Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Maskulismus im Kontext einer neokonservativen Kulturrevolution

Ridcully, Thursday, 08.09.2005, 02:45 (vor 7008 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Maskulismus im Kontext einer neokonservativen Kulturrevolution von susu am 06. September 2005 20:41:37:

Liebe susu!

Bei deiner Antwort hat es mich schon etwas in den Fingern gejuckt. Du beziehst da eine sehr eindeutig kritisierende Position.
trotzdem möchte ich versuchen der Differenziertheit und Vielfalt Deiner Argumente gerecht zu werden, ohne meinerseits polemisch oder ein-deutig zu werden:

"Was heist konservativ? Das Wort stammt vom lateinischen "conservare" ab, was soviel wie "bewahren" heißt"

Die lateinische Wurzel des Wortes konservativ ist mir als altem Lateiner geläufig. Ich habe von "Neo-Konservativ" gesprochen, gerade weil ich etwas ausdrücken wollte, das anders ist und nicht nur quantitativ anders als konservativ. Vielleicht habe ich mit dieser Begriffsbildung einen Fehler gemacht, aber Du solltest mich nicht zu wörtlich nehmen. Vielmehr soll Neokonservativ besagen, dass es etwas ANDERES geben muss, dass weder im klassischen Sinne konservativ ( das ist überholt) noch postmodern-dekadent-emanzipatorisch ist ( das ist nämlich auch überholt). EIne Synthese der Anthitesen konservativ und progressiv (Vorsicht!: wieder nicht wörtlich übersetzen, sondern Konservativ meint bestimmte klassische Werte, Bsp.: Pflichtgefühl und progressiv bestimmte moderne Werte Bsp.: Selbstverwirklichung).

"Längst schon ist der Konsens der als PC bezeichnet wurde nicht mehr existent und insofern gilt das, was du über die Werte schriebst, die "dermaßen relativiert, verspottet und zersetzt [sind], dass es nicht einmal mehr reizvoll scheint sie zu kritisieren" erst Recht für PC."

Ich glaube nicht das die konservativen Werte genauso bewertet oder kritisiert werden wie die pc-Werte.

[/link]Dieses Unbehagen ist das Unbehagen darüber selbst verantwortlich zu sein für das eigene Leben. Man könnte es Faulheit nennen. Faulheit zu denken und zu handeln. Angst vor dem eigenen Menschsein. Oder wie Kant es formulierte:

Und daher sage ich "der Ruf nach Werten, nach verbindlichen Rollenmustern für Männer und Frauen" ist der Ruf nach Unmündigkeit, nach dem Abtreten jeglicher Verantwortung. Es ist der Ruf nach Unfreiheit, der Ruf nach Untertänigkeit und Unterordnung. Es ist der Ruf der Feigheit, der sich noch als Mut versteht."

Nein, hier machst Du es Dir zu einfach. die Moderne in Ihrer Bindungs -losigkeit und Rollendiffusion ist nicht eine natürliche Verantwortung für das Selbst, die es zu übernehmen gilt, weil alles andere Feigheit ist. Vielmehr muss sich das Individuum ohne Netz und doppeltem Boden auf einer immer größeren Zahl von Märkten, um nicht zu sagen turbokapitalistischen Jahrmärkten behaupten. Arbeitsmarkt, Egomarkt oder Partnermarkt.
Überdies ist der Ruf nach verbindlichen Rollenmustern keine Feigheit. Rollenmuster dürfen sich verändern, ein Spektrum haben oder auch ambivalent sein. Der völlige Verzicht auf sie ist eben eine Illusion eben jener pc-Ideologie, deren eintreffen Niemand wünschen kann. Für soziale Interaktion brauche ich Hypothesen über Menschen, realtiv feste Hypothesen, die ich von Zeit zu Zeizt aktualisiere. Wenn jeder alles ist, oder vielmehr sein will, so wird soziales Miteinander unmöglich, da man nie weiß, wie der andere reagiert.

"Und jenen Ruf nach dem Heldentum der Herde, dem Mitläufertum, dem Verzicht auf die Wahl des eigenen Lebenswegs willst du nicht als das beziechnet wissen, was er ist: Eine Idiotenbewegung?"

Maskulismus ist eine reaktionäre Idiotenbewegung für Dich?

"BTW: Verbindliche Rollen für Männer und Frauen führt zu Beziehungen in denen beide Partner unglaublich viel Macht über den jeweils anderen haben."

Wie funktionieren denn deine ätherisch-rollenfreien Geisterbeziehungen, in völliger Machtlosigkeit?

Und schonmal darüber nachgedacht, wie viele an den Anforderungen des traditionellen Männerbildes zerbrochen sind?

"Das habe ich. "Der Preis der klassischen Männerolle" ist ein feststehender Begriff für mich. Allerdings muss ich bestreiten, das der Abbau dieser Rolle eine Lösung sei. Nochmehr kränkt es mich, wenn ich sehe, das mann zwar seinen mann stehen darf, aber dafür von den postmoderen zynischen Weibchen auch noch mit offener Verachtung, nämlich als Langweiler verspottet wird. Mich deucht, eine Männlichkeit, die zwar noch den klassischen Malocherpflichtbegriff kennt, aber sich selbst keinen Wert zubilligt noch so etwas wie Respekt von Frauen zugebilligt bekommt, ist die Variante, die Pflichten der klassichen Rolle Mann leben zu dürfen, ohne in den Genuss ihrer Rechte zu kommen.
Dafür spricht, dass sich die Relation der Selbstmordrate von Männern zu der von Frauen seit den 70er jahren von 2:1 auf 3:1 erhöht(!) hat. Anscheinend ist der von Dir zitierte Birkenstockträger doch nicht nur glücklich, die Birkenstockträgerin zunehmend schon.
(Kunsch, Konrad& Kunsch, Steffen. Der Mensch in Zahlen. Spektrum Verlag. Berlin:2000. Seite 323.)

Grüße
ridcully


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