Habemus Mamam - Margot I.

adler, Kurpfalz, Friday, 30.10.2009, 02:13 (vor 5506 Tagen) @ Nihilator

Hallo Nihi

das hast Du sehr schön geschrieben. Ich danke dir dafür. Ich kann jetzt aber keine längeren Texte mehr verfassen. Der ganze Schlamassel ist mir dermaßen aufs Gemüt geschlagen, daß ich eine gute Flasche Tinto geköpft habe, obwohl ich weiß, daß ich vorsichtig sein muß mit dem Zeugs. Ich trinke aber wochenlang keinen Tropfen aus der Erkenntnis. Doch manchmal muß es eben sein.
Nur ein paar Worte noch:

Lesen! Lesen! Lesen! Und endlich mal verstehen. Dieser Herr, der größte
aller Menschen, machte sich kleiner als der Geringste. Warum?

Ich stimme Dir zu, daß er der größte unter allen Menschen war, ist und sein wird. Doch der Sinn Deiner Worte bleibt mir verborgen. Was habe ich nicht verstanden?
Warum er das tat? Um das Gesetz zu erfüllen, weil es ihm aufgetragen war. Und natürlich weil er wußte, daß es etwas noch Größeres, Vollkommenes gibt, dem es zu gehorchen galt. Da war nichts mit Selbstverwirklichung. Wohin auch? Er ist ein Teil der Schöpfung, ein ziemlich Großer. Aber er wußte, daß er sich nicht selbst geschaffen hatte. Er wollte nicht herrschen, denn das ist Menschenwerk. Der Macht, dem Prunk, der Herrschaft über Menschen setzte er etwas vollkommen Neues entgegen: Die Demut und die Liebe. Indem er sich klein machte ist er der Größte geworden. Dieser Gedanke durchflutet alle seine Reden.

Dieser Pomp, diese Pracht, dieser Personenkult in Rom. Für
meine Begriffe ist damit das Evangelium auf den Kopf gestellt.

Das sind evangelische Begriffe. Da ist etwas ganz Wesentliches des
Christentums (und eigentlich jeder Religion) bereits abgeschafft: Demut.
Der Mensch soll sich klein fühlen vor der Herrlichkeit Gottes, damit er
sich nicht selbst überhöhe, stimmt's?

Oh nein. Das haben wir nicht abgeschafft. wenn ich eine Kirche betrete, egal ob evangelisch, katholisch, orthodox, dann spüre ich wie klein, hilflos und schwach ich bin -und doch so wichtig. "Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen. Du bist mein!" Ich kleiner Wurm, ich Staubkorn im Weltall (sieh Dir bitte mal den Himmel an und denke darüber nach) so wichtig für den, der das Alles geschaffen hat? Und doch, es macht mich nicht größenwahnsinnig. Ich verspüre dann eine tiefe Dankbarkeit und eben auch Demut.

Die Katholiken setzten das um durch

prachtvolle Bauten, architektonische Meisterwerke, teilweise jenseits alles
Vorstellbaren (wie die Kuppel der Hagia Sophia). Nur das Allerbeste und
-teuerste, was menschlicher Geist überhaupt hergeben konnte!

Ist das logisch, nachvollziehbar?

Natürlich bedrückt einen das. Aber ich brauche eben diese Pracht nicht, um das zu spüren. Mich beschleicht dabei vielmehr der Gedanke, sie tun das für sich sich selbst. Ihre Macht soll es symbolisieren und festigen. Vor ihnen soll ich Respekt haben und mich fürchten, nicht vor Gott. Der ist nur Mittel zum Zweck. So haben es die Schamahnen seit Urzeiten getan.
Ich kann im Ernst nicht glauben, daß sich ein Gott von einem Menschen (Priester) vorschreiben läßt, ob er mir die Sünden vergibt oder nicht. Das hat schon Jesus vor ihnen getan, wir brauchen sie also nicht dazu (ja, ich weiß, die Weihe. Ich kann und mag daran nicht glauben), allenfalls zum Verkündigen. Das ja!
Es ist schon ein paar Jehrzehnte her, da las ich in einem Bischofsblatt, die Römisch Katholische Kirche habe beschlossen: Die Evangelen sind jetzt keine "verlorenen Sünder" mehr (auch der frömmste Evangele war bis dato der Verdammnis geweiht), sondern nur noch ein "abgefallener Bruder". Von dem Tage an sollte ich also eine kleine, aber nur ganz winzige Chance haben neben dem abscheulichsten Katholiken durch die Pforte des Himmelreiches zu kommen.
Absurd ist das und voller selbstgefälliger Arroganz. Ich mußte lachen und sagte laut vor mich hin: Na, hoffentlich habt ihr Eurem [und meinem!] Chef auch Bescheid gesagt, daß das ab heute ganz anders ist. Sonst steh ich da und er läßt mich doch nicht rein.

Ach, ich komm ja vom 100sten ins 1000ste. Das muß jetzt mal genügen.

Gruß
adler

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