Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Vom Feminismus siegen lernen

nxj, Thursday, 16.09.2010, 21:00 (vor 5118 Tagen) @ ray

Mich würde mal interessieren, was die meisten für die Hauptgründe halten,
dass der Feminismus so erfolgreich wurde? Und daran anschliessend, ob es
Punkte gibt, die man von der Art des Kampfes übernehmen könnte.

Der Feminismus verdankt seinen Siegeszug dem Reichtum dieser Gesellschaft.

In einer armen Gesellschaft sind die möglichen Aufgaben nahezu jeder Person (ein paar Reiche gibt es immer) durch die Notwendigkeit zu überleben festgelegt. Es herrscht praktisch keine Wahlfreiheit. In einer reichen Gesellschaft, wie der unseren, werden primäre Bedürfnisse (Essen) durch ein paar Prozent Landwirte, und die sekundäre Bedürfnisse durch ein wenig mehr im produzierenden Gewerbe Tätige gedeckt.
Bei uns arbeiten 26% der Bevölkerung in sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten. Rechnen wir 75% der Angestellten im überflüssigen Dienst heraus, nehmen wir Landwirte, Polizisten, Ärzte, Soldaten, Feuerwehr etc. dazu, dann kommen wir ganz mühelos zu dem Schluss, dass ca. 25% der Bevölkerung den Rest versorgen. Auf geschichtlich gesehen unübertroffen hohem Niveau!

Würde bei uns also noch der alte Satz "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!" gelten, sähe es also für ca. 75% der Bevölkerung ziemlich mau aus. Gut, diesem Puritanismus wollte und will auch niemand das Wort reden. Verhungern lassen war und ist keine Option.

Nun reicht es den meisten Menschen nicht, einfach durchgefüttert zu werden. Sie wollen sich nützlich und wichtig fühlen. Deswegen erfinden sie Aufgaben samt Rechtfertigung, die eigentlich keiner braucht. Unser ausufernder überflüssiger Dienst incl. Gleichstellungsbeauftragter ist so entstanden.

Genau das gleiche gilt für diverse Unternehmen und Organisationen in formal freier bzw. privatwirtschaftlicher Trägerschaft. Weder feministische Zeitschriften noch Genderforschungsinstitute noch diverse eingetragene Vereine ala Dissens & Co. hätten ohne "Staatsknete" auch nur den Hauch einer Überlebenschance bzw. gehabt.

Letzen Endes ist der Feminismus also Ausdruck einer überreichen Gesellschaft sowie dem Willen, jenen, die diesen Reichtum erarbeiten, noch ein bisschen mehr abzupressen. Und die Pudel spielen mit.

Und er konnte seinen Siegeszug nur deswegen antreten, weil er anfangs nicht ernst genommen wurde. Wenn ich mich heute mit Männern aus der Generation meines Vaters unterhalte, und frage warum sie das alles in den 1960ern und 1970ern zugelassen haben, dann kommt als Quintessenz eigentlich immer heraus: "Wir haben gedacht, lass' die mal machen, die spinnen doch, das geht wieder vorüber".
Und dann haben genug Menschen entdeckt, dass das -ologInnen-Dasein ein ein nicht zu anstrengendes Leben mit bequemem Auskommen ermöglicht, sind auch auf den Zug aufgesprungen und haben so ein sich selbst tragendes System geschaffen. Ein zeitweilig sich selbst tragendes System. Die Instituionalsierung ging Schritt für Schritt vonstatten. Heute sind alle drei Staatsgewalten feministisch unterwandert. Und auch die vierte.

Und damit kommen wir zu meinem dritten Widerspruch: ich widerspreche deiner Meinung, die Männerbewegung müsse eine Kultur schaffen, um Erfolg zu haben.

Erstens ist es längst viel zu spät um auf einem demokratischen Weg die Ausbeutung der tatsächlich arbeitenden Bevölkerung (vulgo: Männer) zu beenden. Zuviele profitieren vom diesem System, als das sie auch nur seiner Abmilderung zustimmen könnten. Was soll denn eine Diplom-Ökotrophologin, ein Diplom-Sozialpädagoge usw. nützliches tun können? Klar, ein paar von denen braucht die Gesellschaft, aber in dieser Menge?
Deswegen sind auch Petitionen, wie jene für die Dampflok so liebenswürdig geworben hat, reine Zeitverschwendung. Niemand sägt sich den Ast ab, auf dem er oder sie sitzt. Niemand verschreckt die WählerInnen, denen er oder sie sein bequemes und (vermeintlich) sicheres Auskommen verdankt.

Zweitens beruht der Reichtum dieser Gesellschaft technisch gesehen auf der Verfügbarkeit billiger Energie. Und die Zeiten billiger Energie sind vorbei, wie ein einfacher Blick auf die Preise der Tankstelle deines Vertrauens belegen wird. Das bedeutet: mit dem abnehmenden allgemeinen Wohlstand, schwindet die Bereitschaft (d.h. die Resignation), solche Auswüchse zu finanzieren, von ganz alleine. Derzeit äußert sich das noch in Demotivation bei den Bessergestellten (Naturwissenschaftler, Ingenieure etc), bei jenen also, denen es noch nicht zu sehr wehtut. Und bei jenen, denen es jetzt schon ans Eingemachte geht, den Arbeitern und Handwerkern, zeigt sich eine Flucht in die Schattenwirtschaft.

Und das ist mein letzter Widerspruch: die Männerbewegung wird keinen Erfolg in dem Sinne haben, das die Gesellschaft sich reformiert.
Denn kurz und gut: Feminismus und grünes Bessermenschentum sind Ausdruck einer dekadenten Gesellschaft, die sich eine solche Verschwendung von Ressourcen leisten kann.
Und diese dekadente Gesellschaft geht gerade unter, weil sie sich diese Verschwendung von Resourcen nicht mehr leisten kann.

Das merken auch unsere VordenkerInnen, ob in der "freien" Presse ala Spiegelin oder Müddeutsche wo der Ton immer aggressiver wird oder in der Politik wo vdL oder Zypries noch mal richtig aufgedrehen.
Ein Aufbäumen vor dem unvermeidlichen Ende.

Es geht nur noch darum, ob wir als Gesellschaft noch eine weiche Landung hinbekommen oder ob der Zusammenbruch nicht vermieden werden kann. Angesichts des geschilderten Aufbäumens sehe ich keine Anzeichen dafür, dass eine weiche Landung möglich sein könnte. Diese Gesellschaft wird entweder in einem ziemlich lauten Knall zu prä-Achtundsechziger wenn nicht prä-Fünfundvierziger Zuständen zurückkehren oder resigniert aussterben.


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