Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Sammelantwort

Ralf, NRW, Monday, 05.06.2006, 10:49 (vor 6587 Tagen) @ Ralf

Hallo Rainer, carlos, nihi,

danke für die interessanten Anworten! Da sind viele Punkte dabei, über die man stunden- oder auch wochenlang weiterdiskutieren könnte, wg. komplett off-topic will ich das aber lieber sein lassen, und mich auf eine Sammelantwort beschränken.

Auch hier bringst Du unsachliche Polemik, vermischt mit Unklarheiten

ok, kann sein. Dass ich momentan fast einen gewissen Hass auf Deutsch habe, liegt wohl daran:

Du hast einmal
geschrieben, du wärest mit einer Thailänderin verheiratet

Genau, und ich u.a. hatte das "Vergnügen", ihr während des letzten halben Jahres bei den Hausaufgaben im Integrationskurs helfen zu dürfen. Dass Deutsch nicht gerade die klarste und übersichtlichste Sprache ist, war mir schon vorher klar, aber wie schlimm es wirklich ist, ist mir dabei erst so richtig bewusst geworden. Englisch wäre mir 10x lieber gewesen.

Geht Dir die Logik ein, warum "thread" anders gesprochen wird als "read"?

Ok, nihi, im Punkt Lesbarkeit schneidet Deutsch tatsächlich besser ab. Ganz so sündenfrei ist es allerdings auch nicht, oder kannst Du mir erklären, warum "Weg" anders gesprochen wird als "weg"?

Das altbekannte "ghoti"-Beispiel halte ich übrigens für an den Haaren herbeigezogen - im Englischen hängt die Aussprache oft von der gesamten Silbe ab, was ich zwar auch nicht besonders schön finde, es ist aber im Großen und Ganzen regelmäßig (ein "gh" am Silbenanfang kann z.B. keinesfalls als "f" gesprochen werden).

Eine Sprache kann sich übrigens nicht zu einer ?isolierten? hin entwickeln,

Da hast Du, carlos, mich missverstanden. Ich hatte nicht "isoliert", sondern "isolierend" geschrieben - das ist eine Sprache, die keinerlei Wortformen kennt. Davon ist Englisch natürlich noch weit entfernt (es sind nur im Laufe der Zeit immer weniger Formen geworden). Echte isolierende Sprachen sind dagegen z.B. Thai und (soweit ich weiß) auch Chinesisch (dem man wohl kaum absprechen wird, eine "kulturell wertvolle" Sprache zu sein).

bei der die Aneinanderreihung der richtigen Vokabeln auch einen richtigen Satz ergibt

Der Rest mit den ?richtigen? Vokabeln gehört schlicht in den Sektor der Fiktion.

Nicht so ganz, in einer isolierenden Sprache funktioniert das zumindest zu einem guten Teil. Warum ich da jetzt so drauf rumreite: Durch Thai bin ich dazu gekommen, wirklich alle Grammatikkonzepte in Frage zu stellen. Man kann auf den gesamten Grammatik-Drist in der Form, wie wie wir ihn kennen, komplett verzichten (was ich vorher allenfalls abstrakt gehört hatte, aber mir nie so konkret vorstellen konnte), und erhält trotzdem eine vollständige Kultursprache.

Ok, dass man das kann, heißt noch lange nicht, dass man das auch tun sollte (ich finde z.B. Thai insgesamt gar nicht mal so schön), aber: Wenn das erst einmal klar ist, wird man von da ab jede Grammatikregel und jede Wortform automatisch darauf hinterfragen, ob der zusätzlichen Komplexität, die sie einbringt, auch ein entsprechender Nutzen (Ausdrucksfähigkeit, Eleganz, Kürze etc. pp.) gegenübersteht; und das beantwortet dann die Frage:

?Sinnlos kompliziert?? Was soll das hießen?

Eben genau das: Dass dem notwendigen Lernaufwand kein entsprechender Mehrwert gegenüberstehet. Nun ist das wahrscheinlich in vielen Punkten kaum objektiv messbar, so dass die Entscheidung immer zu einem guten Teil subjektiv ausfallen wird. Ich persönlich habe aber jedenfalls den Eindruck, dass Deutsch in diesem Punkt hundsmiserabel abschneidet.

Thailändisch benutzt für die Verschriftlichung seiner Sprache eine Ableitung aus dem
indischen Devanagari, einer Lautschrift, obgleich die Sprache selber zur
tibeto-chinesischen Sprachfamilie zählt.

Glücklicherweise, denn wenn das eine chinesisch-artige Schrift wäre, könnte ich sie garantiert nicht lesen.

Es existiert nämlich keine originär japanische Schrift; Japaner schreiben nämlich lediglich mit chinesischen Schriftzeichen, sowie mit zwei,
aus den selbigen adaptierten, Silbenalphabeten;

ja. Soweit ich weiß, sind die ursprünglich übernommenen Zeichen aber teilweise verändert, haben jeweils eine 2. Bedeutung bekommen etc., so dass man da durchaus von einer eigenen Schrift sprechen kann.

Es soll wohl so sein, dass ein Ausländer selbst dann, wenn er mehrere Jahre intensiv japanisch gelernt hat und die Sprache eigentlich fließend spricht, normalerweise noch nicht in der Lage ist, eine japanische Zeitung zu lesen.

Außenstehende dürfen gerne kommentieren, aber nicht werten; wie willst Du
denn eigentlich eine graphologische ?Fehlentwicklung? definieren, woran
festmachen?

Zum Beispiel an obigem Punkt - das betrachte ich als eine extrem negative Eigenschaft (werte es also - warum soll ich das nicht dürfen)?

Wie kannst Du diese Feststellung treffen? Vermeintlich sinnlos,
allenfalls.
Sprache unterliegt einem evolutionären Prozeß, sie wird von den Sprechern
entwickelt. Sinnloses würde sich da niemals erhalten, allenfalls etwas,
dessen Sinn Dir sich nicht gleich erschließen mag.

Evolution fragt nicht nach Sinn oder Unsinn, sondern ausschließlich nach Überlebensfähigkeit. Dass es "der Tisch" und nicht "das Tisch" heißt, hatte vielleicht mal einen Sinn (weiß ich nicht), der ist aber längst verloren gegangen. Erhalten hat es sich, weil Artikel selten nachträglich geändert werden.

Daß bei uns Wörter aus anderen Sprachen übernommen werden, [...] sagt
etwas über kulturelle Hegemonie und über unser eigenes Verhältnis zu
unserer Sprache [...] aus.

Da schreibst Du im Prinzip selbst, dass es nicht um "Sinn" geht, sondern Sprachentwicklung von ganz anderen Gegebenheiten beinflusst wird.

An der Stelle war übrigens noch ein Missverständnis, da hatte ich mich in der Tat etwas unklar ausgedrückt: Es ging mir darum, dass gerade wilde englische Wortzusammenzusetzungen gerne übernommen werden, Englisch ist in dem Punkt nach meinem Eindruck mindestens so kreativ wie Deutsch.

Gruß Ralf

--
*** Ich bin doch nicht genderblödgestreamt! ***


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