Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Lost&Found, Tuesday, 06.06.2006, 23:43 (vor 6556 Tagen) @ carlos

Ernst Nolte

1952 Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg mit dem Thema "Selbstentfremdung und Dialektik im deutschen Idealismus und bei Marx".

Ernst Nolte hatte sich als Totalitarismusforscher einen hervorragenden wissenschaftlichen Ruf erworben, bis er die Publikationen "revisionistischer", d.h. holocaustleugnender Geschichtsschreiber als lediglich "abweichende Meinung" klassifizierte. 1986 löst Nolte mit dem Artikel "Vergangenheit, die nicht vergehen will", der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erscheint, eine öffentliche Kontroverse aus, den Historikerstreit. Nolte beklagt in dem Artikel, es sei etwas "ganz Exzeptionelles", wenn - anders als beim "normalen Vergehen der Vergangenheit" - die nationalsozialistische "immer noch lebendiger und kraftvoller zu werden" scheine. Zum Judenmord durch das nationalsozialistische Regime stellt Nolte die Frage, ob Hitler etwa eine "asiatische Tat" vollbrachte, vielleicht nur deshalb weil er sich als "potentielles oder faktisches Opfer" einer "asiatischen Tat" betrachtete. Noltes Thesen werden von anderen Historikern und Sozialwissenschaftlern, darunter Jürgen Habermas, als Versuch der Reinwaschung des Nationalsozialismus gewertet.

Inzwischen beruft sich eine Reihe von jungen "revisionistischen" Historikern auf Nolte. Uwe Backes, Klaus Hornung, Eckhardt Jesse, Karl-Heinz Weißmann und Zitelmann setzten die Historisierungsdebatte mit dem Ziel fort, von der Rehabilitierung des National-Konservatismus zur Formierung der Neuen Rechten zu kommen. Nolte selbst scheut in den darauffolgenden Jahren nicht die Nähe von Holocaust-Leugnern und rechtsextremen Organisationen. Im Publikationsorgan "Journal of Historical Review" des Institute for Historical Review (IHR) steht er in Ausgabe 1/1994 Ian B. Warren als Gesprächspartner zur Verfügung. Hier befindet er sich in der Gesellschaft der führenden Holocaust-Leugner, darunter mehrerer einschlägig vorbestrafter deutscher "Revisionisten" wie des Juristen Wilhelm Stäglich und des Politologen Udo Walendy, beide Mitglieder im beratenden Ausschuss des "Journal of Historical Review". 1994 führte er in einem "Spiegel"-Interview aus, er finde die Arbeit des Holocaust-Leugners Fred Leuchter "wichtig". Im November 1996 nimmt Ernst Nolte am Festkommers des Ausschusses für burschenschaftliche Arbeit "1000 Jahre Ostarrichi - Österreichs Beitrag zur deutschen Geschichte und Gegenwart" in Wien teil.1996 richtet er Grußworte an die Hauptversammlung des rechtsextremen "Schulvereins zur Förderung der Rußlanddeutschen in Ostpreußen e.V." Für allerhand Aufsehen sorgte Nolte auch mit seiner öffentlichen Sympathieerklärung für die italienischen Neo- bzw. Postfaschisten. In der Ausgabe vom 25. Mai 2000 des Theorieorgans Zur Zeit der extremen Rechten in Österreich schreibt Nolte unter dem Titel "Zähmung der Bestie Mensch" über die Kontroverse, die Sloterdijks Elmauer Rede "Regeln für den Menschenpark" 1999 auslöste. Auch für die Junge Freiheit hat er in der Vergangenheit schon zur Feder gegriffen. Als eine "Apologie des Antisemitismus" beschreibt Micha Brumlik in einem Artikel in der "Neuen Zürcher Zeitung" am 20. März 2000 Noltes jüngstes Buch "Historische Existenz".

Bereits 1980 trug der Historiker zur Aufwertung der Holocaust-Leugner bei, als er in einem Vortrag bei der Carl-Friedrich-Siemens-Stiftung sich lobend auf das Buch "Der erzwungene Krieg" des "Revisionisten" David Hoggan bezog, sowie auf David Irvings These vom "Vernichtungswillen" der alliierten Kriegsgegner. In dem 1985 in London erschienenen Sammelband Aspects of the Third Reich, herausgegeben von W. Koch, behauptet er eine "Jüdische Kriegserklärung". Es handelt sich hierbei um eine Legende, wie sie sonst nur im einschlägigen Propagandagut rechtsradikaler Kreise anzutreffen ist. (Revisionismus)

Die Verurteilung des NS-Verbrecher Erich Priebke vor einem römischen Gericht im Jahre 1997 kommtentiert Nolte gegenüber der Tageszeitung La Republicca: "Daß im Klima jener Tage fünf Geiseln zuviel erschossen wurden als befohlen, stellt meiner Ansicht nach kein Kriegsverbrechen dar." Nolte plädiert in dem Interview außerdem dafür, dass Kriegsverbrecher in hohem Alter gar nicht mehr angeklagt werden sollten.

Im Mai 2000 wird bekannt, dass Nolte von der "Deutschland-Stiftung e.V." für den mit 10.000 DM dotierten "Konrad-Adenauer-Preis" nominiert wurde. Personell wie auch ideologisch ist die "Deutschland-Stiftung" seit ihrer Gründung 1966 dem äußersten rechten Flügel der CDU zuzurechnen. Mitgründer, langjähriger Geschäftsführer und geistiger Mentor der Stiftung ist Kurt Ziesel, der laut einem Urteil des Landgerichts München als "notorischer Nationalsozialist" bezeichnet werden darf. Die Laudatio zur Preisverleihung hielt der Direktor des bislang renommierten Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Horst Möller. Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel hingegen hat sich öffentlich von der Preisverleihung an den umstrittenen Historiker distanziert. In einem offenen Brief des Historikers Heinrich August Winkler, der dem Institut für Zeitgeschichte als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats verbunden ist, appelliert dieser an Möller, von seiner Zusage doch noch Abstand zu nehmen. Möller läßt sich jedoch von den kollegialen Warnungen nicht beirren und hält die Laudatio.


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