -
Simon (der erste),
25.10.2005, 04:02
- Sehe ich genauso (n/t) - Daddeldu, 25.10.2005, 21:27
- Re: Es wird immer mehr gearbeitet, also die Arbeit nicht wegrationalisiert - Rüdiger, 25.10.2005, 22:14
- Re: Es wird immer mehr gearbeitet, also die Arbeit nicht wegrationalisiert -
Simon (der erste),
25.10.2005, 04:02
- Die 1 Millionen Euro-Frage -
Daddeldu,
25.10.2005, 03:11
- Re: Die 1 Millionen Euro-Frage -
Rüdiger,
25.10.2005, 03:41
- Die Vorräte an Öl und Bedürfnissen reichen noch lang -
Daddeldu,
26.10.2005, 03:54
- Re: Die Vorräte an Öl und Bedürfnissen reichen noch lang - Rüdiger, 26.10.2005, 20:20
- Die Vorräte an Öl und Bedürfnissen reichen noch lang -
Daddeldu,
26.10.2005, 03:54
- Re: Die 1 Millionen Euro-Frage -
Rüdiger,
25.10.2005, 03:41
- Die "Arbeitslüge": Hierzu ein Link -
SiliKat,
24.10.2005, 23:41
- Re: Die Arbeit geht uns nicht aus -
Rüdiger,
24.10.2005, 21:33
- Re: Darum geht es nicht! - Nikos, 26.10.2005, 13:08
- Die Arbeit geht uns nicht aus -
Daddeldu,
24.10.2005, 20:50
- Tja, wer ist irrational - das ist hier die Frage .... -
Rüdiger,
22.10.2005, 21:35
- guter hinweis -
Querdenker,
22.10.2005, 14:26
- Re: Verweigerung des demografischen Auftrags - Dark Knight, 22.10.2005, 16:48
- Das Märchen von den schlechten demographischen Verhältnissen -
Resa,
22.10.2005, 04:12