Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Das ist doch Unsinn!

VWL-Experte, Wednesday, 27.07.2005, 04:09 (vor 7052 Tagen) @ Paul

Als Antwort auf: Re: Das ist doch Unsinn! von Paul am 26. Juli 2005 13:50:

Das stimmt nicht. Die Unternehmer werden NICHT warten, sondern so viel und schnell produzieren wie möglich.
Denn:
1. Das Geld, das der Unternehmer heute hat (einnehmen kann) ist mehr Wert, als das er in Zukunft hat. Nicht nur wegen der Inflation, sondern auch weil in dem Moment, wo er das Geld eingenommen hat, kein Risiko mehr besteht (ein zukünftiger Gewinn ist niemals sicher)
2. Da der Unternehmer nicht allein ist, sondern Konkurrenten hat, funktioniert das mit dem Abwarten nicht. Wartet er nämlich ab, kommt ihm die Konkurrenz zuvor und streicht den Gewinn ein. Abwarten ist deswegen keine lohnenswerte Strategie. Kleines 1x1 der Spieltheorie.
3. Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn eine Ware/Rohstoff nicht in unendlicher Menge vorhanden ist und/oder es eine Kartellbildung der Produzenten gibt. Die OPEC wäre da z.B. ein Beispiel.
Gruss,
Paul

Zu 1.)
Inflation ist bei zufünftigen Gewinn überhaupt kein Problem. Da die Inflation (PREISSTEIGERUNG) den Wertverlust ja ausgleicht. Je geringer der Geldwert, desto höher eben der Preis. Er kann also warten solange er will.
Zweitens ist der zukünftige Gewinn nach den Gesellern eben schon sicher, da die Leute ja kaufen müssen, im Zweifel eben irgendwas. Er kann also beruhigt davon ausgehen, dass er Deppen findet, die seine Wahre kaufen. (Es gibt ja auch Leute, die Klingeltöne runterladen)

Zu 2.)
Konkurrenten wären bei begrenzter Nachfrage ein Problem, die wollen die Geseller aber gerade auf Teufel komm raus anheizen.
Wenn die Leute kaufen müssen, brauchts außerdem als Unternehmer keine Innovation mehr, "die kaufen ja trotzdem". Es gibt also keinen Anreiz mehr die Konkurrenz auszustechen. Warum neue Autos bauen, wenn den Leuten nichts anderes übrig bleibt, als die alten zu kaufen. Kaufverweigerung ("Sparen") geht ja nicht mehr. Der Zwang zu neuen Produkten fällt weg und der Fortschritt der Gesellschaft stagniert. Wie in der DDR, wo es Konkurrenz von vornherein nicht gab.
Siehe auch Zu 1.) Zweitens

Zu 3.)
Eine Kartellbildung ist mehr als wahrscheinlich, da es in den letzten Jahren ansich schon zu einer wachsenden Konzentration der Unternehmen gekommen ist und eine steigende Oligopolisierung zu erwarten ist.
Gerade im Fall der Gesellen-Lehre, würden die Großkapitalisten mit Sicherheit Wege finden, um sich das größte Stück vom Kuchen zu sichern. Die sind ja nicht blöd.

Es bleibt dabei die Gesell-Lehre ist föllig realitätsfremd.
Genauso wie die Rezepte der Linken. Wenn ich schon weiß, dass Rot-Grün in den letzten Jahren alle möglichen Steuergeschenke an die Unternehmen verteilt hat, in der Hoffnung die würden Arbeitsplätze schaffen. Und dazu noch eifrig Staatsinvestitionen tätigte, a la Keynes. Und dann auf das Ergebnis schaue, stelle ich fest das mit Rezepten des 20.Jahrhunderts eben nicht auf die Herausforderungen des 21.Jahrhunderts reagiert werden kann. Und mit den Gesell-Rezepten aus dem 19.Jahrhundert schon gar nicht.

Man sollte halt Ahnung von Wirtschaft haben und von den darin befindlichen Menschen, insbesondere ihrem Verhalten.
Das ist in dieser Lehre nicht zu finden.
Da war ja Marx noch besser. Der wußte wenigstens worüber er schreibt, auch wenn er die FALSCHEN Schlüsse daraus gezogen hat.

Letztlich sind aber alle großen "Weltverbesserer" an den Menschen gescheitert, die sich nicht ihren ideellen Vorstellungen untergeordnet haben. Schwarze Schafe gibts halt immer.
Und das muss ich berücksichtigen, wenn ich das System verbessern will, sonst kommt einer (oder mehrere), der (oder die) die Fehler zu seinen (ihren) Gunsten nutzt.
Vielleicht sollte man also nicht von neuen "großartigen" Systemen träumen, sondern lieber das bestehende System verbessern. Die Demokratie will ja wohl auch keiner wieder abschaffen, nur weil sie ein paar Macken hat, oder doch?

ÜBRIGENS noch ein kleiner Exkurs :
Eine MARKTWIRTSCHAFT mit STABILEN PREISEN UND LÖHNEN also stabilem GELDWERT kann es schon rein begrifflich NICHT geben.
Das liegt einfach daran, dass die Preise und Löhne durch Angebot und Nachfrage entstehen, und die sind niemals konstant.
Nehmen wir mal Lebensmittel. Mal sind die Ernten gut, mal schlechter. Das Angebot an z.B. Äpfeln ist also mal hoch und mal niedrig. Ergo sinkt der Preis oder er steigt.
Gleiches bei Getreide etc.
Kühe, die Milch geben, können krank werden (BSE). Auch deren Angebot (Milch, Fleisch) kann also sinken. Der Preis steigt
Somit haben wir bei Grundnahrungsmitteln schon mal keine stabilen Preise.
Der Effekt wird durch die Gesellen noch verstärkt, da die Nachfrage ja angekurbelt wird. Aber wahrscheinlich sollen die Leute eben Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben, was?

Dasselbe kann man nun mit allen anderen Produkten machen. Man kauft nicht immer gleichmäßig Fernseher oder Waschmaschinen. Es kann zu Produktionsausfällen kommen, oder die Arbeiter streiken (dürfen die das bei Gesell überhaupt?)
Sowohl Angebot, als auch Nachfrage unterliegen folglich natürlichen Schwankungen. Das Preisniveau folglich automatisch auch.
Was passiert, wenn die Gewerkschaften (gibt's die bei Gesell noch?) höhere Löhne wollen? Einfach, damit die Arbeitnehmer mehr kaufen können. Logischerweise führt das zu steigenden Preisen (konnte man unter Brandt/Schmidt sehr gut beobachten/übrigens Hauptursache für den Wertverlust der D-Mark in den 70ern und 80ern).
Und schon hast du die lustigste Inflation zusammen. Von Geldwertstabilität keine Rede.
Und ich hab das Wort Zinsen noch nicht mal erwähnt. Trotzdem klappts schon nicht. So ein Pech.
Das Gesell-System läuft also zwangsläufig auf einee staatliche Planwirtschaft raus. Eben doch nur verkappter Sozialismus. Dafür spricht auch die geplante "Bodenreform". Der Staat muss ja letztlich auch die Preise festzurren, anders kann das System keine stabilen Preise garantieren.

Man mag mir die hie und da aufblitzende Polemik bitte verzeihen, aber bei dummen Ideen, geht's einfach mit mir durch.


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