Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Links- und rechts Denken?

Maesi, Monday, 19.10.2009, 22:42 (vor 5514 Tagen) @ Rosi

Hallo Rosi

Im Osten war links Denken immer negativ und im Westen war links Denken
immer positiv. Wer hat sich diese Definitionen überhaupt ausgedacht?

Urspruenglich waren das die Franzosen, naemlich waehrend der Franzoesischen Revolution. Zurueckzufuehren war das auf die Sitzordnung in der ersten Assemblée nationale. Die Royalisten sassen rechts und die Republikaner links, was sich dann auf die Bezeichnung ihrer politischen Gesinnungen uebertrug. Aus dieser Sicht sind heute in Deutschland alle politischen Parteien links. Oder gibt es irgendeine Partei, die die Republik formell abschaffen und das Koenigtum sowie den Adel wieder einfuehren will?

Mit dem Aufkommen des Sozialismus im 19. Jhd. wurden spaeter die Begriffe auf sozialistisch (=links) und buergerlich (=rechts) umgedeutet. Es fand also eine Begriffsverschiebung von den Monarchisten zu den Buergerlichen hin statt, die mehr und mehr zur neuen politisch tragenden Kraft in den europaeischen Staaten der zweiten Haelfte des 19. Jhds. wurden; mit dem Ende des 1. Weltkrieg wurden die letzten Reste der monarchistischen Staatsidee in Europa zu Grabe getragen. Es gibt zwar formell auch heute noch etliche Monarchien, aber die darin 'regierenden' Pseudo-Monarchen haben keine reale politische Macht mehr und nehmen nur noch repraesentative Aufgaben wahr.

Der Faschismus und auch der Nationalsozialismus galten uebrigens bei ihrer Entstehungszeit ebenfalls als links, da antibuergerlich und revolutionaer. Gleichzeitig verstanden die Anhaenger dieser Ideologien sich aber auch als 'antibolschwestisch'. Erst mit dem 2. Weltkrieg aenderte sich diese Einteilung erneut, um fortan die 'guten Linken' (=Sozialisten marxscher und bolschewistischer Praegung) von den 'boesen Linken' (=antibolschewistische Sozialisten) unterscheiden zu koennen. Letztere wurden kurzerhand ebenfalls zu 'Rechtsgerichteten' erklaert, um die zahlreichen ideologischen und methodischen Gemeinsamkeiten zu verschleiern, was natuerlich nur ersteren zugute kommen konnte.

In unserer Zeit ist diese Definition nun ebenfalls ueberholt, da die Begriffe diskursiv vollstaendig von den selbsternannten Linken okkupiert wurden; heute bezeichnet 'links' ein Buendel von Weltanschauungen, die von Leuten, die sich selber 'Linke' nennen, vertreten werden. Allen Linken gemeinsam ist eine mehr oder weniger grosse Affinitaet zu den philosophischen Lehren von Marx. Mit 'rechts' bezeichnen die selbsternannten Linken heutzutage alle ihre politischen Gegner. Je nach Situation koennen das voellig unterschiedliche Denkhaltungen sein. Von libertinaer, ueber liberal-etatistisch, ueber christlich/konservativ, ueber nationalistisch, bis zu den faschistischen und nationalsozialistischen Fuehrerideologien, inkl. aller moeglichen Misch- und Uebergangsformen davon. Deshalb ist 'rechts' als Charakterisierung einer politischen Gesinnung inzwischen vollkommen ungeeignet, da nichtssagend.

Ich persoenlich vermeide deshalb den Begriff 'rechts' weitestgehend und mit 'links' pflege ich nur jene zu bezeichnen, die sich selber so nennen. Allerdings gibt es Leute (z.B. nihi), die sich ganz bewusst als 'rechts' verstehen, weil sie damit die Diskurshoheit der selbsternannten Linken brechen wollen. Ein an sich ehrenhaftes Ansinnen, aber dem inzwischen vollkommen nichtssagenden Links-Rechts-Schema wird dadurch IMHO zuviel der Ehre erwiesen. Es hat keinen Sinn den Links-Rechts-Leichnam kuenstlich am Leben erhalten zu wollen.

In der Philosophie (liebe zur Weisheit) beschäftigt man sich nicht mit
dieser Denkweise. Sie würde einen eh nur behindern?

Zustimmung. Aber es handelt sich ja auch nicht um einen philosophischen sondern um einen politischen Begriff.


Gruss

Maesi


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