Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Hallo Maesi!

Maesi, Friday, 30.11.2001, 23:13 (vor 8394 Tagen) @ trisch

Als Antwort auf: Hallo Maesi! von trisch am 27. November 2001 21:56:42:

Hallo trisch

Leider komme ich erst heute dazu, Dir zu antworten.

Stimmt alles. Wie aber die oben zitierten Gegebenheiten korrigiert werden sollen, steht auf einem anderen Blatt. Nehmen wir beispielsweise die letzte Forderung: 'Die Infrastruktur müsste so verbessert werden, dass es Männern und Frauen gleichzeitig möglich ist, einer Erwerbsarbeit nachzugehen und Eltern zu sein.' Du sprichst damit wahrscheinlich Kindertagesstaetten an.
Nicht nur. Ich kann mir viele Formen denken und habe auch schon von Firmen gehört und gelesen, die ganz individuelle Lösungen für die Betreuung der Kindern ihrer Firmenangehörigen suchen und finden.

Natuerlich gibt es Betriebe, die auf die besonderen Beduerfnisse von Familien eingehen. Die sind jedoch eindeutig in der Minderzahl. Und spaetestens wenn Du in hoehere Positionen aufsteigen willst, dann verlangt man eine zeitliche Flexibilitaet und Mobilitaet von Dir, welche den Familieninteressen diametral entgegenstehen; zwar nicht immer, aber meistens.
Ein weiteres Problem ist die Finanzierung. Ob die jetzt durch eine oeffentliche Institution (Staat, Gemeinde), private Initiative (gemeinnuetziger Verein) oder durch Unternehmen erbracht wird, ist letztlich einerlei.

Naja, ich bin keine Expertin, aber andere Länder regeln Kindererziehung anders, oder? Da kann man sich sicher das eine oder andere abschauen. Für den anderen Einwand habe ich mal das mir durchaus eingängige Argument gehört, dass die Frauen und Männer, die sich im Moment um die Erziehung ihrer Kinder kümmern, aber bei der entsprechenden Möglichkeit gerne arbeiten würden, ja auch zum Bruttosozialprodukt beitragen. Frankreich, wo es ja gang und gäbe ist, dass Eltern arbeiten, geht ja auch nicht pleite.

Zustimmung. IMHO ist auch die unbezahlte Familienarbeit ein Beitrag zum BSP, sie wird volkswirtschaftlich jedoch nicht erfasst. Waere vielleicht sinnvoll, wenn man diese Leistungen ebenfalls (gesondert) ausweist. So koennte deren gesellschaftlicher Stellenwert auch Unternehmen gegenueber besser dargestellt werden.
Wie die Verhaeltnisse in Frankreich sind, weiss ich leider nicht.

Das ist ein Missverständnis. Ich war nur zu faul, den Satz so zu formulieren, dass alle diese Fälle darunterfallen. ;-) Jedem sollte es möglich sein, zu arbeiten und gleichzeitig allein oder mit anderen Kinder zu erziehen. Besser? :-)

Bezueglich der Formulierung: ja. Die Komplexitaet betreffend der verschiedenartigen Familienformen bleibt trotzdem erhalten.

Trotz der Gesetzeslage sind noch viele Frauen der Ansicht, sie seien benachteiligt; umgekehrt sind immer mehr Maenner derselben Ansicht, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. In jeweils verschiedenen Bereichen haben wohl beide Gruppen recht, wobei IMHO den Maennern derzeit ein wesentlich frostigerer Wind ins Gesicht blaest.
Da sprichst du mir ja aus der Seele, in manchen Bereichen werden Frauen benachteiligt, in manchen Männer. Aber soweit, dass die Frauen eigentlich die Macht haben und viele Männer es nur nicht merken, halte ich nun wieder für übertrieben ;-). Okay, dass stammt nicht von dir, ist klar.

Natuerlich halten Frauen ebensowenig die ganze Macht in den Haenden wie die Maenner. Viele (wenn nicht alle) Maenner merken auch sehr wohl, dass Frauen eine gewisse Macht ueber sie haben; sie sind dieser Machtausuebung jedoch nicht schutzlos ausgeliefert.
Ein kleines Gegenbeispiel muss trotzdem sein: Die Deutungshoheit ueber haeusliche Gewalt liegt zum grossen Teil bei feministisch gesinnten Gruppen; sie sind jedoch bis heute nicht in der Lage zu dieser Form von Macht bzw. deren konsequentem Missbrauch zu stehen. Trotz der ueberwaeltigenden wissenschaftlichen Erkenntnisse aus soziologischen Untersuchungen, kolportieren feministisch indoktrinierte Gewaltexperten/innen weiterhin die ueberholten, alten Opfer/Taeter-Klischees. Solange diese (Um)Deutungsmacht nicht offenbar wird, bleibt sie bestehen. Hier werden weite Teile der Bevoelkerung von einer kleinen Gruppe manipuliert, ohne dass sie das wissen.
Ziel einer konstruktiven Geschlechterdebatte sollte (auch) das Aufzeigen der wahren Machtkonstellationen und nicht der blossen Fassade sein. Tendenziell wird IMHO maennliche Macht eher ueber- und weibliche Macht eher unterschaetzt. Aber es ist gefaehrlich fuer eine Maennerbewegung von einem Extrem (Maenner haben alle Macht der Welt) ins andere Extrem (Frauen haben alle Macht der Welt) zu fallen; weil es ebensowenig der Realitaet entspricht.
Da Frauen und Maenner gesellschaftlich tendenziell (noch) verschiedene Rollen wahrnehmen, sind Machtungleichgewichte in diversen Teilbereichen unvermeidlich. Teil der Geschlechterdiskussion sollte auch sein, wie weit die Gleichmacherei gehen soll; denn Gleichwertigkeit heisst ja nicht notwendigerweise absolute Gleichheit. Diese Aufgabe ist sozusagen ein Dauerauftrag an die Gesellschaft, d.h. die Geschlechterrollen muessen immer wieder neu definiert werden. Deshalb sind auch die verschiedenen Machtschwerpunkte der Geschlechter gegeneinander abzuwaegen. Machtmissbrauch darf durch diese ungleich verteilten, aber insgesamt sich aufwiegenden Machtschwerpunkte nie entschuldigt werden. Einfach ein paar philosophische Gedanken von mir zur Machtdebatte zwischen den Geschlechtern.

Gruss

Maesi


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