Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Gibt es Rassen ? Gibt es Geschlechter ?

Freddy, Sunday, 21.05.2006, 19:54 (vor 6848 Tagen) @ susu

Nun ja, auch vor Newton und in diesem Punkt besser - vor Gallilei, gab es
ein Paradigma. Dieses war jedoch prä-empirisch. Wir kennen die "Physik"
Aristoteles, die bis dahin ausschlaggebend war und rein deduktiv aufgebaut
war. Bis Darwin gab (und für manche gibt es sie ja noch immer) es
Schöpfungsmythen, die erklärten woher die Vielfalt des Lebens kommt. Die
Wissenschaftliche Methode selbst ist ein Paradigma, das die Form des
Erkenntnisgewinns revolutionierte. Und eines das vermutlich nicht mehr
aufgegeben wird.

Die Form des Erkenntnisgewinns beschränkt sich, empirisch betrachtet, aber immer auf Sinnesdaten, also auf das, was irgendwie, manchmal auch bloß mittelbar, von uns sinnlich verarbeitet werden kann. Mittelbar heißt: Wenn das gemessene Etwas uns nicht direkt zugänglich ist, müssen wir ein Verfahren finden, das uns die Daten über Umwegen zugänglich macht. Mag auch Aristoteles sein Tun als Physik bezeichnet haben; wenn er nicht am Experiment interessiert war, dann war seine Weltbezogenheit wohl unzureichend.

Theorien sind aber lediglich Beschreibungen von Naturvorgängen.


Nein. Theorien sind mehr als Beschreibungen, weil sie prädikativ und nicht
bloß deskriptiv sind. Eine Theorie macht (und das ist zentraler Bestandteil
jeder Theoriedefinition in der Naturwissenschaft) Voraussagen. Eine
Theorie, die nichts beschreibt, daß noch nicht eingetreten ist, ist keine
Theorie.

Da muß ich Dir recht geben, ich hatte mich geirrt. Dennoch kann sich die Voraussage nur auf bereits Geschehenes stützen, denn das Geschehene wird ja durch die Theorie beschrieben. Die Theorie verallgemeinert also zeitlich - jedoch ist ihr deduktiver Charakter kein Garant für das Eintreten ihrer Voraussagen. Der Zeitablauf selbst kann uns ja immer noch überraschen.

Nicht ganz. Eine Theorie muß nicht auf Beobachtung beruhen. Eine neue
Theorie kann auch durch die Neubewertung von Beobachtungen entstehen (die
Relativitätstheorie war ja schon euer Thema, die damaligen Daten konnten
durchaus durch Zusätze zur Äther-Theorie erklärt werden.

Eine naturwissenschaftliche Theorie muß schon auf Beobachtungen beruhen, denn die Natur ist ja das Objekt der Beschreibung. Selbst wenn Du Beobachtungen neu bewertest, das steht Dir ja frei, mußt Du über diese Beobachtungen ja in irgendeiner Art und Weise verfügen können, sonst wird Deine Theorie meta-physisch. Ob nun die RT oder die ÄT vorzuziehen ist, diese Frage stelle ich mir ja selbst. Immerhin kenne ich wenigstens eine Person, die die ÄT vertritt; das fordert von mir jedoch eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema und ich stehe nunmal erst am Anfang des Studiums...

Die
Lorentz-Transformationen, einer der mathematischen Karnpunkte der RT
wurden von Lorentz als Beitrag zur Ätherwindtheorie aufgestellt). Die
Daten die Darwin benutzte waren Jahrhundertelang bekannt. Aber zuvor hatte
niemand Taubenzüchterwissen auf die Natur bezogen.

Vielleicht wurden Tauben nicht als Teil der Natur angesehen...? ;-)

Ich arbeite gerade an einem Paper, für das ich publizierte Daten
kompiliere und auswerte. Zentral ist eine neue Sichtweise auf eine alte
Fragestellung, die ich jetzt anhand der Literatur überprüfe. Meine
Hypothese basiert auf Überlegungen, die nichts mit irgendwelchen Daten zu
tun haben, wenn die aktuelle Datenlage sie stützt, wird sie zur Theorie.

"Irgendwelche Daten" brauchst Du zwar nicht, aber die "aktuelle Datenlage" soll trotzdem Deine Theorie stützen? D.h. Daten brauchst Du schon, nichts anderes wollte ich sagen. Du kannst Dir natürlich Überlegungen machen, aber ihre Verwertbarkeit wird schlußendlich doch an den Daten gemessen.

Nö, das impliziert erstmal einen neuen Meßwert.


Na ja, die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist als konstant definiert. Geht im
Prinzip auch ohne, wobei das rechnerisch ein enormer Aufwand ist. c ist
für jedes Bezugssystem konstant, weil sich für etwas, daß sich mit c
bewegt in jedem Bezugssystem Zeit und Länge gleichermaßen ändern.

"Weil" brauchst Du da nicht zu sagen, denn die Beobachtungen "c ist konstant" und "Länge und Zeit ändern sich mit c gleichermaßen" hängen ja nicht kausal zusammen. Sie treten zwar gemeinsam auf, aber wir wissen dadurch noch nichts über ihre Kausalität. Mal angenommen, es gäbe eine Kausalität zwischen diesen Phänomenen, dann fügt diese jedoch rein gar nichts zu den o.g. Beobachtungen hinzu.

Ich wollte auch nur darauf hinaus, daß der Wert für c meßbar ist und daß dieser Meßwert eben gleich c ist. Du kannst zwar annehmen, daß c immer konstant ist, also daß Du im Vakuum niemals etwas anderes messen wirst, aber das ist eben eine Aussage, die nur empirisch überprüft werden kann.

Raum und
Zeit sind über c verbunden. Man kann durchaus c als variabel betrachten und
dafür x oder t als absolut annehmen, nur wie gesagt, der rechnerische
Aufwand... Und die Komunikation mit anderen Wissenschaftlern leidet. c hat
außerdem den großen Vorteil in jedem Bezugssystem da zu sein, die Annahme
von t oder x als konstant ist experimentell äußerst schwer zu nutzen...
Trotzdem mal als Denkbeispiel:
Lorentz:
c´=c
t´=t*(1-(v²/c²)^0.5
x´=x*(1-(v²/c²)^0.5

Alternativ:
t´=t
x´=x*(1-(tl²/t²)^0.5
c´=c*(1-(tl²/t²)^0.5
tl, ist die Zeit die das Licht für eine beliebige Strecke benötigt, t die,
die die Bezugssysteme für die gleiche Strecke benötigen. In diesem Fall ist
c nicht einmal mehr Richtungsinvariant. Und ich sag´s mal so: Wenn man sich
es unbedingt so kompliziert wie möglich machen will, benutzt man diesen
Ansatz. E=m*sl²/tl². Vieleicht bietet er in irgendeiner Form Vorteile, in
irgendeinem Modell der theoretischen Physik. Aber, puh, das muß nicht
sein. (Und ich hab´s jetzt nicht für beschleunigte Systeme nachvollzogen,
kann sein, daß es da größere Probleme gibt).

An dem letzten Satz hängt sich die Frage natürlich auf, ob man es allgemein so rechnen kann. Ob nun Lorenzt praktischer ist oder Dein Ansatz, sei jetzt mal dahingestellt, denn das ist Nebensache. Aber da werde ich mich noch in Zukunft mit befassen. Danke für die Anregung.

Euklid ist deswegen nicht vergleichbar, weil man seine Theorie nicht
korrigieren *muß*. Man *kann* z.B. das Parallelenaxiom weglassen und
landet dann bei den nichteuklidischen Geometrien. Das ist aber bloß
eine
Spielerei, wie so oft in der reinen Mathematik. Newtons Theorie *mußte*
aber korrigiert werden, weil sie mit gewissen Meßwerten nicht im
Einklang
stand. Ebendiese Weltbezogenheit der Phyik ist der Unterschied zur
Mathematik.


Weltbezogen ist aber nicht eineindeutig.

Das habe ich auch nicht behauptet. Was meinst Du damit?

Ich gebe zu bedenken, daß Newton nicht zwingend exemplarisch für die
Wissenschaft als Ganzes ist. Und sage weiterhin: Newtonsche Physik kann
man auch ohne Kräfte betreiben. Kraft ist ein mathematisches Konstrukt,
das die Sache einfacher macht, aber es geht auch ohne, z.B. mit dem
Hamiltonformalimus. Die Tatsache, daß Kräfte sich summieren und F=ma ist,
bedeutet, daß ich immer Bewegungsgleichungen der Form SUMME(...)=ma
aufstellen kann, die Kräfte fallen weg. Kräfte sind i.e.S. nicht existent.
Sie werden allerdings sehr schnell sehr hilfreich (bestimme mal die
Deformation eines Festkörpers ohne den Kraftbegriff, Spaß für die ganze
Familie).

Klar, nur sind ja Masse und Beschleunigung existent und Kraft im Sinne von Newton ist das Produkt der beiden. D.h. wir verknüpfen beide Phänomene über die Multiplikation und erhalten etwas, das wir "Kraft" nennen.

Ah, positiver Realismus. Beobachtung ist zunächst mal die Verifikation
einer Beobachtung. Beobachtung kann aufgrund der Beschränktheit unserer
Sinne jedoch nie direkt Realität verifizieren.

Dann halt indirekt, aber mich stört das nicht. Man kann an eine Realität "hinter den Sinneseindrücken" glauben, aber wozu sollte man das tun?

Da unser Wissen über die
Beschränktheit unserer Sinne auf genau solchen Beobachtungen fußt, die wir
mit ihnen machen, wird es spannend. Irgendwo zwischen naivem Realismus und
radikalem Solipsimus liegt die goldene Mitte intersubjektiver
Vereinbarungen. Ein Zustand wird nur durch widerholte unabhängige
Beobachtung verifiziert.

Ok, die Philosophie möchte ich hier nicht unbedingt auch noch bemühen. Es sei nur festgehalten, daß man sich trotz allem noch irren kann. Das ist das eigentliche Phänomen, das solche Fragen auslöst. Wenn wir uns nicht irren könnten, bräuchten wir die Theorien nicht zu diskutieren. Ich habe auch die Grundaussage nicht richtig verstanden, die mit dem Begriff des Paradigmas einherging. Wo sind wir denn mittlerweile angekommen?

Gruß,
Freddy


gesamter Thread:

 

powered by my little forum