Gender Mainstreamin
Lest mal diesen Artikel. Es lohnt sich.
Verworren sage ich dazu, zumal nicht wirklich klar wird, worauf Zastrow hinauswill. Ich gehe mal nur auf die inhaltlichen Fehler ein:
"Der Begriff "Gender" stammt aus der Sexualpsychologie. Er entsprang dem Bemühen, sprachlich mit der Transsexualität umzugehen"
Der Begriff "Gender" bedeutet zunächst mal Geschlecht. In die Wissenschaftssprache gelangte er zuerst in der englischsprachigen Linguistik und beschreibt dort das grammatikalische Geschlecht. Von da aus gelangte er in die Feministische Literatur. Das älteste Paper, daß die Begriffe Transsexualität und Gender enthält ist "Frequenzanalytische EEG-Untersuchung zur Frage temporaler Funktionsstörungen bei Transsexualität", von T.Grasser, M.Keidel und G.Kockott, erschienen 1989.
"Denn während homosexuelle Männer auch ohne Frau und Kinder in der sogenannten "patriarchalischen" Gesellschaft erfolgreich sein konnten, bot sich diese Möglichkeit homosexuellen Frauen kaum."
Ich sag nur 175... Oder auch: Taliban. Oder: Turing. Oder...
"[..] und teilte offenbar die damals in den einschlägigen Kreisen verbreitete Auffassung, daß "praktisch jede Frau", wie etwa Barbara Schleich im "Vorwärts" schrieb, "von Natur aus bisexuell ist und daß allein der Rollendrill mit der damit verbundenen Fixierung auf den Mann bei den meisten Frauen homoerotische Neigungen verschüttet"."
In einschlägigen Kreisen bedeutet? Da besteht ja sogar konsens zwischen Schleich und jemandem wie Otto Weiniger und Siegmund Freud und...
"Die bedeutendsten intellektuellen Leitfiguren dieser Forschung sind der 1984 an Aids-Folgen verstorbene französische Philosoph Michel Foucault (geboren 1926) sowie die in Berkeley lehrende Amerikanerin Judith Butler (1959)."
Ja, die beiden prägen die Queer-Studies. Aber wie schlägt man von da den Bogen zu Gender mainstreaming. Hmmm... Der Artikel legt nahe, Zastrow habe den Bereich "gender mainstreaming" verlassen, einfach nur noch nach "gender" gesucht und sei dann bei der QT gelandet. Ebenso: CDU = Christdemokratische Union -> Union -> englisch für Gewerkschaft. Die CDU ist eine Gewerkschaft.
"Diese wird treffend als "inclusive umbrella label for all gendernauts and sexual outlaws, a cover-all term for lesbians, bisexuals, gays and transgendered people" beschrieben"
Wird sie nicht. Der Begriff "Queer" wird so beschrieben, nicht aber die Queer Theory. Schon wieder der gleiche Fehler, zusammengesetzte Begriffe sind nicht identisch mit einem ihrer Teile. Die Quelle für dieses Zitat erklärt übrigens auch die Queer Theory ganz nett (hier) und beschreibt auch welche Kritik sie aus feminisitischer Sicht erfahren hat.
(ibid.): "It?s a man?s thing : Several feminists have expressed some general misgivings over this new enterprise that has the potential to be dominated by male scholars."
""Hinübergeschlechtliche", wie "transgendered people" in der Szene scherzhaft übersetzt wird - die Ausdrücke "Transvestit" und "Transsexueller" sind dort verpönt."
Der Ausdruck ist mir neu, ich frage am Mittwoch mal, ob den schon wer kennt. Sowohl TV als auch TS sind nicht verpöhnt, es sei denn, sie werden im Bezug auf die falsche Person gebraucht. TV bedeutet Fetischistischer Cross-Dresser. Und kein fetischistischer Cross-Dresser wird sich beleidigt fühlen, wenn der Begriff benutzt wird. Transsexuell erfreut sich immer noch einiger Beliebtheit, auch wenn viele mitlerweile Transident sagen. Nachfragen lohnt, beide Begriffe haben ihre Vor- und Nachteile. Wenn man allerdings in der Szene jemanden anpricht und fragt "Bist du Transsexuell oder Transvestit?" wird man vermutlich schief angesehen. Weil es tatsächlich verpönt ist, alles in binäre Schemata einzuordnen... Aber irgendwie glaube ich nicht, daß sich Zastrow tatsächlich in die Szene begeben hätte.
"Und damit endlich ist man beim theoretischen Kern des "Gender"-Begriffs. Er meint nämlich keineswegs die Existenz sozialer Geschlechterrollen und deren Merkmale: also eine Banalität, an die feministische Klassikerinnen wie Betty Friedan noch anknüpften. Vielmehr behauptet "Gender" in letzter Konsequenz, daß es biologisches Geschlecht nicht gebe."
Holla, da ist jemandem der Begriff "Synonym" nicht geläufig. Parallel gesagt: "Mars meint keinesfalls einen Planeten dieses Sonnensystems, sondern einen Schokoriegel". Was richtig ist, wenn ein Satz sagt, daß jemand ein Mars verspeißt, aber falsch, wenn erklärt wird, daß die NASA plant, eine bemannte Raumfähre zum Mars zu schicken. Gender bedeutet ja nach Kontext etwas anderes. Und in Bezug auf gender Mainstreaming meint es eigentlich immer "die Existenz sozialer Geschlechterrollen und deren Merkmale: also eine Banalität, an die feministische Klassikerinnen wie Betty Friedan noch anknüpften."
"Diese eher philosophische Hypothese widerstreitet der ursprünglichsten Wahrnehmung und Empfindung der meisten Menschen, den Religionen und naturwissenschaftlicher Forschung."
Siehe hierzu "Biology versus Biologism: Un the current use of sex in biology", 2006 von S.Gunkel (pdf Seite 35). Es gibt vieles, was "den ursprünglichsten Wahrnehmungen und Empfindungen der meisten Menschen" entspricht und trotzdem falsch ist. Es gibt keinen Widerspruch zwischen Naturwissenschaften und der Queer Theory.
"Zielstrebigkeit auf der einen, Ignoranz auf der anderen Seite konstituieren eine "hidden agenda". Aber was sind Ziele und Methoden? Das Ziel greift hoch hinaus: Es will nicht weniger als den neuen Menschen schaffen, und zwar durch die Zerstörung der "traditionellen Geschlechtsrollen"."
Die "hidden agenda". Die sich konstituiert, daß eine Seite öffentlich erklärt was sie will und die andere Seite offenlichtlich nicht versteht was gemeint ist. Lustige Konspirationsdenke, das. Natürlich wollen wir den neuen Menschen schaffen, wir werden nicht ruhen, bis alle so sind wie wir. Wir sind uns nur nicht so ganz einig darüber, wie wer von uns. Vieleicht meinen wir das ja ernst, wenn wir sagen "Vielfalt" oder "Wahlfreiheit". Und wo wir dabei sind, in der queer theory gibt es den Begriff "Geschlechtsrollen" nicht. Rollentheorie ist aus unserer Sicht inadäquat zur Beschreibung von Geschlecht (vgl. z.B. R.W.Connell "Masculinities", 1995, University of California press).
"Die Institutionen werden von linientreuen Kadern durchdrungen, die überall ein Prinzip der "Parteilichkeit" zur Anwendung bringen. Im Feminismus wird das beispielsweise "parteiliche Mädchenarbeit" genannt."
"Parteiliche Mädchenarbeit" wurde als Begriff von der AG "Mädchen und junge Frauen" im Kinder- und Jugendplan des Bundes im Jahr 1995 eingeführt. Er beruht unter anderem auf dem Grundsatz "Geschlechtsidentität". Dabei wird als Ziel formuliert, die Identität zu stabilisieren und bewust zu machen. Wenn in der Queer Theory die Erzeugung und Stabilisierung von Geschlechtsidentitäten als gewaltsammer Prozess beschrieben wird, dann stehen parteiliche Mädchenarbeit, so wie sie zur Zeit betrieben wird, im direkten Widerspruch zur Queer Theory.
"Daß auch eine andere Sicht möglich ist, zeigt etwa die Persiflage der Hausfrau und Mutter durch den 1991 infolge seiner Aids-Infektion verstorbenen Sänger der Rockgruppe "Queen", Freddie Mercury, in dem Lied "I Want To Break Free" in Dralonkittelschürze und Lockenwicklern am Staubsauger."
In dem Lied (geschrieben von Bassist John Deacon) geht es nicht üm Mütter. Das Video zum Lied, zu dem Drummer Roger Taylor die Idee hatte (Mercury erklärte, wenn er das vorgeschlagen hätte, wäre die Band vermutlich nicht mitgezogen) parodiert die Britische Fernsehsendung "East Enders", die sich mit der deutschen "Lindenstraße" vergleichen läßt. Wenn schon Queen als Beispiel für die Ablehnung der Mütter, warum dann nicht die 77er single "Tie your mother down" (Brian May)? Und warum nicht erwähnen, daß Freddy Mercury während er an AIDS starb (interessanter Punkt: Alle im Artikel namentlich genannten Schwulen sind an AIDS gestorben und es wird auch bei allen explizit gesagt. Deshalb kommen auch Klaus und Guido nicht vor), einen song namens "Mother love" aufnahm...
Mir fällt da eine andere Persiflage der Hausfrau und Mutter ein: Peggy Bundy. Aber Ed O´Neil ist weder schwul, noch an AIDS gestorben, das fällt also flach.
Das jetzt also in der FAZ Leute Artikel schreiben, in denen zusammengefasst steht "AIDS-kranke Schwule und Lesben und Transen und so wollen die Familie mit Kaderschmieden und Kitas zerstören und am Ende geht dabei Deutschland drauf", ist unerwartet. Die FAZ ist sicher bürgerlich konservativ, aber so ein Ding rauszutun, alle Achtung, das hätte ich Anno 2006 nicht mehr erwartet.
Die investigativen Abschnitte sind natürlich großartige Journalistische Arbeit:
"Fast wäre das Projekt gescheitert, weil noch der Entwurf auch den Schutz der "sexuellen Orientierung" verlangte, also der (weiblichen) Homosexualität"
Genau. Sexuelle Orientierung bedeutet ja ausschließlich "Lesben"...
"Sie ist Mitglied des Gleichstellungsausschusses und - in diesem Zusammenhang kaum weniger bedeutsam - stellvertretendes Mitglied des Haushaltsausschusses, sodann der interfraktionellen Gruppen für "Gay and Lesbian Rights" und "Reproduktive Gesundheit" sowie der Deutsch-Griechischen Gesellschaft. [..] Sie lebt, wie es auf ihrer Homepage heißt, "in Lebensgemeinschaft", ihr Wikipedia-Eintrag gibt an, daß sie seit 2005 mit einer Frau verheiratet sei."
Erschreckend, daß ein stellvertretendes Mitglied des Haushaltsausschusses bei der Deutsch-Griechischen Gesellschaft ist... Völlig albern darauf herumzureiten, daß eine Lesbe in der Interfraktionellen Gruppe für "Gay and lesbian rights" ist. Ich stelle mal die vage Vermutung an, daß es in der Interfraktionellen Gruppe für "Gay and lesbian rights" sogar noch weiteres Lesben geben könnte, wohlmöglich gar Schwule. Sogar der Lesben und Schwulenverband Deutschlands (LSD), so munkeln Insider, sie mitlerweile teilweise von Homosexuellen unterwandert worden. Der zweite Teil ist eigentlich eine bodenlose Frechheit. "In lebensgemeinschaft", ist der juristisch korrekte Ausdruck. "Verheiratet" können zwei Frauen nach deutschem recht ja gar nicht sein. Noch heftiger ist es, daß Zastrow ihren Vornamen in Gänsefüßchen setzt. Ob er glaubt, das EP würde die echten Namen der Abgeordneten auf den Offiziellen Listen zugunsten von Spitznamen streichen? Steht da auch Günni Verheugen? Die Frau heißt tatsächlich Lissy, da brauchts keine Gänsefüßchen.
susu
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