Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Ruf nach Werten = Angst vor dem Menschwerden

Wodan, Wednesday, 07.09.2005, 12:42 (vor 7009 Tagen) @ SiliKat

Als Antwort auf: Ruf nach Werten = Angst vor dem Menschwerden von SiliKat am 07. September 2005 01:02:

Streng genommen kann man Werte nicht herbeirufen. Sie sind apriorische Gegebenheiten, die man auffinden kann oder auch nicht. (Vgl. hierzu die grundlegenden Werke über Ethik von M.Scheler bzw. N.Hartmann.) Gemeint ist wohl eher der Ruf nach mehr oder weniger personifizierten Leitbildern. Dieser Ruf ist allerdings Ausdruck einer Selbst-Entmündigung.

Ausdruck der Selbstentmündigung ist der Ruf nach Vorgaben, die NICHT autonomer Vernunft entspringen, die aber weihevoll Werte "genannt" werden, um zu suggerieren, daß, wer nicht brav und folgsam ist und etwa Altbewährtes nachbetet, moralisch marodiert.

So gesehen hat susu recht. Nur: das was Kant im Aufklärungsaufsatz kritisiert, ist nicht, wie susu geschickt unterschiebt, die Ansetzung von Werten, sondern allenfalls ihre unbefragte Übernahme von anderswo als eben aus autonomer Vernunft.

Ich habe nichts gegen Werte, allerdings wird mir mit diesem Begriff rhetorisch zu eigennutzig umgegangen. Schon deswegen taugt er letztlich nicht zur Begründung von Moral, was Kant schon deutlich gesehen hat. Der Wertbegriff scheint mir auch deshalb anders angesetzt werden müssen als dies etwa bei Scheler und Hartmann geschieht.

Erstaunlich, daß die ursprünglichen Werttheoretiker des beginnenden 20. Jhdts so völlig vergessen sind: die südwestdeutschen Neukantianer nämlich. Also die Empfehlung: nicht nur Scheler und Hartmann lesen, sondern auch und vor allem H. Rickert - schon um zu sehen, daß nicht alles Wert ist, was dafür gehalten wird und daß man guttut zwischen Wert und Gut oder Gütern zu unterscheiden.

Genug schwadroniert!
Gruß
Wodan


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