Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Flint - Re: Erscheint mir ... - O Himmel!

Flint, Friday, 31.03.2006, 03:51 (vor 6605 Tagen) @ Ekki

Als Antwort auf: Re: @Flint - Re: Erscheint mir ... - O Himmel! von Ekki am 30. März 2006 12:21:

Hallo Ekki.

Also, noch mal auf Normaldeutsch:
Bist Du der Meinung, daß Versorgerrolle einerseits und Feminismus andererseits die einzigen beiden Möglichkeiten sind, oder gibt es vielleicht noch eine dritte Möglichkeit oder gar eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten?

Nein, natürlich nicht. Wie gesagt, wenn keine Kinder da sind, muß jeder zum Lebensunterhalt beitragen. Es geht mir auch nicht darum, Werbung für die Rolle des Mannes als Versorger für die Frau machen, sondern darum, daß ein Kind nicht in Unterbringungsanstalten abgeschoben werden sollte. Und dazu ist es halt nötig, daß die Frau zu Hause ist, es sei denn, es sind Großeltern zur Verfügung bei denen sich das Kind wohl fühlt. Letztendlich geht es um das Kind. Es geht weder um den Mann noch um die Frau. Das ist meine Position! Heutzutage wird zu viel auf dem Buckel der Kinder ausgetragen. Diese armen Geschöpfe sind die Hauptleidtragenden der Femiseuche.

Kann dich beruhigen. Selbst wenn ich eine Frau wäre, würde ich mich nach einem anderen Versorger als dir umschauen, das wäre mir dann doch zu unsicher...

Nicht unsicher, sondern schlicht und einfach nach eigenem Bekenntnis ungeeignet für diese Rolle.

Weiß ich doch ;-)

Aber inzwischen ist mir eingefallen, daß ich Dir ja nach meinem eigenen Motto noch die Antwort schulde, wofür ich bin.

Ich bin für:
1) eine Abkoppelung des Geschlechtsverkehrs von jeder wie auch immer gearteten Gegenleistung;
2)ersatzlose Streichung sämtlicher Rechtsvorschriften, kraft derer dem Mann die Verantwortung für ein Kind auferlegt werden kann, daß er unwillentlich gezeugt hat;
3) leichte Heirat und leichte Scheidung ohne jegliche Unterhaltssprüche für irgendeine Seite;
4) obligatorische Eheverträge bei jeder Heirat;
5) die Pille für den Mann;
6) Beibehaltung der gegenwärtigen Fristenregelung bei der Abtreibung;
7) die Pille und sonstige Verhütungsmittel für die Frau auf Krankenschein ab dem Alter von 16 Jahren;
8) den sofortigen Rausschmiß alles Religiösen aus dem Bildungswesen.
Da sind natürlich einige Punkte dabei, wo du dafür bist, dagegen zu sein. Mit anderen Worten, -dafür, daß es etwas NICHT gibt. Aber egal.

Wir kennen uns jetzt lange genug, daß ich mir einmal erlauben möchte, dich an einem persönlichen Punkt zu kritisieren. Ich denke, du hältst das aus, bist ja viel gewöhnt in den Foren und hältst mit sehr persönlichen Dingen nicht hinter dem Berg.

Du hast im blauen Forum sehr schön geschrieben, daß man nicht mit Selbstzweifel durch die Welt schlurfen soll und dich für ein nichtgekünsteltes Selbstvertrauen ausgesprochen, welches von innen kommt. Du wolltest damit sagen, daß es nicht gut ist, zu wenig davon zu haben. Das ist alles richtig. -Nur, hast du dir schon mal überlegt, daß es genauso eine Falle ist, zuviel davon zu haben?

Hast du je daran gedacht, dich zu fragen, ob vielleicht mit dir etwas nicht stimmt?

Also ich frage mich das regelmäßig. Gehört mit zur geistigen Hygiene, sich zwischendurch zu fragen, ob man spinnt bzw. ob man noch ganz sauber ist, ob sich vielleicht ein Schmarrn eingeschlichen hat, ob man vielleicht das falsche Pferd reitet ohne es zu merken. Ich habe nicht umsonst im blauen Forum für eine Zeit lang als Zitat unter meinen Beiträgen den Spruch: „Das ist der ganze Jammer, die Dummen sind immer so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel. Bertrand Russell“. Ich halte diese Vorgehensweise für unerläßlich.

Aufgrund des prinzipiellen eigenen Selbstzweifels (vorsichtig sein mit dem was man zu wissen glaubt , denn wenn man abzuschätzen in der Lage ist, wie viel man eigentlich nicht kapiert/weiß im Verhältnis zu dem was man kapiert/weiß, sollte man etwas vorsichtiger auftreten…). Mir sind immer Leute suspekt, die allzu sicher sind, zu “wissen“!

Zum Beispiel finde ich es als eine unerhörte Frechheit und Anmaßung wie du über einige Dinge hier Stellung beziehst. Um nur mal einen Punkt zu nehmen „8) den sofortigen Rausschmiß alles Religiösen aus dem Bildungswesen.“ Wer bist du, das du dir anmaßt, so etwas zu verlangen? Hast du hinter das Universum geschaut und gesehen, daß es keinen Gott gibt? Kannst du wirklich abschätzen, wie die Welt sich entwickeln wird, wenn die Religionen etwas zurückgesetzt werden? Kannst du mit tausendprozentiger Sicherheit der Welt garantieren, daß der Mensch keine geistige und unsterbliche Grundnatur hat, um deren Heil er sich bemühen sollte? Kannst du die Verantwortung für die Folgen einer Verschärfung in Richtung Materialismus wirklich übernehmen?

Wenn du auf alle diese Fragen mit JA antworten kannst, dann kannst du obige Forderung stellen, ansonsten solltest du dich gefälligst zurückhalten und dich auf Äußerungen beschränken wo du dich besser auskennst (zum Beispiel im Übersetzungswesen). Du stößt nämlich andere mit deiner ungestümen (selbstkritikfreien Art) vor den Kopf. Das macht man nicht. Hat eigentlich nichts mit Ehrlichkeit zu tun, es sei denn, man bezeichnet es als ‚ehrlich aber taktlos’.

Nur nebenbei gesagt: Ich mache diesen Fehler auch oft genug, mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, und Dinge zu verlangen, die ich nicht bis zum Ende überblicke. Ich komme dann aber auch (hoffe ich) immer wieder drauf und halte mich dann eben etwas mehr zurück…

Worauf wollte ich eigentlich letztendlich hinaus? –Ich wollte darauf hinaus, daß du vielleicht den Fehler mehr bei dir selbst suchen solltest, als bei Gott und der Welt.

Soll nur ein guter Rat sein.

Ist ernst gemeint.

AN DEN LESER

Dummheit, Irrtum, Sünde, Geiz hausen in unserm Geiste,
plagen unsern Leib, und wir füttern unsere liebenswürdigen
Gewissensbisse, wie die Bettler ihr Ungeziefer nähren.

Störrisch sind unsre Sünden, unsre Reue schlaff; wir lassen
unsere Geständnisse uns reichlich zahlen und wandern fröhlich
dann den Schlamm-Pfad wieder, wähnend,
mit feilen Tränen all unsre Flecken abzuwaschen.

Satan der Dreimalgroße ist es, der auf dem Pfühl des
Bösen lange unsern Geist wiegt, den verzauberten, und
das reiche Metall unseres Willens löst dieser hocherfahrene
Alchimist in Rauch auf.

Der Teufel hält die Fäden, die uns führen! Widriges
scheint uns verlockend; mit jedem Tage tun wir höllenwärts
einen weitern Schritt, doch ohne Grauen, durch
Finsternisse voll Gestank.

So wie ein armer Lüstling, der den zerquälten Busen einer
abgelebten Metze küßt und ißt, so im Vorbeigehn stehlen
wir heimlich eine Lust uns, die wir auspressen fest wie
eine altgewordene Orange.

Gedrängt und wimmelnd, gleich einer Unzahl Eingeweidewürmer,
schwelgt in unsern Hirnen ein Volk von Dämonen,
und atmen wir, so dringt in unsre Lunge« ein
unsichtbarer Strom, der Tod herab, mit dumpfem Klageton.

Wenn Notzucht, Gift, Dolch, Brand noch nicht mit ihren
hübschen Mustern den banalen Stickgrund unsrer
jämmerlichen Geschicke zierten, so nur, weil unsrer Seele,
leider! dazu die nötige Kühnheit fehlt!

Doch unter den Schakalen, den Panthern, den Hetzhündinnen,
den Affen, den Skorpionen, Geiern, Schlangen,
den Untieren allen, die da belfern, heulen, grunzen,
kriechen in der ruchlosen Menagerie unserer Laster,

Ist eines häßlicher, und böser noch, und schmutziger! Ob
es auch keine großen Glieder reckt, noch laute Schreie
ausstößt, zertrümmerte es gern die ganze Erde, und
gähnend schluckte es die Welt ein;

Die Langeweile ists! - Das Auge schwer von willenloser
Träne, träumt sie von Blutgerüsten, ihre Wasserpfeife
schmauchend; du kennst es, Leser, dieses zarte Scheusal, —
scheinheiliger Leser, — Meinesgleichen, — mein Bruder!

Charles Baudelaire

Gruß
Flint


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