Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Helmut Newton

Conny, Friday, 16.12.2005, 19:49 (vor 6908 Tagen) @ Optimist

Als Antwort auf: Re: Helmut Newton von Optimist am 16. Dezember 2005 13:22:

Hallo Optimist,

Hi Conny,
>Ist es heute nicht so, daß die Frau in ihrer Weiblichkeit ihre Macht sieht, zumindest die Macht über den Mann?
Findest Du das schlimm? Weiblichkeit ist genau wie Männlichkeit ja das, was das Mysterium einer Beziehung ausmacht. Es sind schwammige Begriffe und jeder muss es für sich selbst definieren. Es wäre doch schrecklich, wenn es keine Unterschiede zwischen Menschen gäbe, keine Mysterien. Das ganze spannende Thema der gegenseitigen Anziehung ginge verloren.

Ich finde das nicht schlimm, wenn sich der Staat nicht in dieses Machtgefüge einmischen würde. Der Mann wurde ja entmachtet. Das Thema Anziehung des anderen Geschlechts ist bei mir schon flöten gegangen. Die Dominanz der Frau macht sie unatraktiv.

Die Versuche Menschen umzuerziehen, ihnere persönlichen Neigungen plattzubügeln, halte ich für etwas Grässliches. Der Girls Day ist soetwas. Da wird versucht Mädchen einzutrichtern, soe sollen doch gefälligst "Männerberufe" machen, damit die Statistik hinhaut. Das genauso schlimme Gegenkonzept des Boys-Day soll nun Jungs dazu dressieren "Frauenberufe" zu machen. Ich finde es nicht schlimm, wenn ein Mädchen Automechaniker wird oder ein Junge zum Arzthelfer - aber ich finde den Gedanken übel, dass der Statistik zuliebe heir eine Volksumerziehungsmassname veranstaltet werden soll. Natürlich sollten Kinder der Kontakt zu verschiedenen Berufsbildern ermöglicht werden - aber man sollte IMO allen Kindern alle Berufsbilder dargeboten werden ohne die vorabklassifizierung in Frauen- und Männerberufe. Die implizite Aussage dieser Veranstaltungen ist ja "es ist unweiblich einen Schraubenschlüssel zu benutzen, es ist unmännlich jemandem einen Verband anzulegen - aber wir verlangen, dass ihr es trotzdem tut". In gleich zwei Punkten wird da grob danebengeschossen. Erstens hat Weiblichkeit und Männlichkeit nix mit Schraubenschlüsseln und Gipsverbänden zu tun und zweitens halte ich es für grundsätzlich falsch eine Volksumererziehung so erzwingen zu wollen.

Persönlich fände ich einen vielleicht "Future Day" in dem man den Schülern die wohl vorhandene Hämmnis nimmt, nicht doch vielleicht typische Berufe des anderen Geschlechts zu lernen. Wenn Mädchen nicht mehr soviele Mädchen typische Frauenberufe lernen muß das vielleicht vorhandene Loch auch durch Männer aufgefüllt werden.

>Genau dort stecke ich Momentan auch fest. das Wie.
Meine Frage war eher Rhetorisch gemeint. Du kannst Newton nicht umdefinieren. Du kannst zwar eine weitere Wertung in die lange Liste der Interpretationen einfügen - am Werk und dessen Wirkung änderst Du damit jedoch nichts.
Ich halte es im übrigen für ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, Kunst krampfhaft der politik gefügig machen zu wollen. Die Hoheit der Deutung sollte IMO immer noch beim individuellen Betrachter liegen unabhängig von allen Intentionen.

Dann dürfte ich keinem Bild einen Titel geben. Denn schon damit beeinfluße ich den Betrachter. Wenn ich z.B. einen Mann an einen Weihnachtsbaum stelle, Kinderspielzeug (verpackt so gut das geht) ist dabei und ich gebe dem Bild den Titel "Weihnachten alleine" dann wissen die meisten, was das Bild aussagen soll. Gebe ich dem Bild keinen Titel, dann kanns alles mögliche sein.

>Die Fotografie selbst ist bei mir schon seit mehr als 25 Jahren ein Hobby. Das betrieb ich mal mehr und mal weniger. Seit ich digital Fotografiere (das fing vor ca. 4 Jahren an) wurde das ganze künstlerisch, so daß ich meine Bilder auch Fremden zeigen kann. Ausstellungen habe ich aber noch keine gemacht (chronischem Geldmangel wegen).
Ausstellungen müssen nicht teuer sein und es muss nicht gleich eine Galerie sein - mit Behörden und kleinen Firmen kommst Du weiter. Frag mal im örtlichen Rathaus nach, die sind in der Regel froh, wenn sie ihre Flure oder das Foyer mit Werken regionaler Künstler zieren können und Du musst meist nichteinmal die Bilderrahmen mitbringen. Die sind darüber glücklich, denn so können die auch ohne Kosten und Aufwand die kulturellen Spaarmassnahmen bei den großen Kultureinrichtungen mit der Scheinaktivität der Nachwuchsförderung überdecken. Die Wasserwerke in meiner Stadt tun dies auch regelmässig. Ein paar Bilder werden aufgehangen, eine Sektflasche geköpft und die Firmenleitung lässt sich zusammen mit großem Firmenlogo und einem "Nachwuchskünstler" in der Zeitung ablichten. Die sind froh, wenn sie ihr kulturell-soziales Image herausputzen können und die Regionalzeitung ist froh wenn sie ein paar Spalten auf Seite 7 füllen kann. Die kostet es nix, Dich kostet es nix und der Zeitungsreporter bekommt sogar Geld dafür.

Das dürfte in einer 600 000 Einwohner Stadt nicht gerade einfach sein, seine Bilder ins Rathaus zu bekommen. Noch dazu hat diese Stadt einen zielich hohen Anteil an Fotodesignern. Die Räumlichkeiten, die man mir schon anbot, hätten es alle nötig gemacht, daß ich die Rahmen selbst besorgen muß.

Meine "Werke" haben bis dato in Schulen, einem Kindergarten, zwei Einkaufszentren, einer Kirche, zwei Rathäusern, der Mensa und diversen Fluren der Universität sowie einem heruntergekommenen Industriebau, der Studenten für eine Vernisage kostenlos überlassen wurde, gehangen. Gekostet hat es nichts und einmal steckte sogar eine Visitenkarte im Rahmen einer Kohlezeichnung. Verkauft habe ich jedoch nicht.

Ich selbst war vor einem Jahr im Gespräch mit einer Verkaufsgalerie, die Interesse an Fotografien der Industriekultur im Ruhrpott hier hatte. Gescheitert ist das ganze durch mich, da ich mich mit den bestehenden Gesetzen damals nicht richtig auskannte und die Bilder der Galerie dann zu teuer geworden wären. Ich bin einfach meine eigene Wanderausstellung und habe fast immer Abzüge im Format 10 mal 15 cm dabei.

Mit ein bisschen Glück stecken dann unverhofft ein paar Visitenkarten in den Rahmen und mit viel Glück sogar die eines Galeristen.
>Stimmt. Dahin tendiere ich ja. Bilder zu machen, die eine Geschichte erzählen sollten, und über die Geschichte die Nachricht zum Betrachter bringen. Leider machte ich im Netz dazu eher ernüchternde Erfahrungen. Die meisten sehen sich ein Bild nur kurze Zeit an und wenns nicht schön ist (z.b. eine Frau hübsch dargestellt) sind sie schon wieder weg. Die heutige Bilderflut macht das sehr schwierig.
Der Betrachter wendet sich ab wenn es nicht ansprechend ist - mit Schönheit hat das nix zu tun. Angesprochen fühlt er sich nur dann, wenn eine Neugier geweckt oder eine Emotion induziert wird.

Im Web habe ich die Erfahrung gemacht, daß Bilder, die schon im Vorschaubild schön und vielleicht noch dazu Interessant wirken häufiger geklickt werden als Bilder, die nicht auffallen. Von daher gibts von mir einfach genug Bilder mit satten Farben.

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/4569/display/3081896

Das ist z.B. eins von meinen Bildern. Mehr habe ich dort auch nicht mehr. Was es tatsächlich ist, verschweige ich dort standhaft. Interessant ist an den Kommentaren auch die Vielfalt, was es denn sein könnte. Es wurde zu einem Bilderrätsel ohne Auflösung. Ein paar wurden gleich sauer, weil ich es nicht Auflöse, obwohl ich das Bild nie als Bilderrätsel ausstellen wollte.

Melancholie ist IMO dabei ganz erfolgreich - sie bringt die Leute dazu langsamer zu werden und nachzudenken. Das ist zwar nicht der Grund warum fast alle meine Bilder stark melancholisch sind aber es ist ein positiver Nebeneffekt.

Diese Stimmung findet sich auch auf vielen meiner Bilder wieder. Manche Aussagen waren auch schon, daß meine Bilder leblos seien und meinten das negativ. Für mich war es aber mehr Lob als Tadel.

>Genau da hast du ein großes Problem. Wenn ich z.B. Menschen fotografiere und ihnen damit ihren eigenen spiegel vor die Nase halte, werde ich von den betreffenden Personen nie das Recht bekommen, die gemachten Bilder auch veröffentlichen zu dürfen. Damit habe ich schon genug Erfahrung gesammelt.
Wenn man, wie ich, ein Fable für verlassene Industrieanlagen, Tagebaulandschaften und alte Leute hat, dann sind die Motive weniger zickig.

Och, da hatte ich auch schon eine 50 jährige, die herumzickte wie ein Teeny. Davor war ausgemacht, daß ich Bilder zeigen darf, solange man den Kopf nicht sieht und hinterher gefiel sie sich auch ohne Kopf auf meinen Bildern nicht. Und die Frau fotografiert selbst!

Die Modelle fürs Aktzeichnen sind stets von der Uni gestellt und möchten sogar die veröffentlichung ihrer Bilder. Privat ist das sicher schwerer zu finden, aber frag doch mal Leute die von sich aus eine Geschichte erzählen wollen. Die freuen sich sicher wenn sie durch Dich ein Publikum finden.

Da tut sich bei mir so langsam auch mal was. Es ist allerdings nicht einfach, einem Menschen ein Bild von sich zu zeigen, auf dem er sich nicht so sieht, wie er sich gerne sehen will.

>Das hier ist sicher eine gestellte Szene. Das Bild selbst finde ich aber klasse. Man könnte es Frauenpower oder Frauengewalt nennen:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/19039/display/1128149
Es ist keins von meinen, aber wie ich die Serie sah, entlockte es mir ein "hammerhart". Das ist auch das Beste aus der Serie.
Die ganze Serie findet man unter http://www.stefan-rohner.net/ und dort unter projects. [/i]

Na ja. Es ist eine ziemliche Maskerade. Für tiefere Ikonographie und kompositorische Bedeutng haben die meisten Betrachter eh keinen Sinn. Für meinen Geschmack ist es in bisschen dick aufgetragen, durch die Kostüme wirkt es sehr steif und die Masken verhindern eine Auseinandersetzung mit den Figuren. Als Werbeplaktat für ein Theaterstück ist es sicher brilliant - aber es ist IMO zu sehr entfremdet um das Thema Familientragödie wirklich anzusprechen.

Ich habe diese Serie schon als ich sie das erste mal sah gleich in dem Kontext Familie gesehen.

Da wäre die Puppe alleine, schmutzig und mit dem Gesicht nach unten in einer Pfütze vielleicht aussagekräftiger. Das Beste Bild aus der Serie ist meiner Meinung nach daher auch das Bild mit der liegenden Puppe und dem aus dem Bild und aus dem Fokus weglaufendem Modell. Da muss man wenigstens die Maske nicht sehen und es lässt mehr Raum für die Interpretation des Betrachters da es die Geschichte des "Davor" und "Dannach" erzählt und die Frage nach dem "Warum "aufkommt.

Stimmt. Es läßt mehr Raum für eigene Interpretationen. Die kann dann aber auch breiter gestreut sein.

viele Grüße,
Optimist

Freundliche Grüße
Conny


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