Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Gesterkamp schreibt bei der FES über Männerrechtler

Maesi, Thursday, 11.03.2010, 04:02 (vor 5377 Tagen) @ Zeitgenosse

Hallo zusammen

Gesterkamp hat publiziert. Und zwar bei der linken
Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD).[...]

Geschlechterkampf von rechts
...

Auch ich habe das Dokument noch nicht genauer analysiert sondern nur ueberflogen. Folgendes ist mir dabei aufgefallen:

Der Aufbau ist reichlich unsystematisch und wirr. Die Publikation ist zwar gegliedert in gewisse Themengebiete, die zumeist kurz gestreift werden, bleibt aber im ersten Teil auf einer rein affektiven Ebene ohne wirkliche Substanz. Vielmehr versucht der Autor - teilweise recht bemueht - den sich formierenden antifeministischen Widerstand ins Laecherliche, ins Bizarre oder ins Unbedeutende zu ziehen. Ein Sammelsurium von willkuerlich ausgewaehlten Artikeln diverser Zeitungen, Zeitschriften, Publizisten Wissenschaftlern, von Verlautbarungen gewisser politischer Parteien oder antifeministischer Institute und Vereine, vermengt mit einigen abstrusen Phantasien Gesterkamps ueber im Netz aktive Maennerrechtler sollen das Bild eines einheitlichen antifeministischen Gegners erzeugen, das dann in typisch kollektivistischer Manier zum Feindbild erklaert wird. Als gemeinsames Element der an sich aeusserst heterogenen Gegner des Feminismus dient das voellig im luftleeren Raum haengende Attribut 'rechts', das ja auch im Titel der Publikation vorkommt. Als einer der wenigen konkreten Kristallisationspunkte des Popanzes einer ideologisch einheitlichen 'Rechten' dient die Zeitung Junge Freiheit.

Dass eine ganze Reihe von Maennerrechtlern (insbesondere der im Text erwaehnte linksliberale Arne Hoffmann oder auch der frueher auf feministischer Seite sehr geschaetzte, heute als Dissident gebrandmarkte Prof. Amendt) eher dem linken Spektrum zuzuordnen sind, wird voellig unterschlagen. Das wuerde die ganze Publikation ad absurdum fuehren.

Ein Schmankerl aus dem ersten Teil stellt uebrigens die Aussage von Prof. Amendt zum Verein Dissens dar, wonach dieser in seiner Arbeit 'Identitaetszerstoerung' bei den Jugendlichen betreibe. Dummerweise stammt diese Aussage urspruenglich von Dissens selber (genauer: Ziel des Vereins Dissens sei nicht die Etablierung neuer anstelle alter Geschlechteridentitaeten bei Jungs sondern deren Zerstoerung ueberhaupt); Prof. Amendt hat also seinerseits lediglich die Ideologen von Dissens zitiert. Gesterkamp kann das natuerlich nicht wissen, da Dissens nach Erscheinen des kritischen Spiegelartikels die betr. Passagen in seinen im Netz publizierten Zielen umgehend geloescht hat - angeblich, weil sie zu Missverstaendnissen fuehren koennten.

Der bemueht souveraen-spoettische Ton des ersten Teils aendert sich spuerbar im zweiten Teil, wenn Gesterkamp konkrete antifeministische, maenner- und/oder vaeterrechtliche Organisationen (Manndat, Vaeteraufbruch fuer Kinder, AGENS etc.) aufs Korn nimmt. Hier verlegt er sich darauf, moeglichst wenig konkretes zu den Organisationen zu sagen und den Eindruck zu erwecken, dass deren Behauptungen voellig aus der Luft gegriffen seien und den Organisationen eigentlich keine grosse Bedeutung zukomme. Wenn sie aber unbedeutend sind, weshalb erwaehnt er sie dann ueberhaupt?

Es ist offensichtlich, dass Gesterkamp hier ganz handfesten, von den betr. Organisationen vorgebrachten Fakten gegenuebersteht, die er einerseits nicht dreist leugnen oder ins Laecherliche ziehen aber andererseits aus ideologischen Gruenden auch nicht akzeptieren kann. Pikanterweise muss der Autor gegen Schluss des Elaborats sich zum Eingestaendnis durchringen, dass einige von diesen Organisationen vorgebrachten Forderungen einen wahren Kern enthalten. Schlichtere Gemueter werden das natuerlich nicht mit den mehrere Seiten zuvor abgewatschten Organisationen in Verbindung bringen, was propagandistisch wohl auch so beabsichtigt ist; solide ideologisierte Gemueter haben sich sowieso noch nie durch innere Widersprueche ihrer Weltanschauung kirre machen lassen.

Auch im zweiten Teil wird durch die mehrfache Erwaehnung der 'Jungen Freiheit' eine 'rechte' Verschwoerungsfront konstruiert. Wer, wie etwa Eugen Maus von Manndat, dieser Zeitung ein Interview gibt, muss ja wohl ein 'Rechter' sein, so die einfaeltige, aber in weiten Teilen der selbsternannten Linken akzeptierte Logik, die auch Gesterkamp vertritt.

Dass diese oberflaechliche und auf einer rein emotionalen Ebene verharrenden, aber eben nicht in die analytische Tiefe vorstossende Publikation von einer allgemein als serioes geltenden Stiftung wie der FES herausgegeben wird, zeigt wie nackt der feministische Kaiser in den SPD-Buerokratenreihen, wie schwach die Argumentationsbasis der Geschlechterideologen in der Sozialdemokratie eigentlich ist. Das gibt zu vorsichtigem Optimismus Anlass. Es ist das Dokument eines Mannes, der seine politischen Felle davonschwimmen sieht und das mit dem Werfen von ein paar rhetorischen Wattebaeuschchen zu verhindern versucht.

Fazit: Gesterkamp ist oberflaechlich gesehen zweifellos eloquent, dialektisch jedoch ein voelliger Versager. In dieser Hinsicht sind die Kommunisten den Sozialdemokraten einmal mehr um Lichtjahre voraus. Die zumeist ideologisch hervorragend geschulten Kader bei den Kommis haetten die voellig uneinheitliche Maennerbewegung ganz anders auseinandernehmen koennen, denn ihr Gedankengebaeude baut zwar auf grundlegend faschlen Praemissen ueber das Wesen des Menschen auf, ist allerdings in sich selbst wenigstens einigermassen konsistent und logisch durchdacht, was man von der beliebigen Sozialdemokratie unserer Tage nicht sagen kann.


Gruss

Maesi

--
Der letzte Funkspruch von der MS Deutschland: „Wir versenken uns selbst, damit nie wieder Nazis das Kommando uebernehmen.“ (Michael Klonovsky)


gesamter Thread:

 

powered by my little forum