Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Benennung von Straßennamen

Jörg, Monday, 08.10.2001, 19:08 (vor 8451 Tagen) @ derabgesandte

Als Antwort auf: Re: Benennung von Straßennamen von derabgesandte am 07. Oktober 2001 12:07:17:

ich glaube, daß die Einführung von Quoten in den meisten Fällen erst einmal zu dem sonderbaren Ergebnis führen wird, daß die durch die Quote begünstigte Gruppe gar nicht alle Plätze ausschöpfen kann.
Als bei den politischen Parteien die Quotierung zugunsten der Frauen eingeführt wurde, waren die Frauen - natürlich - gar nicht in der Lage, all die ihnen zustehenden Mandate zu besetzen. Dies liegt aber doch in der Natur der Sache begründet, schließlich ist die Annahme eines politischen Mandats mit allerlei Folgeproblemen verbunden, die ersteinmal bedacht sein wollen. In unserer Gesellschaft ist es zwar unproblematisch, wenn ein Mann ein poltisches Spitzenamt übernimmt und aus diesem Grund die Familie zurückstecken muß, bei Frauen dagegen wird dies nicht in gleichem Maße toleriert.

Ich halte eine wie auch immer geartete Quote für fragwürdig, weil sie sich letztlich immer verzerrend auf die ursprünglichen Gegebenheiten auswirkt. Es mag wohl so sein, daß ein Zurückstecken der Frau eher erwartet wird als beim Mann - allerdings stellt sich zum einen die Frage: Was ist mit der zunehmend größer werdenden Gruppe der Single-Frauen, bei denen gar kein Mann da ist, der zurückstecken müßte? Und zum anderen stellt sich auch die Frage, ob politische Spitzenämter tatsächlich das sind, was der Großteil der Frauen anstrebt. Ich möchte einmal behaupten, daß das NICHT so ist.

Es verwundert mich auch sehr, daß der Gerechtigkeitsgedanke immer dort nicht ausreicht, wo Frauen fordern, in gleichem Maße beteiligt zu werden. Keiner würde sich beispielsweise drüber aufregen, daß es in Dienststellen des öffentlichen Dienstes blinde Schreibkräfte gibt, denen zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine Vorlesekraft zur Seite gestellt wird (die übrigens weit mehr Geld verdient als die Schreibkraft). Keiner würde an dieser fragen, ob die gleichberechtigte Teilnahme behinderter Menschen am öffentlichen Leben Sinn macht - es gehört sich nicht, so etwas zu hinterfragen.

Dein Vergleich "Frau" mit den Attributen "blind" und "behindert" spricht ungewollt bereits Bände. Die meisten Frauen sind weder blind noch anderweitig behindert.

Ich bin sehr wohl der Meinung, daß - zunächst - der Gerechtigkeitsgedanke ausreicht, um Frauen eine gleiche Teilnahme an allen Teilen des öffentlichen Lebens zu ermöglichen. Wenn dies - zunächst - nur über Quoten erreichbar ist, dann mag möglicherweise die Zukunft erweisen, daß die Frauen vielleicht gar nicht willens sind, diese Quote auszuschöpfen, andererseits zeigt die Notwendigkeit solcher Quoten aber auch, daß es in unserer Gesellschaft noch erhebliche Defizite hin zu Gleichberechtigung bestehen.

Eine Notwendigkeit der Quote hast Du als gegeben vorausgesetzt. Ich bestreite, daß es eine solche Notwendigkeit überhaupt gibt. Können Frauen nur mit Stützrädern gerade gehen? Im übrigen stößt die Quote bei vielen Frauen selbst auch auf Ablehnung. Verständlich, denn wer möchte schon als Quoten-Dummchen sein Dasein fristen?

Und wo ist das Problem, irgendwann zu erkennen, daß eine 50:50 Quote derfalsche Weg war und dies dann zu korrigieren? Einmal unterstellt, es gingen mehr Frauen als Männer zur Wahl, dann würde doch daraus niemand schlußfolgern, daß die Einführung des Wahlrechts für Frauen falsch war.

Eine Quote stellt wie oben bereits erwähnt immer einen künstlichen Eingriff dar.
Brauchen wir bei Wahlen eine Männer-Quote, da der Großteil der Bevölkerung weiblich ist?

Nebenbei bemerkt: Deine Aussage, daß im Falle eines Krieges weibliche Soldatinnen sich möglicherweise an den Herd zurücksehnen werden ist rein spekulativ. Wie die Vergangenheit - mit rein männlichen Armeen - gezeigt hat, kommen Feigheit vor dem Feid, Desertion und Fahnenflucht auch bei Männern vor.

Diese Annahme war nur die logische Fortführung der gegenwärtigen Situation, in der Männer zur Bundeswehr gehen müssen und Frauen zur Bundeswehr gehen dürfen. Bei Frauen basiert viel mehr auf dem Prinzip Freiwilligkeit als es bei Männern der Fall ist.

Gruß, Jörg


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