Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Männer als Opfer - ein Paradox?

Maesi, Tuesday, 04.09.2001, 00:51 (vor 8482 Tagen) @ eineMama

Als Antwort auf: Männer als Opfer - ein Paradox? von eineMama am 03. September 2001 15:04:03:

Hallo eineMama

Voraussetzungen für Hilfsangebote
Eine Perspektive auf die andere, humane Seite von Männlichkeit ist nur möglich, wenn Männer sich ihrer patriarchalischen Verstricktheit bewußt werden und beginnen, sich daraus zu lösen.

Hier bin ich anderer Meinung als Lenz: Die humane Seite der Maennlichkeit gab es immer neben der inhumanen; ich bin sogar der Meinung, dass es schwierig ist, den Menschen sozusagen in eine humane und eine inhumane Seite aufzuspalten. Meist beinhaltet die inhumane Seite auch Humanitaet und umgekehrt.
Im uebrigen gilt das auch fuer Frauen. Kleines Beispiel gefaellig? Die Liebe der Mutter zu ihren Kindern ist sicher Ausdruck der ihr innewohnenden humanen Seite; sie kann fuer die Kinder jedoch auch zur Belastung (z.B. uebertriebene Bemutterung) werden, ja sogar zur Bedrohung (z.B. wenn die Mutter die pubertierenden Kinder nicht mehr loslassen kann).
Gerade in der heutigen Geschlechterdebatte wird fast ausschliesslich auf negative Seiten von Maennern hingewiesen (Maenner als Gewalttaeter, als Kriegstreiber, als Umweltzerstoerer, etc.). Die positiven Seiten sind offenbar nicht erwaehnenswert (Maenner als Beschuetzer, als Friedensstifter, als Umweltschuetzer, Maenner, die aufbauen anstatt zerstoeren, etc.). Dass diese einseitige Sicht durch die patriarchalische Verstrickung, in der Maenner sich befinden, begruendet ist, halte ich nur teilweise fuer zutreffend; wird diese Sicht doch nicht zuletzt auch durch die feministische Propaganda tagtaeglich kolportiert.

Selbstbefreiung aus dem Eingebundensein in diese Herrschaftsverhältnisse und Aufkündigung der männerbündischen Loyalität sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Möglichkeit zur Teilhabe am Leid und Solidarität mit anderen Männern.

Teilweise ACK. Eine totale Selbstbefreiung gibt es jedoch nicht. Wenn ich mir die heutige Maennerbewegung ansehe, wuensche ich mir sogar etwas mehr 'maennerbuendische Loyalitaet', wenn auch in einer anderen Art und Weise als bisher. Herrschaftsverhaeltnisse wird es wohl immer geben, auch wenn sie sich dauernd aendern.
Die Erfolge der Frauenbewegung waeren ohne die Errichtung von frauenbuendischer Loyalitaet und Solidaritaet undenkbar.

Angebote für männliche Opfer sind bislang kaum entwickelt. Sie lassen sich nicht in der Konfrontation mit Frauen durchsetzen, sondern nur im Einvernehmen mit interessierten Frauen und Männern, denen die Opfer beiderlei Geschlechts am Herzen liegen. Dem steht allerdings entgegen, daß es gegenwärtig keine öffentliche "Diskussionskultur" um Geschlechterthemen jenseits der Klischees und Schuldzuschreibungen gibt.

Angebote fuer maennliche Opfer gibt es tatsaechlich kaum. Ich bin jedoch davon ueberzeugt, dass es zu Konfrontationen mit bestimmten Frauengruppen kommen wird, sobald Angebote fuer Maenner entstehen; heutzutage werden oeffentliche Mittel, aus geschlechtlicher Sicht betrachtet, sehr einseitig fuer Frauen ausgegeben. Wenn Maenner einen Teil dieser Mittel fuer sich fordern, wird es zwangslaeufig zu Verteilungskaempfen kommen; ich glaube kaum, dass genuegend zusaetzliche Mittel zur Verfuegung gestellt werden, damit auf der Seite der Frauen nicht gekuerzt zu werden braucht. Ausserdem wird das Ganze kompliziert durch zusaetzliche Anspruchsgruppen (Kinder, Behinderte, ethnische und religioese Minderheiten, usw.).
Die Maennerbewegung steht erst am Anfang; eine neue Diskussionskultur muss sich zuerst herausbilden, und das braucht eben Zeit. Zur Erinnerung: eine organisierte Frauenbewegung gibt es nicht erst seit 1968, bereits vor hundert Jahren organisierten sich Frauen gegen die Maennerherrschaft (Suffragettenbewegung). Und noch immer wird von der Frauenbewegung moniert, dass die Gleichstellung der Frau nicht wirklich durchgesetzt sei. Ich hoffe nur, dass es bei uns Maennern nicht so lange dauert.
Zu den Klischeevorstellungen: Meist ist es doch so, dass fuer jedes Klischee, welches verschwindet, gleich wieder ein neues entsteht. Offenbar entlasten Klischees die Menschen vom Denken, was im Alltag ja auch sehr angenehm ist ;-).

Gruss

Maesi


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