Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: EuGH-Verfahren zur Männerwehrpflicht

Maesi, Saturday, 20.04.2002, 17:25 (vor 8252 Tagen) @ Frau*****

Als Antwort auf: Re: EuGH-Verfahren zur Männerwehrpflicht von Frau***** am 20. April 2002 12:40:45:

An Frau*****

Joerg moege mir meine deutlichen Worte verzeihen, aber eine solch hanebuechene Argumentation habe ich noch selten gelesen. Weshalb sollte das Verhaeltnis zwischen Buerger und Staat aus Sicht der verfassungsmaessigen Gleichstellung der Geschlechter anders behandelt werden als im BGB oder Arbeitsrecht.

[Beleidigung gesnipt]
ich habe von einer völlig anderen ebene gesprochen, als ferdi die vermischung zwischen *wehrpflicht* und *gleicher lohn für gleiche arbeit* angesprochen hat.
und es in der tat eine andere rechtsposition. bei dem problem *wehrpflicht* ist es das rechtsverhältnis *bürger/staat* und wird durch unsere verfassung geregelt.

Du solltest mein Posting nochmals zur Hand nehmen. Mir ist bewusst, dass die Wehrpflicht in der Verfassung geregelt ist. Wobei die Bestimmung 'gleicher Lohn fuer gleiche Arbeit' bezogen auf die Geschlechter ebenfalls direkt aus der Verfassung abgeleitet werden kann, naemlich vom Gleichstellungsartikel. Im uebrigen ist das Verhaeltnis zwischen Buerger und Staat nicht nur in der Verfassung geregelt. Du solltest einfach ein bisschen genauer ausfuehren, was Du meinst.

*gleicher lohn für alle* ist erstmal eine rechtsposition des bgb/arbeitsrecht, denn es besteht erstmal ein verhältnis arbeitgeber/arbeitnehmer (ein privatrechtliches verhältnis).

Von 'gleicher lohn fuer alle' war hier nirgends die Rede und wird weder durch BGB noch Arbeitsrecht abgedeckt. Du meinst wahrscheinlich 'gleicher Lohn fuer gleiche Arbeit'. Es waere wahscheinlich ungerecht, wenn eine Aerztin gleich viel verdient, wie ein Muellmann; obwohl beide Berufe sehr wichtig sind.

es wird in konturen geregelt durch das bgb/arbeitsrecht oder die tarifvereinbarungen. beide sind im rahmen der vertragsfreiheit *dehnbar*.

Ein Tarifvertrag, der fuer Frauen und Maenner fuer die gleiche Arbeit unterschiedliche Mindestloehne festsetzte, waere null und nichtig; ein Arbeitsgericht muesste bei einer Klage auf jeden Fall so entscheiden. Ich habe noch nie gehoert, dass in Tarifvertraegen das Geschlecht im Zusammenhang mit Lohnrichtlinien ueberhaupt eine Rolle spielt; aber vielleicht ist es in Deutschland anders als in der Schweiz.
Der Hund liegt jedoch woanders begraben: Die derzeit existierende allgemeine Wehrpflicht orientiert sich direkt am biologischen Geschlecht des Buergers; das und nur das ist das Kriterium, ob ich wehrpflichtig bin (wenn ich maennlich bin) oder eben nicht (wenn ich weiblich waere). Ob ich auch wehrdiensttauglich bin, wird dann (mehr oder weniger) nach medizinischen Erkenntnissen entschieden. Somit handelt es sich bei der Maennerwehrpflicht um Sexismus der sogar verfassungsmaessig verankert ist.
Wenn ich jedoch Lohndifferenzen zwischen Geschlechtern innerhalb der gleichen Funktion feststelle, kann das auf mehrere Faktoren zurueckzufuehren sein; z.B. Ausbildung, Erfahrung, Leistung, Ueberstunden, erhoehte Entscheidungskompetenz, zusaetzliche Leistungen (z.B. Bereitschaftsdienst), etc. Erst wenn nach Beruecksichtigung aller dieser durchaus gerechtfertigten Faktoren noch ein Lohngefaelle uebrigbleibt, kann allenfalls auf eine Geschlechterdiskriminierung geschlossen werden. Anders als beim Geschlecht, welches im Normalfall eindeutig bestimmt werden kann, ist es nicht einfach, all diese Einflussgroessen zu messen und zu gewichten. Nur aus diesem Grund ist schwierig eine Diskriminierung nachzuweisen. Jeder Fall muss individuell betrachtet und beurteilt werden.
Aus dieser Perspektive ist die Gesetzesebene (Verfassung oder Arbeitsrecht) voellig irrelevant. Wenn naemlich die exakt gleichen Bestimmungen in der Verfassung anstatt in untergeordneten Gesetzen geregelt waeren, haette man trotzdem die gleichen Schwierigkeiten in der Beweisfuehrung.
Auf einem anderen Blatt steht jedoch, dass sowohl der Gleichstellungsartikel als auch die Wehrpflicht beide in der Verfassung geregelt sind. Da im Gleichstellungsartikel kein Vorbehalt bezueglich der Wehrpflicht existiert, widerspricht die Wehrpflicht eindeutig dem Gleichstellungsartikel (bzw. umgekehrt). Weil jedoch beide Artikel auf der gleichen Gesetzesstufe stehen, kann, rechtsformalistisch gesehen, keiner dem anderen uebergeordnet werden; es handelt sich somit um eine Inkonsistenz innerhalb der Verfassung. Auf diese Position hat sich bekanntlich auch das Verfassungsgericht berufen, als es sich vor einer Entscheidung gedrueckt hat. Eine solche Rechtsposition ist jedoch sehr gefaehrlich, denn damit waere es prinzipiell moeglich, jeden (nach jetzigem Stand verfassungswidrigen) Artikel neu in die Verfassung einzubringen, ohne dass die Verfassungsgerichtsbarkeit spaeter die darauf basierenden Urteile kassieren koennte. IMHO hat das BVG nicht nur kurzsichtig sondern auch rechtsethisch aeusserst fragwuerdig entschieden. Denn dadurch dass das Gericht nicht entschieden hat, hat es eben doch eine Entscheidung getroffen; naemlich dass in der Praxis der Wehrpflichtartikel dem Gleichstellungsartikel uebergeordnet ist. Korrekt waere gewesen, die Legislative aufzufordern, diese unmoegliche Gesetzeslage schleunigst zu bereinigen. Dass dies unterlassen wurde, ist IMHO ein Suendenfall.

ich kann diesen undifferenzierten unsinn so langsam nicht mehr hören.
es ist wohl so, du bist ein armer, gebeutelter mann.

Es ist wohl so, dass Du nur mit Beleidigungen reagieren kannst. Von differenzierten Argumenten habe ich jedenfalls gerade von Deiner Seite bisher wenig gesehen.

Kein Gruss

Maesi


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