Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Das Familienoberhaupt

Mus Lim ⌂, Friday, 18.12.2009, 07:57 (vor 5453 Tagen) @ Mus Lim

Das Familienoberhaupt

Am 29. Juli 1959 hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) per Urteil das Familienoberhaupt abgeschafft.

Das wirft zwei Fragen auf:
* Da das Familienoberhaupt existiert(e), welche Funktion hat(te) es?
* Und wenn es eine Funktion hatte, kann man es so einfach abschaffen?

Hier soll aufgezeigt werden, welche fatale Entwicklung für die Familie mit der Abschaffung des Familienoberhaupts in Gang gesetzt wurde.

Im Altertum und Mittelalter waren Familie und Staat getrennt. Der Staat ist menschheitsgeschichtlich eine junge Einrichtung, die sich aber mehr und mehr des Menschen in jeder Lebenslage bemächtigt hat. Das Haus war der Ort der Familie, die Hausgemeinschaft bestand aus dem Hausvorstand, der Frau, die Kinder dazu Angestellte, Knechte und Mägde, im Altertum in begüterten Familien auch Sklaven.

Der pater familias hatte die Hausgewalt, die potestas. Es herrschte im Haus allerdings keine Rechtlosigkeit oder Willkür. Das Haus war ein Ort der Sittlichkeit, aber eben nicht der Gesetzlichkeit. Im Hause gab es keine Rechtsverhältnisse, sondern Familienverhältnisse. Diese waren in drei Ebenen strukturiert: Mann - Frau, Eltern - Kinder, Herr/Herrin - Knechte/Mägde. Häusliche Angelegenheiten, also die Familienverhältnisse, konnten nicht vor einem Gericht verhandelt werden. Die Hausgemeinschaft - und damit die Familie - war somit autonom und gerade dadurch Grundlage des Gemeinwesens, der Öffentlichen Ordnung. Nur der Hausvorstand (pater familias) war Mitglied bzw. Repräsentant der Hausgemeinschaft gegenüber der Öffentlichen Ordnung (res publica).

Die Einheit von Haus und Familie und die Trennung derselben vom Staat hat sich lange gehalten. Hegel sieht in der Rechtsphilosophie (§§ 169 ff.) die Familie als (selbständige) Person, durch "den Mann als ihr Haupt vertreten" (§ 171), die der Staat größtmöglich gegen die Willkür der Auflösung schützen müsse (§ 163). Noch unter dem Grundgesetz gab es die väterliche Gewalt in der Familie, die an dem Gleichberechtigungsprinzip des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 2) gescheitert ist, in letzter Konsequenz erst 1961.

"Es kennzeichnet den totalen Staat, dass er die Menschen auch in den Familien reglementiert und das Familienprinzip zurückdrängt."

Damit hat der Gesetzgeber die Familie enthauptet und de facto handlungsunfähig gemacht. Das war der erste und auch zugleich entscheidende Schlag gegen die Familie. In diesem Sinne war das "Gleichberechtigungsgesetz" verfassungswidrig, weil Art. 6 Abs. 1 GG den "besonderen Schutz der Familie durch die staatliche Gemeinschaft verlangt. Um der Empörung vom mitlesenden Frauenrechtler vorzubeugen: Um der Gleichberechtigung genüge zu tun hätte das Familienoberhaupt auch dem weiblichen Geschlecht geöffnet werden können. Ehepaare hätten sich dann bei der Eheschließung urkundlich auf ein Familienoberhaupt müssen. Die Abschaffung des Familienoberhaupt jedoch schafft ungeklärte Machtverhältnisse innerhalb der Familie. Damit ist Zerstörung nur eine Frage der Zeit und die anhaltend hohen Scheidungszahlen bestätigen das.

Dabei blieb es allerdings nicht. In einem zweiten Schlag wurde die Scheidung bestehende Ehen forciert. Mit der Reform des Ehescheidungsrechtes von 1977 wurde zur Rechts- und Sozialwirklichkeit in Deutschland, dass jeder aus der Ehe aussteigen kann, der will: Gründe dafür braucht er nicht. Die Familienrecht deklamierte "Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft" (§ 1353, Abs. 1, BGB) wird dadurch zur Leerformel gemacht. Dazu wird ein Sozialverhalten, das die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bewirkt, seinerseits extensiv durch das gesamte Familien- und Scheidungsrecht begünstigt und förmlich geregelt. Eine Ehe kann nun jederzeit und ohne Angabe von Gründen aufgekündigt werden, die Schuldfrage wurde abgeschafft, der Mann (Männer sind immer an allem schuld) wird zur Finanzierung der Familiendemontage verpflichtet.

Schließlich hat der Gesetzgeber in einem dritten Schritt 1979 den Gewaltbegriff (elterliche Gewalt) durch den der (elterlichen) Sorge ersetzt und damit der Familie die Ordnungsmacht abgesprochen. Damit war die Familie endgültig zu einer privaten Wohlfühlveranstaltung degradiert. Familiengewalt ist wie Staatsgewalt die Möglichkeit und Befugnis, Ordnung zu schaffen, zu befrieden, nicht etwa wesentlich die zur vis, dem körperlichen Zwang, sondern die potestas.

"Die Ordnungsmacht beansprucht jetzt auch in der Familie allein der Staat."

Damit hat der Staat das wohl wichtigste Element der Gewaltenteilung beseitigt und sich vollends zum totalen Staat entwickelt. Die meisten Abgeordneten werden nicht geahnt haben, dass sie die Verfassung in ihren Grundlagen verändern würden, als sie die elterliche Gewalt abschafften. Schließlich hat es auch das Bundesverfassungsgericht nicht bemerkt. Der gutmenschliche Zeitgeist war durchgreifender als das Staatsrecht. Aber auch in den Lehrbüchern des Familienrechts findet man nichts zu dieser Problematik, geschweige denn in den Lehrbüchern zum Staatsrecht.[1]

Keine Firma kann auf Dauer bestehen, wenn die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar geregelt sind. Niemand wollte eine Kreuzfahrtreise machen, wenn auf dem Schiff nicht ein Kapitän die alleinige Entscheidungsgewalt und Verantwortung für Schiff, Ladung, Passagiere und Besatzung hätte. Wer wollte in ein Flugzeug ohne Flugkapitän steigen, wenn zu erwarten wäre, dass Pilot und Pilotin in kritischen Phasen Geschlechterfragen und Gleichberechtigungsprinzipien diskutieren würden. Wie stünde eine Armee ihrem Gegner gegenüber, wenn ungeklärt bliebe, wer die Kommandogewalt hat. Jeder Staat hat genau einen Staatspräsidenten, jede Expedition genau einen Expeditionsleiter und auch im Gerichtssaal hat genau ein Richter das Sagen. Da es naiv wäre zu glauben, dass ausgerechnet die Familie ohne Haushaltsvorstand funktionieren könne, darf unterstellt werden, dass mit der Abschaffung des Familienoberhaupts die Zerstörung der Familie bezweckt wurde.


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[1] Karl Albrecht Schachtschneider: "Rechtsproblem Familie", S. 28-30

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